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Das Komplott.

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Danglars folgte Edmond und Mercedes mit den Augen, bis sie an einer Ecke des Forts Saint-Nicolas verschwanden. Dann bemerkte er, daß Fernand bleich und zitternd auf seinen Stuhl gesunken war, während Caderousse die Worte eines Trinkliedes stammelte.

Ah! mein lieber Herr, sagte Danglars zu Fernand, das ist eine Heirat, die mir nicht alle Leute glücklich zu machen scheint.

Sie bringt mich in Verzweiflung, erwiderte Fernand.

Sie liebten also Mercedes?

Solange wir uns kennen, habe ich sie stets geliebt.

Und Sie reißen sich die Haare aus, statt etwas dagegen zu unternehmen? Zum Teufel, ich glaubte nicht, daß die Leute Ihrer Nation so handelten!

Was soll ich tun? fragte Fernand.

Was weiß ich! Geht es mich an? Ich bin nicht in Fräulein Mercedes verliebt, denk' ich, sondern Sie. Suchet, so werdet ihr finden, sagt das Evangelium.

Ich wollte den Menschen erdolchen; aber sie sagte mir, wenn ihrem Bräutigam ein Unglück widerführe, so würde sie sich töten.

Dummkopf! murmelte Danglars, sie mag sich umbringen oder nicht, wenn nur Dantes nicht Kapitän wird.

Und ehe Mercedes stirbt, versetzte Fernand mit dem Tone unerschütterlicher Entschlossenheit, würde ich mir selbst den Tod geben.

Das nenne ich Liebe, sagte Caderousse mit einer immer mehr weinschweren Zunge, oder ich verstehe mich nicht darauf.

Sie scheinen mir ein braver Bursche zu sein, sagte Danglars, und der Teufel soll mich holen, ich wüßte etwas, Ihre Pein zu enden, denn . . .

Was meinen Sie? sagte Fernand, begierig, weiteres zu hören.

Was sagte ich? Ich weiß es nicht mehr! Durch diesen Trunkenbold von Caderousse habe ich den Faden meiner Gedanken verloren. Caderousse hatte den letzten Vers eines damals sehr beliebten Liedes zu singen angefangen:

Alle Sünder trinken Wasser,

Wie die Sündflut uns beweist . . .

Sie sagten, mein Herr, versetzte Fernand, Sie wüßten etwas, meine Pein zu enden; dann fügten Sie hinzu . . .

Ja, denn es genügt dazu, scheint mir, daß Dantes nicht die heiratet, die Sie lieben, und die Heirat kann, denke ich, wohl unterbleiben, ohne daß Dantes stirbt.

Der Tod allein wird sie trennen, erwiderte Fernand.

Sie urteilen wie eine Schnecke, mein Freund, sagte Caderousse, und Danglars hier, der ein feiner Bursche, ein Schlaukopf, ein wahrer Grieche ist, wird Ihnen beweisen, daß Sie unrecht haben. Beweise es ihm, Danglars, ich habe mich für dich verbürgt. Sage ihm, es sei nicht nötig, daß Dantes sterbe, Überdies wär' es schade, wenn Dantes stürbe, er ist ein guter Kerl . . . ich liebe ihn . . . auf Dantes' Gesundheit!

Fernand erhob sich ungeduldig.

Lassen Sie ihn schwatzen, versetzte Danglars, den jungen Mann zurückhaltend. Übrigens, so betrunken er auch ist, so redet er doch die Wahrheit. Die Abwesenheit trennt ebensogut, wie der Tod. Denken Sie sich, es wären zwischen Edmond und Mercedes die Mauern eines Gefängnisses, so würden sie fürs erste nicht minder getrennt sein, als wenn ein Grabstein zwischen ihnen läge.

Ja, aber aus dem Gefängnis kommt man zurück, sagte Caderousse, der sich mit den Trümmern seines Verstandes an das Gespräch festklammerte, und wenn man draußen ist und Edmond Dantes heißt, so rächt man sich.

Gleichviel, murmelte Fernand.

Warum sollte man auch Dantes in ein Gefängnis stecken? Er hat weder geraubt noch gemordet, versetzte Caderousse und leerte abermals ein Glas Wein.

Danglars verfolgte in den trüben Augen des Schneiders die Fortschritte der Trunkenheit und sagte sodann zu Fernand: Begreifen Sie nun, daß es nicht nötig wäre, ihn zu töten?

Nein, gewiß nicht, hätte man ein Mittel, Dantes festnehmen zu lassen. Aber, besitzen Sie dieses Mittel?

Wenn man gut suchte, erwiderte Danglars, könnte man wohl eins finden. Doch zum Teufel, wozu menge ich mich drein? Was geht's mich an?

Ich weiß nicht, ob es Sie angeht, sagte Fernand und faßte ihn am Arme; aber ich weiß, daß Sie irgend einen besonderen Grund zum Haß gegen Dantes haben. Wer selbst haßt, täuscht sich nicht in den Gefühlen der andern.

Ich, einen Grund, Dantes zu hassen? Keinen, auf mein Wort. Ich sah Sie unglücklich, und Ihr Unglück erregte meine Teilnahme, das ist alles. Aber, wenn Sie glauben, ich handle für meine eigene Rechnung, Gott befohlen, lieber Freund! Ziehen Sie sich nur aus der Klemme, wie Sie können . . .

Und Danglars stellte sich, als wollte er weggehen.

Nein, sagte Fernand, ihn zurückhaltend, bleiben Sie! Es liegt mir am Ende wenig dran, ob Sie Dantes grollen oder nicht. Ich hasse ihn und gestehe es laut. Finden Sie das Mittel, so führe ich es aus, vorausgesetzt, daß es nicht sein Tod ist, denn Mercedes hat gesagt, sie würde sich umbringen, wenn man Dantes tötete. Also her das Mittel – schnell das Mittel!

Ja, versetzte Danglars. Die Franzosen sind hierin den Spaniern überlegen. Die Spanier bedenken und erwägen, die Franzosen erfinden. Kellner, eine Feder, Tinte und Papier!

Wenn man bedenkt, sagte Caderousse und ließ seine Hand auf das Papier fallen, das der Kellner gebracht hatte, daß hier etwas ist, womit man einen Menschen sicherer verderben kann, als wenn man ihm an der Ecke eines Waldes auflauerte, um ihn zu ermorden! Ich habe immer mehr Furcht vor einer Feder, einer Flasche Tinte und einem Blatt Papier gehabt, als vor einem Degen oder einer Pistole.

Der Bursche ist noch nicht so betrunken, wie er aussieht. Schenken Sie ihm ein, Fernand!

Fernand füllte Caderousses Glas.

Also, ich sagte Ihnen, fuhr Danglars fort, als er sah, daß der letzte Rest von Caderousses Vernunft in dem neuen Glase Wein vollends zu verschwinden anfing, wenn z. B. nach einer Reise, wie sie Dantes gemacht hat, wobei er die Insel Elba berührte, ihn jemand bei dem Staatsanwalt als bonapartistischen Agenten anzeigte . . .

Ich würde ihn anzeigen, sagte lebhaft der junge Mann.

Ja, aber dann läßt man Sie Ihre Erklärung unterschreiben. Man stellt Sie dem, den Sie angezeigt haben, gegenüber. Zwar liefere ich Ihnen, was Sie zur Unterstützung Ihrer Anklage brauchen; aber Dantes kann nicht ewig im Gefängnisse bleiben; eines Tages verläßt er es, und dann wehe dem, der ihn hineingebracht hat.

Oh! davor ist mir nicht bange, sagte Fernand, er soll nur kommen, Streit mit mir anzufangen.

Ja, und Mercedes, die Sie schon haßt, wenn Sie nur das Unglück haben, die Haut ihres geliebten Edmond zu ritzen?

Das ist richtig, versetzte Fernand.

Nein, nein, sagte Danglars, wenn man sich zu dergleichen entschlösse, so wäre es besser, ganz einfach, wie ich dies eben tue, mit der linken Hand, damit die Schrift nicht erkannt wird, eine kleine Denunziation zu schreiben.

Und Danglars schrieb zugleich mit der linken Hand in einer Schrift, die keine Ähnlichkeit mit seiner gewöhnlichen Handschrift hatte, folgende Zeilen, die er Fernand übergab:

»Der Herr Staatsanwalt wird von einem Freunde des Thrones und der Religion benachrichtigt, daß Edmond Dantes, Sekond des Schiffes Pharao, heute morgen von Smyrna angelangt ist, nachdem er Neapel und Porto Ferrajo auf Elba berührt hat, von Murat einen Brief für den Usurpator und von dem Usurpator einen Brief für das bonapartistische Komitee in Paris übernommen hat. Den Beweis für sein Verbrechen wird man erlangen, wenn man ihn verhaftet; denn man findet diesen Brief entweder bei ihm oder bei seinem Vater oder in seiner Kajüte an Bord des Pharao.«

So ist Ihre Rache vernünftig, fuhr Danglars fort, denn sie kann auf keine Weise auf Sie zurückfallen, und die Sache macht sich ganz von selbst. Man darf diesen Brief nur noch adressieren. Dann wäre alles abgemacht.

Und Danglars schrieb die Adresse.

Ja, alles wäre abgemacht, rief Caderousse, der mit einer letzten Anstrengung seines Geistes dem Vorlesen gefolgt war und noch dunkel begriff, was für unselige Folgen eine solche Anzeige nach sich ziehen könnte. Ja, alles wäre abgemacht; aber das Ganze wäre eine Schändlichkeit. Und er streckte den Arm aus, um den Brief zu nehmen. Danglars aber stieß das Papier beiseite und erwiderte: Was ich sage und hier mache, geschieht doch nur im Scherz, und es würde mir vor allem leid tun, wenn Dantes, dem guten Dantes etwas widerführe. Seht selbst . . . und er zerknitterte den Brief und warf ihn in eine Ecke der Laube.

So ist es gut, sagte Caderousse, Dantes ist mein Freund, und ich will nicht, daß man ihm Böses zufüge.

Wer zum Teufel denkt daran, ihm Böses zuzufügen? Ich nicht, Fernand auch nicht, sagte Danglars, stand auf und sah dabei den jungen Mann an, der sitzen geblieben war, aber beständig nach dem in die Ecke geworfenen verräterischen Papier schielte.

Dann Wein her, sagte Caderousse. Ich will auf die Gesundheit von Edmond und der schönen Mercedes trinken.

Nein, für heute haben wir genug, es ist Zeit, nach Hause zu kommen. Gib mir den Arm und laß uns gehen, sagte Danglars und zog Caderousse in der Richtung von Marseille mit sich fort.

Als er aber zwanzig Schritte gemacht hatte, wandte er sich um und sah, daß sich Fernand auf das Papier stürzte, es sogleich in die Tasche steckte und sich dann eiligst aus der Laube entfernte.

Gut, gut, murmelte Danglars, die Sache ist im Gange, und man darf ihr nur ihren Lauf lassen.

Der Graf von Monte Christo

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