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Am Abend zwängte ich mich erst in meinen Smoking und anschließend hinter das Steuerrad meines 24er Plymouth um in die South Side zu fahren.

Von der Cyprus Grove Bar hatte ich schon gehört, aber den Besuch in derartigen Luxus-Läden kann ich mir nur erlauben, wenn ich dafür einem Klienten die Spesen aufs Auge drücken kann.

Den Plymouth stellte ich in einer Nebenstraße ab.

Ich begab mich zum Eingang. Ein großer bulliger Kerl, dessen gewaltige Oberarmmuskeln beinahe die Ärmel seines Jacketts sprengten, ließ mich herein. Vorher musterte er mich von oben bis unten. Kleider machen eben doch keine Leute. Er schien genau zu spüren, dass ich nicht der typischen Klientel des Cyprus Grove Club entsprach. Ich zückte einen Zehndollarschein und verhinderte damit gerade noch wirkungsvoll, dass er weiter darüber nachdachte.

Wenig später gab ich meinen Mantel an der Garderobe ab.

Im Inneren der Bar herrschte dichtes Gedränge.

Eine Jazz-Band spielte.

Der Geruch nach Alkohol hing in der Luft. Er wurde hier ganz offen ausgeschenkt. Der Besitzer und seine Freunde, von denen Seamus O’Donovan sicherlich der Einflussreichste war, hatten gute Kontakte bis nach ganz oben. Über seinen Gönner O’Donovan hatten diese Verbindungen bis in die höchsten Spitzen der Stadtverwaltung gereicht. Zum Büro des Bürgermeisters ebenso wie zur Residenz der Gouverneure von Illinois.

Ich ließ mir einen Bourbon mit Eis geben. Ein guter Tropfen.

Ich kippte ihn hinunter und sah mich um. Niemand richtete sich hier nach den Gesetzen der Prohibition. Ganz im Gegenteil. Hier wurden in so kurzer Zeit so große Mengen vertrunken, dass man auf die Idee kommen konnte, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging.

Solange Seamus O’Donovan seine mächtige Pranke über dieser Bar hielt, würde nichts passieren und die Chicago Police zufälligerweise immer nur dann auftauchen, wenn es nichts zu ermitteln gab. Weder an Drogen noch an Hochprozentigem.

Ich hielt mich eine Weile am Schanktisch auf und hörte den Gesprächen der anderen zu. Eine der Ladies, die man dazu angestellt hatte, den Umsatz zu steigern, musterte mich von oben bis unten und paffte dabei mit ihrer Zigarette herum, die sie auf eine Spitze gesteckt hatte.

Sie war dunkelhaarig, trug einen Bubikopf mit irgendeinem Federzeug und ein eng anliegendes, fließendes Kleid, das die Vorzüge ihrer Figur deutlich zur Geltung brachte.

„Sie habe ich hier noch nie gesehen“, stellte sie fest.

Ich grinste.

„Ich Sie auch noch nicht.“

Sie kam etwas näher. Ihre Augen waren grün wie Absinth.

„Geben Sie mir einen Drink aus?“

„Das wird meine Brieftasche gerade noch verkraften.“

„Kommt darauf an, was ich bestelle.“

„Legen Sie es etwa darauf an, mich ruinieren?“

„Was glauben Sie, wofür ich hier bezahlt werde!“

„Reizender Job, den Sie haben.“

Sie bestellte einen Drink, der sich im preislichen Rahmen hielt.

Dafür kippte sie ihn hinunter, als wäre es ein Fruchtsaft. Sie musste eine bemerkenswerte Alkoholresistenz entwickelt haben.

Sie begann, am Revers meines Jacketts herum zu nesteln, aber das ging mir dann doch etwas zu schnell und zu weit. Erstens war ich nicht zum Vergnügen hier und zweitens konnte ich es mir nicht leisten, den Vorschuss, den mir Mrs McCormick gegeben hatte, gleich in eine Nacht mit diesem gefiederten Vögelchen umzusetzen.

„Ich heiße Madeleine“, behauptete sie.

„Aus Kanada, was?“

„Mais oui!“

Wahrscheinlich kam sie aus South Dakota oder Nebraska und war in der Nähe irgendeiner Kuhweide groß geworden, so malte ich mir aus. Aber das klang irgendwie nicht so nach dem, was ein Mann sich vorstellen wollte, der den Cyprus Grove Club besuchte.

„Sind Sie öfter hier?“

„Ich gehöre gewissermaßen zum Inventar des Hauses, wenn Sie verstehen, was ich meine, Mister...“

„Nur zu gut!“

Sie hob das Glas. „Kriege ich noch einen Drink?“

Ich antwortete mit einer Gegenfrage. „Wo finde ich Jed Flaherty?“

Sie wirkte etwas überrascht. „Keine Ahnung.“

„Ich wette, Sie haben sehr wohl eine Ahnung, Madeleine. Wenn Sie hier zum Inventar gehören...“ Ich langte in meine Jackett-Innentasche und holte einen Lincoln aus der Brieftasche.

Den schob ich ihr hin.

Vielleicht liegt es an dem Kinnbart, aber Abraham Lincoln schien einen immer ziemlich missmutig von den Fünf-Dollar-Noten entgegen zu blicken. Wahrscheinlich war es der pure Neid.

Schließlich hatten seine viel unbedeutenderen Amtskollegen Hamilton und Jackson die Zehn- und Zwanzig-Dollarnote bekommen, obwohl heute kaum noch jemand wusste, dass sie mal Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen waren.

„Sie unterschätzen mich!“, sagte sie, nahm die Zigarettenspitze mit zwei Fingern und blies mir den Rauch ins Gesicht.

„Sagen Sie Flaherty - wo immer er hier auch stecken mag! -, dass jemand wegen der McCormick-Sache mit ihm reden will!“

Sie steckte jetzt den Lincoln doch ein. So groß war ihr Stolz dann offenbar doch nicht ausgeprägt.

„Was soll ich ihm sagen, wer ihn sprechen will?“

„Tun Sie einfach, was ich gesagt habe.“

„Für einen zweiten Lincoln mache ich das glatt!“

Mir blieb nichts anders übrig, als noch einmal in die Brieftasche zu langen.

Sie nahm den zweiten Lincoln und strich mir damit provozierend über das Revers meines Jacketts. „Sie sollten Ihren Anzug mal bügeln lassen, dann fallen Sie in einem Laden wie diesem auch nicht gleich so auf!“

Ich warf einen Blick auf das Federzeug, das sie am Kopf trug. „Es ist halt nicht jeder mit modischem Feinsinn geboren worden!“

„Sie sagen es!“

Sie rauschte davon. Ich bestellte noch einen Drink und kippte ihn hinunter. Madeleine verschwand durch einen Nebenausgang.

Ich war gespannt, ob ich Flaherty genügend aufgescheucht hatte, sodass er bereit war, sich auch mit mir zu unterhalten.

Wenig später kehrte Madeleine an der Seite eines Mannes zurück, der nun wirklich überhaupt nicht auf die Beschreibung passte, die mir Braden von Flaherty gegeben hatte. Er war ein Hüne, hatte von der Figur her wohl eher Ähnlichkeit mit den zukünftigen Schwergewichtschamps, die Flaherty sponserte. Vielleicht hatte der Kerl mal auf Flahertys Alimentationsliste gestanden, aber die ganz große Karriere trotzdem verpasst. Aber um als Schläger für einen Unterboss für einen irischen Syndikatsboss aufzutreten, reichten seine Künste vielleicht noch.

Ich wettete zehn zu eins, dass dieser Mann jener miese Schläger war, vor dem mich Braden Naismith gewarnt hatte.

Er trat neben mich. Das Feder-Vögelchen hielt sich bewusst abseits, sie winkte mir nur einmal kurz zu. Irgendwie wirkte sie auf einmal ziemlich blass um die Nase und ich fragte mich, ob das wirklich an einem übermäßigen Gebrauch von Puder und Make-up lag oder weil sie genau wusste, was hier gespielt wurde und ich anscheinend der einzige Dumme bei der Sache war.

Aber ich hatte keineswegs vor, diese Rolle anzunehmen.

Der Hüne legte mir eine seiner Pranken auf die Schulter.

Es war die Linke.

Unter seiner Achsel beulte sich das Jackett. Er trug also ein Schulterholster.

„Sie wollen Flaherty sprechen?“

„Ja.“

„Dann - ab die Post.“

„Einen Moment mal. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?“

Er verzog das Gesicht. Die obere Reihe seiner Schneidezähne bestand aus Metall, was mir sagte, dass dieser Kerl offenbar doch nicht unüberwindbar war. Irgendwann musste es wohl mal jemand geschafft haben, mitten in seinem grobschlächtigen Gesicht einen Volltreffer zu landen, der es in sich gehabt hatte.

„Ich mag’s nicht, wenn Männer mich anfassen“, sagte ich.

„Ach, was!“

„Und selbst bei Frauen bestimme ich gerne mit.“

„Halten Sie den Rand und kommen Sie einfach mit. Mister Flaherty erwartet Sie nämlich schon sehnsüchtig, Sie Kanalratte!“

Ich fragte mich, ob der Begriff Kanalratte bereits eine Anspielung darauf war, dass ich den Namen McCormick erwähnt hatte. Nach kurzem Überlegen und einem tiefen Blick in die blutunterlaufenen und nicht besonders helle wirkenden Augen des Hünen kam ich allerdings zu dem Schluss, dass das so etwas bei dem Kerl wohl mit Sicherheit auszuschließen war.

Er nahm tatsächlich seine Pranke von meiner Schulter.

„Nach Ihnen!“

„Zu gütig!“

Die Feder besetzte Bubikopf-Schönheit wandte den Kopf und wich meinem Blick aus. Sie hatte sich bereits einem anderen Gast zugewandt und ich war überzeugt davon, dass sie dessen Drink mit derselben Todesverachtung in sich hineinschütten würde, wie ich es bereits bei ihr gesehen hatte.

Der Hüne führte mich zum Nebenausgang.

Ein flaues Gefühl meldete sich in meiner Magengegend. Vielleicht hatte ich bereits zu viel Wind gemacht und der Brecher, der sich für meinen Geschmack einfach zu dicht hinter mir aufhielt, hatte den Auftrag, für eine Stillung des Sturms zu sorgen.

Auf seine Weise natürlich. Mit ein paar Schlägen seiner Eisenpranken, die wie eine Dampframme wirken mussten, wenn er sie einsetzte.

Die Tür fiel hinter dem Hünen ins Schloss. Er hatte mit dem Absatz dabei nachgeholfen. Ein langer, enger Korridor befand sich vor uns.

„Wo ist Mister Flaherty?“

„In einem Separee.“

„Ich dachte, die Separees sind im Obergeschoss?“

„Nein, hier sind auch welche.“

Was er sagte, machte sogar Sinn. Im Obergeschoss hatten die Gäste vermutlich die Gelegenheit sich, mit den Animiermädchen zurückzuziehen, während es im Erdgeschoss wohl hauptsächlich um illegales Glücksspiel ging. Eine ebenerdige Fluchtmöglichkeit war dabei immer von Vorteil.

Mister Flaherty war also ein Spieler. Ich war ihm noch nicht begegnet und wusste schon mehr über ihn, als es dem Iren wahrscheinlich lieb war.

Wir erreichten eine Tür am Ende des Korridors.

Ich blieb stehen.

„Öffnen Sie!“, verlangte der Hüne.

Als ich mit der Rechten zu Klinke griff, erkannte ich aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung. Der Kerl hatte nur sichergehen wollen, dass meine rechte beschäftigt war und ich ihm nicht seine künstliche Zahnreihe einschlagen konnte. Er packte mich von hinten am Kragen und schleuderte mich gegen die Tür. Ich war benommen. Blut lief mir die Stirn herunter. Ehe ich an der Tür hinunterrutschen konnte, ergriff er mich, zog mich zurück. Er stieß die Tür mit dem Fuß auf und schleuderte mich nach vorn. Ich taumelte ins Freie. Es ging ein paar Stufen hinunter. Ich landete auf dem Pflaster. Der Kopf dröhnte. Alles drehte sich vor meinen Augen.

Ich schmeckte Blut und nahm gerade noch wahr, dass mich der Hüne in einen Hinterhof geführt hatte, wo er mich offenbar in aller Seelenruhe verprügeln wollte.

Ich bekam einen Tritt in die Seite und krümmte mich zusammen wie ein Embryo.

Dann packte mich der Kerl am Kragen und wollte mich offenbar noch mal auf die Füße stellen um mir anschließend noch mal seine Rechte gerade zu geben.

Ich ließ mich erst hängen, erkannte aber ziemlich schnell, dass ich wahrscheinlich nur noch ein paar Sekunden Zeit hatte, wenn ich verhindern wollte, den Rest des Jahres in einer Klinik zu verbringen.

Mit zwei Fingern meiner Rechten stieß ich blitzschnell zu. Ich erwischte seine Augen. Er ließ mich los. Alles, was ich noch an Kraft in mir hatte, konzentrierte ich auf die Kombination aus mehreren Faustschlägen, mit denen ich anschließend auf den Kerl einhämmerte.

Benommen sackte er zu Boden.

Er stöhnte auf und ehe er sich wieder aufzurappeln vermochte, griff ich zu meiner Waffe und riss sie aus dem Schulterholster.

Ich spannte den Hahn des 38ers.

Das Klicken ließ ihn erstarren.

„Keine Dummheiten!“, sagte ich.

Mit der Linken bedeckte er die Augen. Ich hatte ihn offenbar voll erwischt.

Dann nahm er die Hand weg, blinzelte mich an.

Es war relativ hell in dem Hinterhof. Das lag weniger an der spärlichen Laternenbeleuchtung, als vielmehr an den erleuchteten Fenstern in den umliegenden Gebäuden. Eine Mixtur verschiedener Jazzbands erfüllte leise die Luft. In der South Side war abends eben immer was los.

„Nichts für ungut!“, knurrte er.

„Aufstehen!“

„Hey, Mann...“

„Ich sagte aufstehen!“

Er gehorchte. Ich durchsuchte ihn nach Waffen, zog ihm den Revolver heraus. Einhändig öffnete ich die Trommel und ließ die Patronen auf das Kopfsteinpflaster fallen. Es gab jedes Mal ein metallisch klingendes Geräusch dabei. Dann warf ich die Waffe ein paar Yards in Richtung von ein paar überquellenden Mülltonnen.

Etwas Dunkles huschte dahinter hervor. Erst dachte ich, es wäre eine Ratte, aber es war eine Katze, die schwarz wie die Nacht war.

Ich setzte dem Hünen den kurzen Lauf des 38er an den Bauch, der bereits erste Anzeichen eines Fettansatzes zeigte und durchsuchte auch die Taschen. Einen Schlagring und ein Klappmesser fand ich noch. In der rechten Innentasche war außerdem noch ein sehr zierlicher Revolver vom Kaliber 22, den er offenbar als Zweitwaffe verwendete.

Ich nahm an, dass ich den Schlagring wohl noch zu spüren bekommen hätte – vorausgesetzt, ich wäre lange genug bei Bewusstsein geblieben, um davon überhaupt noch etwas mitzubekommen.

In einer seiner Jackett-Taschen fand ich noch ein paar goldene Armreifen, eine Kette, in deren Anhänger Rubin und Bernsteine verarbeitet waren sowie eine Schatulle mit einigen Diamant-Ringen.

Ich brauchte nicht erst in die Kiste zu sehen, die Cynthia McCormick angefertigt hatte, um zu sehen, dass diese Stücke zur Beute aus der McCormick-Villa gehörten.

Ich ließ den Schmuck in die Seitentaschen meines Jacketts rutschen.

„Scheint so, als würde eine schwarze Katze doch kein Pech bedeuten!“, meinte ich.

„Kommt immer darauf an, aus welchem Blickwinkel man das sieht!“, knurrte mein Gegenüber zwischen den Zähnen hindurch.

„Woher haben Sie die Stücke?“, fragte ich und drückte ihm den Lauf etwas kräftiger in den Wanst, um ihn daran zu erinnern, wer im Moment von uns beide das bessere Argument auf seiner Seite hatte.

„Mann, das ist doch bekannt, dass ich mit so etwas hin und wieder hausieren gehe...“

„Mit so heißer Ware? Wem wollen Sie das erzählen?“

„Wieso soll das heiße Ware sein?“

„Stellen Sie sich nicht dümmer als Sie sind! Die Brocken kommen von dem Einbruch in die McCormick Villa und...“

„Ich habe damit nichts zu tun!“, zeterte der Hüne.

„Wo ist Flaherty?“

„Den Korridor zurück, die dritte links und dann wieder links.“

„Danke.“

Ich schlug ihn mit dem Lauf des 38ers nieder. Er sackte wie ein gefällter Baum zu Boden und blieb betäubt liegen. Dass dieser Muskel bepackte Lakai mir noch irgendeine wertvolle Information hätte geben können, glaubte ich nicht. Schließlich wollte der Kerl vermeiden, dass ihm in nächster Zeit unangenehmer Besuch abgestattet wurde. Die Angst vor den höheren Rängen im irischen Syndikat war offenbar größer, als der Respekt, den ich ihm innerhalb der letzten fünf Minuten beigebracht hatte.

Ich ging zurück durch den Korridor, dann kam links eine Tür. Ich öffnete sie, was problemlos möglich war. Dahinter war ein weiterer Korridor zu finden. Er endete nach kaum mehr als zehn Yards.

Mehrere Zimmertüren gingen von diesem Korridor ab. Aber nur aus einem waren Stimmen zu vernehmen.

Ich hatte nicht die Absicht, mich groß anzumelden. Also stieß ich die Tür auf.

Eine Runde von Männern in Smoking und Fliege saßen um einen runden Tisch und spielten Poker. Ich erkannte Flaherty sofort anhand der Beschreibung, die Braden mir von ihm gegeben hatte.

Er blickte mich ziemlich fassungslos an.

Die anderen Männer am Tisch ebenfalls.

„Mister Jed Flaherty?“, sprach ich ihn an.

„Was wollen Sie?“, fragte er gequält.

„Zunächst mal möchte ich Ihnen sagen, dass der Riesengorilla, den Sie mir soeben als Empfangskomitee geschickt haben, vielleicht ärztliche Hilfe bracht. Er liegt beim Hinterausgang und ruht sich ein bisschen aus.“

Flaherty lachte. „Guter Witz, Mann!“

„Das ist kein Witz!“

Seine Augen wurden schmal, als er mich mit seinem Blick geradezu durchbohrte. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.

Einer der Anwesenden – ein Mann mit einem dünnen Menjou-Bärtchen, schmalem Gesicht und schlecht gebundener Fliege griff unter seine Jacke, aber Flaherty stoppte ihn mit einer Handbewegung.

„Sie haben Buddy wirklich umgehauen?“

„Sehen selbst nach!“

„Alle Achtung! Wenn das stimmt, können Sie seinen Job haben! Ich kann einen Kerl mit so einem Schlag gebrauchen.“

„Danke, aber ich bleibe lieber selbstständig!“

„Ein klarer Standpunkt. Wer sind Sie?“

„Pat Boulder, Privatdetektiv. Ich habe ein paar Fragen an Sie. Es geht um Schmuckstücke und ich weiß wirklich nicht, ob wir das in großer Grunde besprechen sollten.“

Flaherty erhob sich. „Ihr entschuldigt mich mal kurz.“

„Klar, Jed!“, sagte einer der anderen Spieler. Der Mann mit dem Menjou-Bärtchen erhob sich ebenfalls. Er folgte Flaherty wie ein Schatten. Wir gingen auf den Korridor.

„War kein feiner Zug von Ihnen, mir Ihren Gorilla auf den Hals zu hetzen“, sagte ich.

„Sie müssen entschuldigen, aber im Moment sind meine Nerven ziemlich angespannt“, sagte Flaherty.

„Bedroht Sie jemand?“

„Wieso?“

Ich deutete auf den Mann mit dem Menjou-Bärtchen, der die Hand am nach vorne gerichteten Griff seines Revolvers hatte, den er am Gürtel trug. „Na, wer zwei Leibwächter engagiert, hat entweder zu viel Geld oder zu viel Angst!“

„Sie haben gegenüber Madeleine erwähnt, dass Sie mich wegen der McCormick-Sache sprechen wollten.“

„Und das macht Sie dermaßen nervös?“

„Das macht alle nervös, die in diesen Strudel mit hineingezogen werden könnten. Und jetzt will ich wissen für wen Sie arbeiten und wieso Sie mir hinterher schnüffeln?“

„Mrs McCormick hat mich engagiert. Ich soll ihren Mann finden.

Außerdem vermisst Sie Schmuck, der aus ihrem Haus gestohlen wurde.“

Ich griff in die Seitentasche. Der Mann mit dem Menjou-Bärtchen zog seine Waffe und richtete den kurzen Lauf auf mich. „Immer ruhig bleiben!“, sagte ich und zog vorsichtig ein paar der Armreifen hervor. „Eigenartig, dass ich so etwas in der Tasche Ihres Schlägers finden konnte, oder? Sieht aus wie der Anteil an einer Beute... Ich habe zwar noch nicht in der Liste nachgesehen, die Mrs McCormick mir gegeben hat, aber ich habe einen Blick für so etwas und es soll mich sehr wundern, wenn auch nur ein Stück dabei wäre, dass sich nicht ursprünglich in der McCormick Villa befunden hat! Und jetzt glauben Sie ja nicht, dass Sie die Sache aus der Welt schaffen können, indem Sie mich einfach aus dem Weg räumen. So wie ich die Intelligenz Ihres Riesengorillas einschätze, hat der längst versucht, etwas von dem Zeug für Bares an die Clubgäste zu verkaufen.“

„So dumm ist er nun auch nicht.“

„Wollen Sie sich darauf verlassen?“

Flaherty atmete tief durch. Er bedeutete seinem Leibwächter, die Waffe zu senken.

„Stecken Sie das Zeug weg. Ich habe damit nichts zu tun“, sagte Flaherty dann an mich gewandt.

„Irgendwann wird die Polizei Ihnen dieselbe Frage stellen: Wie kommt es, dass Sie nicht wissen, woher der Riese dieses Zeug hatte, wo er doch sonst aufs Wort auf Sie hört! Besser Sie überlegen sich bis dahin eine überzeugendere Antwort!“

„Hören Sie, es ist für Sie am besten Sie halten sich da raus, oder...“

„Oder was?“ Ich deutete mit der Linken, in der ich die Armreifen hielt, auf die Waffe des Leibwächters. Die Rechte steckte in der Seitentasche meines Jacketts und umfasste den Griff des 38ers. Im Notfall konnte ich einfach durch die Jacke schießen, obwohl es schade um den guten Tweed gewesen wäre. „Ich weiß nicht, ob Ihre Pokerfreunde einen Mord decken würden, wenn hier draußen ein Schuss fällt...“

„Die Sache ist etwas anders, als Sie denken, Mister Boulder?“

„Dann wäre es interessant, wenn Sie dazu mal etwas sagen würden. Vielleicht kann ich Ihnen auch weiterhelfen... Geht es zufälligerweise um ein paar Neubau-Blocks, in die eine Reihe reicher Leute Ihr Geld investiert haben?“

Flaherty wurde ziemlich blass. „Okay, die Wahrheit ist, ich habe auch Geld in dem Projekt stecken.“

„So wie McCormick?“

„Ja.“

„Nur dass McCormick das Geld nicht selbst gehörte, sondern er es aus öffentlichen Kanälen umgeleitet hat...“

„Kanäle ist ein gutes Stichwort in dem Zusammenhang. Das Problem ist nur, dass die Behörden jetzt alle Geldgeber genauer unter die Lupe nehmen werden!“

Ich musste grinsen. „Sagen Sie bloß, Sie hätten bei der Herkunft Ihres Kapitals etwas zu verbergen! Was ist denn mit Ihrem großen Gönner Seamus O’Donovan? Hat das Fass seine schützende Hand über Sie zurückgezogen – so wie es bei McCormick der Fall war?“

„Was reden Sie da?“

„Ach kommen Sie, es pfeifen doch die Spatzen von den Dächern, dass McCormicks Machenschaften niemals aufgeflogen wären, wenn O’Donovan das nicht zugelassen hätte!“

„Woher haben Sie das alles?“

„Aus einer guten Quelle. Vielleicht war McCormick einfach ein bisschen schlauer als Sie, denn er hat noch früh genug die Kurve gekriegt und hat sich verdünnisiert!“

„Okay, es gibt im Moment ein par Meinungsverschiedenheiten zwischen mir und O’Donovan“, gab Flaherty zu. „Aber die werden bald ausgeräumt sein. Was den Schmuck von Mrs McCormick angeht, habe ich keine Ahnung, was es damit auf sich hat.“

„Arbeitet dieser Buddy, oder wie der Riesengorilla auch immer heißen mag, noch für jemand anders als für Sie?“

„Ich habe ihn engagiert, weil er keine Angst kennt und ich ihn früher mal als Boxer gefördert habe. Leider ist aus seiner Karriere nichts Großes geworden. Was er sonst noch macht, weiß ich nicht!“

„Zu schade!“

Ich hörte Schritte hinter mir.

„Sie können Buddy ja gerne selbst fragen!“

Ich drehte den Kopf und sah aus den Augenwinkeln heraus Buddys massige Gestalt den Korridor entlang wanken. Er hatte sich schneller wieder erholt, als ich es für möglich gehalten hätte.

Sein Blick wirkte verzerrt und räumte die letzten Zweifel daran aus, dass er mir den K.O. noch nicht verziehen hatte.

Im selben Moment schnellte etwas von vorn auf mich zu. Der Kerl mit dem Menjou-Bärtchen hatte die Tatsache, dass ich abgelenkt worden war genutzt.

Sein Fausthieb traf mich am Kopf. Ein zweiter mit dem Lauf seines Revolvers ebenfalls und dann begann sich alles vor meinen Augen zu drehen. Ich hörte nur noch ein surrendes Geräusch, das meinen gesamten Kopf zu erfüllen schien und hatte dabei das Gefühl zu taumeln.

Schließlich hörte auch das Geräusch auf.

Nur noch Schwärze umgab mich.

8 Krimis fürs Fest: Krimi Paket

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