Читать книгу Auswahlband 4 Krimis: Von Huren, Heiligen und Paten - Vier Kriminalromane in einem Band - Alfred Bekker - Страница 17
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Dale Johnson bewohnte ein schmuckes Haus in Riverdale, wo sich die bürgerliche Seite der Bronx zeigte. Ich parkte den Sportwagen am Straßenrand. Wir stiegen aus. Dale Johnsons Ford stand in der Einfahrt des Grundstücks 234 Terasco Road.
"Johnson scheint in den letzten Jahren gut verdient zu haben!", meinte Milo mit Blick auf das Haus. Denn wenn die Immobilienpreise in Riverdale auch für New Yorker Verhältnisse einigermaßen moderat sein mochten - an normalen Verhältnissen gemessen waren sie trotzdem noch ziemlich teuer.
Milo und ich betraten die Einfahrt, gingen zur Haustür und betätigten die Sprechanlage.
"Was ist los?", knurrte jemand unwirsch.
"Mister Dale Johnson?"
"Ja?"
"Mein Name ist Special Agent Jesse Trevellian. Mein Kollege und ich würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen."
Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen.
Milos Hand ging schon zur SIG. "Der Kerl will uns abhauen", meinte er.
"Glaube ich nicht", sagte ich.
"Wieso?"
"Er hat keinen Grund dazu."
Wenig später erschien Dale Johnson an der Tür.
Ein großer, bulliger Kerl. Er überragte sowohl Milo als auch mich um fast einen Kopf - und klein sind wir nun auch nicht gerade.
Das Haar trug er kurzgeschoren, so dass man die Kopfhaut sehen konnte.
Zu seiner Rechten befand sich eine gewaltige Dogge.
Johnson kraulte ihr den Hinterkopf. Die Dogge ließ die Zunge heraushängen.
"Die tut nichts!", meinte Johnson mit einem zynischen Grinsen um die Lippen. "Jedenfalls nicht, wenn ich es ihr nicht befehle!"
"Dann sorgen Sie dafür, dass das nicht passiert!", erwiderte ich eisig.
"Sie können sich drauf verlassen! Worum geht es?"
"Wollen Sie wirklich, dass wir das hier draußen besprechen?"
Johnson zuckte die Achseln. Er drehte sich um. Die Dogge folgte ihm auf den Fuß. Ein gewaltiges Tier, dass gar nicht besonders hoch zu springen brauchte, um einem die Kehle durchzubeißen.
Wir folgten den beiden. Ich bemerkte, dass Milo seine Hand in der Nähe des Quick-draw-Holsters hielt, in dem seine SIG steckte.
"Du wirst doch nicht alle Sympathien für den Tierschutz mit einem Schlag vergessen haben!", raunte ich ihm zu.
"Wenn du mich so fragst..."
Johnson führte uns in sein Wohnzimmer.
An den Wänden hingen signierte Kinoplakate von Schwarzenegger-Filmen.
Johnson ließ sich in einen der Sessel fallen, seine Dogge ließ sich zu seinen Füßen nieder. Ein Wort seines Herrn und Meisters und das Riesentier würde sich mit all seiner Kraft und Schnelligkeit auf uns stürzen, so nahm ich an.
Eine Waffe, die gefährlicher war, als jede Schusswaffe.
Aufpassen hieß die Devise.
Wir setzten uns ebenfalls, obwohl Johnson gar nicht daran dachte, uns einen Platz anzubieten.
Auf dem niedrigen Tisch stand ein gutes Dutzend Bierdosen herum, außerdem einige leere Schachteln eines Pizza-Express-Dienstes. Eine geöffnete Dose mit Hundefutter war auch dabei. Johnson langte hinein, nahm ein glitschiges Pansenstück mit zwei Fingern, warf es durch die Luft. Der Hund schnellte hoch und fing es im Flug.
Johnson lachte auf.
"Worum geht es?", fragte er breit.
"Mister Roy Ortega ist vor kurzem erschossen worden", begann ich.
Johnson schlug die Beine übereinander. "Bedauerlich." Er griff nach einem weiteren Pansenstück. Es glitschte ihm aus der Hand, fiel auf den Boden. Die Dogge schnappte danach.
Johnson sah mich an, hob die Augenbrauen.
"Was habe ich damit zu tun?"
"Sie arbeiten für Jacky Tasso aus der Bronx."
"Hey Mann, was soll das hier?"
"Kein Grund aggressiv zu werden. Beantworten Sie einfach die Fragen, die wir Ihnen stellen."
"Scheiße, ich habe in den letzten Jahren immer versucht euch Cops aus dem Weg zu gehen. Ein ehrliches Leben führen nennt man sowas ja wohl. Und jetzt wollt ihr mich in eine Mord-Story hineinziehen!"
"Mir kommen die Tränen, Mister Johnson", warf Milo ein.
Ich fuhr fort: "Roy Ortega musste sterben, weil er ein Video-Band besaß, auf dem Jacky Tasso zu sehen ist und über Dinge spricht, die er besser für sich behalten hätte."
"Der ganze Scheiß geht mich nichts an, Leute! Ehrlich nicht!"
"Und warum waren Sie dann mit Isabel Norales bei Ortegas Wohnung?"
"Ich war nirgendwo."
"Sie haben Isabel raufgeschickt. Sie hatte einen Schlüssel."
"Klar, warum auch nicht? Dass Ortega sie gebumst hat, darüber hat jeder im !VENGA! geredet. Und Ortega hatte nunmal die Angewohnheit, Frauen, mit denen er es regelmäßiger trieb, einen Wohnungsschlüssel zu überlassen. Verstehe zwar nicht warum, aber Ortega können Sie wohl nicht mehr fragen..."
"Wir haben Ihren Wagen gesehen. Isabel ist dort eingestiegen. Wie viel haben Sie ihr für diesen Dienst geboten?"
"Fragen Sie sie doch selbst."
"Und wo finden wir Jacky Tasso?"
"Keine Ahnung."
"Dann nehmen wir Sie am besten einmal mit."
"Heißt das, Sie wollen mich verhaften?"
"Wegen des dringenden Verdachtes, etwas mit dem Mord an Roy Ortega zu tun zu haben."
"Das können Sie nicht machen!"
Johnson sprang auf. Seine Stimme überschlug sich. Die Dogge knurrte, fletschte die Zähne dabei.
Milo zog die SIG.
"Wussten Sie, dass ein abgerichteter Kampfhund vor Gericht als Waffe eingestuft werden kann? Bewaffneter Angriff auf Polizisten ist ein schwerwiegendes Verbrechen!"
Johnson lief rot an.
Eine Sekunde lang schien er zu überlegen, dem Tier den entscheidenden Befehl zu geben.
Aber zum Glück blieb er ruhig und sah ein, dass er keine Chance hatte.
Er ließ sich in den Sessel zurückfallen.
"Vielleicht können wir ja jetzt ein vernünftigeres Gespräch führen", sagte ich. "Sagen Sie uns, wo sich Jacky Tasso aufhält..."
"Der würde mich umbringen!"
"...und zweitens, was Sie über das Videoband wissen. "
"Das ist Erpressung!"
"Wir wollen die Wahrheit, sonst nichts."
Johnson lachte heiser auf, verschränkte die Arme vor der Brust.
"Zur ersten Frage: Jacky Tasso ist jemand, der gewissermaßen keinen festen Wohnsitz hat, weil der unter der fixen Idee leidet, dass ihm jemand an die Gurgel will!"
"Das wissen wir."
"Ich kenne noch nicht einmal alle seine Nester..."
Milo und ich wechselten einen kurzen Blick.
"Lochen wir ihn ein", meinte Milo. "Der denkt gar nicht dran, mit uns zu reden!"
In diesem Moment schrillte mein Handy.
Ich griff zum Apparat.
Auf der anderen Seite der Verbindung meldete sich Mister McKee. In knappen Worten fasste er zusammen, was inzwischen im !VENGA! geschehen war. "Ruiz ist tot und wurde vorher furchtbar gefoltert", sagte unser Chef. "Und Jacky Tasso war dabei! Das bestätigen Zeugenaussagen, nach denen er mit ein paar Gorillas in den Club vorgedrungen ist."
"Das bedeutet verstärkte Fahndung nach Tasso!", schloss ich.
"So ist es, Jesse."
"Genau das machen wir gerade!"
Ich unterbrach die Verbindung, steckte das Gerät wieder ein. "Jacky Tasso und seine Meute hat sich im !VENGA! eine wilde Schießerei geliefert und Mister Ruiz umgebracht", stellte ich fest. "Wenn Sie jetzt nichts sagen, hängen Sie mit drin..."
Johnson grinste.
"Okay", sagte er. "Ich gebe Ihnen ein paar Adressen, wo Jacky häufiger anzutreffen ist. Aber eine Garantie auf Vollständigkeit gibt es nicht."