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Es war Nacht. Vom nahen Highway drangen Motorengeräusche herüber. Lichter wanderten entlang des Fahrbahnverlaufs durch die Dunkelheit. Caleb Dunston drehte sich kurz um, griff zum dritten Mal innerhalb von zehn Sekunden zu der Waffe, die er unter dem Jackett des dunkelgrauen Dreiteilers trug. Bevor er den Drugstore betrat, drehte er sich noch einmal um. Sein Gesicht wirkte angespannt. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Sein Puls raste. Keine Spur von IHNEN!, dachte er. Gut so! Die Hoffnung, dass SIE ihn inzwischen nicht mehr verfolgten, hatte Dunston aufgegeben. Im Augenblick musste er damit zufrieden sein, dass er vor seinen Verfolgern einen Vorsprung hatte, der es ihm erlaubte, Danny’s Drugstore an der Interstate 87, dem sogenannten New York Thruway zwischen dem Big Apple und Albany zu betreten und dort einen Kaffee zu trinken. Es hätte nämlich nicht viel gefehlt und er wäre am Steuer eingeschlafen.

Er löste den ersten Knopf seines Hemdkragens, bevor er die Tür des Drugstore passierte. Lebend bis nach Albany gelangen – das erschien ihm im Moment wie ein Ziel, das fast unerreichbar war.

Dunston ließ den Blick schweifen. Hinter dem Tresen stand ein großer, breitschultriger Man, auf dessen T-Shirt in großen Buchstaben I’M DANNY aufgedruckt war, womit er wohl signalisieren wollte, dass man es bei ihm mit dem Boss in Danny’s Drugstore zu tun hatte.

Dunston bemerkte einen Mann mit hoher Stirn, die so sehr glänzte, dass sich in ihr sich das Licht der Neonröhren spiegelte. Er trug eine Brille mit schwarzem Horngestell, die ihm auf der Nase zu drücken schien, denn er nestelte immer wieder an dem Gestell herum.

Einen Augenblick fragte sich Dunston, ob er einer von IHNEN war. Dicke Brillen eigneten sich hervorragend zum Verstecken von Ohrhörern und Mikrofonen, wie sie Observationsteams benutzten. Besonders stark schien die Brille auch nicht zu sein. Möglicherweise Fensterglas!, dachte Dunston.

Wie erstarrt stand er da und konnte sich im letzten Moment bremsen, um nicht einfach instinktiv unter die Jacke zu greifen und die Waffe herauszureißen.

Der Mann mit der dicken Brille schien sich für den Ständer mit Karten und Stadtplänen zu interessieren. Zumindest tat er so.

Er blätterte in einem Reiseführer über New York City herum und stellte ihn wieder zu den anderen.

Dann blickte er auf und sah Dunston für einen Moment an.

Das Gesicht war V-förmig und sehr schmal, was die abstehenden Ohren dafür umso größer wirken ließ.

An dem spitz zulaufenden Kinn befand sich ein deutlich sichtbares Grübchen.

Dunston schluckte. Er versuchte, sich zu erinnern, ob dieser Mann zu IHNEN gehörte und er ihn schon einmal gesehen hatte. Vielleicht in anderer Kleidung und kosmetisch verändert...

„Ist was?“, fragte der Mann mit Brille.

Der Schweiß auf Dunstons Stirn fühlte sich jetzt eiskalt an.

Er öffnete halb den Mund und war im ersten Moment vollkommen unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen.

„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte der Mann mit der Brille.

„Alles in Ordnung“, meinte Dunston, obwohl sein Herz raste und er das Gefühl hatte, als ob jemand einen Spanngurt um seinen Brustkorb gespannt hätte und diesen nun langsam immer fester zurrte.

Dunston ging weiter Richtung Tresen. Eine Frau von Mitte dreißig saß dort vor ihrem Kaffee. Sie trug ein seriös wirkendes Kostüm. Das blonde Haar war leicht gelockt.

„Einen Kaffee“, wandte sich Dunston an den Mann mit dem Danny-T-Shirt. „Und ich hoffe, dass er besonders stark ist.“

„Für Sie also einen Leichenwecker, Mister?“

„Ja.“

Er grinste.

Aber dieses Grinsen erstarb sofort, als er die Schweißperlen auf Danys Stirn sah.

„Ist es Ihnen zu warm hier?“

„Nein, nein, ist alles in Ordnung.“

„Sagen Sie, ich kenne Sie doch. Fahren Sie die Strecke nicht öfter?“

„Tut mir Leid, aber mir ist im Moment nicht nach Small Talk“, sagte Dunston.

„War ja nur ´ne Frage, Mister. Ich dachte, ich hätte Sie hier schon mal gesehen.“

Das Telefon klingelte und der Mann mit dem „I’M DANNY“ T-Shirt ging an den Apparat.

„Nehmen Sie das Danny nicht übel“, sagte die Frau mit den blonden Locken. „Das macht er bei jedem.“

Dunston lächelte matt. Immer wieder kehrte sein Blick dabei zu den blonden Haaren zurück, die sich auf ihren schmalen Schultern kräuselten.

Dunston nippte an seinem Kaffee. „Wenigstens ist sein sogenannter Leichenwecker wirklich das, was er sein sollte – nämlich stark!“

„Ja, hier halten viele Trucker, die viel zu lange auf dem Bock sitzen und glauben, dass sie mit einer Tasse des Gebräus wenigstens noch bis Kingston kommen!“ Sie stutzte. „Ist irgendetwas mit meinen Haaren nicht in Ordnung oder warum starren Sie...“

„Es ist alles in Ordnung, Ma’am. Es ist nur so: Jemand der mir sehr nahe stand hatte die Haare genauso wie Sie. Und für einen Moment sind meine Gedanken etwas abgeschweift.“

Sie runzelte die Stirn.

Dann blickte sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk und sagte: „Es wird Zeit für mich.“ Sie wirkte plötzlich nervös.

Danny war immer noch am Telefon.

Sie holte ihre Kreditkarte aus der Handtasche und tickte damit unruhig auf dem Tresen herum.

Als sie stille hielt, konnte Dunston den Namen lesen, der dort eingetragen war.

Rita Greedy.

„Das dauert wohl noch eine Weile“, meinte sie.

Dunston blickte auf die Uhr.

„Zu lange für mich.“ Er kippte den Leichenwecker mit ein paar kräftigen Schlucken hinunter und legte einen Schein auf den Tresen.

Killer Street: Kriminalroman

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