Читать книгу Drachenreiter und Magier: 4 Fantasy Abenteuer - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 44

3. DIE EISMENSCHEN

Оглавление

"Wir haben den Ring und den Spiegel! Jetzt kann das Tor zwischen dieser Welt und dem Schattenland errichtet werden!", verkündete Kryll.

Die GEEDRA hatte inzwischen schon wieder die garamitische Küste erreicht. Von dem inzwischen im Süden mit furchtbarer Wut tobenden Krieg war in diesen Gewässern nichts mehr zu spüren.

"Ihr habt alles erreicht, was Ihr wolltet, mein König", sagte Norjan an Kryll gewandt. "Ihr habt den Ring und den Spiegel. Mit Hilfe dieser magischen Waffen werden wir Pragan verteidigen können!"

"Wir werden ein Tor bauen!", beharrte Kryll.

"Ein Tor? Wozu das noch?", rief Norjan. "Ihr könntet unsere Gegner mit der Magie des Ringes zurückschlagen!"

"Das schon. Aber ich will mehr..."

Norjan zog den jungen König etwas bei Seite.

"Ich traue dem Namenlosen und seinen Schattengeschöpfen nicht so recht..."

"Aus welchem Grund?"

"Nun, ein König, es ist nur ein Gefühl..."

"Ach, hört auf mit Euren Gefühlen."

"Wir sollten die Schatten nicht in unsere Welt holen, wenn es einen anderen Weg gibt."

Kryll verengte die Augen.

"Aber Ihr selbst habt mir vor einiger Zeit gesagt, dass die Kreaturen des Schattenlandes eine Möglichkeit zur Lösung unserer Probleme darstellen."

"Damals kannte ich die Macht des Ringes noch nicht! Seid Ihr denn blind, mein König, dass Ihr nicht erkennt, dass wir uns mit den Schatten etwas in unsere Welt holen, was wir nicht richtig kennen? Was wollt Ihr zum Beispiel tun, wenn dieser Tarak uns betrügt?"

Kryll warf einen kurzen Blick in Richtung des Namenlosen, der am anderen Ende der GEEDRA stand.

"Er wird uns nicht betrügen!"

"Was macht Euch so sicher? Hat die Gier nach Macht Euch bereits so verblendet, dass Ihr es nicht mehr fertigbringt, vernünftig zu denken?"

"Ich glaube, Ihr versteht mich falsch, Freund Norjan!" Er zog ihn näher zu sich heran. "Bevor Tarak die Gelegenheit erhält, mich zu betrügen, werde ich ihn betrügen", flüsterte der König dann kaum hörbar.

"Ich glaube, Ihr stellt Euch die Sache zu einfach vor, mein König", meinte Norjan mit sorgenvoller Miene. "Ihr könnt doch noch gar nicht abschätzen, über welche Macht Tarak tatsächlich verfügt."

"Ich weiß, Freund Norjan. Das ist ein gewisses Problem."

"Mein König, ich kann Euch nur beschwören! Für die Lösung der Probleme unseres Land reicht die Macht des Ringes und das Wissen des Spiegels aus!"

Kryll zuckte mit den Schultern.

Aber es war keineswegs so, dass er sich unschlüssig war, oder dass der alte Ritter irgendeinen ernsthaften Zweifel hätte nähren können.

Der König schien mit seiner Geste eher Gleichgültigkeit gegenüber Norjans Einwänden zu signalisieren. Kryll hatte sich längst entschieden, welchen Weg er gehen würde.

Dennoch fuhr der alte Ritter fort: "Überlegt doch, mein König! Die Zeit wird für Pragan arbeiteten! Der Krieg im Süden könnte sich noch weiter ausbreiten. Es könnte sein, dass auch Dagarien bald in den Krieg hineingezogen wird und Dagarien ist der einzige feste Verbündete der Remurier!"

Kryll wandte sich zu Norjan herum.

Er hob die Augenbrauen.

"Das ist allerdings wahr."

"Es kann einen Vorteil für uns bedeuten."

Unterdessen hatte sich Olkyr den beiden Männern genähert.

"Mein König, es nähert sich uns ein Pulk von Schiffen!", rief er.

Kryll sah das Entsetzen in Olkyrs Gesicht.

"Lukkareaner? Oder Garamiter?"

Olkyr schüttelte den Kopf.

"Nein...", hauchte er. Er schien etwas zu brauen, um seine Fassung wiederzugewinnen. "Es sind Eisschiffe!"

Kryll blinzelte in die Ferne, dorthin, wo die fremden Schiffe aufgetaucht waren.

"Seid Ihr sicher?"

"Ja, mein König!"

Eisschiffe! Kryll hatte von ihnen gehört. Es waren die Schiffe der Bewohner des unwirtlichen Eislandes, tief unten im äußersten Süden gelegen.

Die Männer der GEEDRA schauten zum Horizont und hielten den Atem an, als sie die völlig weißen Schiffe herannahen sahen. Sie hatten eine unglaubliche Geschwindigkeit und würden die GEEDRA bald eingeholt haben.

"Es müssen tatsächlich Eisschiffe sein!", entfuhr es Kryll.

"Sie werden uns kaum eine Chance geben, ihnen zu entkommen", brummte unterdessen Norjan.

Krylls Blick ging zum Namenlosen, der am Heck der GEEDRA stand und einen ziemlich nervösen Eindruck machte und unruhig hin und her ging.

Der König trat zu ihm.

"So aufgeregt?", fragte er den Diener Taraks mit beißendem Spott in der Stimme.

"Wenn wir nicht schneller werden, holen uns die Eisschiffe ein!", rief er ärgerlich.

Kryll machte eine wegwerfende Geste.

"Wir haben den Ring und den Spiegel. Und wir haben deine Zauberaxt, Namenloser! Was können uns diese Wesen dort auf den Eisschiffen schon anhaben?"

"Ihr wähnt Euch überlegen, Kryll! Aber Ihr könntet Euch in diesem Fall täuschen!"

"Ach, ja?"

Kryll beobachtete, wie die Eisschiffe aufholten. Immer näher kamen sie an die GEEDRA heran.

Zu Krylls Erstaunen bestanden die Schiffe tatsächlich aus purem Eis. Aber es konnte kein gewöhnliches Eis sein, denn dann hätten diese Schiffe binnen kurzer Zeit in der Sonne schmelzen müssen.

Auch die Eisleute, die brüllend und rufend an Deck standen, sahen aus, als wären sie aus nichts anderem, als klirrendem, kaltem Eis. Sie sahen fast so aus, wie die Wasserdämonen, die Kryll mit Hilfe des Ringes gerufen hatte.

"Warum schmelzen die Schiffe der Eismenschen nicht?", fragte Kryll den Spiegel.

"Die Eismenschen bedienen sich der Magie! Sie wissen Mittel und Wege, um das Schmelzen zu verhindern, selbst wenn sie sich sehr weit von ihrer Heimat im kalten Süden entfernen", klang es aus dem Spiegel.

"Was können diese Kreaturen uns anhaben?"

"Sie können die Dämonen, die du mit Hilfe des Ringes erzeugen kannst, gefrieren und erstarren lassen!"

Es war, als ob sich eine eiskalte Hand in diesem Moment auf Krylls Schulter gelegt hätte.

Er schluckte.

"So ist der Ring in diesem Kampf wertlos?"

"Ja."

Unbehagen hatte sich jetzt des Königs bemächtigt. Er fühlte sich hilflos. Kryll sah zu den herannahenden Schiffen hinüber. Er sah die eisgrauen Gestalten, die ihm ununterscheidbar zu sein schienen. Einer war wieder andere - ohne Gesicht, ohne auch nur das kleinste Zeichen irgendeiner, wenn auch noch so bescheidenen Individualität...

"Was sollen wir tun?", rief jemand.

Ich werde es dennoch versuchen, dachte Kryll. Ich werde die Wasserdämonen auf die Schiffe der Eiswesen hetzen!

Das Wasser türmte sich zu unnatürlich wirkenden Wellen auf, aus denen sich dann die gespenstisch anmutenden Wassermenschen bildeten.

Mit transparenten Schwertern in den Händen erklommen sie die eisigen Wandungen der etwa ein Dutzend fremden Schiffe. In ihrer äußeren Erscheinung schienen sie ihren Gegner erschreckend ähnlich.

Gerade hatten die ersten Wasserdämonen das Deck eines Eisschiffes erklommen, um sich auf die Besatzung zu stürzen, da erstarrten sie mitten in der Bewegung und wurden zu Eis.

Höhnisches Gelächter klang von den weißen Schiffen herüber.

Sie packten die erstarrten Wasserdämonen und warfen sie über Bord. Langsam gingen sie im Meer auf und wurden wieder eins mit ihm.

Entsetzen packte Kryll, als er dies sah.

Der Spiegel hatte Recht behalten.

Ich werde weitere Dämonen mit dem Ring herbeirufen und gegen die Eismenschen hetzen, durchfuhr es Kryll grimmig.

"Es hat keinen Sinn, Kryll!", rief der Spiegel ihm mit matter Stimme zu, gerade so, als hätte er geahnt, was dem König durch den Kopf ging. "Du kannst so viele Dämonen und Trugbilder gegen diese Schiffe beschwören, wie du willst! Sie werden nichts ausrichten!"

Kryll fluchte.

Resigniert musste er einsehen, dass der Spiegel recht hatte.

Die Eisschiffe kamen näher und näher und der Augenblick war abzusehen, da die GEEDRA von Eismenschen geentert werden würde.

Die Praganier schossen einen Hagel von Pfeilen auf die Gegner an Bord der Eisschiffe ab, aber diese richteten nicht das Geringste aus. Es war nicht mehr, als ein Akt der schieren Verzweiflung. Die Pfeile prallten an den eisigen Körpern dieser Wesen ab, ohne irgendeine Wirkung zu zeigen.

"Sie entern uns!", war die Stimme Norjans zu hören, der sein Schwert gezogen hatte. Eine eisige Brücke war indessen zwischen der GEEDRA und einem der Eisschiffe angebracht worden und die Eisleute stürmten an Deck. Ihre grauweißen Schwerter blitzten nicht im Sonnenlicht. Ihre ausdruckslosen Gesichter schienen völlig konturlos.

Sie wirken wie lebende Tote, überkam es Kryll, der ebenfalls sein Schwert gezogen hatte, obgleich er bezweifelte, dass ihm das etwas würde nützen können.

Es war kaum für möglich zu halten, aber das seltsame Eis, aus dem die Körper der Eismenschen bestanden, schien härter als der beste praganische Stahl zu sein. Die Männer der GEEDRA wehrten sich so gut sie konnten. Schwerter klirrten gegen Eis, aber das Eis war härter. Die Praganier wehrten sich verzweifelt, aber sie hatten einen Gegner, der nicht zu bezwingen war. Einzig die blutrot leuchtende Axt des Namenlosen schien etwas ausrichten zu können.

Doch der Namenlose sah sich umringt von einer erdrückenden Übermacht.

Es war ein verzweifelter Kampf, der hier geführt wurde und den die Besatzung der GEEDRA wohl kaum noch gewinnen konnte.

Als sich nun noch ein zweites Schiff durch eine Enterbrücke aus grauem Eis mit der GEEDRA verband, da schien ihr Schicksal besiegelt...

*


Kryll konnte sich gerade noch den Spiegel hinter den Gürtel stecken, ehe er von einem der Eismenschen angegriffen wurde.

Er blickte in das konturlose Gesicht seines Gegenübers. Die Spitze des grauen Eisschwertes schnellte ihm entgegen und der König musste sich alle Mühe geben, zu parieren und sich seiner Haut zu wehren.

Und dann war er auch schon mitten im Kampfgetümmel.

Ein eisiger Arm legte sich um den Hals des Königs.

Man hatte ihn von hinten gepackt.

Das Schwert, mit dem ohnehin kaum etwas auszurichten war, wurde Kryll aus der Hand gerissen. Dann bekam er einen Schlag, der ihm die Sinne raubte, und es schwarz vor seinen Augen werden ließ...

Der Namenlose stieß einen grimmigen Kriegsruf aus, als er sah, was mit Kryll geschehen war. Mit der Axt bahnte er sich einen Weg durch die Eismenschen, um zu ihm zu gelangen, während die Eisleute damit beschäftigt waren, den bewusstlosen König von Pragan auf eines ihrer Schiffe zu bringen.

Mit gewaltigen Hieben fuhr der Namenlose zwischen die Eismenschen und zerschlug das klirrende Eis ihrer Körper.

Kryll darf nichts geschehen, durchfuhr es seinen dunklen Metallkopf. Kryll war schließlich von Tarak dazu auserwählt worden, das Tor zum Schattenland zu bauen...

Erbarmungslos schlug der Mann mit der Zauberaxt auf die Eisleute ein und tötete einen nach dem anderen. Sobald er einen von ihnen erschlug, so schmolz dieser innerhalb eines Augenblicks zu gewöhnlichem Wasser, so dass die Planken zu Füßen des Namenlosen bereits glitschig geworden waren.

Der Namenlose hörte, wie sich die Eismenschen Worte und Befehle in einer für ihn unverständlichen Sprache zuriefen. Sie hatten viele aus der Besatzung der GEEDRA getötet, aber jetzt ließen sie mehr und mehr von den Praganiern ab, von denen sie wussten, dass sie den eisgrauen Klingen nichts entgegenzusetzen hatten.

Stattdessen konzentrierten sie sich auf den Namenlosen und griffen ihn immer wieder von Neuem an. Zeitweise umringten sie ihn zu zehnt, während der Namenlose seine rötlich schimmernde Axt mit tödlicher Genauigkeit zu schwingen wusste.

"Kryll!", rief er dabei, und versuchte verzweifelt, zu dem König von Pragan zu gelangen.

Der Namenlose wusste, dass sein Arm nie ermüden würde, selbst wenn er tagelang mit den Eismenschen hätte kämpfen müssen. Aber soviel Zeit hatte er nicht, denn Kryll war in ihrer Gewalt.

Nach einiger Zeit wichen die Eisleute zurück und ließen von dem Namenlosen ab. Doch da hatte eines der enternden Schiffe bereits wieder abgelegt.

Der Namenlose blickte sich um, aber von Kryll war nirgends etwas zu sehen. Es schien, als hätten die Eisleute ins Innere ihres Schiffes gebracht.

Mochten die Götter wissen, was ihnen am König von Pragan liegen mochte!

Vielleicht sind auch sie auf der Suche nach dem Ring und dem Spiegel, durchfuhr es den Namenlosen.

Den Legenden nach waren die Eismenschen ein sehr altes Volk, viel älter als die Menschheit.

Es war durchaus denkbar, dass sich bei ihnen Erinnerungen aus jener Zeit bewahrt hatten, in der noch eine Verbindung zwischen den Welten existierte und sie von dem Ring und dem Spiegel gehört hatten.

Aber wenn dem so war, weshalb vermuteten sie dann diese Artefakte an Bord der GEEDRA?

Und wie konnten sie gewusst haben, dass sich der Ring und der Spiegel nicht mehr an ihren angestammten Orten befanden? Nein, dachte der Namenlose. Dieses Motiv konnten die Eisleute kaum haben...

Es war einfach zu absurd.

Der Namenlose stürmte nun wild vorwärts, während die Eiskrieger vor ihm zurückwichen, um auf das zweite Eisschiff zu gelangen, das mit der GEEDRA noch immer durch eine Enterbrücke verbunden war. Der Namenlose passierte diese Brücke und befand sich dann an Bord des feindlichen Schiffes, umringt von Eisleuten.

Er trat etwas vor, die rötlich leuchtende Axt in der Rechten.

Einen Augenblick lang geschah gar nichts. Der Namenlose wusste, dass es im Augenblick wenig Sinn hatte, weitere Eismenschen zu erschlagen. So besann sich der Mann aus dem Schattenland eines Besseren.

"Versteht ihr meine Sprache?", rief er, während einige der Eisleute die Verbindung zur GEEDRA unterdessen gelöst hatten.

Doch er erhielt keinerlei Antwort.

Sein Blick ging über die eisgrauen Aufbauten des Schiffes.

Eine Tür ging dort auf und einen spinnenartiges Wesen von der Größe eines Pferdes kam zum Vorschein. Es war genau wie Eisleute aus klirrendem, schmutzig-grauem Eis. Der Namenlose erstarrte mitten in der Bewegung. Er vernahm höhnisches Gelächter im Hintergrund.

Ein Fauchen ging von der Eisspinne aus. Ihr eisiger Atem ließ den Namenlosen frösteln.

Mit der Axt in der Hand stand er da und war bereit, seine Gegnerin zu empfangen.

Vorsichtig wälzte sich die Eisspinne auf ihren neun Beinen vorwärts. Einen Moment lang belauerten sie beide sich abwartend, dann kam die Eispinne mit einem plötzlichen Satz herangeschnellt.

Mit einem ihrer neun Beine schlug sie auf den Namenlosen ein. Als dieser den Schlag mit seiner Axt abwehren wollte, bemerkte er, dass die Beine dieser Kreatur mühelos dem Zauberstrahl seiner Axt standhielten.

Der Namenlose konnte nichts weiter tun, als im letzten Moment auszuweichen.

Eine Aura eisiger Kälte umgab dieses monströse Geschöpf.

Der Namenlose ging nun zur verzweifelten Offensive über und versuchte mit seiner Axt nach dem Bein des Untiers zu schlagen.

Aber er traf es nicht.

Die Kreatur war geschickt und mit überraschender Schnelligkeit ausgewichen.

Der Namenlose fluchte lauthals.

Doch noch ehe er seine Kräfte zu einem erneuten Angriff sammeln konnte, hatten ihn zwei Beine der Eisspinne gepackt und hochgehoben.

Noch ehe der Namenlose etwas tun konnte, landete er mit einem Schrei im Wasser. Die Wellen schlugen über seinem Metallkopf zusammen.

Drachenreiter und Magier: 4 Fantasy Abenteuer

Подняться наверх