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 Das Herz – eine Saug-Druckpumpe

Das Herz liegt zwischen den Lungen im Thorax (Brustkorb) hinter dem Sternum (Brustbein) und ist leicht nach links verschoben (⅓ rechts, ⅔ links der Körpermitte). Den Raum zwischen den Lungen nennt man Mediastinum («in der Mitte stehen»). Das Mediastinum beherbergt nicht nur das Herz, sondern auch den Oesophagus (Speiseröhre), die Trachea (Luftröhre) sowie die grossen Blutgefässe.

Die Begrenzungen des Herzes (Abb. 1):

 Unten ist das Herz über den Herzbeutel am Zwerchfell angewachsen. Atmet man ein, zieht das Zwerchfell das Herz mit nach unten (bauchwärts). Das erzeugt einen Sog, dank dem das venöse Blut vom Körper ins Herz strömt.

 Vorne schützen Sternum und Rippen das Herz.

 Hinten füllen Aorta (Hauptschlagader), Trachea und Ösophagus den Raum zwischen Herz und Wirbelsäule.

 Seitlich grenzen die Lungen an das Herz.

 Die Herzachse, die von den grossen Gefässen der Herzbasis zur Herzspitze (Apex) reicht, verläuft von rechts oben nach links unten. Das Herz schlägt demnach schräg im Thorax. Die Herzbasis findet sich weiter hinten (dorsal) im Thorax als die Herzspitze. Während des Atmens verschiebt sich die Herzachse laufend: Beim Einatmen zieht das Zwerchfell das Herz in die Länge, was die Herzachse in eine steilere Position bringt. Atmet man aus, drückt das Zwerchfell das Herz wieder nach oben.


Abb. 1 Herzlage im Thorax [Mikael Häggström; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

MEMO Herzlage Die Herzachse und damit die Position des Herzes verläuft von hinten-rechts-oben nach unten-links-vorne.

Das Herz ist eine Spur grösser als die Faust seines Besitzers und wiegt bei Erwachsenen zwischen 250 und 350 g. Das entspricht etwa 0.5 % des Körpergewichts. Das Herzgewicht eines gesunden Menschen hängt vom Trainingszustand ab: Bei Ausdauersportlern steigt das Herzgewicht bis 500 g.

Jeder Mensch besitzt zwei Herzen

Das Herz ist ein Hohlmuskel, der komplett in eine rechte und eine linke Hälfte geteilt ist. Das linke Herz arbeitet mit einer kräftigen (Kammer-)Muskulatur, das rechte mit einer eher schwachen. Das liegt an den Druckverhältnissen in den beiden Herzen: Das linke Herz erzeugt beim Pumpen einen mittleren Druck von 100 mmHg, das rechte nur einen Druck von etwa 20 mmHg.

Exkurs Druckeinheit mmHg (sprich: Millimeter Quecksilbersäule) ist eine alte Druckeinheit, die in der Medizin immer noch in Gebrauch ist. 1 mmHg entspricht dem statischen Druck, erzeugt von einer normierten Quecksilbersäule von 1 mm Höhe. 1 mmHg = 133,322 Pa (Pascal)

Das Septum interventriculare (Scheidewand) teilt das linke und rechte Herz komplett. In jeder Herzhälfte findet man (Abb. 2):

 Atrium (Vorhof)

 Ventrikel (Kammer)

 2 Klappen

 Blutgefässe, durch die Blut ins Herz rein und raus fliesst

Das Blut strömt in den Venen in das Atrium, durch eine Segelklappe in den Ventrikel und durch eine Taschenklappe in eine Arterie. Diese Reihenfolge gilt sowohl im rechten als auch im linken Herz. Der Unterschied besteht in der Blutqualität: Durch das rechte Herz fliesst venöses Blut – durch das linke Herz arterielles.

Man könnte erwarten, dass die Venen (Zufluss) oben am Herz liegen und die Arterien (Abfluss) unten. Das ist nicht so: Alle Blutgefässe mit Ausnahme der Vena cava inferior (untere Hohlvene) liegen nebeneinander an der Herzbasis; also oben. Die Blutgefässe finden ihre finale Position in der frühen Embryonalphase, in der sich ein Gefässschlauch zu einem Herz dreht und faltet.


Abb. 2 Längsschnitt durch das Herz. Ansicht von ventral [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

MEMO Bezeichnung der Blutgefässe Die anatomische Bezeichnung Arterie benennt ein Blutgefäss, das Blut vom Herz wegführt. Dabei ist es egal, ob darin arterielles oder venöses Blut fliesst! Vergleichbares gilt für die Venen: Jedes Gefäss, das Blut zum Herz hinführt, nennt man eine Vene. Auch hier spielt die Qualität des Blutes keine Rolle!

Die Namen der Herz-Blutgefässe (Abb. 2)

 Die Arteria pulmonalis führt venöses Blut vom rechten Herz in die Lungen. Der Abgang aus dem rechten Ventrikel (Truncus pulmonalis) verzweigt sich in eine rechte und eine linke Arteria pulmonalis.

 Jede Vena pulmonalis befördert arterielles Blut von den Lungen in das linke Herz. Zwei Venae pulmonales münden von der rechten Lunge und zwei von der linken Lunge in das linke Atrium.

 Die Aorta transportiert arterielles Blut vom linken Herz zu den Körperzellen.

 Jede Vena cava führt venöses Blut von den Körperzellen ins rechte Herz. Es gibt eine Vena cava superior (venöser Abfluss oberhalb des Herzes) und inferior (venöser Abfluss unterhalb des Herzes).

Exkurs Fachbegriffe Blutgefässe Der Fachbegriff für Arterie lautet Arteria (Einzahl) oder Arteriae (Mehrzahl). Die übliche Abkürzung für Arteria ist A. und für Arteriae Aa. Die Venen heissen Vena (Einzahl) oder Venae (Mehrzahl). Die Abkürzungen sind V. beziehungsweise Vv.

Die Herzklappen sorgen für einen geregelten Blutfluss

In beiden Herzhälften findet man jeweils zwei Klappen: eine Segelklappe zwischen Atrium und Ventrikel sowie eine Taschenklappe zwischen Ventrikel und wegführendem Blutgefäss. Sie dienen dem geregelten Blutfluss durch das Herz. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)

Alle vier Klappen entstehen aus der inneren Schicht des Herzes (Endokard). Sie liegen auf einer Ebene, der Klappenebene (Abb. 3). Die Klappenebene liegt dicht bei der Herzbasis etwa rechtwinklig zur Herzachse. Die Herzklappen sind an Ringen aus straffem, kollagenem Bindegewebe befestigt (Anulus fibrosus). In ihrer Gesamtheit nennt man die Ringe «Herzskelett».


Abb. 3 Schnitt durch die Klappenebene (Ansicht von oben) [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Segelklappen

Die Segelklappen trennen das Atrium vom Ventrikel. Die rechte Segelklappe heisst Trikuspidalklappe und die linke Mitralklappe (Synonym: Bikuspidalklappe). Die Trikuspidalklappe setzt sich aus drei Segel (Cuspis = Segel, Tri = drei) zusammen und die Mitralklappe (Mitra = Haube) beziehungsweise Bikuspidalklappe aus deren zwei (Bi = zwei).

Die Segelklappen hängen über Sehnenfäden an den Papillarmuskeln (Musculus papillaris) der Herzkammern. Die Papillarmuskeln verhindern, dass die Klappen beim Blutauswurf aus der Kammer durch den Druck in die Vorhöfe zurückschlagen. Die Papillarmuskeln öffnen somit die Klappen nicht, sondern halten sie geschlossen!

Fliesst Blut vom Atrium in den Ventrikel, öffnen sich die Klappen automatisch wie eine Notfalltür im Kino, wenn Leute dagegendrücken (Siehe auch Abb. 41). Das heisst, die Klappen verbrauchen keine Energie. Ist das Blut im Ventrikel, schliessen die Segelklappen dank des Drucks, den die Kammermuskulatur aufbaut. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)

Taschenklappen

Die dreiteiligen Taschenklappen sind zwischen Ventrikel und abgehendem Blutgefäss eingebaut. Sie heissen wie das Gefäss: Das Blut fliesst von der rechten Kammer durch die Pulmonalklappe in den Truncus pulmonalis (Anfangsteil der Lungenarterien). Links strömt das Blut von der Kammer durch die Aortenklappe in die Aorta.

Jede Taschenklappe ist aus drei Taschen zusammengebaut. Auch die Taschenklappen öffnen sich passiv, wenn der Druck in der Kammer höher ist als im nachfolgenden Blutgefäss. Kehren sich die Druckverhältnisse um, schliessen sich die Klappen. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)

MEMO Namen der Herzklappen Trikuspidalklappe – Segelklappe zwischen rechtem Atrium und Ventrikel. Mitralklappe (Bikuspidalklappe) – Segelklappe zwischen linkem Atrium und Ventrikel. Pulmonalklappe – Taschenklappe zwischen rechtem Ventrikel und dem Truncus pulmonalis. Aortenklappe – Taschenklappe zwischen linkem Ventrikel und Aorta.

Die Herzwand – drei Schichten

Die Herzwand setzt sich aus drei Gewebeschichten zusammen.

Von innen nach aussen (Abb. 4):

 EndokardDas Endokard (endo = innen) ist die innere Auskleidung von Atrium und Ventrikel. Es besteht aus einem einschichtigen Epithel (Endothel), das sich in die Blutgefässe fortsetzt. Alle Herzklappen entstehen aus dem Endokard.

 MyokardDas Myokard (myo = Muskel) ist eine Schicht aus spezialisierten Muskelzellen, die sich rhythmisch kontrahieren (zusammenziehen). Die Steuerung der Kontraktion übernimmt ein exklusives Reizleitungssystem, das in der Embryonalphase aus Muskelzellen entsteht. (Siehe Kapitel «Die Hierarchie der Reizleitung»)

 Epikard und Perikard (= Herzbeutel)Der Herzbeutel setzt sich aus zwei Schichten zusammen. Die innere Schicht (Epikard) ist mit dem Myokard verwachsen; sie enthält viel Fettgewebe. Im Fett verlaufen Blutgefässe sowie Nervenleitungen.Die äussere Schicht (Perikard) ist mit dem Mediastinum und dem Zwerchfell verwachsen. Epikard (epi = darauf) und Perikard (Peri = darum herum) kleben dank eines Flüssigkeitsfilms aneinander – darum sind sie gegeneinander längs verschiebbar. Das Herz kann sich dank dieser Konstruktion unabhängig vom Ein- und Ausatmen bewegen.

Exkurs Herzbeutel Die Begriffe zum Thema «Herzbeutel» werden in der Fachliteratur uneinheitlich verwendet. Die einen rechnen das Epikard dem Herzen zu und bezeichnen nur das Perikard als Herzbeutel – die anderen fassen Epikard und Perikard zum Begriff «Herzbeutel» zusammen.


Abb. 4 Die Herzwandschichten [Blausen.com staff. "Blausen gallery 2014". Wikiversity Journal of Medicine. DOI:10.15347/wjm/2014.010. ISSN 20018762; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Das Herz braucht viel frisches Blut

Zwei Arterien versorgen das Herz mit Blut: die A. coronaria dextra (rechte Koronararterie) und die A. coronaria sinistra (linke Koronararterie). Das Wort «Coronaria» kommt von Corona, was Kranz oder Krone bedeutet. Der Name beschreibt den Verlauf der beiden Arterien auf der Grenze zwischen Vorhof und Kammer.

Von der A. coronaria sinistra zweigt eine Arterie, der Ramus interventricularis anterior (RIVA), in Richtung Herzspitze ab (Ramus = Ast, interventricularis = zwischen den Kammern). Die A. coronaria sinistra läuft danach als Ramus circumflexus (circumflexus = umbiegen) auf die Rückseite des Herzes.

Die A. coronaria dextra mündet auf der Herzrückseite in den Ramus interventricularis posterior. Beide Koronararterien entspringen der Aorta knapp oberhalb der Aortenklappe. Die linke Koronararterie versorgt die linke Herzhälfte, die rechte Koronararterie die rechte Herzhälfte (Abb. 5).

Koronararterien sind Endarterien, das heisst, sie enden «blind» im Gewebe. Sie besitzen keine Anastomosen (Querverbindungen). Wenn eine Koronararterie verstopft, leidet das Myokard unter Sauerstoffmangel. Als Folge entsteht eine Angina pectoris oder ein Herzinfarkt. (Siehe Kapitel «Koronare Herzkrankheiten – Folge der Atherosklerose»)


Abb. 5 arterielle Versorgung des Herzes (Ansicht von ventral) [Patrick J. Lynch; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Das Myokard des linken Ventrikels wird ausschliesslich in der Erschlaffungsphase (Diastole) des Herzes mit Blut versorgt. Das bedeutet, je höher der Puls, desto kürzer die Diastole und desto dürftiger die Versorgung mit arteriellem Blut!

Der grösste Teil des venösen Blutes fliesst im Sinus coronarius (Sinus = Krümmung) direkt in den rechten Vorhof. Drei Venen speisen den Sinus coronarius (Abb. 6):

1. V. cardiaca magna (magna = gross)

2. V. cardiaca media (media = mittel)

3. V. cardiaca parva (parva = klein)


Abb. 6 venöser Abfluss des Herzes (Ansicht von dorsal) [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Die Herzaktion – 2‘943‘360‘000

Das Herz ist ein Muskel, der lebenslang ohne Pause arbeitet. Bei einem durchschnittlichen Puls von 70 Schlägen pro Minute kontrahiert sich die Herzmuskulatur etwa drei Milliarden Mal im Leben.

Das Herz funktioniert dank eines integrierten Reizleitungssystems autonom (selbstständig). Zusätzlich wird das Herz von aussen beeinflusst: Das autonome Nervensystem (Sympathikus und Parasympathikus) sowie Hormone wie das Adrenalin passen Puls und Schlagkraft des Herzes dem aktuellen Bedarf des Körpers an.

Das Reizleitungssystem besteht aus speziellen Muskelzellen, die in einer eigenen Frequenz ein Signal an die Myokardzellen senden. Das Reizleitungssystem entsteht um die vierte Schwangerschaftswoche aus Muskelzellen, die spontan mit rhythmischen Kontraktionen beginnen.

Die Hierarchie der Reizleitung

Der «Chef» des Reizleitungssystems ist der Sinusknoten. Man nennt ihn auch den ersten Herzschrittmacher. Der Sinusknoten (Grösse etwa 3 x 10 mm) sitzt in der Wand des rechten Atriums (Abb. 7). Er generiert Signale (= Aktionspotenziale) mit einer Frequenz von 60 bis 80 pro Minute, was dem Ruhepuls eines Menschen entspricht.

Das Aktionspotenzial verbreitet sich vom Sinusknoten über die Vorhofmuskulatur und wird vom zweiten Herzschrittmacher, dem AV-Knoten (Atrio-Ventrikularknoten) übernommen. Er liegt leicht nach rechts verschoben zwischen den Vorhöfen und den Kammern in der Nähe der Klappenebene. Der AV-Knoten gibt seinerseits Signale ab – allerdings in einer niedrigeren Frequenz als der Sinusknoten. Die Signalfrequenz des AV-Knotens beträgt 40 bis 50 pro Minute. Er übernimmt die Funktion des Sinusknotens, wenn der ausfällt. Da die Klappenebene als bindegewebiger Isolator wirkt, kommt kein Signal am AV-Knoten vorbei. Der AV-Knoten leitet das Aktionspotenzial des Sinusknotens mit einer Verzögerung von etwa 100 ms (Millisekunden) zu den Ventrikeln.

Der Weg vom AV-Knoten in die Herzkammern führt über das His-Bündel. Es bringt das Signal durch die Klappenebene direkt in das Septum interventriculare. Das His-Bündel zweigt in die beiden Kammerschenkel (Tawara-Schenkel) ab, die in Richtung Herzspitze ziehen. His-Bündel und Kammerschenkel besitzen ebenfalls einen eigenen Rhythmus: Er liegt bei einer Frequenz zwischen 30 und 40 pro Minute. Man nennt diese Frequenz den Kammerrhythmus (dritter Herzschrittmacher).

Von den Kammerschenkeln aus verbreiten sich die Aktionspotenziale über die Purkinje-Fasern in der Muskulatur der linken und rechten Kammer. Die Zeit, die ein Aktionspotenzial vom Sinusknoten bis zur letzten Kammermuskelzelle braucht, beträgt etwa 200 ms.

MEMO Reihenfolge der Reizleitung (Abb. 7) 1. Der Sinusknoten im rechten Atrium erzeugt Aktionspotenziale 2. Der AV-Knoten zwischen Atrium und Ventrikel «fängt» die Aktionspotenziale ein 3. Das His-Bündel im Septum interventriculare schleust die Aktionspotenziale vom Atrium in die Ventrikel 4. Die Kammerschenkel bringen die Aktionspotenziale zur Herzspitze 5. Die Purkinje-Fasern verteilen die Aktionspotenziale in der Ventrikelmuskulatur


Abb. 7 Die Reizleitung in der Übersicht [Roland Sommer]

Exkurs Wilhelm His jun. (1863–1934) Die medizinische Fachsprache ist durchsetzt von Eigennamen wie His-Bündel oder Purkinje-Fasern. Anatomische Strukturen und Krankheiten werden oft nach ihren Entdeckern benannt (früher mehr als heute). Die Geschichten hinter den Namen sind äusserst spannend und unterhaltsam. Zum Beispiel beschrieb Wilhelm His jun. (Abb. 8) im Jahr 1893 als erster «…ein Muskelbündel, welches Vorhof- und Kammerscheidewand untereinander verbindet, und welches bisher der Beobachtung dadurch sich entzogen hat, dass es, bei geringem Umfang, nur dann in ganzer Ausdehnung sichtbar wird, wenn die Scheidewände genau der Länge nach getroffen sind.» Es dauerte noch Jahre, bis Wilhelm His jun. zur Erkenntnis gelangte, dass besagtes Muskelbündel etwas mit dem Herzrhythmus zu tun hat. Die tatsächliche Funktion des His-Bündels wurde erst später durch die Arbeiten des Japaners Sunao Tawara und des Tschechen Jan Evangelista Purkinje bestätigt. (Quelle: Mudry, A. Wilhelm His junior (1863–1934) et le faisceau atrioventriculaire. medicalforum.ch.)


Abb. 8 Wilhelm His jun. [Nicola Perscheid]

Die Refraktärzeit sichert die Herzaktion

Die Zeit eines Aktionspotenzials zwischen Depolarisation und Repolarisation dauert in der Herzmuskulatur länger als zum Beispiel in der Skelettmuskulatur – das liegt an der Refraktärzeit (refraktär = unempfindlich) (Abb. 9). Nachdem das Membranpotenzial einer Herzmuskelzelle auf etwa +30 mV gestiegen ist, währt es um die 250 ms. Danach findet die Muskelzelle zurück in das Ruhepotenzial (ca. -85 mV). Während der 250 ms (entspricht der Refraktärzeit) lässt sich die Herzmuskelzelle nicht zu einer erneuten Kontraktion motivieren. Die Refraktärzeit garantiert, dass die Herzmuskulatur nicht in eine Dauerkontraktion (Tetanie) gerät.

(Mehr zum Thema «Aktionspotenzial» Siehe APP Band 1)


Abb. 9 Aktionspotenzial und Refraktärzeit der Herzmuskulatur [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]


QR-Code 1 Aktionspotenzial einfach erklärt (Link: http://bit.ly/1XqD63d)

Was ist Herzschlag?

Jeder Herzschlag (= Herzaktion) ist ein stetiges Hin und Her zwischen Anspannung (Kontraktion) und Entspannung der Herzmuskulatur.

Kontrahiert sich die Muskulatur der Kammern, drückt sie Blut in die Arterien. Diese Phase der Herzaktion heisst Systole (= Zusammenziehen).

Entspannt sich die Kammermuskulatur, fliesst das Blut von den Vorhöfen in die Kammern. Diese Phase nennt man Diastole (= Auseinanderziehen).

MEMO Zwei Phasen des Herzschlags Die Anspannungs- und Auswurfphase heisst Systole. Die Entspannungs- und Füllungsphase heisst Diastole.


QR-Code 2 Video zur Herzaktion (Link: http://bit.ly/2lDwJeT)

Systole – Blut fliesst in die Arterien

Zu Beginn der Systole sind die Ventrikel mit Blut gefüllt und alle Herzklappen geschlossen. Die Kammermuskulatur spannt sich an und erzeugt einen Druck auf das Blut darin. Übersteigt der Kammerdruck den Druck in den Arterien (Aorta 80 mmHg / A. pulmonalis 15 mmHg) öffnen sich automatisch die Taschenklappen. Die Anspannung der Kammermuskulatur (sowie das gleichzeitige Schliessen der Segelklappen) erzeugen den ersten Herzton. Jetzt startet die Austreibungsphase: Etwa 80 ml Blut schiessen in die Arterien – die Ventrikel leeren sich bis auf einen Teil Restblut. Ist der Druck in den Arterien höher als in den Kammern, schliessen sich die Taschenklappen – die Diastole beginnt.

Diastole – Füllung der Kammern

Das Zuschlagen der Taschenklappen (Aorten- und Pulmonalklappe) erzeugt den zweiten Herzton und markiert den Beginn der Diastole. Die Kammermuskulatur entspannt sich, die Segelklappen gehen auf und frisches Blut fliesst aus den Vorhöfen in die Kammern – das «Spiel» startet von Neuem: Systole – Diastole – Systole – Diastole – Systole…

Jede Herzhälfte bewegt in Ruhe fünf bis sechs Liter Blut pro Minute. Die Blutmenge, die das Herz pro Minute umsetzt, nennt man Herzzeitvolumen oder Herzminutenvolumen. Es setzt sich zusammen aus dem Produkt von Schlagvolumen (ca. 80 ml) und Herzfrequenz (60 bis 80 Schläge pro Minute). Die Blutmenge, die das linke Herz pro Minute in den Körperkreislauf pumpt, lässt sich bei maximaler Anstrengung (zum Beispiel einem Sprint) auf etwa 20 Liter steigern.

MEMO Herzminutenvolumen ausrechnen Die Formel für das Herzminutenvolumen lautet: Herzminutenvolumen = Schlagvolumen x Herzfrequenz

Anpassung der Herztätigkeit im Alltag

Da die meisten Menschen nicht dauernd auf dem Sofa herumliegen, muss sich das Herz dem Blutbedarf des Körpers laufend anpassen. Strengt man sich an, wirkt der Sympathikus auf das Herz. Er steigert die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit der Reizleitung sowie die Kontraktionskraft der Herzmuskulatur. Der Parasympathikus bewirkt das Gegenteil.

Die Beschaffenheit der Herzmuskelzellen erlaubt eine weitere Regulation: Der als Frank-Starling-Mechanismus bekannte Vorgang führt zu einer kräftigeren Muskelaktion, wenn die Ventrikel mit mehr Blut gefüllt werden.

Die dritte Variante der Regulation der Herztätigkeit ist hormoneller Natur: Renin – ein Hormon aus den Nieren – reguliert mehrgleisig den Blutdruck und gleichzeitig die Herztätigkeit. (Details Siehe Kapitel «Was ist Blutdruck?»)

Anatomie – Physiologie – Pathologie

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