Читать книгу Verführerische Weihnachten - Amanda Mariel - Страница 5
PROLOG
ОглавлениеDezember 1815, Yorkshire
Adam wickelte eine Strähne von Cristianas seidigem Haar um seine Finger, während sie an seine Brust gekuschelt dalag. Er sollte eigentlich ihr Bett verlassen und nach Danby Castle zurückkehren. Nie zuvor in seinem Leben war er geblieben, um mit einer Frau zu kuscheln, nachdem er mit ihr geschlafen hatte. Aber etwas an Cristiana gab ihm Sicherheit. Vielleicht die Tatsache, dass sie eine Witwe war oder vielmehr die, dass sie keinen Ehemann wollte.
Er atmete ihren Duft nach Vanille und Flieder ein. »Erzählt Ihr mir von Eurem Mann?« Eine plötzliche Neugier hatte ihn gepackt und ehe er sich selbst zurückhalten konnte, war ihm die Frage entschlüpft. Nun hing sie zwischen ihnen in der Luft.
Cristiana versteifte sich einen Moment lang, bevor sie das Kinn hob, um ihn anzusehen. »Was möchtet Ihr denn wissen?«
Adam lächelte, streichelte ihren nackten Rücken und genoss es, wie sehr sie sich dabei entspannte. »Nichts weiter, denke ich. Es war einfach spontane Neugier.«
Sie stützte sich auf ihren Ellbogen und ihre Augen verengten sich zweifelnd. »Und jetzt ist sie vorbei?«
Adam lachte leise in sich hinein. »Mir ist klar geworden, dass es mich nichts angeht.«
»Das vielleicht nicht.« Sie gab ihm einen Kuss auf die nackte Brust. »Aber ich werde Euch trotzdem aufklären.«
»Das müsst Ihr nicht tun.« Er hielt ihren warmen grau-blauen Blick fest. Er hätte wirklich nicht nachfragen sollen. »Es liegt nicht in meiner Absicht, unangenehme Erinnerungen in Euch wachzurufen.«
»Es ist nicht so, als ob er mich schlecht behandelt hätte.« Cristiana ließ sich aufs Bett zurücksinken. Ihre Wange kam auf Adams Brust zu liegen. »Wir hatten vielleicht
keine großartige Liebesbeziehung, aber wir hatten trotzdem zärtliche Gefühle füreinander. Jonathan war gut zu mir, und ich zu ihm.«
»Wenn das so ist, wieso wollt Ihr dann nicht wieder heiraten?« Adam war äußerst verwirrt. Die meisten Frauen – alle, die er getroffen hatte – wollten verheiratet sein. Wenn ihre Erfahrungen angenehm gewesen waren, dann sah er keinen Grund, weshalb sie eine zweite Heirat vermeiden sollte. Versuchte sie, ihm etwas vorzumachen? Eine böse Vorahnung ließ kalte Schauer über seinen Rücken rieseln, als er auf ihre Antwort wartete.
»Ich habe gesagt, dass unsere Verbindung angenehm war, nicht ideal. Jonathan war Soldat. Wir heirateten zwei Wochen, bevor er einberufen wurde. Bei den Anlässen, zu denen er nachhause zurückkehrte, hatten wir sehr wenig Zeit miteinander. Es war ein einsames Dasein… jetzt sogar noch mehr. Wie Ihr wisst, ist er bei Waterloo gefallen.«
»Ich kann mir vorstellen, wie schwer ein solches Leben sein muss.«
»In der Tat.« Cristiana spreizte ihre Hand auf Adams warmer Brust. Ihre Finger spielten mit den feinen Härchen. Ein Gefühl der Wärme vertrieb die Kälte, die er zuvor empfunden hatte. »Nach meiner Trauerzeit entschloss ich mich, Witwe zu bleiben. Dieser Status gestattet mir eine gewisse Freiheit und Nachsicht, die anderen Damen nicht zu Gebote steht. Wenn ich das tue, ist sichergestellt, dass ich nie wieder einsam sein werde.«
In ihrer Stimme schwang keine Traurigkeit mit, sie weinte nicht und schmiegte sich nicht enger an ihn. Und doch zerriss ihm das, was sie hatte ertragen müssen, das Herz. Es war offensichtlich, dass ihre Heirat eine Narbe zurückgelassen hatte, obwohl sie sie als angenehm beschrieben hatte. War sie als Kind auch einsam gewesen? Er würde sie nicht danach fragen, denn er hatte sie schon mehr ausgefragt, als er es hätte tun sollen.
Adam wälzte sich herum, so dass sie unter ihm zu liegen kam. Seine Augen begegneten ihrem leidenschaftlichen Blick. »In diesem Fall betrachte ich es als meine Pflicht, sicherzustellen, dass Ihr heute Nacht nicht einsam seid.« Er presste seine Lippen auf die ihren und küsste sie voller Verlangen, während er sein Glied gierig gegen die feuchte Stelle zwischen ihren Beinen presste.
Cristiana schlang ihre Beine um seine Hüften und stöhnte leise auf. Stoß für Stoß kam sie ihm entgegen. Sie fuhr mit den Fingern über seinen Rücken und küsste seine
Brust. Wirbel aus glühendem Begehren durchströmten ihn.
Sein Rhythmus beschleunigte sich und ihre leisen Schreie erklangen häufiger, als
er sich nahm, was er brauchte. Nach kurzer Zeit stöhnte sie seinen Namen und ihr Kopf sank ins Kissen zurück. Keuchend lag sie unter ihm, ein verführerisches Grinsen im Gesicht. Adam verschlang ihre Lippen in einem glühenden Kuss, während er selbst zum Höhepunkt kam.
Er rollte von ihr herunter und zog sie wieder an sich. Eine Zeit lang hielt er sie fest umschlungen, während sie zu Atem kamen und ihre Herzen im Einklang schlugen. Wenn er darauf aus wäre zu heiraten, würde er sie auswählen.
Der Gedanke erschreckte ihn und sandte ein kaltes Grauen durch seine Adern. Das hier war eine gefährliche Sache. Eine, die er beenden musste. »Cristiana.«
»Ja?«
»Ich muss bald nach London zurückkehren.«
»Ich weiß.« Sie verstärkte ihren Griff um ihn. »Solange ich Euch hier habe, will
ich alles, was ich kriegen kann.«
Adams Kehle schnürte sich zusammen. Er fand es viel schwerer, sie zu
zurückzulassen, als er eigentlich sollte. »Den Rest meines Aufenthalts über werde ich viel zu tun haben… zu viel, um noch einmal zu Euch zu kommen.«
»Unsinn. Ihr habt mir erzählt, dass Ihr bis nach Dreikönig in Yorkshire sein werdet.« Sie strich mit den Fingern sanft über seinen Unterleib. »Das sind jetzt noch zwei Wochen. Sicher wird Euch ein Grund einfallen, Euch davonzustehlen und mir einen Besuch abzustatten.«
Natürlich, das könnte er tun. Die Versuchung, die sie darstellte, brachte seine Entschlossenheit beinahe ins Wanken. Verflucht, wieso hatte er Gefühle für sie entwickeln müssen? Ihm blieb keine andere Wahl als ihre Bekanntschaft zu beenden, bevor sich seine Empfindungen zu etwas Tieferem entwickelten. »Ich fürchte, das kann ich nicht. Danby hat viel vor und verlangt meine Anwesenheit. Ich werde noch heute Abend im Schloss erwartet.«
Cristiana erhob keine Einwände, als sie sich von ihm wegrollte, aber sie schien auch nicht erfreut zu sein. Sie drehte sich zu ihm um, ihre Lippen zu einem gekonnten
Schmollmund verzogen. »Wenn Ihr los müsst, werde ich nicht versuchen, Euch aufzuhalten.«
Er erhob sich vom Bett und kleidete sich an, bevor er sich wieder zu ihr umdrehte. »Ich habe unsere Zeit zusammen genossen. Glaubt mir.« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Lebt wohl.«
Sie antwortete nicht, sondern starrte ihn nur an, als er sich umdrehte und davoneilte.
Kapitel 1 Dezember 1817, Yorkshire
Adam Brighton, der Viscount Radcliffe, betrat das Arbeitszimmer des Dukes of Danby mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. Sein Großonkel hatte ihn vor zwei Wochen nach Danby Castle beordert und ihm keine Gelegenheit zur Flucht gelassen. Adam hatte sein Möglichstes getan, um dem Duke aus dem Weg zu gehen und hatte es im vergangenen Jahr fertiggebracht, in London zu bleiben, aber in diesem Fall war es unausweichlich gewesen. Danby hatte gedroht, nach London zu kommen, wenn Adam nicht nach Yorkshire käme. Das war ein Risiko, das Adam nicht eingehen konnte.
Er setzte sich auf den Stuhl, auf den Danby deutete und begegnete dann dem
Blick seines Onkels. Er war in den letzten zwei Jahren gealtert, hatte sich aber seine jugendliche Energie und Hartnäckigkeit bewahrt. Und von der Mischung aus Besorgnis und drohendem Unheil zu schließen, die in seinem Blick funkelte, hatte Danby vor, viel Zeit und Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, sich dieses Weihnachten in Adams Angelegenheiten einzumischen.
»Erzählst du mir, wie es dir geht?« Danby grinste jovial.
Seine scheinbar heitere Stimmung konnte Adam nicht täuschen. Danby war ein eindrucksvoller Mann und sich dessen nur zu gut bewusst. Adam war nicht ins Schloss bestellt worden, um zu erörtern, wie es ihm ging. Nichtsdestotrotz erwiderte er das Lächeln seines Onkels. »Es geht mir gut.«
»Die Gerüchte über deine alles andere als wünschenswerten Gewohnheiten sind bis zu mir nach Yorkshire vorgedrungen. Du trinkst, stiftest Unruhe – und hast Weibergeschichten.« Danby lehnte sich vor und musterte Adam mit klaren blauen Augen. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass du dich niederlässt.«
Das war es also. Der wahre Grund, aus dem Danby ihn hierher gerufen hatte – und genau das, was er unbedingt vermeiden wollte. Adam stieß den Atem aus. »Ich bin noch nicht dazu bereit, mir Fesseln anlegen zu lassen.«
Irgendwie würde Adam Danbys Bemühungen, ihn unter die Haube zu bringen, entkommen. Er mochte keine Wahl gehabt haben, ob er zum Schloss kommen würde oder nicht, aber er hatte mit Sicherheit ein Mitspracherecht, wenn es darum ging, wen und wann er heiratete. Adam dachte noch nicht einmal im Traum an das »Wer«, denn das »Wann« würde noch einige Jahre nicht eintreten. Er war nicht bereit, seine Freiheit jetzt schon aufzugeben – egal, was sein Onkel verlangte.
»Unsinn.« Danby sah ihn streng an. »Eine gute Frau ist genau das Richtige für dich.«
»Ich werde mich nicht in eine Ehe zwingen lassen.« Adam erwiderte seinen strengen Blick fest.
»Du wirst die Feiertage hier verbringen und an den Feierlichkeiten teilnehmen. Außerdem erwarte ich, dass du Zeit mit Lady Edith Voss verbringst.«
»Onkel – «
Danby fuhr mit der Hand durch die Luft zwischen ihnen, während er fortfuhr, seine Anweisungen zu erteilen. »Sie ist ein folgsames, hübsches Mädchen. Der Inbegriff des Anstands und genau das, was du brauchst.«
Adam konnte sich einige Dinge vorstellen, die er brauchen konnte – eine anständige Lady, die von seinem Onkel ausgewählt worden war, gehörte nicht dazu. In dem Augenblick, in dem er hier fertig wäre, würde er sich einen starken Drink genehmigen und die Begleitung einer bereitwilligen Frau aufsuchen – einer, die er selbst aussuchte. Vielleicht würde er Cristiana einen Besuch abstatten. Er hatte sie seit zwei Jahren nicht gesehen. Würde er in ihr immer noch die willige und leidenschaftliche Witwe vorfinden, die sie gewesen war, als er ihr das letzte Mal eine Besuch abgestattet hatte?
»Adam.« Danby hielt seinen eindringlichen blauen Blick fest auf ihn gerichtet. »Ich höre.«
Danby presste seine Lippen zu einer dünnen Linie zusammen.
»Wirklich, das tue ich. Es ist dein Wunsch, dass ich Zeit mit Lady Edith Voss
verbringe, also werde ich es tun.« Was Adam nicht sagte, war, dass er keineswegs mehr Zeit als unbedingt nötig mit der Lady verbringen würde und dass er ihr mit Sicherheit nicht den Hof machen würde.
»Sehr gut.« Danby ließ sich auf seinem Stuhl zurücksinken. »Du darfst dich entfernen.«
Adam verschwendete keine Zeit und stürzte aus dem Büro, um den Anweisungen des Dukes zu entkommen. Eilig durchschritt er die Gänge, sprang die Treppenstufen hinab und begab sich nach draußen, um sein Pferd zu holen. Selbst ein Glas Whisky konnte warten. Je weniger Zeit er auf Danby Castle verbrachte, desto besser.
Hals über Kopf galoppierte er durch die Landschaft Yorkshires, bis er Cristianas Zuhause erreichte. Wenn es nach ihm ging, würde sie ihm mit derselben Leidenschaft begegnen, die sie ihm in der Vergangenheit entgegengebracht hatte. Bilder ihres üppigen Körpers stiegen in seinem Innern auf und er fragte sich, weshalb er sich so eilig vor ihr zurückgezogen hatte.
Er und Cristiana hatten eine leidenschaftliche Affäre gehabt. Keiner hatte vom
anderen etwas verlangt. Sie waren beide willig und leidenschaftlich gewesen. In jenen Feiertagen hatte er die meisten Nächte in ihrem Bett und etliche Tage neben ihr am Kamin verbracht. Würde sie sich noch immer als großartige Fluchtmöglichkeit vor Danby erweisen? Oder war zu viel Zeit verstrichen? Es war immerhin zwei Jahre her, dass er sie zuletzt gesehen hatte. Vielleicht hatte sie wieder geheiratet.
Es gab nur eine Möglichkeit, die Antworten zu bekommen, nach denen er verlangte. Adam sprang die Verandastufen hinauf, indem er je zwei auf einmal nahm und klopfte an die Tür. Wenn es zum Schlimmsten käme, würde er eine andere Frau finden, mit der er sich ablenken konnte.
Die solide Eichentür schwang auf. Es war Cristianas Butler. »My Lord.« Der grauhaarige Mann verbeugte sich.
Adam nickte ihm zu und streckte ihm seine Visitenkarte entgegen. »Ich bin hier, um Lady Cristiana zu sehen.«
»Sie befindet sich derzeit nicht hier.«
»Wann wird sie zurückkehren?« Adam musterte den Mann. Er wusste genau, dass er ihn wiedererkannte. Wie könnte es auch anders sein, nachdem Adam hier so viel Zeit verbracht hatte?
»Sie ist über die Feiertage verreist.«
Adam presste die Lippen zusammen und starrte den Butler an. »Verreist? Wohin?«
»Das kann ich Euch leider nicht sagen, my Lord.« Der Butler trat zurück und wollte die Tür schließen.
»Wartet.« Adam streckte die Hand aus und stützte sie in den Türrahmen, um den Mann davon abzuhalten, ihn auszusperren. »Ich möchte sie überraschen. Sicher wird sie nichts dagegen haben, wenn Ihr mir einen Hinweis gebt. Schließlich seid Ihr euch über die Natur unserer…« Er räusperte sich. »Bekanntschaft im Klaren.«
Der Gesichtsausdruck des Butlers verfinsterte sich. »Das bin ich mit Sicherheit nicht. Guten Tag, Sir.«
»Dann also gut.« Adam nahm seine Hand vom Türrahmen, drehte sich um und schritt auf sein Pferd zu. Das Klicken der sich schließenden Tür drang an seine Ohren,
bevor er die erste Stufe der Veranda erreicht hatte. Adam nahm es nicht übel. Es war nicht das erste Mal, dass er abgewiesen worden war und er bezweifelte, dass es das letzte wäre. Keine Affäre dauerte ewig lange an. Eine Tatsache, die ihm nur recht war. Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt in seinem Leben.
Er schwang sich in den Sattel und warf einen Blick aufs Haus zurück. Die Bewegung eines Vorhangs in der zweiten Etage zog seine Aufmerksamkeit auf sich und er sah genauer hin. Nichts. Dann, plötzlich, sah er sie. Cristiana starrte einen Herzschlag lang hinunter zur Einfahrt, bevor der Vorhang wieder an Ort und Stelle fiel und die Sicht verdeckte.
Es kam ihm auf einmal merkwürdig vor. Weshalb war Cristianas Diener so zurückweisend gewesen, als Adam seine Zeit mit Cristiana erwähnt hatte? Noch merkwürdiger war es, dass sie vorgab, nicht zuhause zu sein, wenn sie es offensichtlich doch war. Vielleicht hatte er sich im Hinblick auf ihre gemeinsame Zeit geirrt. Hatte er sie mit einem gebrochenen Herzen zurückgelassen?
Nein. Cristiana hatte heftiger als er darauf bestanden, dass sich zwischen ihnen nichts Ernstes entwickeln sollte. Sie hatte nicht versucht ihn aufzuhalten und ihm gegenüber nie Gefühle eingestanden. Sie hatten sich auf eine Affäre eingelassen – nichts weiter. Und sie hatten in diesem Arrangement beide bekommen, was sie wollten.
Es blieb nur eine einzige Erklärung. Cristiana war im Leben weiter vorangeschritten, wie alle seine verflossenen Geliebten es getan hatten. Adam würde sie aus seinen Gedanken verbannen und anderweitig Ablenkung finden.
Er ritt in die Stadt und fand im »Schwert mit der weißen Rose« einen Zufluchtsort vor seinem Onkel. Adam ließ sich auf einen Stuhl an einem Ecktischchen sinken. Das Gasthaus des Ortes mit seiner Schenke wäre der perfekte Ort, um an einen kräftigenden Drink zu kommen und eine warme Frau zu finden. Noch wichtiger – Danby würde hier nicht nach ihm suchen.
Es dauerte nicht lange, ehe ihm eine korpulente Magd über den Weg lief. Adam hieß sie gemeinsam mit seinem zweiten Glas Whisky willkommen. Jetzt räkelte sie sich auf seinem Schoß und weckte sein Verlangen. Er ließ den verbleibenden Whisky im Glas kreisen, dann stürzte er ihn hinunter, bevor er ihr ins Ohr flüsterte: »Wie wär’s, wenn wir
uns nach oben zurückziehen?«
Sie wandte sich ihm zu. Ihre Rehaugen erwiderten seinen Blick und sie kicherte.
»Aber gern.«
Er schob sie von seinem Schoß und gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Dann
stand er auf, legte ihr einen Arm um die Taille und führte sie auf die Treppe zu, wobei sie sich ihren Weg um andere Tische herum und an Gästen vorbei bahnten. Gespräche erfüllten die Gaststube und es erklangen einige betrunkene Gesänge. Aber er schenkte dem Ganzen keine Beachtung. Seine Aufmerksamkeit war nur auf Eines gerichtet – darauf, das hübsche Ding an seiner Seite ins Bett zu bekommen.
Sie hing kichernd an seinem Arm und warf ihm vieldeutige Blicke zu, während sie sich ihren Weg bahnten. Als sie die Treppe erreichten, erstarrte er. Ein Gespräch ganz in der Nähe erweckte sein Interesse.
»Mary hat mir erzählt, dass es das Baby von Lady Kendal ist«, sagte die Stimme eines Mannes.
Hatte er richtig gehört? Cristiana hatte ein Kind? Er schüttelte den Kopf, dann richtete er seine volle Aufmerksamkeit auf das Gespräch.
»Wer ist Mary?«, fragte eine tiefere Stimme.
Adams Begleiterin zog an seinem Arm. »Nun kommt schon.«
»Schhh.« Adams Blick suchte nach den ins Gespräch vertieften Männern,
während er fortfuhr zu lauschen. Sie trugen die typische Kleidung der einfachen Leute und saßen an einem Tisch in der Nähe. Der eine von ihnen war kräftig und hatte braunes Haar, der andere war schlank und blond. Wer waren sie und worüber unterhielten sie sich? Welches Baby?
»Mary ist eine Magd der Lady«, antwortete der Braunhaarige. »Sie ist zufällig auch die Frau, um die ich werbe.«
»Wer ist dann der Vater?«
Der Braunhaarige nahm einen Schluck und lehnte sich dann etwas vor. »Das kann niemand außer der Lady mit Sicherheit sagen«, sagte er mit leiser Stimme. »Mary hat mir erzählt, es sei die uneheliche Tochter eines Verwandten des Duke of Danby.«
Der andere Mann gluckste. »Kannst du dir vorstellen, was der Duke dazu sagen
würde?«
»Er würde einer dieser besonderen Genehmigungen hervorzaubern und eine
Heirat verlangen.« Der Braunhaarige lachte.
Adam hatte mehr als genug gehört und löste die Hand der Frau von seinem Arm.
Er bemerkte ihren verwirrten Blick. »Ein andermal«, sagte er.
Sie verzog ihre verführerischen Lippen zu einem Schmollmund. »Da kann ich
vielleicht nicht.«
Er trat einen Schritt auf die Männer zu. »Das mag schon sein, aber es gibt da
etwas, um das ich mich kümmern muss.« Er drehte sich auf dem Absatz um, trat an den Tisch der Männer und griff sich den Stuhl zwischen ihnen.
Der Blonde verengte die Augen. »Wir haben Euch nicht gebeten, Euch zu uns zu setzen.«
Adam starrte ungerührt mit verengten Augen zurück. »Das hat Eure Unterhaltung getan. Lasst uns irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist.«
»Ich glaube kaum«, erwiderte der Braunhaarige.
Adam versuchte eine andere Strategie. »Ich werde Euch für die Informationen bezahlen, die ich will.«
»Wie viel?« Der Blonde musterte Adam.
»Ein Pfund.« Adam griff in seine Tasche und warf eine Ein-Pfund-Note auf den Tisch.
Der Blonde griff danach, aber sein Begleiter hielt ihn zurück und packte seine Hand auf halbem Wege, bevor er Adam ansah. »Ein Pfund für jeden, oder wir sagen Euch gar nichts.«
Adam lehnte sich zurück und täuschte Langeweile vor. »Scheint mir ganz schön teuer, wenn ich noch nicht mal eine Garantie dafür habe, dass die Informationen relevant sind.«
»Seid Ihr mit dem Duke verwandt?«, fragte der Blonde.
»Habt ihr Zeit mit Lady Cristiana verbracht?«, fügte der Braunhaarige hinzu. Adam sah zur Tür. »Ein Pfund für jeden, wenn wir die Unterhaltung draußen
fortsetzen.«
»Wie Ihr wünscht, aber bezahlt uns zuerst«, verlangte der Braunhaarige.
Adam erhob sich und warf eine weitere Ein-Pfund-Note auf den Tisch. Die Männer ergriffen die Scheine gierig, bevor sie ihm nach draußen folgten. Adam schlang seinen Mantel enger um sich, um sich vor der Winterkälte zu schützen, als er an ihnen vorbeitrat. Als keiner von ihnen sprach, starrte er sie unnachgiebig an. »Erzählt mir von dem Baby, von dem Ihr gesprochen habt.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte der Blonde. »Die Lady ist einige Monate nach Weihnachten vor zwei Jahren verschwunden. Hat einige Zeit in Frankreich verbracht. Als sie zurückkam, hatte sie ein Neugeborenes bei sich.«
Adam machte einen Schritt auf den Mann zu. »Und die Gerüchte?«
»Das überlass ich ihm.« Der Blonde sah zu seinem Freund, der mit den Schultern zuckte.
»Sie hat behauptet, es sei ein Findelkind, dass sie adoptiert hätte.« Der Braunhaarige warf einen Blick auf die Tür des Gasthauses. »Alle schienen die Geschichte zu glauben.«
Adams Miene verfinsterte sich. »Was ist mit der Wahrheit?«
»Wahrheit?« Der Mann hob eine Augenbraue.
Adams Blut geriet in Wallung. Er machte einen Satz nach vorn, packte den Mann
am Kragen und stieß ihn gegen das Gebäude. »Lasst Eure Spielchen.«
»Eine ihrer Dienerinnen hat gesagt, sie sei bei der Geburt dabei gewesen. Es ist
kein Findelkind, sondern das Kind der Lady.« Der Mann wand sich. Adam packte ihn noch fester. »Und was ist mit dem Vater?« »Sie hat gesagt, es sei von einem von Danbys Neffen.« »Wie alt ist das Kind?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Stellt eine Vermutung an.« Adam schüttelte ihn, bevor er ihn wieder gegen die Wand presste.
Der Mann starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Ein Jahr vielleicht… etwas älter.«
Adam gefror das Blut in den Adern. Cristiana hatte ein Kind – sein Kind. Jetzt
ergab alles einen Sinn. Sie hatte sich verleugnen lassen, um ihr Geheimnis zu wahren. Wut stieg in ihm auf. Sein Herz pochte heftig. Er ließ den Mann los. Womit nahm sie sich das Recht, sein Kind vor ihm geheimzuhalten? Hatte sie wirklich geglaubt, er würde nichts von dem Baby erfahren? Dass er kein Recht oder keinen Grund hatte, zu wissen, dass er der Vater war?
Grundgütiger! Er war Vater.
Adams Magen verkrampfte sich. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit ließ ihn schwindeln, als er zu seinem Pferd zurückkehrte. Er konnte kein Vater sein. Kinder kamen nach der Hochzeit. Das Letzte, was er jetzt wollte, war, gebunden zu sein. Noch nicht – nicht jetzt. Aber da war es – ein Kind – sein Sohn oder seine Tochter.
Das konnte nicht sein.
Es musste eine andere Erklärung geben.
Er stieg auf sein Pferd und ritt zu Cristianas Anwesen. Sie würde ihn empfangen,
ob sie nun wollte oder nicht. Er würde keinen Frieden mehr finden, bevor sie ihm nicht erklärt hatte, was zum Teufel hier vor sich ging. Und nicht, ehe er das Kind nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.