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(3) Geschichte der Pflanzen – Geographie der Pflanzen (1794)
ОглавлениеQuelle: Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts 1787–1799. Hrsg. u. erläutert von Ilse Jahn u. Fritz G. Lange. Berlin 1973, S. 346 u. 370.
[A. v. Humboldt an Friedrich v. Schiller, Nieder-Flörsheim, 6.8.1794:]
Wie man die Naturgeschichte bisher trieb, wo man nur an den Unterschieden der Form klebte, die Physiognomik von Pflanzen und Tieren studierte, Lehre von den Kennzeichen, Erkennungslehre, mit der heiligen Wissenschaft selbst verwechselte, so lange konnte unsere Pflanzenkunde, z.B. kaum ein Objekt des Nachdenkens spekulativer Menschen sein. Aber Sie fühlen mit mir, daß etwas Höheres zu suchen, daß es wiederzufinden ist; denn Aristoteles und Plinius, der den ästhetischen Sinn des Menschen und dessen Ausbildung in der Kunstliebe mit in die Naturbeschreibung zog, diese Alten hatten gewiß weitere Gesichtspunkte als unsere elenden Registratoren der Natur. Die allgemeine Harmonie in der Form, das Problem, ob es eine ursprüngliche Pflanzenform gibt, die sich in tausenderlei Abstufungen darstellt, die Verteilung dieser Formen über den Erdboden, die verschiedenen Eindrücke der Fröhlichkeit und Melancholie, welche die Pflanzenwelt im sinnlichen Menschen hervorbringt, der Kontrast zwischen der toten, unbewegten Felsmasse, selbst der unorganisch scheinenden Baumstämme und der belebten Pflanzendecke, die gleichsam das Gerippe mit milderndem Fleische sanft bekleidet, Geschichte und Geographie der Pflanzen oder historische Darstellung der allgemeinen Ausbreitung der Kräuter über den Erdboden, ein unbearbeiteter Teil der allgemeinen Weltgeschichte, Aufsuchung der ältesten Vegetation in ihren Grabmälern (Versteinerungen, Steinkohlen, Torf etc.), allmähliche Bewohnbarkeit des Erdbodens, Wanderungen und Züge der Pflanzen, der geselligen und isolierten, Karten darüber, welche Pflanzen gewissen Völkern gefolgt sind, allgemeine Geschichte des Ackerbaus, Vergleichung der kultivierten Pflanzen mit den Haustieren, Ursprung beider, Ausartungen, welche Pflanzen fester, welche loser an das Gesetz gleichmäßiger Form gebunden sind, Verwilderung gezähmter Pflanzen (so amerikanische, persische, Pflanzen wild vom Tajo bis Ob), allgemeine Verwirrungen in der Pflanzengeographie durch Kolonisationen – das scheinen mir Objekte, die des Nachdenkens wert und fast ganz unberührt sind. Ich beschäftige mich ununterbrochen mit ihnen, aber das Geräusch im Innern um mich her hindert mich, mich ordentlich zu entwickeln. Ich sehe, daß ich einiges sogar albern ausgedrückt habe, doch hoffe ich, daß Sie im Ganzen fühlen, was ich meine.
[A. v. Humboldt an Johann Friedrich Pfaff, Goldkronach, 12.11.1794:]
Ich arbeite an einem bisher unbekannten Teil der allgemeinen Weltgeschichte. Wollte nämlich nach dem Cleomedes** sein „System aus dem Himmel und aus der Erde und aus den darin befindlichen Lebewesen“ [Zitat im Original griechisch] gewinnen. Das Buch soll in 20 Jahren unter dem Titel: ›Ideen zu einer künftigen Geschichte und Geographie der Pflanzen oder historische Nachricht von der allmählichen Ausbreitung der Gewächse über den Erdboden und ihren allgemeinsten geognostischen Verhältnissen‹ erscheinen. Mit dem ungeheuren Plan dieses Werks, das die Pflanzenschöpfung in Verbindung mit der ganzen übrigen Natur schildern soll, nebst ihrem Einfluß auf den empfindenden Menschen, ermüde ich Sie nicht, sondern gehe sogleich zu meinen einfältigen hieroklischen*** Fragen über. Ich fange von der untergegangenen Vegetation, den Grabstätten der Pflanzen der Vorwelt (Phytolithen, Steinkohlen usw.), an. Hier sehen wir Produkte heißer Zonen unter 60–70° n. Br., und zwar (von Blumenbach und anderen erwiesen) zahllos nicht hingeschwemmt, sondern in einer Lage, welche beweist, daß sie in ihrer Heimat liegen. Unter den vielen möglichen Gründen, welche eine Tropenwärme unter 69–70° n. Br. hervorbringen können, studiere ich den besonders über die Schiefe der Ekliptik …