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 Die Organe des Atemtraktes

Bei der Betrachtung der Organe des Atemtraktes folgt man am einfachsten der Luft. Somit beginnt die anatomische Reise in der Nase.

Die Nase – Aufbereitung der Atemluft

Die Nase besteht aus einem paarigen Os nasale (Nasenknochen) und verschiedenen Nasenknorpel (Cartilago nasi lateralis, alaris major, alares minores) auf jeder Nasenseite (Abb. 2).


Abb. 2 Nase von aussen [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Begrenzungen der Nasenhöhle

Eine Trennwand aus Knorpel (Cartilago septi nasi) und Knochen teilt den Nasenraum in zwei Kammern – die Nasenhöhlen. Das Palatum durum (harter Gaumen) begrenzt die Nasenhöhlen nach unten und ein Teil der Schädelbasis (Os ethmoidale) nach oben. Hinten bilden die Choanen (Nasenausgänge) den Übergang zum Pharynx (Rachen). Seitlich begrenzt ein Mosaik aus sieben Gesichtsknochen die Nasenhöhle. Medial trennt das Septum nasi (Nasenscheidewand) die Nasenhöhlen komplett. Das Septum nasi besteht aus drei Teilen (Abb. 3):

1. Vomer (Pflugscharbein) unten

2. Cartilago septi nasi (Knorpellamelle) in der Mitte

3. Os ethmoidale (Siebbein) oben


Abb. 3 Nasenscheidewand – Ansicht von lateral nach medial [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Der knorplige Teil des Septum nasi (Knorpellamelle) dient der Beweglichkeit des vorderen Abschnitts der Nase.

Am Nasendach findet man die Riechschleimhaut (Pars olfactoria). Hier sitzen die Rezeptoren, die chemische Stoffe aus der Luft fangen und als elektrische Signale (Aktionspotenziale) ins Gehirn weiterleiten. Das Gehirn interpretiert anschliessend das Signal als einen bestimmten Geruch.

Die Nasenmuscheln – bremsen die Luft

Drei knöcherne Nasenmuscheln (Concha nasalis superior, media, inferior) ragen von lateral in die Nasenhöhle hinein und unterteilen sie in drei Gänge (Abb. 4). Diese Gänge bremsen die Luft und verwirbeln sie, damit sie länger Kontakt mit der Nasenschleimhaut hat. Eine dicke, gut durchblutete Schleimhaut überzieht die Nasenmuscheln und kleidet auch den Rest der Nasenhöhlen aus.


Abb. 4 Die drei Nasenmuscheln: 1. Concha nasalis superior, 2. media, 3. inferior – Ansicht von medial nach lateral [Welleschik]

Die Form der Conchae vergrössert die Schleimhautoberfläche, was das Anfeuchten, Reinigen und Aufwärmen der Atemluft erleichtert. Die Haare am Naseneingang sowie die Nasenschleimhaut helfen bei der Filtration grober Staubteilchen wie auch bei der Abwehr von Krankheitserregern.

 Nasennebenhöhlen – sparen Gewicht

Um die Nasenhöhlen herum ordnen sich die Sinus paranasales (Nasennebenhöhlen). Es handelt sich um belüftete Räume, die mit derselben Schleimhaut ausgekleidet sind wie der Nasenraum.

Paarig angelegt sind:

 Sinus maxillaris (Kieferhöhle)Die Kieferhöhle ist bei den meisten Menschen die grösste der Nasennebenhöhlen. Das Dach des Sinus maxillaris bildet gleichzeitig den Boden der Orbita (Augenhöhle). Der Kieferhöhlenboden steht im engen Kontakt mit den Zahnwurzeln der Mahlzähne.

 Sinus frontalis (Stirnhöhle)Form und Grösse der Stirnhöhlen variieren stark. Nach unten grenzen sie an die Augenhöhlen; hinten stossen sie an die Schädelgrube. Etwa 5 % der Menschen besitzen keine Sinus frontales.

 Sinus sphenoidalis (Keilbeinhöhle)Sie ist zwar paarig angelegt, zum Teil aber unvollständig getrennt. Eine dünne Knochenlamelle trennt das Dach der Sinus sphenoidales von der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse). Die Keilbeinhöhle dient deshalb als chirurgischer Zugang zur Hypophyse.

Die Sinus oder Cellulae ethmoidales (Siebbeinzellen) bilden ein Labyrinth von acht bis zehn Elementen. Sie teilen sich in einen vorderen und hinteren Komplex. Die Siebbeinzellen liegen zwischen Augenhöhle und Nasenhöhle in enger Nachbarschaft zu den anderen drei Nasennebenhöhlen (Abb. 5).


Abb. 5 Sinus paranasales von ventral (links) und von lateral (rechts) [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Von den Nasennebenhöhlen zum Nasenraum gibt es Verbindungsgänge: Die Sinus sphenoidales sowie der vordere Komplex der Cellulae ethmoidales münden in den oberen, alle anderen Nebenhöhlen in den mittleren Nasengang.

Alle Sinus sind ab Geburt bereits angelegt. Sie entwickeln sich allerdings erst nach dem Durchbruch des endgültigen Gebisses zu ihrer finalen Form und Grösse.

Die Nasennebenhöhlen dienen vor allem der Gewichtsersparnis (Schädel wird leichter). Ob sie als Resonanzraum bei der Stimmbildung mithelfen, ist in der Fachwelt umstritten. Für einen Resonanzraum spricht die Stimmveränderung, wenn jemand an einer Entzündung der Nasennebenhöhlen leidet: Die Stimme klingt nasal. Vermutlich helfen die Sinus auch dabei, die Oberfläche der Nasenschleimhaut zu vergrössern, um mehr Luft anzuwärmen und anzufeuchten.

Exkurs Aussprache «Sinus» Das Wort «Sinus» (Kammer, Hohlraum) schreibt man in Ein- und Mehrzahl gleich. Einzig die Aussprache differiert: In Einzahl spricht man es aus, wie es geschrieben steht (Betonung auf der ersten Silbe.) Meint man mehrere Sinus, betont man die zweite Silbe (sprich: Sinuus).

 Pharynx – befördert Luft und Essen

Der Pharynx (Rachen) ist eine etwa 12 cm lange Muskelrinne, die von den Choanen bis zur Trachea reicht. Der Pharynx verbindet über Kreuz die Mundhöhle mit dem Ösophagus (Speiseröhre) sowie die Nase mit dem Larynx (Kehlkopf) und der Luftröhre.

Der Rachen lässt sich in drei Etagen unterteilen (Abb. 6):

1. Der Epi- oder Nasopharynx (Nasenrachen) ist über die Choanen mit der Nase verbunden.

2. Der Meso- oder Oropharynx (Mundrachen) liegt gegenüber der Mundhöhle.

3. Der Hypopharynx oder Laryngopharynx (Kehlrachen) markiert den Übergang zum Ösophagus sowie zum Larynx.

In den Epipharynx mündet links und rechts jeweils die Tuba auditiva (Ohrtrompete). Sie verbindet das Mittelohr mit dem Rachen, was den Druckausgleich zwischen Mittelohr und Umwelt (zum Beispiel beim Tauchen oder Fliegen) ermöglicht.

Im Rachen findet man viel lymphatisches Gewebe, das ringförmig verteilt ist. Deshalb nennt man es den lymphatischen oder Waldeyer’schen Rachenring.


Abb. 6 Die drei Etagen des Pharynx [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Exkurs Heinrich Waldeyer

Heinrich Gottfried Wilhelm von Waldeyer-Hartz (1836–1921) befasste sich mit topografischer und vergleichender Anatomie sowie mit mikroskopischer Embryologie. Er prägte den Begriff der Neuronen. 1881 vermutete er darin die funktionelle Grundeinheit des Nervensystems. Um die Strukturen im Zellkern zu beschreiben, führte er den Namen Chromosom ein. Die funktionale Deutung und Aufklärung der embryologischen Herkunft des lymphatischen Rachenrings ist ebenfalls Waldeyer zu verdanken.

(Quelle: Humboldt Universität zu Berlin)

Der lymphatische Rachenring wehrt über Mund und Nase eingedrungene Krankheitserreger ab. Zum Rachenring gehören (Abb. 7):

 Tonsilla pharyngea (Rachenmandel):unpaar, an Dach und Hinterwand des Nasopharynx

 Tonsilla palatina (Gaumenmandeln):paarig, zwischen dem vorderen und hinteren Gaumenbogen

 Tonsilla lingualis (Zungengrundmandel):unpaar, am Zungengrund

 Lymphatische Seitenstränge:paarig, beidseits an der hinteren Rachenwand


Abb. 7 Die Tonsillen [Blausen.com staff (2014); bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Larynx – wo die Stimme herkommt

Der Larynx (Kehlkopf) liegt zwischen Rachen und Luftröhre: Er baut sich vor allem aus Knorpel und Muskeln auf. Er schützt die unteren Atemwege und erzeugt den Klang der Stimme.

Der Larynx besteht aus verschiedenen Knorpelteilen (Knorpel = Cartilago) (Abb. 8).

 Cartilago thyroidea (Schildknorpel): Er bildet die vordere und seitliche Wand des Kehlkopfes. Vor allem beim Mann ist die Vorwölbung des Schildknorpels als «Adamsapfel» sichtbar. An der Vorderkante lässt sich eine Rinne tasten – die Incisura thyroidea superior. Der Boden der Incisura markiert den am weitesten ventral liegenden Punkt des Larynx.

 Cartilago epiglottica oder Epiglottis (Kehldeckel) (Abb. 9): Der Kehldeckel ist mit seiner Basis am Schildknorpel befestigt. Er besteht, im Gegensatz zu den anderen Knorpelteilen, aus elastischem Knorpel. Beim Schlucken legt er sich über die Luftröhre und verhindert das Eindringen von Speisen sowie Flüssigkeiten in den Luftweg.

 Cartilago cricoidea (Ringknorpel): Er hat die Form eines Rings und bildet die Basis für die anderen Knorpel. Gleichzeitig markiert er den Übergang zur Luftröhre.

 Zwei Cartilagines arytaenoideae (Stellknorpel) (Abb. 9): Von diesen winzigen Knorpeln aus ziehen die Stimmbänder zur Innenseite des Schildknorpels.


Abb. 8 Larynx von ventro-lateral [Olek Remesz; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

MEMO Knorpeltypen des Larynx Die Knorpelteile des Kehlkopfes bestehen aus hyalinem Knorpel. Die einzige Ausnahme macht die Epiglottis: Sie ist aus elastischem Knorpel gebaut.


Abb. 9 Längsschnitt durch den Larynx – Ansicht von medial nach lateral [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Exkurs variable Kehlkopfknorpel Bei einigen Menschen findet man oberhalb der Stellknorpel pro Seite zwei kleine Knorpelstücke: Cartilago corniculata (Spitzenknorpel) und Cartilago cuneiformis (Keilknorpel) (Abb. 9).

Stimmbänder – wie bei einem Saiteninstrument

Die Ligg. vocalia (Stimmbänder) liegen zwischen Schild- und Stellknorpel. Sie bilden jeweils links und rechts den Rand der Plica vocalis (Stimmfalte) (Abb. 9 und 10).


Abb. 10 Larynx mit Stimmbändern in Respirationsstellung – Ansicht von nasal [Alan Hoofring; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Die Plica vocalis setzt sich zusammen aus mehrschichtig unverhorntem Plattenepithel, darunterliegendem Bindegewebe, dem Lig. vocale sowie dem M. vocalis. Er spannt die Stimmbänder je nach Laut, den man von sich gibt, mehr oder weniger straff.

Den Durchgang zwischen den Ligg. vocalia nennt man Stimmritze. Wenn die Stimmbänder «locker» sind, sieht man eine weite Stimmritze: Diese Position braucht man beim Atmen (Respirationsstellung) (Abb. 10). Verengen verschiedene Muskeln des Kehlkopfes die Stimmritze, lässt die Luft aus den Lungen die Stimmbänder schwingen (wie bei einem Saiteninstrument): Man gibt einen Laut von sich (Phonationsstellung).

Der einzige Muskel, der die Stimmritze in die Respirationsstellung öffnet, ist der «Posticus» (M. crico-arytenoideus posterior). Eine beidseitige Lähmung des «Posticus» führt beim Patienten zu Atemnot.

Exkurs Abkürzungen, Einzahl und Mehrzahl Einige Begriffe der Anatomie werden stets abgekürzt. Dazu gehören Musculus (M.) und Ligamentum (Lig.). Benutzt man die Bezeichnungen in der Mehrzahl, verdoppelt man den letzten Buchstaben der Abkürzung: Aus M. wird Mm. und aus Lig. wird Ligg.

Im Verlauf der Pubertät wächst der Kehlkopf bei beiden Geschlechtern. Die Stimmfalte verlängert sich bei Jungen um etwa 1 cm, weshalb sich die Stimmlage nach unten verschiebt. Der Wachstumsschub ist bei Mädchen weniger ausgeprägt, die Stimmfaltenlänge nimmt nur um 3–4 mm zu. In der Pubertät entsteht die geschlechtsspezifische Form des Kehlkopfskeletts. Bei Jungen wächst der Schildknorpel stärker als bei Mädchen, was man am prominenten Adamsapfel (Prominentia laryngea) sieht.

Exkurs Adamsapfel Der Begriff «Adamsapfel» geht auf die Vorstellung zurück, dass Adam als Zeichen der Sünde ein Stück des verbotenen Apfels im Halse stecken blieb (Abb. 11). (Quelle: Duden – Das Herkunftswörterbuch, 5. Auflage)


Abb. 11 Albrecht Dürer: «Adam und Eva mit Apfel und Schlange»

Trachea – Verbindung zu den Lungen

Die Trachea (Luftröhre) beginnt distal der Cartilago cricoidea und erstreckt sich bis zum Abgang in die Hauptbronchien. Die Teilung der Trachea in die beiden Hauptbronchien nennt man Bifurcatio tracheae. Sie befindet sich auf Höhe des 4.–5. Brustwirbels. Die Länge der Luftröhre beträgt zwischen 10 und 12 cm. Bei tiefer Einatmung verlängert sie sich um ein paar Zentimeter (Abb. 12).


Abb. 12 Trachea von ventral [Blausen.com staff (2014); bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Schaut man einen Menschen von vorne (ventral) an, liegt die Luftröhre vor dem Ösophagus. Aufgebaut ist die Trachea aus hufeisenförmigen Knorpelspangen (Cartilagines tracheales), die dorsal durch Muskeln und Bindegewebe ergänzt werden. Die Knorpelspangen (hyaliner Knorpel) halten die Luftröhre jederzeit offen (Abb. 13). Da beim Einatmen ein Unterdruck entsteht, würde die Trachea ohne Cartilagines tracheales kollabieren. Die Membran, welche die Knorpelspangen dorsal zusammenhält, besteht aus elastischem Bindegewebe und Muskelgewebe (M. trachealis). Damit lässt sich der Durchmesser der Trachea verändern.

Fasern aus Kollagen sowie elastischem Bindegewebe verbinden die insgesamt 15–20 Knorpelspangen; das hat den Vorteil, dass die Trachea elastisch und verformbar bleibt.


Abb. 13 Mikroskopische Sicht auf die Wand der Trachea [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Innen ist die Luftröhre mit einem mehrreihigen Flimmerepithel ausgekleidet. Die Flimmerhärchen (Kinozilien) der Epithelzellen funktionieren wie winzige Besen, die grobe Staubpartikel und andere Fremdkörper, die sich im Schleim verfangen haben, in Richtung Rachen «wischen». Im Flimmerepithel sind viele schleimproduzierende Becherzellen eingebaut. Sie produzieren einen Schleimüberzug, an dem eingeatmete Fremdkörper hängen bleiben. Weitere schleimbildende Zellen (Glandulae tracheales) sind in der Submucosa positioniert. Ihr Sekret ist dünnflüssiger als das der Becherzellen. Beide Sekrete mischen sich auf der Oberfläche des Flimmerepithels: Der «Schleimmix» haftet zwar an den Epithelzellen, lässt sich aber mühelos durch die Flimmerhärchen bewegen (Abb. 13).

Bronchien – Luftverteilung in den Lungen

Die Trachea teilt sich auf der Höhe des 4.–5. Brustwirbels in einen Bronchus principalis dexter und sinister (rechter und linker Hauptbronchus). Sobald die Hauptbronchien in die Lungen hineinziehen, verzweigen sie sich als Bronchi lobares (Lappenbronchien) in die verschiedenen Lungenlappen. Links gibt es zwei und rechts drei Lappenbronchien. Die Bronchien teilen sich in jedem Lungenflügel in insgesamt zehn Bronchi segmentales (Segmentbronchien), durchnummeriert von cranial nach caudal (Abb. 14).

Je kleiner die Bronchien werden, desto weniger Knorpelspangen besitzen sie. In der Peripherie der Lungen sind die Bronchien so winzig, dass sie keine Knorpelspangen mehr brauchen; ab hier nennt man sie Bronchiolen. Die Bronchiolen enden als Bronchioli respiratorii in einer Sackgasse – den Alveolen (Lungenbläschen) – in denen der Gasaustausch mit dem Blut stattfindet.

Der Wandaufbau der grossen und mittleren Bronchien entspricht dem der Trachea (Abb. 13). In den Bronchiolen weicht das mehrreihige Flimmerepithel dem platzsparenden einschichtigen Flimmerepithel. Die zahlreichen Schleimdrüsen von Trachea und Bronchien fehlen in den Bronchiolen.

MEMO Reihenfolge der LuftwegeVom Larynx her reihen sich die Luftwege wie folgt aneinander: Trachea – Bronchus principalis dexter et sinister – Bronchi lobares – Bronchi segmentales – Bronchioli – Bronchioli terminales – Bronchioli respiratorii – Alveolen.

Die Lungen – Blasebalg im Thorax

Die Lungen bestehen aus zwei Lungenflügeln, die den grössten Teil des Thorax ausfüllen. Der linke Lungenflügel hat zwei und der rechte Lungenflügel drei Lungenlappen. In der linken Lunge gibt es einen Lobus superior sowie einen Lobus inferior. Die rechte Lunge verfügt zusätzlich über einen Lobus medius. Die einzelnen Lungenlappen teilen sich weiter in Segmente. Die zehn Segmente pro Lunge werden von den dazugehörigen Segmentbronchien mit Luft versorgt. Die Grenzen der Lungenlappen sind als Fissura obliqua (linke und rechte Lunge) und horizontalis (nur rechte Lunge) zu sehen. Die linke Lunge ist kleiner, da links im Thorax das Herz Platz braucht (Abb. 14).


Abb. 14 Lungenlappen mit Bronchialbaum [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Den Raum zwischen den Lungenflügeln nennt man Mediastinum: Hier verlaufen die Speise- und Luftröhre sowie Blutgefässe und Nerven. Auch das Herz und zahlreiche Lymphknoten befinden sich im Mediastinum.

Die Lungen haben je drei Kontaktflächen mit ihrer Umgebung (Abb. 15):

1. Die Lungenbasis ist mit dem Zwerchfell verwachsen (Facies diaphragmatica).

2. Ventral, lateral und dorsal grenzen die Lungen an die Rippen (Facies costalis)

3. Medial stossen sie an das Mediastinum (Facies medialis).


Abb. 15 Blick in den Thorax: 1. Trachea, 2 Facies diaphragmatica, 3. Facies costalis, 4. Facies medialis (links mit Incisura cardiaca) [Beat Ruest; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Auf der medialen Seite der Lungen liegt der Lungenhilus (Abb. 16). An diesem Ort ziehen verschiedene Leitungen in die Lungen hinein und aus den Lungen heraus. Es handelt sich dabei um Bronchien, Lungenarterien, Lungenvenen sowie Lymphgefässe und Nerven. Dazwischen sind zahlreiche Lymphknoten positioniert.


Abb. 16 Blick in den Thorax mit längsgeschnittenen Lungen: 1. linker Lungenhilus, 2. Herz im Mediastinum, 3. Zwerchfell, 4. Vena cava superior, 5. Aorta ascendens [Beat Ruest; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Pleura – Tapete und Verpackung in einem

Die Pleura visceralis (Lungenfell) überzieht die Lungen und die Pleura parietalis (Rippenfell) kleidet die Brusthöhle aus. Beide zusammen heissen Brustfell (Pleura). Die Pleurablätter bestehen aus einem einschichtigen Plattenepithel, das mit elastischen Fasern durchsetzt ist (Abb. 17).


Abb. 17 Pleura in der Übersicht und im Detail [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Die Pleurablätter sind über einen Flüssigkeitsfilm miteinander verbunden und haften deshalb aneinander. Das ist vergleichbar mit einem Saugnapf, den man an eine glatte Wand klebt: Feuchtet man den Saugnapf an und drückt ihn an die Wand, bleibt er «kleben». Ist der Saugnapf trocken, fällt er runter. Die Lungen werden durch die Haftung der beiden Pleurablätter an der Thoraxwand daran gehindert, in sich zusammenzufallen. Trotz des Zusammenklebens der Pleurablätter lassen sich die Lungen längs gegen die Thoraxwand verschieben. Das garantiert ein reibungsfreies Ein- und Ausatmen.

Zwischen den Pleurablättern gibt es einen (virtuellen) Raum, den man Pleuraspalt nennt. Gelangt Luft (Pneumothorax) oder Flüssigkeit (Pleuraerguss) in den Pleuraspalt, lösen sich die Pleurablätter voneinander und die Lungen kollabieren. (Siehe Kapitel «Pneumothorax – Luft ausserhalb der Lungen» und «Pleuritis – mit oder ohne Erguss»)

MEMO Pleura-«Spalt» Der Pleuraspalt ist nicht wirklich ein sichtbarer Spalt. Er ist mit einem hauchdünnen Flüssigkeitsfilm von insgesamt 5 ml gefüllt.

Alveolen – wo der Gasaustausch stattfindet

Beide Lungenflügel zusammen beherbergen etwa 350 Millionen Alveolen (Lungenbläschen). Die Gesamtfläche dieser Alveolen beträgt (beim Einatmen) ungefähr 120 m2; das entspricht der Fläche eines halben Tennisplatzes (Abb. 18).


Abb. 18 Alveolentrauben mit Blutfluss [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

In den Alveolen sind die Luftwege zu Ende und der Gasaustausch beginnt. Mehrere kugelförmige Alveolen hängen wie Trauben an einem Bronchiolus. Jedes Lungenbläschen ist mit einem Netz von Kapillaren (feinste Blutgefässe) umhüllt. Das garantiert einen schnellen Austausch von Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2). Beim Einatmen strömt O2 in die Alveolen und diffundiert durch das dünne Alveolarepithel sowie das Endothel (Wand der Kapillaren) in die Erythrozyten (rote Blutkörperchen).

In umgekehrter Richtung diffundiert CO2 aus dem Blut in die Alveolen und verlässt mit der Ausatemluft die Lungen. Die gesamte Diffusionsstrecke, welche die Atemgase zwischen Alveole und Erythrozyt zurücklegen, beträgt um die 2.2 µm.

Exkurs von klein zu gross 1 Meter (m) entspricht 1’000’000’000 Nanometer (nm), 1’000’000 Mikrometer (μm), 1’000 Millimeter (mm) oder 100 Zentimeter (cm). Entspräche die Distanz von der Erde zur Sonne 1 m, so wäre die Cheopspyramide in Ägypten in diesem Massstab 1 nm hoch.

Zwei Zellarten formen das Alveolarepithel: die Pneumozyten Typ I, die den Hauptanteil des Epithels bilden und die Pneumozyten Typ II, die den Surfactant produzieren. Zusätzlich findet man am Alveolarepithel die Alveolarmakrophagen (Zellen des Immunsystems), die Partikel aus der Atemluft phagozytieren («fressen»).

Das Lungengewebe ist mit elastischen Bindegewebsfasern durchzogen, welche die Lungen dehnbar machen. Beim Einatmen muss man den elastischen Widerstand mit der Atemmuskulatur überwinden. Beim Ausatmen ziehen sich die Lungen von alleine zusammen (Abb. 19). (Siehe Kapitel «Inspiration und Exspiration»)


Abb. 19 Alveole mit ihren typischen Strukturen [Open Stax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

Auch die Alveolen sind mit elastischen Fasern überzogen, die sich beim Einatmen dehnen und beim Ausatmen zusammenziehen. Da die Lungenbläschen aus einer hauchdünnen Epithelschicht bestehen, würden die elastischen Fasern die Alveolen zusammendrücken. Das verhindert eine Auskleidung im Innern der Alveolen – der Surfactant. Er vermindert die Oberflächenspannung in den Alveolen, was deren Kollaps beim Ausatmen verunmöglicht.

MEMO Surfactant bedeutet «Surface active agent» Der Surfactant besteht aus einem Gemisch von Phospholipiden (90 %), Proteinen und Zuckerverbindungen.

Die Blutversorgung der Lungen – alles im Doppel

Die Lungen besitzen eine doppelte Blutversorgung: Einerseits versorgen die Lungen den ganzen Körper mit Sauerstoff, andererseits brauchen sie selbst Blut zum Leben. Deshalb verfügen sie über zwei Blutversorgungssysteme:

1. Die «öffentlichen» Gefässe = Vasa publicaDazu zählen die Arteriae pulmonales, die CO2 in die Lungen befördern und die Venae pulmonales, die O2 aus den Lungen in den Körper leiten (Abb. 18). Die Aa. pulmonales kommen von der rechten Herzkammer in die Lungen: Sie bringen venöses (sauerstoffarmes) Blut zu den Alveolen. Die Vv. pulmonales sammeln das arterielle (sauerstoffreiche) Blut und bringt es in den Vorhof der linken Herzhälfte. (Siehe: Lauber A. Anatomie-Physiologie-Pathologie: Herz-Kreislauf-System. CCiBS; 2017:142.)

2. Die «privaten» Gefässe = Vasa privata Das sind die Arteriae und Venae bronchiales. Diese Blutgefässe zweigen aus der Aorta ab und versorgen das Lungengewebe mit Blut.

MEMO verbundene SystemeVasa publica und Vasa privata sind über das Kapillarsystem miteinander verbunden.

Der Respirationstrakt

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