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Heimkehr mit Schrecken
ОглавлениеBeschwingt stieg Jasemin aus ihrem Auto und freute sich schon diebisch auf die Gesichter ihres Mannes und ihrer Kinder. Zwei Tage früher als vorgesehen konnte sie die Kur verlassen und stand jetzt ganz unverhofft vor ihrem Haus. Kokett warf sie ihr langes, schwarzes Haar in den Nacken und holte den Schlüssel heraus. Doch was war das? Ihr Schlüssel passte nicht in das Schloss und verwundert drückte sie auf die Klingel. Nichts, gar nichts regte sich in dem Haus und sie setzte sich völlig irritiert auf einen kleinen Mauervorsprung. Schön, irgendwann mussten sie ja nach Hause kommen und Jan konnte ihr dann sicher alles erklären. Stunde um Stunde verging, aber es tat sich nichts. Wieder drückte sie auf die Klingel…aber das Haus war tot. Eine weitere Stunde später öffnete sich die Tür und ein Mann trat heraus…ein Fremder! Jasmin sprang auf und rief erleichtert:
„Endlich, ich dachte schon es kommt heute keiner mehr. Waren Sie bei meinem Mann? Wo ist er? Sind meine Kinder auch im Haus?“
Doch der Mann ignorierte sie völlig und ging an ihr vorbei und stieg in sein Auto, welches auf der Straße parkte.
„Unhöflicher Stoffel“, dachte Jasemin und drückte wieder auf die Klingel. Erst jetzt sah sie, dass ein ganz anderer Name auf dem Schild stand…was hatte das schon wieder zu bedeuten? Sie vergewisserte sich, dass das Nummernschild am Haus stimmte. Es stimmte - dafür stimmte aber sonst gar nichts mehr. Was jetzt? Sie ging hinüber in einen kleinen Park und setzte sich auf eine Bank. Tief in Gedanken vertieft merkte sie nicht, wie Tränen über ihr Gesicht liefen. Verlor sie den Verstand? War das alles nur ein böser Traum aus dem sie gleich erwachte? Ein abgekartetes Spiel?
„So traurig, junge Frau? Kann ich Ihnen helfen?“ Erschrocken zuckte Jasemin zusammen und drehte sich zu dem Mann um, der sich neben sie gesetzt hatte. Er sah sie freundlich aus tiefblauen Augen an. Sein dunkles Haar war mit einigen grauen Strähnen durchzogen, seine schlanke Gestalt steckte in einer sportlichen Freizeitkleidung…ein angenehmer Anblick. Jasemin schüttelte den Kopf:
„Mir kann keiner helfen, verstehe ich doch selber nicht was eigentlich los ist!“
„Ich bin übrigens Markus Randolf, Dr. Randolf!“
Angenehm überrascht reichte Jasemin ihm ihre Hand: „Jasemin Mangold, es freut mich sehr!“
„Ich weiß wer Sie sind, Jasemin…darf ich das sagen?“ Sie nickte heftig war sie doch froh, einen Menschen neben sich zu haben der ihr vielleicht einen Rat geben konnte.
„Aber woher kennen Sie mich, Markus?“ Gespannt wartete sie auf eine Antwort. Doch Markus zögerte noch und bat sie, ihm ihre Geschichte zu erzählen. Jasemin begann langsam:
„Ich verstehe gerade nicht was mit mir passiert, Markus. Heute bin ich aus einer vierwöchigen Kur zurückgekommen und stehe vor einem leeren Haus. Nicht leer, aber ohne meinen Mann und meine beiden Kinder. Mein Haustürschlüssel passt nicht mehr und an der Klingel steht ein anderer Name!“ Verzweifelt schüttelte sie den Kopf: „Ein fremder Mann verließ das Haus und ich sprach ihn an…aber er ignorierte mich einfach! Was ist nur los mit mir? Ist das alles ein makabrer Scherz, Markus?“ Der schüttelte den Kopf:
„Nein, kein Scherz. Ich werde behutsam versuchen es Ihnen zu erklären…sind Sie bereit?“ Mit bangem Herzen sah sie ihn an:
„Ich bin bereit…fangen Sie an, Markus!“ Er räusperte sich und nahm behutsam ihre Hand:
„Jasemin, Sie sind tot…schon seit fünf Jahren!“ Entsetzt sprang Jasemin auf und fühlte, wie ihr Magen sich zusammenkrampfte:
„Sie machen Scherze und das ist nicht gerade die feine englische Art…wie können Sie mir so einen Schrecken einjagen!“ Markus griff nach ihrer Hand und zog sie zurück auf die Bank:
„Es ist kein Scherz, Jasemin. Überlegen Sie doch mal…wieso hat dieser Fremde Ihnen keine Antwort gegeben? Nun? Weil er Sie nicht sehen kann…weil Sie tot sind!“ Ungläubig schüttelte Jasemin den Kopf: „Aber Sie sehen mich doch auch!“
„Ja, weil ich auch tot bin. Auch schon seit Jahren!“
„Was machen Sie dann hier?“
„Ich wurde von oben geschickt um Ihnen zu helfen…zu verstehen, dass Sie tot sind und es auch zu akzeptieren. Seit fünf Jahren sitzen Sie hier…gefangen zwischen zwei Welten. Weil Sie es noch nicht glauben wollen und auch nicht loslassen können!“
„Und was alles haben Sie mit mir vor?“
„Ich helfe Ihnen, Abschied von dem Erdendasein zu nehmen. Wir werden noch einmal alle Stationen Ihres Lebens durchlaufen und ich helfe Ihnen, den Weg zu unserem wirklichen Zuhause zu finden und zu gehen!“
„Nein, das alles ist doch nur ein Traum – kneifen Sie mich mal! Sicher wache ich dann auf!“ Aber sie ahnte bereits, dass es kein Traum war…sie war tot.
„Was ist mit meiner Freundin, deren Wohnung leer stand?“
„Sie hatte vor einigen Wochen einen Unfall und ist gestorben. Auch die andere Freundin die du versucht hast anzurufen, ist nicht mehr in dieser Stadt. Sie hat geheiratet und lebt jetzt in Amerika!“
„Wo ist denn Jan, mein Mann? Wo sind meine Kinder, Markus!“ So richtig glauben konnte sie das immer noch nicht.
„Dein Mann und deine Kinder leben jetzt in einer anderen Stadt…es geht ihnen gut. Aber es könnte ihnen besser gehen, wenn du sie endlich loslassen könntest!“ Er duzte sie plötzlich, wahrscheinlich war das so üblich unter den Verblichenen. Lange saß Jasemin ganz still auf der Bank, tief versunken in all dem Gehörten. Wie sollte es nun weitergehen?
„Wie geht es weiter, Markus? Ich habe keine Wohnung, kein Geld…wir können uns nichts Essbares kaufen!“
„Du hast es immer noch nicht verstanden, nicht wahr? Wir brauchen keine Wohnung, kein Geld und essen müssen wir auch nicht. Sieh mal, die Kinder…geh hin und sprich sie an!“ Jasemin erhob sich und ging auf die Kinder zu, doch die rannten einfach an ihr vorbei.
„Siehst du, sie können dich nicht sehen und auch nicht hören!“ Jasemin brach in Tränen aus und Markus wischte sie einfach weg: „Die brauchst du auch nicht mehr. Da wo wir hingehen, gibt es all das nicht mehr…keinen Kummer, keinen Neid und keine Tränen – nur reine Liebe. Du wirst es sehr bald sehen, Jasemin. Komm gib mir deine Hand“, forderte er sie auf. Jasemin war gespannt was jetzt als Nächstes passierte und reichte ihm ihre Hand. Erstaunt riss sie die Augen auf: