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ОглавлениеAlso: In einem lesbischen Verhältnis erreicht man den Höhepunkt, wenn der Mund oder die Hände des Partners in einem drin sind. Man kann es auch mit dem Druck der Schenkel gegeneinander machen, wenn man sehr heiß oder sehr erfahren ist, aber meistens dauert das zu lange, der weibliche Körper ist nicht zum aktiven Stoßen oder Durchdringen geschaffen.
Amelie zeigte mir, wie die richtigen Ersatzstücke angelegt werden.
Das klingt kühl, sogar klinisch, aber ich versichere, dass in der Praxis nichts kühl bleibt.
Ich trieb sie, kaum dreißig Sekunden, nachdem meine Lippen sie zum ersten Mal berührt hatten, zu einem verzweifelten, kreischenden Höhepunkt.
Ich fühlte, wie sie sich in mich ergoss, hörte fern ihre Schreie und Seufzer, die sich mit meinem pfeifenden Atem vermischten. Ihre Schenkel umklammerten mich zitternd, wild, hielten mich in einer engeren Umklammerung, als je ein Mann es geschafft hatte.
Es war, als ob in dem Moment, in dem sie kam, all ihre Geheimnisse und all ihre Nöte in mich hineinflossen und als ob ich alles von ihr wüsste, jedenfalls erheblich mehr, als ich je von einem Menschen zu wissen dachte, und die Geheimnisse lagen offen: sie waren da in meinem Mund, zwischen meinen Lippen, bewegten sich auf meine Mitte zu. Es war exquisit, besser als alles, was die Filme über lesbische Liebe je gezeigt haben, wo sie entweder Sünde oder meistens deprimierend oder beides ist.
Und als es fertig war, als wir beide genug gewälzt und getobt und uns umarmt hatten, da war es Amelie, nicht ich, die das Licht ausschaltete, und dann lagen wir da im Dunkeln, Körper an Körper. Mein eigener Herzschlag endlich tief und gleichmäßig; und mich drängte es, irgendwas zu sagen, etwas, was das alles vervollständigen und zur gleichen Zeit ausdehnen könnte, aber ich war nicht in der Lage dazu. Es gab keine Worte. So lag ich halb dämmernd da und hörte überrascht an Amelies Atemzügen, dass sie einzuschlafen begann.
„Amelie?“, fragte ich schließlich, „fühlst du dich gut?“
Sie murmelte etwas und drückte sich dichter an mich, und mir fiel nichts mehr ein.
„Ruhig“, sagte sie, und dann wieder: „Ruhig“, und so lag ich in meinem Schwebezustand da, und ich fühlte die Umrisse ihres Körpers, die seltsame Spannkraft ihrer Brüste, die meinen Bauch berührten, und ich lauschte den verwirrenden Geräuschen, die von der Straße durchs Fenster drangen.
Es war erst acht Uhr abends.
Aber was meine Gefühle anbetraf, verwirrende Einsamkeit und furchtvolle Erfüllung, hätte es auch der Beginn der Dämmerung sein können. Ich war so unschuldig gewesen. Ich hatte nichts gewusst. Sex war etwas, was man mit Männern machte und dann mit seinen Freundinnen besprach, aber damit erschöpfte es sich auch schon.
Ich dachte also an nichts und an alles in diesen Augenblicken; wie ich heute, am letzten Tag auf meiner Stelle, nach Hause gekommen war, entsetzt und deprimiert, weil davon gesprochen worden war, dass nicht nur diese Firma, sondern die ganze Industrie rauen Zeiten entgegensah.
Entsetzt war ich, weil ich vor drei Wochen gekündigt worden war und Zeit gehabt hätte, mich darauf vorzubereiten und der neuen Situation anzupassen, und doch hatte mir das uferlose Ausmisten meines Schreibtisches in den letzten Stunden zum ersten Mal gezeigt, dass es tatsächlich am Ende war.
Ich dachte daran, wie ich von der Arbeit gekommen, wie eine Fremde durch die Straßen gelaufen war und die Leute mit einer Mischung von Verblüffung und Hass angesehen hatte, weil sie Jobs hatten und ich jetzt nicht mehr.
Ich erinnerte mich daran, wie ich in unser braunes Backsteinhaus gekommen und die drei Treppen hinaufgelaufen war, die Wohnung leer vorgefunden hatte. So saßen die arbeitslosen Menschen den ganzen Tag in ihren Wohnungen und machten eine Liste mit den Dingen, die sie bis zum Abend tun wollten, damit sie dann, wenn alle anderen von der Arbeit kamen, sagen konnten, dass auch sie den Tag über beschäftigt gewesen waren.
Ich dachte an dieses und jenes; ich dachte daran, wie es gewesen war, als Amelie eine halbe Stunde später gekommen war und mich über den Tisch gelehnt vorgefunden hatte. Ich hatte Tee geschlürft mit der sturen Hartnäckigkeit einer alten Frau, die den Winter selbst mit ihrer Tasse heißen Tees zurückzuhalten versuchte.
Amelie hatte mich gefragt, was denn wäre, aber ich war nicht in der Lage gewesen, es ihr zu sagen, nur dass meine Stelle zum Teufel und jetzt für mich in der Stadt kein Platz mehr wäre.
Sie hatte mich nicht verstanden. Sie wusste, was im Büro passiert war, und hatte mir gesagt, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauchte, dass ich schon einen anderen Job finden würde. In der Zwischenzeit könnte sie die Miete allein aufbringen, wenn es sein musste, und deshalb gab es nichts, was mich beunruhigen sollte.
Sie konnte auch nicht verstehen, dass ich mich einsam fühlte, denn wir beide hatten viele Verabredungen, so viel wir wollten; das waren Männer, die wir von der Universität kannten, und Kerle, die wir vom Arbeitsplatz kannten, und in der Küche hing eine lange Liste von Namen, die man alle anrufen konnte.
Wir waren nicht einsam. Einsamkeit hatte bei uns keine Chance. Nein, wirklich nicht: wir waren junge Mädchen in der großen Stadt und lebten das geschäftige, aufregende Gesellschaftsleben, mit dem sich alle Magazine und Filme beschäftigten. Wir sahen gut aus, hatten Geschmack, interessante Jobs und viel unkomplizierten Sex noch dazu. Und die Pille für unsere Ruhe. Uns konnte nichts passieren, erst recht kein Zweifel an unserem Daseinszweck.
Und doch saß ich weinend am Tisch, zum Teil weinte ich auch, weil ich nicht in der Lage war, Amelie die Bedeutung des Geschehenen zu sagen.
Aus vielen Gründen konnte ich ihr die Bedeutung des Geschehenen nicht sagen: nur einiges hatte etwas mit Scham oder mit der Tatsache zu tun, dass ich die Miete nicht bezahlen konnte, was wiederum zu allen möglichen Problemen führte.
Es hatte auch nichts mit der Tatsache zu tun, dass ich Angst davor hatte, auf die Straße zu gehen, denn ich konnte meine Bewerbungen online von zu Hause aus am Computer absenden.
Ein Teil meiner Niedergeschlagenheit rührte gewiss von der Tatsache her, dass ich zu oft ins Kino gegangen war und während einer entscheidenden Phase meines Lebens vor ein paar Jahren zu wenig nachgedacht hatte, aber ein Teil ging noch tiefer, in Teile meines Seins, die ich noch nicht ergründet hatte. Schließlich war ich noch jung. Ich war 23 Jahre alt. Es gab keinen Grund, warum ich zu diesem Zeitpunkt des großen Spiels überhaupt schon etwas wissen sollte.
Ich war mit Entschuldigungen schnell bei der Hand!
So saß ich weinend am Tisch und dachte, wie romantisch es wäre, wenn ich aufgestanden und zum Schrank gegangen wäre, um - als Ergänzung zu den Tränen - einen steifen Whisky zu trinken, wie man es in den Filmen immer sieht, nur dass in diesem Fall kein Mann seine Hand im Spiel hatte; und mittendrin kam dann Amelie zurück, erschöpft von der Straße und vom eigenen Arbeitstag. Sie sah mich an, wie ich da hockte, zog in einer Art abstrakten Desinteresses ihren Mantel aus, während ihr Blick höflich von mir zum Fenster huschte - sie war ein wohlerzogenes Mädchen -, aus dem man Sicht auf die gegenüberliegenden Backsteinhäuser hatte, und dann ging sie ins Wohnzimmer und verrichtete einige Sachen völlig geräuschlos, und dann kam sie zurück.
Ich weinte natürlich immer noch.
Aber irgendwie hatte sich in mir etwas verändert, seit sie hereingekommen war. Bis jetzt hatte ich nur für mich, über mich ganz allein geweint, aber als sie zurück in die Küche kam, weinte ich auch für die Stadt, für alle verlorenen, verdammten Menschen, die in ähnlichen oder schlimmeren Schwierigkeiten waren, an den Rand ihrer Existenz geschleudert. Menschen, die ich nie kennenlernen würde, weil ich sie nicht erreichen konnte, weil es keine Verbindung zwischen uns gab - ausgenommen die, dass wir alle versagt hatten, und das konnte ich nicht ertragen! Ich konnte keine Beziehung ertragen, die auf langweiliger Spießbürgerschaft aufgebaut war, und deshalb war ich von diesen Leuten genauso abgeschnitten wie von denen, über die die Modezeitschriften immer berichteten.
Also weinte ich nur für mich.
Ich glaube, ich hatte mich in eine melodramatische Stimmung hineingesteigert, als Amelie in die Küche zurückkam, aber das war verständlich. Es ist sehr schwierig, vor einer Mitbewohnerin längere Zeit zu weinen, wenn man nicht einen guten Grund dazu hat. Das hatte ich herausbekommen. Und deshalb arbeitete ich daran.
Amelie wollte wissen, als sie das zweite Mal hereinkam, was los war und ich sagte es ihr, so gut ich konnte. Ich ließ all die albernen Dinge weg und sagte nur, dass ich ohne Job nicht wüsste, wie ich die Miete bezahlen sollte.
Amelie sagte, das wäre doch lächerlich; ich hätte den lausigen Job doch nie gemocht, ich sollte mich doch daran erinnern, wie ich mich danach gesehnt hätte, endlich da wegzukommen, bevor dann der Ärger passierte, und außerdem könnte sie sich ein paar Monate allein um die Miete kümmern, wenn es sein müsste. Ich sollte es als Geschenk oder Darlehen auffassen, ganz wie ich wollte, und dass das alles doch nicht das Ende meiner Welt oder der Welt im Allgemeinen wäre. Sie sagte, es hätte keinen Zweck, die Dinge zu dramatisieren, und legte eine Hand auf meine Schulter, dann ging sie zum Küchenschrank und nahm eine Flasche Rotwein heraus, die sie zusammen mit einem Glas vor mich hinstellte. Sie sagte mir, ich sollte ruhig etwas trinken.
Es muss dieser Augenblick gewesen sein, dass ich zum ersten Mal in Amelie ein körperliches Wesen entdeckte. Sie war keine Abstraktion oder eine Freundin, die mir gegenüber saß, sondern eine Frau mit großen Brüsten, die sich gegen den engen Pullover drängten.
Sie gab mir ein Glas, während Sorge in ihrem Blick lag, und die feine weiße Haut ihres bloßen Armes leuchtete im Licht der Küchenlampe. Mir wurde bewusst - ohne an etwas Bestimmtes zu denken, das war ja das Verwirrende -, dass dies ein Körper war, auf den Männer mit sofortiger Lust ansprechen. Es war nur ein kleiner, vielleicht unbeabsichtigter Zufall der Biologie, der es unmöglich und ungesetzlich machte, dass ich genauso darauf ansprach.
Als ich mein Glas nehmen wollte, berührte meine Hand ihre ganz leicht, und ich fühlte etwas in mir arbeiten. Während eine Serie kleiner Schocks mich durchlief.
Ich nahm ihr das Glas ab und setzte es an meine Lippen, hob es hoch, atmete ein und spürte den würgenden Geruch, der mich zu ersticken drohte, bevor ich den Rotwein geschluckt hatte. Durch das Glas hindurch sah ich sie an. Sie drehte sich ein wenig zur Seite, dann wandelte sie sich in eine andere Form. Sie hatte sich völlig verändert. Nichts war, wie es war, nichts würde wieder so sein.
In dem Zeitraum, in dem ich das Glas nahm und wieder absetzte, war etwas mit mir geschehen, denn als ich den Rotwein das erste Mal gerochen hatte, hatte ich nur Verzweiflung und irgendwie das quälende Verlangen zur Flucht gefühlt.
Aber als ich es absetzte, verlangte ich nach Amelie, wollte ich ihre Brüste in meiner Hand fühlen, wollte wissen, wie sich ihr Bauch gegen meinen fühlte.
Jetzt, in dem Ausbruch dieses Verlangens, war mir, als hätte ich nie zuvor ihren nackten Körper gesehen, als hätte ich sie nicht schon hunderte Male im Zimmer sich an- und ausziehen gesehen.
Blindlings streckte ich meine Hand aus, um ihr Handgelenk zu umspannen, und obwohl es auch ein trostsuchendes Berühren sein konnte, obwohl sie es so hätte auffassen können, muss sie doch die Wahrheit gespürt haben, denn sie hielt meine Hand und blickte mich an, zwinkerte die Augen in erfahrener Vorsorge, während sie mit der anderen Hand die Flasche hochhob.
„Willst du mich?“, fragte sie. „Ja, Laura? Du brauchst dich nicht zu schämen.“