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I. Aus Liebe
ОглавлениеAndre Amisius
Romantische Realisten
&
melancholische Millionäre
Sammelsurium vordergründiger Maximen
samt ihrer hintergründigen Motive
Vorwort
Lassen Sie mich Ihnen zunächst einmal zum Erwerb dieses Buches den handelsüblichen und damit unvermeidlichen Glückwunsch aussprechen. Denn wenn Sie Glück haben, wird Ihnen der Inhalt womöglich gefallen. Wenn nicht, können Sie das Buch (sofern Sie es in gedruckter Form erworben haben) dagegen immer noch als Fliegenklatsche oder aber zumindest dann und wann als willkommenes Wurfgeschoss für missliebige Zeitgenossen verwenden.
Vor Ihnen liegt nun die beeindruckende Essenz eines ein halbes Jahrhundert andauernden, gelebten Lebens. Halt - das hört sich nicht nur an wie aufgeblasenes Wortgeschwurbel; das ist es auch. Insofern handelt es sich eigentlich bloß um alle möglichen Gedanken, Ideen, Zweifel, sowie Ein- und Ausfälle, die man im Laufe der Jahre eines Lebens so (oder so ähnlich) haben kann. Das alles Ihnen nun in dieser Form zu präsentieren, ist vor allem zwei Umständen geschuldet:
1. dem alterungsbedingten Hang zur selbst gewählten Isolierung, und
2. einem eklatanten Mangel an Talent, Fleiß und Ehrgeiz, all diese Ideen in eine literarisch angemessene wie anspruchsvolle Form zu geben. Oder kürzer gesagt: Romane zu schreiben ist zu anstrengend, und Gedichte will heutzutage offenbar eh kein Mensch mehr lesen.
Die Gebildeteren unter den Lesern bitte ich bereits an dieser Stelle um Nachsicht, dass ich bei der Formulierung der Fragen nicht immer sicher zwischen den Konjunktiven eins und zwei unterschieden habe. Diejenigen, die noch über eine zumindest annähernd solide Halbbildung verfügen, erfreuen sich bitte daran, dass sie überhaupt noch wissen, dass es so etwas wie einen Konjunktiv gibt. Allen anderen empfehle ich, sowieso nicht weiter ihre Zeit damit zu vergeuden, sich zu fragen, ob es richtigerweise heißen muss, er s e i ein Klugscheißer oder aber er w ä r e ein Besserwisser …
Die Antwort auf die Frage, ob der Gehalt dieser Schrift letztlich mehr dem Wesen von Spiritualität oder aber der Wirkungsweise einer Spirituose näher kommt, bleibt jedem selbst überlassen; ein Gläschen Rotwein zur Begleitung der Lektüre kann der Entscheidungsfindung allerdings sehr förderlich sein – bei der Entstehung dieser Schrift war es das schließlich ebenfalls.
Ansonsten gilt mein Dank all denjenigen Menschen, die in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten dazu beigetragen haben, dass es so weit kommen konnte, wie es jetzt gekommen ist – einerlei, ob sie dies willentlich oder zufällig, ob sie es in guter oder in böser Absicht getan haben.
1. Was für das Leistungsprinzip spräche?
Erstens ist es offensichtlich gerechter und damit zweitens schlichtweg vernünftig. Und doch ist es für das menschliche Zusammenleben nur unzureichend handhabbar. Denn die meisten Menschen würden, wenn sie nur das Maß an Liebe bekämen, was sie sich auch tatsächlich verdient hätten, unweigerlich eingehen.
Die Liebe ist nun mal mehr ein Ehrenamt als ein Geschäft – und wenn sie tatsächlich ein Geschäft wäre, dann wohl in den allermeisten Fällen ein veritables Zuschussgeschäft.
2. Ob Naturheilverfahren wirksam seien?
Aber ja – vor allem das gleichermaßen wirksamste, preisgünstigste und wertvollste, das es überhaupt gibt: den Kuss.
3 . Was das Einlochen beim Golf für den Umgang mit eigenen Erfolgen lehre?
Vor allem zwei Dinge:
1. Jubeln Sie in einer Art und Weise, die vor allem dem Empfinden Ihrer Mitspieler angemessen ist; und nicht etwa nur ihrem eigenen.
2. Erzählen Sie Außenstehenden, die nichts davon wissen, auf keinen Fall ungefragt von den kleinen Hilfslinien auf dem Ball.
4. Was der Unterschied zwischen einem Opportunisten und einem Prinzipienreiter sei?
Opportunisten nennt man diejenigen Menschen, die so häufig ihre Meinung wechseln, wie Frauen sich gern neue Schuhe kaufen. Prinzipienreiter hingegen sind die Menschen, die so lange an ihren Überzeugungen festhalten, wie die meisten Männer an ihrer Unterwäsche.
5. Was Hosenkauf und Partnerwahl gemeinsam hätten?
Nun, bis man etwas gefunden hat, was einerseits Bequemlichkeit gewährleistet, zudem noch vorteilhaft aussieht und damit insgesamt wirklich gut passt – bis dahin vergeht dann doch ein Vielfaches an Zeit von dem, was man ursprünglich eingeplant hatte.
6. Was das gelungene Kompliment von bloßer Schmeichelei unterschiede?
Der Unterschied beruht auf der Anatomie derjenigen, die sie machen: der Schmeichler hat lediglich gute Augen, der Komplimentier verfügt darüber hinaus auch noch über ein offenes Ohr für sein Gegenüber.
7. Was unter partnerschaftlicher Aufgabenteilung auch verstanden werden könne?
Wenn einer für den Unterhalt einer Sache aufkommt, die dem anderen zur Unterhaltung dient.
8. Welches das größte Glück sei?
Ein eigenes Kind haben zu dürfen – und als größtes Privileg erweist sich überdies dann noch, wenn man für den Rest des Lebens auch noch jemand anderen als nur den jeweiligen Elternteil küssen darf.
9. Ob die Liebe einer Mutter größer und stärker ist als die eines Vaters?
Das lässt sich nicht endgültig beurteilen. Wie das Ausmaß der Liebe eines Vaters beschaffen sein kann, erkennt man aber womöglich daran, wie viele von ihnen dafür sogar zum Äußersten bereit sind und eine Ehe in Kauf nehmen.
10. Was treibt die Menschen wieder und wieder zur Liebe?
Vielleicht, dass sie für einen Moment mehr fühlen können, als sie in einem ganzen Leben lang wissen können.
11. Was wirklich adelt?
Weder Vorfahren, noch Reichtum oder angebliche Heldentaten; und Arbeit schon mal gar nicht.
Einzig die Liebe ist im Stande zu adeln – und sei es nur, dass man ihretwegen auf einen Thron verzichten würde.
12. Wieso man mit niemandem nachsichtiger sein sollten als mit seinen eigenen Eltern?
Weil sie die einzigen Menschen im Leben sind, die wir einerseits lieben wollen und andererseits sie uns dabei nicht aussuchen können.
13. Weshalb die Liebe göttlich sei?
Weil ihr Wesen eine tatsächliche (und nicht nur angenommene) Dreifaltigkeit der Erscheinungsformen besitzt: die Hingabe für das andere Herz, die Fürsorge für das eigene Kind und die Dankbarkeit für die Eltern.
14. Warum man seine Kinder mit möglichst viel Liebe aufziehen sollte?
In den allermeisten Fällen werden sie es nämlich sein, die eines Tages entscheiden dürfen, wo man seinen letzten Wohnsitz findet.
15. Ob Liebe auf den ersten Blick möglich sei?
Durchaus - vor allem dort, wo man die Brille der Vernunft einmal bei Seite gelegt hat. Aber auch das bewahrt die sog. Liebe auf den ersten Blick nicht davor, dass ihr ein zweiter, dritter bis hin zum hundertsten Blick noch bevorsteht – und sie ihn aushalten muss!
16. Das klügste, was ein Mann tun kann ?
Na was wohl; zunächst einmal möglichst viele seiner Dummheiten zu verschweigen, und dann natürlich eine klügere Frau zu lieben . . .
17. Heiraten oder nicht?
In dieser Frage gibt die Statistik eine eindeutige Antwort: die Mehrzahl aller Ehen werden nicht geschieden, d.h. umgangssprachlich ausgedrückt funktionieren sie – wem das reicht …
18. Wo der Platz mit der besten Aussicht ist?
Immer dort, wo man neben einer schönen Frau sitzt.
19. Warum Kosenamen sich bei Paaren ungebrochener Beliebtheit erfreuen?
Weil der Mensch nun mal ein Gewohnheitstier ist – und auch bleiben will.
20. Was die ideale Form der Liebe sei?
Vielleicht diejenige, die einen glücklich macht, wenn sie da ist - jedoch nicht unglücklich macht, sobald sie nicht mehr da ist.
21. Warum die Ehe aus paradoxer Sicht eine durchaus nützliche Einrichtung sei?
Nun, weil sie höchst verlässlich immer wieder so viele frustrierte Ehegattinnen hervorbringt, die ihre Zuflucht suchen in einer heimlichen Liebschaft zu dieser speziellen Art von Eheskeptikern, die im tiefsten Herzen noch die wahren Romantiker sind.
22. Wie die vier goldenen Eheregeln lauten?
Der Mann entscheidet,
was die Frau sowieso will,
ohne dass er es merkt,
und ohne dass sie darüber spricht.
23. Welche Begabung von allen, welche die Künste für den Menschen bereithalten, die nützlichste ist ?
Wohl jene, die dazu befähigt, das jeweils andere Geschlecht verstehen zu können.
24. Ob sich das Glück in einer Partnerschaft kalkulieren ließe?
Etwa in dem gleichen Maße, wie Zinsen liebenswert machen.
25. Wieso die katholische Kirche ein wieder ansteigendes Interesse an der Ehe registriere?
Sie hat womöglich nur ihre eigenen Priester befragt.
26. Ob es Sinn macht, an Engel zu glauben?
Nein, der Glaube daran allein reicht nicht aus; man muss auch einen haben.
27. Was die Parallele zwischen dem Ehestand und dem Dasein als Fußballfan sei?
Für beides muss man geboren sein, ansonsten ist es für Außenstehende in den allermeisten Fällen noch nicht mal ansatzweise nachvollziehbar.
28. Was der größte Feind der Liebe sei?
Die vielen unausrottbaren Illusionen über sie. Und von all denen die groteskeste sicherlich diejenige darstellt, die annimmt, dass irgendeine Liebe jemals bedingungslos sei. Das ist sie ganz und gar nicht, denn dann wäre sie nicht viel mehr als eine Art von sentimentaler Herzenslotterie. Die Liebe kann man nicht einfach so finden (oder gar von ihr gefunden werden), nein, für die Liebe muss man sich letzten Endes vor allem entscheiden.
29.Was der Umgang mit dem PC und langjährige Partnerschaften gemeinsam haben ?
Nun, man muss sich nicht immer lieben; es kommt vielmehr darauf an, im Alltag miteinander umzugehen zu wissen.
30. Wie groß der Wert des Lächelns im zwischen-menschlichen Kontakt sei?
Auf jeden Fall bedeutender als vieles andere; denn schließlich kann das Lächeln mitunter der erste Tropfen eines Ozeans sein, den wir später als die Liebe bezeichnen.
31. Ob die Ehe überflüssig sei?
Auf keinen Fall; alle Menschen sollten heiraten – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich durch die Eheschließung für jeden von beiden die persönliche Lebensqualität ausnahmslos verbessert, mehr nicht . . .
32. Ob die Treue überschätzt sei?
Ganz im Gegenteil, die Treue ist ein unverzichtbarer Bestandteil im Leben eines jeden Menschen. Am wichtigsten dabei ist die Treue zu sich selbst, am schwierigsten die Treue zum Subjekt der Begierde. Oder um es ein wenig anders zu illustrieren: man liebt den Wein wegen seines Ausdrucks von Kultiviertheit – aber man begehrt ihn wegen des Rausches, den er uns verschafft.
Ansonsten kann man nur empfehlen, mit Versprechungen grundsätzlich eher sparsam umzugehen, dabei allerdings einmal getätigte auch prinzipiell einzuhalten - vor allem, wenn es sich dabei um Drohungen handelte.
33. Ob Geldheirat empfehlenswert sei?
Wer des Geldes wegen heiratet, der sollte bedenken, dass er dann unausweichlich eines Tages auch nur noch des Geldes wegen zusammen bleiben muss. Zudem muss er zwar vielleicht nicht mehr arbeiten – aber seine Freizeit muss er umso mehr stets mit seinem Chef verbringen.
34. Woran man den Gegensatz von Geld und Liebe beispielhaft erkennen könne?
Ein Haufen Geld kann ohne viel eigene Anstrengung durchaus mehr werden. In der Liebe ist es leider genau umgekehrt.
35. Ob beim Geld die Freundschaft tatsächlich aufhöre?
Vermutlich; zumindest würde es erklären, weshalb so viele der Klügeren unter den Reichen das zurückgezogene Leben bevorzugen.
36. Was von einer zeitlichen Befristung der Ehe zu halten sei?
Ein grandioser Einfall; und je kürzer man die jeweilige Laufzeit veranschlagen würde, desto mehr Heiratsanträge dürfte die geistige Urheberin dieser Idee (i.e. Gabriele Pauli) sich womöglich erhoffen.
37 . Woran auch Agnostiker noch glaubten?
An zweierlei:
1. Religion wird oft ziemlich überschätzt.
2. An die Liebe, und zwar als Ausdruck einer Spiritualität des Menschen als höchste Leistung seiner materiellen Existenzform und an deren großartigste und wunderbarste Ausdrucksform – die Fähigkeit des Menschen zu lieben, egal wen oder was es sei, ein Kind, einen sonnigen Frühlingstag oder einen kleinen Vers.
38. Was die Geschlechter voneinander lernen könnten?
Wenn Frauen sich um das Geld so viele Gedanken machen würden wie die Männer es zumeist tun, und die Männer im Gegenzug sich so oft um ihr Aussehen sorgen würden wie Frauen es scheinbar so gern tun - dann wäre die Welt womöglich gerechter, aber auf jeden Fall etwas schöner.
39. Welchen Einfluss die Liebe auf die Gesundheit haben könne?
Wer viel liebt, lebt womöglich länger. Auf jeden Fall stirbt er glücklicher.
40. Weshalb Männer nicht gern tanzten?
Dafür gibt es alle möglichen Gründe – und nur einen einzigen, warum sie es doch immer wieder tun.
41. In welchem Verhältnis Liebe und Begierde zueinander stünden?
Die Liebe wird durch die Begierde ohne jeden Zweifel noch schöner und wunderbarer. Die Begierde wird allerdings manchmal durch die Liebe erst kompliziert.
42. Welchen Wert Jungfräulichkeit noch hätte?
Das ist eine etwas schwierige und zugleich delikate Angelegenheit. Allerdings scheint die Kontroverse um den Sex vor der Ehe eine geradezu vernachlässigenswerte Petitesse im Vergleich zu der Frage nach dem Sex während der Ehe zu sein
43. Was Autofahren mit der Liebe zu tun habe?
Für mehr Sachlichkeit im Straßenverkehr und für mehr Leidenschaft im Liebesverkehr
– und beides bitte nicht immer wieder vertauschen.
44. Ein mögliches tiefenpsychologisches Motiv des Ehewunsches?
Wer unbedingt heiraten möchte, dessen Knechtschaftsbedürfnis ist möglicherweise im Arbeitsleben noch nicht ausreichend gestillt worden.
45. Ob der Geschlechterunterschied am Ende doch unüberwindlich sei?
Nun, nur so viel: man kann einem großen Teil der Männer zwar durchaus beibringen, dass sie den Frauen gelegentlich Blumen mitbringen sollten. Dass es darüber hinaus auch noch von Bedeutung sein soll, dass es eine ganz bestimmte Sorte ist, das werden sie einfach nie begreifen.
46. Welche die vielleicht höchste Einsicht der Vernunft sei?
Dass man ein Leben lang immer auch auf seine Gefühle Acht geben muss. Denn letztlich sind es eben die Gefühle, die dem Leben seinen einzigartigen Geschmack geben. Um dem Vorwurf der Gefühlsduselei gleich entgegen zu treten, sei natürlich konzediert, dass von all diesen geschmacksstiftenden Gefühlen, allen voran die Sentimentalität kaum viel mehr als ein künstlicher Süßstoff ist.
47. Warum der warme Wind eine so wunderbare Metapher für die Liebe sei?
Weil man sich so unvergleichlich darin treiben lassen kann – und ihn dennoch niemals lenken können wird.
48. Ob Männer und Frauen nicht doch zueinander passen könnten?
Aber gewiss doch; als problematisch können sich lediglich diejenigen Fälle erweisen, in denen beide unglückseligerweise eine heterosexuelle Orientierung aufweisen.
49. Ob man sich bei seinen Entscheidungen von Gefühlen leiten lassen sollte?
Auf jeden Fall – allerdings nicht von allen in gleichem Maße. Und die Auswahl vom welchem Gefühl man sich besser mehr oder doch lieber weniger leiten lassen soll, die muss dann wohl oder übel der Verstand treffen. Ein illustres (unter mitunter auch zugleich abschreckendes) Beispiel hierfür sind Menschen auf der Partnersuche.
50. In wie fern die Liebe etwas von einer dialektischen Natur habe?
Nun, zunächst einmal, wenn man die Liebe in ihrem romantischen Ideal als These nimmt. Als Antithese fungiert dann die Realität des Alltags in vielen Ehen. Und wenn man schließlich als Synthese daraus zum dem Entschluss gelangt, in Zukunft nur noch einen Partner zu suchen, der bereits (natürlich unglücklich) verheiratet ist – das verdient dann den Namen romantischer Realismus.
51. Ob jeder Mensch im Grunde einfach nur geliebt werden wolle?
Zumindest ist das die mehrheitsfähige Meinung. Und all diejenigen, die dem widersprechen, wollten womöglich von zu vielen Mitmenschen bzw. im zu hohen Maße geliebt werden und sind daran notwendigerweise gescheitert. Von daher überrascht es nicht, dass die Gelassenheit oftmals mit einer heiter-freundlichen Distanz einhergeht. Denn die Stärke der Gelassenheit beruht nicht zuletzt auch auf den Schwächen des Fanatismus.
52. Warum man sich mit der Eheschließung in jedem Fall Zeit nehmen sollte?
Erstens hat man ein ganzes Leben Zeit dafür, und zweitens wäre der- oder diejenige, die behauptet nun sei es aber schon zu spät, sowieso der/die Falsche gewesen.
53. Ob Ehrlichkeit in einer Partnerschaft grundsätzlich und ausnahmslos ratsam sei?
Das kommt darauf an; dann könnte die Ehrlichkeit womöglich zur Folge haben, dass auf die Feststellung des einen Partners „ich war immer bei dir, wenn es dir schlecht ging“, der andere antworten müsste „ das stimmt – und manchmal wurde es erst besser, als du wieder weg warst“.
54. Was an der Vorstellung, um eine Liebe zu kämpfen, zweifelhaft sei?
Weil die Liebe immer eine Art von Geschenk ist – und nicht so sehr eine Form der Belohnung. Man kann eine solche Haltung zwar romantisch oder gar illusorisch nennen; zumindest hat sie immerhin den Vorzug, dass man immun ist gegen die ganz und gar unromantische Eifersucht.
55. Welchen Schlankheitstipp für Frauen der ehrlichste wäre?
Achten Sie nicht so sehr auf Ihre Linie – Männer achten schließlich sowieso am meisten auf die Kurven. Und diejenigen männlichen Exemplare, die tatsächlich Knochen bevorzugen, wären eh vielleicht besser als ein Hund zur Welt gekommen.
56. Warum die Ehe eine extremere Lebensform sei?
Nun, ganz einfach deshalb, weil diejenigen, die eine harmonische Ehe führen, offensichtlich sich glücklicher fühlen als die Alleinlebenden. Allerdings diejenigen, deren Ehe eher als disharmonisch zu bezeichnen wäre, ganz offenkundig eine geringere Lebensqualität empfinden im Vergleich zu Einzelpersonen.
57. Ob es etwas Wichtigeres geben könne als die Liebe?
In der Tat – nämlich über die Liebe zu schreiben. Das Schwierige daran ist allerdings, dass man einerseits die Liebe kennen muss und andererseits zugleich jedoch nicht von ihr abhängig sein darf.
58. Warum ein Mann beim ersten Rendezvous sich möglichst natürlich verhalten sollte?
Weil das, was Männer mitunter allen Ernstes als Selbstbewusstsein präsentieren, von Frauen möglicherweise als charmante Selbstironie aufgefasst werden könnte.
59. Woran man einen Liebhaber von gewissem Format erkennen könne?
Nicht so sehr an der Zahl seiner Eroberungen, sondern vielmehr an der Zahl seiner Verflossenen, die immer noch einigermaßen passabel über ihn reden. Denn ein Mann von Format wird einer ehemaligen Dame seines Herzens unter keinen Umständen mit Revanchegedanken oder Wünschen nach möglichem Schlechtem nachschauen.
Wobei ihm das womöglich auch nur deshalb etwas leichter fallen dürfte, weil er glaubt zu wissen, was ihr in Zukunft entgehen wird.
60. Was den sog. Frauenversteher auszeichnete?
Dass er ein Mann ist, der begriffen hat, dass Frauen verstanden werden wollen, dass sie vor allem auch Geborgenheit suchen, dass sie sich gleichermaßen sowohl Zärtlichkeit als auch Leidenschaft wünschen, und dazu natürlich auch Fürsorglichkeit (und zwar mental wie materiell). Frauen benötigen jemanden, der zugleich stark ist und doch auch einfühlsam sein kann. Frauen wünschen sich jemanden, von dem sie als Ganzes, mit all ihren Stärken, aber auch ihren Schwächen erkannt und angenommen werden.
Was aber auch die sog. Frauenversteher nur schwer nachvollziehen können ist, dass viele Frauen das alles ernsthaft von ein und demselben Mann erwarten? Doch letztlich ist es für Männer gar nicht so wichtig, Frauen verstehen zu können. Viel wichtiger ist die Fähigkeit sie zu lieben, ohne sie dabei gleich immer verstehen zu können. Wobei dies im Alltag gerne seinen Ausdruck darin findet, als Mann mit einer Frau über alles zu reden – dabei aber nach Möglichkeit nichts zu sagen, was sie nicht gerne hören will.
61. Ob man auch zwei Menschen zugleich lieben könne?
Nein, und diejenigen, die das behaupten, tun es selbst am allerwenigsten.
62. Welcher der schönste Kosename sei?
Nun, vielleicht so einer wie „ meine Liebste“ oder auch „Schönste der Schönen“ - der ehrlichste dürfte vermutlich dann doch aber „meine Teuerste“ lauten.
63. In welchem Wesenszug Kunst und Liebe sich ähnlich sind?
Die Ausweglosigkeit des Versuchs zu erklären, wie Kunst funktioniert oder gar ihren Wert zu bemessen, ist wohl nur zu übertreffen durch das Vorhaben, die Liebe zwischen zwei Menschen auf dem Vernunftwege verstehen zu wollen.
Beide darf man zudem nicht mit Konventionen belasten. Denn sonst drohen sie zu scheitern oder aber ihren Wert einzubüßen. Und der Wert einer jeden Kunst bemisst sich am wenigsten im Besitz derselben. Auch dieses Merkmal teilt sie mit der Liebe.
64. Was Eheringe symbolisierten?
Für diese ist es das schmuckvolle Symbol der Krönung einer Liebe - für jene ist es die vermutlich teuerste Handschelle der Welt.
Wie dem auch immer sein mag, der Bedeutung eines Eherings gerecht zu werden, heißt auf jeden Fall, ihn nur zu ganz außergewöhnlichen Anlässen vorübergehend abzustreifen.
65. Was der alte Amor vom noch älteren Konfuzius lernen könnte?
Der Weg ist das Ziel. So heißt eine der klügsten Einsichten fernöstlicher Weisheit. Und so gern jeder Bergsteiger einen Gipfel erklimmt, er wird wohl kaum dort wohnen wollen. Und ganz ähnlich kann ein ehrlicher und selbstkritischer Mensch bei einem ewigen Liebesschwur lediglich die Bereitschaft zum Versuch, niemals aber den Eintritt des Erfolgs garantieren.
66. Ob Eheskepsis auch Ausdruck eines pathologischen Zynismus sein könne?
Unsere Zeit kennt kaum einen höheren Wert als den der selbstbestimmten Lebensführung; und dies völlig zu Recht. Und doch gibt es immer noch genügend Menschen – mehrheitlich männlichen Geschlechts - die sich im Rahmen einer feierlich-rituellen Zeremonie im Grunde zu nichts anderem verpflichten, als ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht womöglich lebenslang an einen anderen Menschen abzutreten. Und damit nicht genug; dem gleichen Menschen gewähren sie dafür oftmals auch noch eine nur schwer zu revidierende Unterhalts-bürgschaft. Im Gegensatz zu allen herkömmlichen Bürgschaftsverpflichtungen wird in diesem speziellen Fall dem Bürgen allerdings dazu auch noch gratuliert – ist das weniger zynisch?
67. Warum die Ehe vor allem bei Linken weniger gut gelitten sei?
Weil frei nach Marx eine seiner wichtigsten Erkenntnisse lautet: ich könnte niemals eine Frau lieben, die sich mit einem Typen wie mir einlassen würde!
68. Wann das erwachsen werden beginne?
In dem elektrisierenden Moment, wenn das Interesse am anderen Geschlecht erwacht – erreicht worden ist das erwachsen sein dann in dem gelassenen Moment, in dem man spürt, dass man vom anderen Geschlecht nicht mehr emotional abhängig ist.
69. Ob man schlichten Wahrheiten misstrauen solle?
Grundsätzlich eher schon; es sei denn, sie sind von einer Einfachheit wie diese:
Der Mensch ist voller Widersprüche.
Das Leben ist meistens kompliziert.
Die Welt ist vor lauter Vielfalt kaum zu überschauen.
Und die Liebe ist zugleich das Schwierigste und das Schönste . . .
70. Wer das emotional bedürftigere Geschlecht sei?
Ohne Zweifel das männliche. Die größere emotionale Bedürftigkeit der Männer (die ihren rituellen Ausdruck in der Tradition des sog. Heiratsantrages findet) ist für diese ein existenzielles Dilemma. Für die Frauen hingegen ist sie in manchen Fällen eine der aussichtsreichsten Varianten der materiellen Existenzsicherung.
71. Ob romantische Anwandlungen nicht auch positiv sein könnten?
Durchaus, aber nur dort, wo sie auch vernünftig sind. Denn wie schlecht Sentiment und Logik sich miteinander vertragen, erkennt man daran, dass die sentimentale Vorstellung einer ewigen Liebe unausgesprochen beinhaltet, niemals mehr dem Zauber einer neuen Verliebtheit verfallen zu wollen.
Von daher ist die Vorstellung eines einzigen Partners fürs ganze Leben durchaus realistisch – viele Menschen hatten schließlich sogar schon mehrere davon.
72. Ob die Ehe nicht doch gesünder sei?
Dass verheiratete Menschen statistisch betrachtet angeblich länger leben sollen, liegt nicht daran, dass die Ehe gesund ist, sondern daran, dass Menschen mit einer von vornherein geringeren Lebenserwartung wie etwa chronisch Kranke oder Behinderte seltener in der Lage sind, überhaupt eine Ehe eingehen zu können.
Demzufolge wäre von wirklicher Aussagekraft nur der Vergleich von freiwillig Unverheirateten und ebenso freiwillig Verheirateten. Auf dessen Resultate bin ich äußerst gespannt – heißt es doch, eine der höchsten Lebenserwartung gesondert nach Berufsgruppen würden angeblich die Ordensleute aufweisen.
73. Ob sich Schönes und Nützliches vereinbaren ließen?
Das Schöne lässt sich auf Dauer leider doch nicht mit dem Nützlichen in Verbindung bringen. Auch wenn die menschliche Hoffnung immer noch nicht bereit ist, diese Erfahrung anzuerkennen, und insbesondere die Standesämter arglose Zeitgenossen immer wieder vom Gegenteil überzeugen wollen.
74. Was Männlichkeit wirklich bedeute?
Die eigene Männlichkeit zum Beispiel auf halsbrecherische und rücksichtslose Art und Weise im motorisierten Straßenverkehr beweisen zu wollen, ist ein gleichermaßen beliebtes wie für die Intelligenz eher unschmeichelhaftes Phänomen.
Die eigene Männlichkeit den Frauen dagegen als eine Art Geschenk antragen zu können, welches diese nicht nur bereitwillig, sondern sogar voller entzückter Hingabe erwarten und leidenschaftlich anzunehmen bereit sind, das ist der Kern männlicher Lebenskunst.Und dies leben zu können, erkennt man nicht etwa daran, wie ein Mann sich selbst präsentiert, sondern vielmehr daran, was er bei seinem Gegenüber auszulösen vermag.
75. Ob Eheskepsis und Liebessehnsucht sich nicht widersprächen?
Keinesfalls, gegen die Ehe gelegentlich zu polemisieren und zugleich die Liebe zwischen den Geschlechtern zu propagieren, muss kein Widerspruch sein. Denn vielmehr scheint es bereits genügend Verheiratete zu geben, welche die Liebe bedauerlicherweise nicht mehr allzu hoch schätzen. Diese bemitleidenswerten Zeitgenossen wirken mitunter so, als sei die Ehe sei im Grunde ein Job wie jeder andere – nur mit dem Unterschied, dass es keine Bezahlung gäbe und man dafür aber den Chef sofort duzen und gelegentlich sogar küssen könne.
76. Wie Frauen zu Männerverstehern werden könnten?
Ziemlich einfach: indem die Frauen Männer nicht unbedingt ernst nehmen. Die meisten Y-Chromosomierten sind bereits dann zufrieden gestellt, wenn man (beziehungsweise Frau) sie auch (oder gerade) ohne Grund einfach nur hemmungslos bewundert.
Frauen können jedoch auch dabei Gefahr laufen, zu Männervergraulern zu werden. Denn so festigend es auch ist für eine Beziehung zwischen Mann und Frau, wenn diese ihm immer wieder sagt, wie toll sie ihn findet – der sicherste Weg zur Erosion einer Beziehung ist es, sobald die Frau hinzufügt: „Und ich weiß sogar genau, wie Du noch toller werden könntest.“
77. Ob ich eine plausible Erklärung für die stärkere Triebhaftigkeit der Männer hätte?
Nun ja, mitunter kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als würden nicht wenige Männer Frauen nur deshalb begehren, weil sie womöglich sonst nichts anderes mit ihnen anzufangen wüssten.
Um allerdings dem Vorwurf der latenten Männerfeindlichkeit zu entgehen, seien an dieser Stelle zumindest drei Eigenschaften genannt, welche die andere Menschheitshälfte den Männern niemals streitig machen kann: Kinder zeugen, im Stehen pinkeln und ohne Termin zum Friseur gehen.
78. Warum Semantik mehr sein kann als nur sprachliche Pedanterie?
Die Beachtung der genauen Semantik einer Sprache kann gar nicht oft genug eingefordert werden. Als kleines Beispiel hierfür dienen die beiden Worte „wechseln“ und „ändern“, die als Begriffe immer mal wieder synonym verwendet werden. Dies jedoch zu Unrecht, sind es beispielsweise doch zumeist die Frauen, die den Mann immer ändern wollen. Und es sind nicht selten die Männer, die daraufhin die Frau am liebsten wechseln möchten.
79. Ob Loriot Recht hätte, wenn er sagt, Männer & Frauen passen nicht zueinander?
Nun, Männer und Frauen können in vielen Fällen durchaus zu einander passen. Vermutlich wird allerdings nur in den wenigsten Fällen sich für jeweils beide von ihnen die Lebensqualität auch dauerhaft und in gleichem Maße verbessern.
80. Ob man anhand des Familienstandes neben den Steuerklassen eine weitere Kategorisierung vornehmen könne?
Durchaus, denn es scheint so, die Klugen bleiben ledig, die Sehnsüchtigen werden geschieden, die Unverbesserlichen sogar mehrmals – und die Tapferen und Duldsamen, sie bleiben ein Leben lang verheiratet.
81. Warum die Sonne eine so gelungene Metapher für das Wesen der Liebe sei?
Weil wir sie zum Leben benötigen und unter keinen Umständen auf sie verzichten können. Und zugleich tun wir gut daran, uns ihr nicht doch ständig auszusetzen. Und nicht zuletzt, weil sie am besten in der Lage dazu ist, über all die anderen Widrigkeiten des Lebens so zuverlässig hinweg zu helfen.
82. Weshalb der Natur eine intuitive Klugheit unterstellt werden könne?
Weil sie die Männer so hervorgebracht hat wie sie sind. Männer, diese unvergleichlich großartigen Lebewesen, die dazu in der Lage sind, einen bis dato unbekannten Kontinent wie Amerika mit einem Segelschiff zu entdecken, die den Mount Everest zu Fuß zu erklimmen und denen es sogar gelungen ist, bis zum Mond und von dort wieder heil zurück zu fliegen. Und die im Zweifel sogar lieber sich selbst zerstören, als von anderen besiegt zu werden - jedoch: ein Kind zu gebären, das werden sie niemals können . . . denn Männer interessieren sich für die Welt – Frauen eher für einen Menschen. Und so zeigt sich die intuitive Klugheit der Natur darin, dass sie Männer vor allem dort stark sein lässt, wo diese das auch sein wollen. Frauen bleibt dagegen oftmals gar nichts anderes übrig als stark sein zu müssen.
83. Ob die Ehe nicht doch das Fundament der Gesellschaft sei?
Es ist unstrittig, dass Ehe und Familie die kleinsten Zellen unserer Gesellschaft verkörpern. Es sollte nur nicht übersehen werden, dass es sich in einigen Fällen aber auch um Zellen handeln könnte, die mit einem unsichtbaren Gitter ausgestattet wurden.
84. Was das tragische an so vielen Beziehungen zwischen Frauen und Männern sei?
Dass die Liebe, so wunderbar und üppig sie auch ausfallen mag, letztlich immer nur eine notwendige, nie aber eine hinreichende Bedingung bleibt für eine geglückte Partnerschaft.
Wesentlich bedeutsamer erscheinen mir in diesem Zusammenhang zwei scheinbar unabänderliche Tatsachen: dass Männer bedauerlicherweise nur über so wenig von der Gabe verfügen, die unausgesprochenen Botschaften in den Worten einer Frau zu erspüren und dass Frauen sich es nicht abgewöhnen können, in die Worte eines Mannes mehr hinein zu legen, als er tatsächlich nur gesagt hat.
85. Wie einer der schönsten Paradoxien, die das Leben bereithalten kann, laute?
Wenn ein Mensch versucht, Ordnung in sein Liebesleben zu bringen . . .
86. Ob gesellschaftlichen Rituale überflüssig seien?
Keineswegs; allenfalls die sinnentleerten unter ihnen, wenn es solche aber überhaupt geben sollte. Deshalb können Rituale äußerst wertvoll sein – und sei es nur, um sie ständig zu hinterfragen.
87. Heldinnen der Wirklichkeit?
Alle Frauen, die an den Männern immer noch nicht verzweifelt sind.
88. Heldin der Dichtung?
Lysystrata
89. Heldinnen in der Geschichte?
Alle Frauen, die so klug waren, für Heldenruhm keine Dummheiten zu begehen.
90. Was womöglich das Tragischste an der Liebe sei?
Vielleicht, dass es so viel leichter ist, einander zu lieben, als einander wirklich zu kennen …
91. Warum Frauen oftmals die besseren Krimiautoren seien?
Weil sie, ähnlich wie es die Statistiken zu Unfallursachen oder zu Krankheitsvorsorge-untersuchungen belegen, die weniger unvernünftigen Menschen sind: denn statt die Verbrechen selber zu begehen, schreiben sie einfach lieber darüber. Und die Tatsache, dass neun von zehn Gefängnisinsassen männlichen Geschlechts sind lässt letztlich nur zwei logische Schlussfolgerungen zu: entweder sind Frauen tatsächlich die besseren Menschen – oder aber einfach die clevereren.
92. Wie man es vielleicht doch schaffen könne, als Paar gemeinsam alt zu werden?
Nun, wer das wirklich sicher wüsste – der hätte schon längst das meistverkaufte Ratgeberbuch der Welt geschrieben. Aber empfehlenswert scheint, als Mann sich zumindest zuhause das Urinieren im Stehen abzugewöhnen und als Frau dazu überzugehen, den tagesfüllenden Einkaufsbummel aus dem Katalog der unantastbaren Menschenrechte zu streichen.
93. Ob für alle Schreibenden die Liebe ein ewiges Thema sei?
In gewisser Weise sicherlich; wenn auch mit den unterschiedlichsten Intentionen. Bedenken Sie nur, dass die meisten Tätowierer mittlerweile davon abraten, sich den Namen des Partners auf der Haut von ihnen verewigen zu lassen.
94. Wann die Chemie zwischen Mann und Frau besonders stimme?
Scheinbar vor allem dann, wenn reichlich Testosteron und Ethanol (vulgo: Alkohol) mit im Spiel, oder genauer gesagt mit im Blut sind.
95. Ob die Menschen von Natur aus monogam seien?
Dass ein Mensch während einer lebenslänglichen Ehe der Verlockung einer möglichen Affäre widersteht aus dem Grund, dass er sich vor der Eheschließung bereits ausreichend „ausgetobt“ habe, ist wohl ähnlich wahrscheinlich wie der Fall eines Altersdiabetikers, der problemlos auf Süßigkeiten verzichtet, weil er davon in jungen Jahren bereits so viel genossen habe.
96 . Warum Partnersuche für Frauen mit den Jahren immer schwieriger würde?
Weil reifere Frauen wissen, was sie wollen. Manche Männer sehen darin einen unschätzbaren Vorteil, für die meisten anderen wirkt es allerdings eher wie ein bedrohlicher Nachteil.
97. Was von Erhabenheit zu halten sei?
Es gibt kaum etwas Lächerlicheres als den Menschen, der erhaben erscheinen will. Aber es gibt nichts Erhabeneres als den Menschen, der sich aufrichtig bemüht zu lieben.
98. Ob die sog. wilde Ehe vorteilhafter sei?
Na ja, auch sie hat ihre Tücken – aber sie sind natürlich immer noch eher zu ertragen, als all die zusätzlichen Tücken der gezähmten Ehe.
99. Wo das Phänomen gelegentlicher postkoitaler Melancholie herrühre?
Womöglich ist sie begründet durch die gespürte Evidenz der präkoitalen Realitätseinbuße.
100. Ob die so genannten „3 K.“ noch immer das Leben der Frauen dominierten?
Es scheint zwar, dass die Zeiten von Küche, Kind & Kirche als Determinanten des weiblichen Daseins (erfreulicherweise) an Bedeutung eingebüßt haben.
Es drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass es im Gegenzug mittlerweile sozusagen vier neue K. gibt, die das Leben der modernen Frau charakterisieren: Karriere, kein Kind, aber dafür zumindest eine Katze.
101. Weshalb verheiratete Männer länger lebten?
Tun sie das wirklich? Die Statistiken belegen doch nur, dass die meisten von ihnen vor ihren Gattinnen versterben. Das kann einem ledigen Mann niemals passieren.
102. Warum es im Umgang mit Frauen für Männer so wichtig sei, geistreich zu sein?
Weil man(n) den nötigen Esprit, im Gegensatz zu dicken Autos (kann man leihen), protzigen Armbanduhren (gibt es als billige Imitate) und den Details der eigenen Lebens- und Berufsgeschichte (kann man je nach Bedarf erfinden oder verschweigen), einfach nicht erfolgreich vortäuschen kann – und im Gegensatz zu vielen Männern ist den meisten Frauen das mehr als bewusst.
103. Ob es stimme, dass man(n) eine schöne Frau nie alleine habe?
Bedauerlicherweise lässt sich diese weit verbreitete Befürchtung vieler Männer nicht entkräften. Und für die andere Menschheitshälfte gibt es ebenfalls eine eher beunruhigende Nachricht: mit einem leidenschaftlichen Mann verhält es sich oft genauso.
104. Was an medial inszenierten royalen Traumhochzeiten so faszinierend sei?
Sie sind einfach unvergleichlich großartig, vor allem wenn sie an verregneten Sommernachmittagen stundenlang im Fernsehen und dann noch auf mehreren Sendern gleichzeitig übertragen werden. Bedauerlich scheint lediglich, dass auch diese Traumhochzeiten nicht umhin kommen, anschließend in der Realität weitergelebt werden zu müssen – und nicht jede Traumhochzeit garantiert auch eine Traumehe
105. Eine praktikable Definition der Spezies „Männer“ ?
Die gängigen Versuche darin erscheinen gleichermaßen zahllos wie unvollkommen. Deshalb sei diese, allerdings nur begrenzt charmante Version erwähnt:
Männer sind die einzige Form der Alterssicherung, welche einige Frauen heute schon küssen könnten …
106. Ob Erektionsstörungen das größte männliche Sexualproblem seien?
Nein, trotz anders lautender öffentlicher Wahrnehmung sind sie nur das zweitgrößte männliche Sexualproblem. Das größte ist und bleibt nach wie vor und mehr denn je die ungewollte Abstinenz.
107. Ob jeder Mensch eitel sei?
Allerdings, und diejenigen, die das leugnen, sind es in einem Maße, dass es schon unerträglich wird.
108. Von wem man die schönsten Geschenke erhielte?
Entweder vom Schicksal - oder aber man macht sie sich selbst. Alle übrigen Geschenke sind in der Mehrzahl doch kaum mehr als eine lästige Pflichterfüllung des Schenkenden.
109. Welches die größten Künstler seien?
All die Menschen, die ein schweres Leben haben und das zugleich leicht nehmen können
110. Warum man seinen Mitmenschen in der Regel zunächst nett begegnen solle?
Nun, weil man sich damit stillschweigend immer noch die Option offen hält, gegebenenfalls später unangenehm werden zu können. Umgekehrt lässt sich das jedoch wesentlich schwerer bewerkstelligen.
111. Ob Gedichte und Aphorismen unterschätzte Literaturformen seien?
Vermutlich, wobei die am meisten unterschätzte Literaturform mit Sicherheit der persönliche Liebesbrief darstellt. Direkt gefolgt vom Schreiben fälliger Rechnungen.
112. Ob Schadenfreude akzeptabel sei?
Moralische Bedenken gibt es reichlich, sind aber letztlich Ansichtssache. Als bitter für den Schadenfrohen erscheint jedoch, wenn es seine einzige und letzte Möglichkeit zur Freude darstellt.
113. Worauf es im Leben wirklich ankäme?
Im Grunde lediglich auf zwei Dinge: gesund bleiben & zufrieden werden.
114. In welcher Verbindung Humor und Toleranz zu einander stünden?
Nun, Humor ist die Fähigkeit, über fast alles im Leben zumindest ein wenig schmunzeln zu können. Und Toleranz ist die befreiende Ansicht, nicht jeden Menschen davon überzeugen zu müssen, gefälligst auch mit zu lachen.
115. Was einen echten Kerl ausmache?
Nicht nur dass er bei der Geburt seines Kinder dabei war – er hat auch am Fußende der Gebärliege gestanden, ohne dabei umzufallen.
116. Der beliebteste Trost für all diejenigen, die keine außergewöhnlichen Leistungen zu Stande brächten?
Tja; vielleicht nur denjenigen, dass sie immer noch versuchen können, zumindest einen außergewöhnlichen Lebensstil zu pflegen.
117. Was der Wein fürs Leben lehren kann?
Dass es nicht gut ist, jeden Tag zu trinken – aber das man auf Dauer womöglich dort besser leben könnte, wo aus klimatischer Sicht Rotweinanbau möglich ist.
118. Ob ein eigener Garten der kürzeste Weg zur Entspannung sei?
Das ist voll und ganz zu bestätigen, man muss aber zugleich, um der vollständigen Wahrheit die Ehre zu geben, hinzufügen, dass es sich auch hier um ein paradoxes Phänomen handelt: je größer der betreffende Garten – umso kleiner die tatsächliche Entspannung.
119. Welches Schicksal Fußballtrainer mit denjenigen Menschen teilen, die einen gleichermaßen attraktiven wie selbstbewussten Partner haben?
Dass sie, sobald es mal nicht mehr so gut läuft wie gewohnt, relativ bald damit rechnen müssen, ausgetauscht zu werden.
120. Wie man die Melancholie besiegen könne?
Im Grunde gar nicht – allerdings kann man sie für einen gewissen Zeitraum erfolgreich hinfort küssen!
121. Ob man Fehler & Schwächen besser zugeben oder leugnen sollte?
Das hängt grundsätzlich davon ab, was man eher aushalten kann: einen kurzen Moment der Peinlichkeit oder die dauernde Anstrengung, etwas vortäuschen zu müssen. Im Einzelfall rate ich dazu, es vom Geschlecht seines Gegenüber abhängig zu machen: beim anderen Geschlecht eigene Fehler lieber zugeben – beim eigenen Geschlecht auf gar keinen Fall!
122. Was vielleicht das Traurigste am Leben sei?
Dass es nicht ganz so schön ist, wie die Romantiker immer glauben. Andererseits bleibt aber tröstlich, dass es dann doch nicht ganz so schrecklich wird, wie die Zyniker ständig behaupten.
123. Ob die ewige Weltverbesserei nun etwas Positives oder doch eher Negatives sei?
Keine Ahnung - aber auf jeden Fall ist sie anstrengend; und zwar sowohl für den Verbesserer als auch für den oder das Verbesserte. Wobei die schlimmsten Weltverbesserer sicherlich diejenigen sind, die behaupten ohne Idealisten und Weltverbesserer wäre diese Welt eindeutig besser dran. Die angenehmsten Weltverbesserer hingegen sind diejenigen Exemplare, die sich damit begnügen können, zunächst lediglich ihre eigene Welt verbessern zu wollen.
124. Was für den ersten Eindruck wichtiger sei: Kleidung oder Gesichtsausdruck?
Weder noch; einfach erst einmal: Saubere Fingernägel und gut riechen! Wobei der unzweifelhafte Nutzen von Parfum und Rasierwasser im Kern darin begründet ist, dass die menschliche Nase nun mal ein Riech- und kein Denkorgan ist.
125. Ob eher dem Verstand oder doch lieber dem Gefühl der Vorzug zu geben sei?
Das kommt immer drauf an, empfehlenswert scheint eine Kombination von beiden. Schließlich würde auch kein vernünftiger Mensch ein Automobil nutzen wollen, das entweder über kein Lenkrad verfügt oder aber dem der Motor fehlt.
Dass die Gefühle dabei die Nahrungsmittel unserer Seelen sind, kann wohl niemand ernstlich bestreiten wollen. Schließlich verhalten sie sich auch oft ähnlich wie jene: je heißer desto köstlicher und je kühler desto haltbarer.
126. Worin die Ambivalenz beim Optimismus bestünde?
Darin, dass er zu selten von der Art von Zuversicht geprägt ist, die, auch wenn morgen die Welt unterginge, heute noch einen Apfelbaum pflanzen würde. Und weil er zugleich viel zu häufig von der Sorte des selbstgefälligen Selbstvertrauens ist, das da behauptet: auch wenn morgen die Welt untergeht, ich werde trotzdem übermorgen noch genauso weitermachen.
127. Was in jedem Fall für Selbstironie spräche?
Weil sich selbst zum Gegenstand eines Witzes zu machen, die einfachste und zugleich am wenigsten anmaßende Gelegenheit bietet, der eigenen Person eine gewisse Wichtigkeit zu verleihen.
128. Angst vor dem Tod ?
Angst vor dem Tod zu haben ist einerseits überflüssig (denn er kommt ja bestimmt), andererseits ist sie zugleich vergeudete Zeit zum leben. Von daher hat der respektlose und schwarze Humor möglicherweise sogar Recht, wenn er behauptet, dass man vom Tod nicht stirbt – es sei denn, es handelt sich um den eigenen.
Wem jedoch mit Respekt zu begegnen ist, ist die Art und Weise wie man zu Tode kommen kann, d.h. dem Sterben.
129. Was den Durchschnittsneurotiker trösten könnte?
Depressionen sind eine durch und durch traurige Angelegenheit. Narzissmus hingegen bringt wenigstens einige kleine Vorteile mit sich. Schließlich sind Narzissten nicht selten durchaus begabte Liebhaber. Noch öfter allerdings sind sie auch desaströse Partner. Was womöglich daran liegt, dass ihre eingeschränkte Liebesfähigkeit ohne es zu wissen darauf beruht, dass man nur dasjenige wirklich lieben kann, was man für größer hält als sich selbst.
130. Ob das Leben mehr Ja oder mehr Nein benötige?
Das kommt darauf an; sich den unangemessenen Wünschen anderer erfolgreich zu widersetzen, d.h. nein sagen zu können, macht äußerlich frei. Sich von den unrealistischen Wünschen an das eigene Leben zu verabschieden, d.h. ja zu sich selbst sagen zu können, ermöglicht erst innere Freiheit. Diese beiden Fähigkeiten sind unverzichtbar für den Seelenfrieden, zudem glücklicherweise in jedem Alter noch erlernbar, jedoch niemals gegenseitig austauschbar. Deshalb macht weder der rücksichtslose Egoismus noch der notorisch einseitige Altruismus den Menschen wirklich glücklich.
131. Welcher Energiespartipp empfehlenswert sei?
Nach allem was bislang bekannt ist, scheint die Lebensenergie des Menschen nur begrenzt zu sein. Folglich ist er gut beraten, sparsam mit dieser umzugehen und zu haushalten. Von daher kommt es besonders darauf an, sehr zurückhaltend mit fragwürdiger Moral und Ideologien zu hantieren. Sie verzehren nämlich am meisten unnötig Energien.
132. Wie man dem Vorwurf der eigenen Widersprüchlichkeit begegnen könne?
Indem man das Wesen der zu Unrecht stigmatisierten Widersprüchlichkeit und mit ihr das Phänomen aller angeblichen Gegensätze zu einem pathologischen Symptom einer zwanghaft ordnungswütigen, typisch abendländischen Rationalität erklärt, deren größte Angst im Aushalten müssen von begrenzter Erkenntnis besteht.
Diese Angst lässt sich überwinden, ebenso wie die Scham über die gespürten inneren Ambivalenzen. Sie sind nicht mehr als die sichtbaren Pole eines Ganzen, für dessen vollständige Wahrnehmung der menschliche Intellekt nicht geschaffen ist. Und deshalb vorwärts im Geiste der paradoxen Internationalen: Widersprüche aller Seelen, lasst Euch nicht unterkriegen!
133. Welche Folgen der Optimismus nach sich ziehen könne?
Wer von Herzen optimistisch ist und stets an das Gute im Menschen glaubt, der verliert vermutlich etliches an Geld in seinem Leben.
Allerdings erhält er im Gegenzug auch einiges, wie beispielsweise: den Spott des Zynikers, das Lamento des Schwermütigen, die Vorhaltungen des Besserwissers und nicht zuletzt die heimliche Bewunderung des Humoristen.
134. Woran sich natürliche (im Gegensatz zur bloß aufgesetzten) Selbstgefälligkeit zeigt?
Beispielsweise daran, wenn ein in die Jahre gekommener und vom Normalgewicht schon seit längerem entfernt lebender Hose-unter-Bauch-Träger bei unterschwellig anklagenden Blicken auf seine Leibesfülle, diese mit einem in mehr als gelassenem Tonfall vorgetragenen Konter pariert: „ Gucken Sie nicht so – wenn es nach dem Geld ginge, könnte ich mir sogar noch einen zweiten Bauch leisten! “
135. Was sich bei Narzissmus als wirksam erweisen könne?
Sich selbst eher zu überschätzen oder gar für ein bislang unentdecktes Genie zu halten, ist völlig normal und etwas (vor allem unter Männern) weit Verbreitetes. Problematisch wird die ganze Sache eigentlich nur dann, wenn die selbst attestierte Grandiosität nicht dazu ausreicht, der Welt und der Menschheit auch nachsehen zu können, dass sie einem bislang die eigentlich zustehende Anerkennung versagt haben.
136. Wie eine Mahnung an alle selbstgefälligen Erfolgsmenschen hieße?
Ohne eine gewisse Portion Glück oder Zufall hätte es ehrlicherweise wohl nicht ganz so gut geklappt. Von daher ist diesen Zeitgenossen genau das Maß an Demut zu empfehlen, was den Melancholikern an mehr Selbsterhaltungstrieb gut täte. Deshalb reicht es auch nicht aus, nur zu lieben, dass ein Plan funktioniert. Noch wichtiger erscheint es, ertragen zu können, dass Pläne manchmal auch schief gehen.
137. Drei freie Wünsche?
Da die dazugehörige gute Fee bislang nur im Märchen anzutreffen war, gibt es stattdessen lediglich drei unvermeidliche Ratschläge:
1. Achten Sie wenn irgend möglich stets auf ihre Unabhängigkeit.
2. Begegnen Sie dieser Welt mit einem gesunden Misstrauen.
Und das Wichtigste: 3. Lieben Sie trotzdem das Leben - es ist vermutlich ihr einziges
138. Ob zu einem glücklichen Leben nicht doch auch eine Arbeit gehöre?
Ohne jeden Zweifel – allerdings müsste es eine solche sein, die man gegebenenfalls natürlich auch ohne Bezahlung noch weiterhin gerne täte. Alles andere ist und bleibt zunächst mal profane Existenzsicherung.
139. Welche Befindlichkeit die angenehmste sei?
Diejenige, bei der man sagen könnte: jeden Tag werde ich älter und auch ein bisschen faltiger, ein wenig grauer und womöglich sogar etwas dicker; und das Beste dabei ist – ich werde zugleich immer zufriedener!
140. Was an der Moderne unmodern sei?
Man mag es bedauern oder auch nicht, aber wir leben unzweifelhaft in einer Zeit, in der man auf die Frage nach der Bedeutung des Kürzels PC von hundert möglichen Antworten vermutlich bei fast allen von diesen in nüchterner Weise die Variante „ personal computer “ zur Antwort bekommt. Einige wenige würden womöglich mit schelmischem Unterton „ panem et cicenses “ nennen. Aber ob überhaupt ein einziger tatsächlich die Möglichkeit „ prince charming “ in Erwägung ziehen würde . . . ?
Wie dem auch sei; es ist unstrittig, dass der Computer zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine bedeutende Stellung innehat – und doch gilt, dsas mien Cmopeutr desein Staz nchit leesn knan – aebr dre Leesr shfcaft es!
141. Was das Paradoxon der Halbintellektualität bezeichne?
Dass wir Menschen im Allgemeinen dazu neigen, die Bedeutung des menschlichen Verstandes schnell zu überschätzen, das ist eine historische Tatsache. Ihre alltägliche Ironie besteht darin, dass es vor allem diejenigen gerne tun, die eher weniger davon zu besitzen scheinen.
Aber auch die hoch geschätzte persönliche Reife weist einen gewissen paradoxen Zug auf. Denn so richtig und wichtig es auch unbestreitbar ist, dass wir alle den Aufforderungen unseres Verstandes nachkommen, und uns bemühen zu reifen und so gut es geht, irgendwie erwachsen zu werden: Unsere Seele wird (beim einen mehr, beim anderen weniger) immer zu einem gewissen Teil die eines ungetrösteten Kindes bleiben. Und so schmerzhaft das mitunter auch sein mag - es ist der Schlüssel zum Leben! Von daher besteht die Reife vor allem darin, auch mit zunehmendem Alter immer noch (oder gar mehr denn je) sich daran zu versuchen, endlich erwachsen werden zu wollen.
142. Inwiefern sich Reichtum und Glück gegenseitig bedingten?
Lediglich insofern, als dass es wesentlich mehr Glückliche gibt, die anschließend noch reich werden, als es Reiche gibt, die anschließend erst glücklich werden. Denn so wenig wie arm zu sein eine erstrebenswerte Lebensform darstellt, genau so wenig taugt bloß reich werden zu wollen zum sinnvollen Lebensziel. Denn Besitz kann zwar durchaus glücklich machen – aber dabei ist nicht die bloße Menge des von außen erkennbaren Besitzes ausschlaggebend, sondern vielmehr das Ausmaß der inneren Zufriedenheit, die er zu schaffen imstande ist.
Wesentlich häufiger beobachtbar ist hingegen eine Affinität von Reichtum und Schönheit. Schließlich sind beide reichlich ungleichmäßig verteilt und in vielen Fällen entspricht diese Verteilung keineswegs dem Gerechtigkeitsempfinden der jeweiligen Betrachter. Des Weiteren werden immer wieder Versuche unternommen, beidem mit Hilfe künstlicher Eingriffe nachzuhelfen. Wobei diese Unterfangen in den allermeisten Fällen allerdings nicht vom Erfolg gekrönt sind (sondern eher vom Gegenteil!). In jedem Fall aber wirken die Resultate dieser Versuche in den allermeisten Fällen auffallend unecht.
143. Welche Fehler am leichtesten zu entschuldigen seien?
Alle, die der Mensch zum ersten Mal macht. Von denen, die er wiederholt nur die, welche man selbst womöglich auch gemacht hätte (also immer noch sehr viele).
144. Das größte vorstellbare Unglück?
Dass die Zyniker& Misanthropen am Ende Recht behielten.
145. Welche Menschen als die edelsten erschienen?
Die mit einem Ebenmaß von Intelligenz & Charakter, welche empfindsame Melancholie & entschlossenen Selbsterhaltungstrieb im Gleichklang schwingen lassen können.
146. Ob luxuriöse Armbanduhren überhaupt einen Reiz hätten?
Unter ästhetischen Aspekten durchaus. Aber die Frage muss erlaubt bleiben: Was taugt der teuerste Chronometer als Statussymbol, wenn man zugleich nur über so wenig des wesentlich Kostbareren verfügt – über die frei verfügbare Lebenszeit …
147. Wie man zugleich den Blick schärfen und das Gemüt gelassen machen könne?
Am einfachsten, indem man sich zwischendurch immer mal wieder die eigene Sterblichkeit vor Augen hält. Es wirkt übrigens auch bei resignativ bedingtem Zynismus.
148. Die eindrucksvollste Leistung Albert Einsteins ?
Die Gabe - notfalls auch ohne ein einziges Wort - demonstrieren zu können, dass ein starker Geist und eine kräftige Zunge nach wie vor die besten Voraussetzungen für einen herausragenden Mann sind.
149. Ob Tränen gesund seien?
Das kommt darauf an: die, welche aus Verzweiflung und/oder Wut vergossen werden eher weniger - die aus ergriffener Dankbarkeit dagegen umso mehr.
150. Welche Eigenschaften letztlich als die bedeutendsten einzustufen seien?
Hingabe & Demut – wobei was Hingabefähigkeit bedeutet, kann man am ehesten von liebenden Menschen lernen (zumindest von Einigen), und die Demut bringt einem am einfachsten ein kleiner Golfball bei.
Zwar gilt der Golfsport hierzulande als elitär, dies ist er aber nur in einer einzigen Hinsicht: nämlich darin, dass es ein Berufssport ist, in dem die Besten es zu Millioneneinnahmen bringen können. Es existieren zwar durchaus noch andere hochprofitable Sportarten – allerdings ist Golf von all diesen die einzige, die dabei problemlos ohne Schiedsrichter auskommt!
Ansonsten lehrt Golf Demut, weil es imstande ist, jedem Spieler ein wirklich tief greifendes Gefühl von Dankbarkeit und Glückseligkeit zu vermitteln. Und das nicht etwa, in jenen Momenten, in denen einem ein guter Abschlag gelungen ist, oder man die vorgegebene Schlagzahl einhalten konnte oder gar ein Turnierspiel gewinnen konnte. Nein, die Demut entsteht schon viel eher und ganz einfach: nämlich immer dann, wenn es einem gelungen ist, einen verschlagenen Ball nach längerer Suche doch noch wieder finden zu können und dabei es zugleich schaffte, all die anderen Belanglosigkeiten des übrigen Lebens darüber völlig vergessen zu können!
Demzufolge kommt kein anderer Sport dem Charakter des menschlichen Daseins näher als die ewige Auseinandersetzung mit diesem unscheinbaren kleinen Ball – lehrt sie doch, dass zum einen nicht unsere Mitmenschen die eigentlichen Gegner sind, sondern letztlich immer nur unsere eigene Unvollkommenheit. Und zum anderen, dass ein eleganter Schwung stets mehr Erfolg bringt als ein angestrengter Schlag!
151. Die vier wichtigsten Benimmregeln im menschlichen Alltagsverkehr?
Von unten aufsteigend wie folgt:
Immer lächeln.
So oft es geht „ Danke “ sagen.
Nur selten sagen, was man über andere wirklich denkt.
Niemals sagen, was man von sich selbst hält.
152. Welche Diätformen der wahren Natur des Menschen am ehesten entsprächen?
Ganz ohne Frage die Trennkost! Sobald Ihnen etwas nicht schmeckt, trennen Sie sich unverzüglich davon. Ansonsten erscheint noch die Mittelmeerdiät empfehlenswert: schwerer Rotwein & fetter Käse!
153. Ob Einzelkinder weniger gern Dinge mit anderen Menschen teilen möchten?
Keineswegs, sie tun es mindestens genauso gern –allerdings verfügen sie im Gegensatz zu vielen Geschwisterkindern über ein ausgeprägteres Differenzierungsvermögen dafür, mit wem sie überhaupt teilen mögen.
154. Welche Formen der menschlichen Stärke die beeindruckendsten seien?
All diejenigen, die es dabei nicht nötig haben, sich als solche in Szene zu setzen.
155. Ob man auch Erfolg haben könne, wenn man Schwächen zeigte?
Durchaus; und nicht nur das: mancher hat überhaupt erst dann Erfolg, wenn er Schwächen zeigt, die er in Wahrheit gar nicht hat.
156. Warum es so schwer fiele, sich zu entschuldigen?
Mehr als das, es ist zumindest für Sprachsensibele im Grunde völlig unmöglich – denn um Entschuldigung kann man nur bitten!
157. Ob die Erotik in der zweiten Lebenshälfte zwangsläufig nachließe?
Überhaupt nicht – sofern man nur bereit ist, den Ort des Geschehens vom Schlafzimmer hauptsächlich in die Küche zu verlagern und dann dort als Stimulus gegebenenfalls ein Kochbuch sowie auf jeden Fall einen Korkenzieher bereithält.
158. Ob man es immer so nehmen solle, wie es gerade komme?
Man muss es sogar; zumindest solange, wie man nicht bereit ist, als Alternative den jeweiligen Verzicht zu ertragen. Wer dazu jedoch in der Lage ist, der wird dann womöglich auch erkennen können, dass ein Scheitern des Idealismus keineswegs bereits gleichbedeutend ist mit der Legitimation der Realität.
159. Ob Agnostiker so etwas wie ein Fundament für ihr Leben vermissten?
Überhaupt nicht, beziehen sie doch Festigkeit und Ruhe noch am ehesten aus dem Wissen über die Unmöglichkeit von vollkommener Sicherheit oder endgültigen Wahrheiten. Denn schließlich gibt es ohne Frage mehr als 1000 gute Gründe, weshalb ein Mensch glauben kann – aber keinen einzigen, weshalb er es genau deswegen auch müsste!
160. Wie wichtig es sei, über Kompetenzen zu verfügen?
Das meiste im Leben – auch wenn man noch so viel Kompetenzsimulation betreibt – ist letztlich vor allem eine Sache der Nerven. Von daher kann man die Bedeutung alles Psychologischen, das heißt das Wissen um das allzu Menschliche, gar nicht hoch genug schätzen.
161. Weshalb echter Humor niemals albern oder lachhaft sei?
Gerade weil derart Vieles im Leben so schlecht, so schrecklich und so ungerecht sein kann, muss man dem selteneren Schönen eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Das Leben mit humoristischer Gelassenheit zu nehmen, obwohl es so viele Enttäuschungen parat hält, das ist die höchste Form von Lebenskunst und Kultiviertheit.
Die zwanghafte und oberflächliche Vergnügungssucht dagegen resultiert aus einem naiven und unkritischen Optimismus infolge von Einfältigkeit oder Verdrängung oder einer Mischung aus beidem.
162. Wie man die meteorologischen Unbilden am ehesten erträgt?
Eine der banalsten und zugleich hilfreichsten Einsichten für das gelungene Seelenheil besteht darin, sich nicht mit Dingen abzumühen, auf die man keinen Einfluss nehmen kann - Ärgern Sie sich daher weder über das Wetter noch über ihren Partner.
163. Ein kleiner Trost für Beziehungsgestörte?
Die Partner kommen, die Partner gehen – Hauptsache die Liebe bleibt.
164. Was vom Ritus des Fastens zu halten sei?
Das ist zunächst einmal sicherlich eine persönliche Entscheidung. Allerdings gibt es nicht Wenige, die da sagen, es wäre für die Gesundheit wesentlich zuträglicher, wenn man moderat aber kontinuierlich einigem von dem nachgeht, was insbesondere die römisch-katholischen Moraltheologen so gerne als Sünde einstuften.
165. Worin die Attraktivität des Buddhismus begründet sei?
Zum einen der fehlende Oktroi zur gnadenlosen und unerbetenen Nächstenliebe samt kühl kalkuliertem Altruismus, sowie darüber hinaus natürlich die Gelassenheit des heiteren Bauchträgertums. Und am allermeisten wohl die Einsicht, dass man zur Erleuchtung mitunter ein ganzes Leben benötigt.
Dass der Buddhismus deshalb für die Moderne auch quasi die kompatibelste Religion sei, erscheint dagegen nicht überzeugend. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil es schon längst eine Religion der Moderne gibt: das Wesen der Mülltrennung in Deutschland.
166. Ob Pflichterfüllung ein Garant für Erfolg sei?
Durchaus – allerdings nur für diejenigen Menschen, für die Liebe etwas ist, was man zu erledigen hat. Denn wirklichen Erfolg hat man nur, wenn man etwas tut, was man auch liebt. Dementsprechend besteht der größte Erfolg stets darin, dasjenige Leben führen zu können, das man sich zuvor immer schon ersehnt hat.
167. Was von unterwürfigem Gehorsam zu halten sei?
Im Grunde rein gar nichts; verursacht er doch für die Seele eines freiheitsliebenden Menschen in erster Linie nur Schmerz und Schmutz – womöglich bezeichnet man ihn deshalb in einer anderen Sprache auch mit dem Wort Kotau?!
168. Was den Müßiggänger vom gewöhnlichen Faulpelz unterschiede?
Der Faulpelz tut nichts, weil ihn nichts interessiert. Der Müßiggänger hingegen tut sehr wohl etwas – aber nur, wenn es ihn auch interessiert.
169. Ob der Vorgang des Schreibens mit erotischer Liebe vergleichbar sei?
Nicht wenige der schreibenden Zunft bestätigen das nachdrücklich. Wobei der Präzision halber gesagt werden muss, dass der Genuss, den das Schreiben zu vermitteln vermag, vielleicht nicht immer ganz an gewisse erotische Fantasien heranreichen kann – in vielen Fällen jedoch den Genuss der erotischer Realitäten eindeutig übersteigt. Und das nicht nur im Hinblick auf die Zeitdauer des jeweiligen Genusses.
170. Ob man mit dem Positiven Denken zurückhaltend umgehen solle?
Ganz im Gegenteil – sobald es Ihnen gelungen ist, das Negative des Lebens zu erkennen und vor allem auch zu akzeptieren, und daran anschließend Dieses angemessen und einigermaßen erfolgreich integriert haben, ja dann können Sie ohne Umschweife damit beginnen.
171. Was vom Pfadfindermotto der täglichen guten Tat zu halten sei?
Eine mehr als großartige Lebenseinstellung. Und sei es nur, indem man möglichst viele der Tag für Tag in Erwägung gezogenen bösen Taten letztlich doch unterlässt.
172. Ob die Letzten wirklich die Ersten sein werden?
Keine Ahnung, allerdings scheint mir eher, dass die Netten in vielen Fällen die Letzten sind.
173. Ob Ehen aus unterschiedlichen Kulturkreisen funktionieren könnten?
Grundsätzlich schon – hingegen völlig aussichtslos sind nur zwei Arten von Verbindungen:
1 wenn die beiden Partner sehr unterschiedliche Formen des Humors bevorzugen, oder
2 wenn nur einer der beiden Frühaufsteher ist.
174. Ob Humor bei einem Mann wirklich wichtiger sei als Schönheit?
Nun ja, zumindest hat die Gabe des Humors den praktischen Vorteil, dass sie mit zunehmendem Alter nicht unweigerlich schwinden muss.
175. Ob Himmel und Hölle wirklich so dicht beieinander lägen?
Natürlich – und am stärksten tun sie das beim Vergleich von Liebespaaren mit gemeinsamen oder getrennten Wohnungen.
176. Ob man auch ohne Geld ein Mann von Format sein könne?
Völlig ausgeschlossen! Zum Trost sei allerdings gesagt, es müssen nicht unbedingt 50.000 oder noch mehr Euro für ein Auto sein, die man haben sollte. Manchmal reichen auch schon wenige Euro für ein Maniküre Etui, das man für alle Fälle stets mit sich führt (und bei Bedarf vor allem auch benutzt).
177. Ob die Idee der Nächstenliebe naiv sei?
Keinesfalls, es täte ihr nur gut, bzw. besser, wenn sie ein wenig realitätsbezogener modifiziert würde, zum Beispiel so: Liebe die Wahrheit wie dich selbst – und liebe die Höflichkeit wie deinen Nächsten!
178. Weshalb die Eifersucht Ausdruck mangelnden Einsichtsvermögens sei?
Weil der Eifersüchtige offenbar nicht in der Lage ist, Anlass von Ursache zu unterscheiden. Es sei denn, er ist der befremdlichen Ansicht, der eigene Partner/Partnerin nicht in der Lage ist, selber zu entscheiden, was er tun (oder lassen) möchte.
179. Was an der stillen Genugtuung so tröstlich sei?
Dass es scheinbar nur eine einzige Möglichkeit gibt, einen Dilettanten von seinem Irrtum zu überzeugen: indem man ihn nämlich schlicht gewähren lässt.
180. Weshalb so viele Menschen ein eher ambivalentes Verhältnis zur Wahrheit hätten?
Nun, weil die Wahrheit zwar von allen Kostbarkeiten des Lebens eine der größten ist; aber zugleich auch diejenige mit der oftmals geringsten Rendite.
181. Was man dem körperlichen Abbau im Alter entgegnen könne?
Im Prinzip gar nichts, allenfalls kann er etwas verlangsamt werden. Allerdings kann man ihn wunderbar kompensieren – durch das Erblühen lassen der eigenen Seele. Denn während der Körper spätestens nach Ablauf der ersten beiden Lebensjahrzehnte sein Wachstum ein für alle Mal einstellt, tut die Seele dies gerade nicht, sie vermag ein Leben lang zu wachsen – es sei denn, dass der zu ihr gehörende Mensch aus Gründen der Angst es ihr bedauerlicherweise nicht gestattet.
182. Wieso das menschliche Bewusstsein eine demokratische Einrichtung sei?
Weil in ihm die Vernunft ein großes Maß an Respekt genießt; aber die Gefühle die weitaus größere Popularität.
183. Wie eine Welt ohne Moralisierer aussehe könne?
Nun, möglicherweise gäbe es mehr Verbrechen – aber in jedem Fall wären wesentlich weniger Heucheleien und Selbstbetrug in so einer Welt anzutreffen.
184. Das oberste Gebot der Vorsicht im menschlichen Miteinander?
Üben Sie so oft es geht vor allem Nachsicht!
185. Der Wortbruch mit den verheerendsten Auswirkungen?
Zweifelsohne der Bruch eines Wortes, das man sich selbst gegenüber gegeben hatte.
186. Die mächtigste Macht?
Angstfrei zu sein vor allen anderen Mächten – weil man unabhängig von ihnen ist.
187. Warum viele Männer lieber ein Held als ein guter Gatte wären?
Weil es zum Heldenstatus in den meisten Fällen lediglich einer einzigen außergewöhnlichen Tat bedarf. Für den guten Gatten braucht es dagegen oftmals ein ganzes Leben voll gewöhnlicher Taten.
188. Die sicherste Methode für eine wirklich gelungene Überraschung?
Uneigennützige Güte im zwischenmenschlichen Alltagsverkehr.
189. Warum wirklich niemand perfekt sein könne?
Weil selbst für den Fall, dass es einen Menschen gäbe, der über alle erdenklichen edlen Vorzüge verfügen würde, ihm fehlten immer noch die unverzichtbaren Laster, die das geglückte Leben erst abrunden. Die wichtigste Voraussetzung zur Erlangung persönlichen Perfektion ist und bleibt die Einsicht in die unvermeidliche eigene Unvollkommenheit. Von daher durchaus ein Ja zum Perfektionismus – allerdings nur zu einem durchschnittlichen!
190. Ein alltagstaugliches Indiz für aufrichtiges Handeln?
Wenn jemand ganz unbefangen etwas tut, was im Widerspruch zu dem steht, was er zuvor einmal gesagt hat.
191. Wer der sorgloseste Mensch sei?
Derjenige, der sich seine Sorgen selbst wählen kann.
192. Ob man Menschen immer nehmen solle wie sie nun mal seien?
In den meisten Fällen schon; es gibt allerdings gelegentlich auch Situationen, in denen es vorteilhafter sein kann, die Menschen vor allem so zu nehmen, wie sie gern wären.
193. Ob -und wenn ja, wo- es einen Geschlechterunterschied bei der Eitelkeit gäbe?
Allerdings: eine eitle Frau schaut wo sie kann in jeden Spiegel, der ihr begegnet – demgegenüber ist ein eitler Mann felsenfest davon überzeugt, gerade so etwas nicht im Geringsten überhaupt nötig zu haben.
194. Ob das Glück eher ein Geschenk oder aber eine Kunst sei?
Je nachdem; das Glück zu zweit ist eine gleichermaßen aufwändige wie mühevolle Kunst. Das Glück ein Solitär sein zu können, ist hingegen eines der kostbarsten Geschenke überhaupt: ist es doch die einzige Existenzform, in der man nach seinem höchst eigenen Geschmack leben kann und zugleich niemanden beschränken muss.
195. Ob man zum eigenen Glück vor allem seine Grenzen kennen sollte?
Nicht nur das, darüber hinaus ist man in den meisten Fällen auch noch gezwungen, diese Grenzen auch noch lieben zu lernen
196. Wie viel Romantik mit Pragmatismus zu tun habe?
In etwa ähnlich viel wie Verliebtheit mit Liebe. Beide beruhen schließlich auf einer Mixtur von Gefühl und Verantwortung, allerdings mit jeweils unterschiedlichem Schwerpunkt.
197. Warum Toleranz seit je her schwer fiele?
Weil die Geisteshaltung der Toleranz neben vielen anderen Eigenschaften auf unverzichtbare Weise geknüpft ist an eine genügend große Selbstachtung desjenigen, der die Toleranz ausüben will. Denn die Toleranz ist leider nicht von Natur aus dem Menschen angeboren, glücklicherweise aber immerhin erlernbar. Und wie es sich mit allem Erlernbaren verhält: es ist für jeden anstrengend und zugleich bleibt es für einige letztlich doch unerreichbar.
198. Die effektivste Immunisierung gegen Beleidigungen durch Andere?
Sich zuvor so viele wie möglich der unliebsamen Wahrheiten über die eigene Person bereits selber eingestanden zu haben.
199. Ob es mögliche Indizien für wahre Liebe gäbe?
Wenn einer glaubhaft um Entschuldigung bittet - obwohl er weiß, dass er eigentlich im Recht gewesen ist.
Und vermutlich auch: wenn man(n) spürt, dass die körperliche Treue endlich leicht fällt.
200. Warum die Frauen Komplimente so sehr schätzten?
Weil die Komplimente, egal wie sie auch ausfallen mögen, in jedem Fall unvermeidlich etwas über die Ambitionen ihres Verfassers verraten.
201. Weshalb Bescheidenheit im Grunde eine Form der Kunst sei?
Weil die Kunst ganz schlicht darin besteht, den Abstand zwischen dem, wie viel man von sich selber hält, und dem, wie wenig andere von einem halten, nicht übermäßig groß werden zu lassen.
202. Warum im Zweifel der Humor wichtiger sei als die Intelligenz ?
Weil die Intelligenz zwar diejenige Gabe ist, mit der man den Ernst des Lebens erfassen kann. Jedoch ist der Humor die einzige Gabe, mit der man diesen Ernst auf Dauer auch ertragen kann.
203. Warum die Reue im Kern eine paradoxe Geisteshaltung verkörpere?
Weil man mit ihr moralisch integer bleiben kann ohne dabei irgendetwas versäumen zu müssen.
Analog dazu erklärt sich die unausrottbare Beliebtheit des moralischen Zeigefingers: ähnelt er doch durchaus der propagierten moralischen Handlung, vollzieht sich dabei aber mit deutlich weniger Anstrengung.
204. Was man über die geistigen Getränken wissen müsse?
Wenn das Bier eine flüssige Form von Brot verkörpert, dann ist der Wein ohne jeden Zweifel die flüssige Variante des Kusses.
205. Ob es nicht doch von Bedeutung sein könne, was Außenstehende von einem denken?
Keinesfalls; warum auch – aller spätestens bei der Grabrede wird alles Unvorteilhafte mit ziemlicher Sicherheit ins Gegenteil gewendet.
206. Was Patriotismus mit Altenheimen verbinde?
Wenn erwachsene Menschen ihre betagten Eltern genauso lieben würden wie einige von ihnen das sog. Vaterland, dann könnten sowohl das Elend in den Altenheimen als auch die Reserviertheit gegenüber dem Nationalstolz erheblich geringer sein.
207. Ob privater Waffenbesitz eingeschränkt werden solle?
Ganz im Gegenteil, er sollte zur Pflicht für jeden werden. Zulässig wären allerdings nur zwei Waffenarten:
Scharfsinn – das Schwert der Denkenden, sowie
Humor – das Florett der Glücklichen.
208. Ob es dauerhaftes Glück überhaupt geben könne?
Um Himmels Willen, was für eine absonderliche Vorstellung! Ist es doch die epidemische Sucht nach permanentem Glück, die der häufigste Grund dafür ist, dass es so wenigen Menschen gelingt, Zufriedenheit zu erlangen. Denn eine der ersten notwendigen Voraussetzungen zum glücklich sein ist die Erkenntnis, dass man weder ständig glücklich sein kann noch überhaupt ständig glücklich sein muss. Womit erkennbar wird, dass auch das viel gerühmte Glück im Kern entweder einen paradoxen Charakter hat – oder aber doch nur eine banale Erfindung der US-Amerikaner ist.
209. An welchen Indizien die praktische Lebensklugheit erkennbar sei?
Nun, am ehesten wohl bei der Auswahl des Berufes, dem Umgang mit Geld und darüber hinaus ob, beziehungsweise welchen Partner man sich ausgesucht hat.
210. Welche Form der Ungleichverteilung die hartnäckigste zu sein schiene?
Mit den Interessen und dem Wissen verhält es sich ähnlich wie mit den Bekannten: man hat reichlich davon.
Mit den Überzeugungen und dem Vertrauen ist es dagegen eher wie mit den wahren Freunden: sie sind rar gesät im Leben.
211. Ob der Leidenschaft oder der Gelassenheit der Vorzug zu geben sei?
Eine gleichermaßen beliebte wie zugleich etwas unglückselige Fragestellung. Daher nur so viel: hinter allen Erfolgen verbirgt sich Leidenschaft. Aber hinter dem Glück steht immer auch Gelassenheit.
212. Weshalb die sprachliche Präzision so wichtig sei?
Weil sie womöglich zu etwas mehr Seelenfrieden führen könnte, wenn beispielsweise viel weniger Leute sich für außergewöhnlich hielten – und zugleich viel mehr Menschen sich endlich zubilligten, einfach etwas ungewöhnlich zu sein.
213. Was von den sog. sozialen Medien zu halten sei?
Solange die Telekommunikation in all ihren Erscheinungsformen (vom alt hergebrachten handschriftlichen Brief bis hin zum modernsten Mobiltelefon bzw. smartphone) eine nützliche Hilfs- und Ergänzungsfunktion des zwischenmenschlichen Austausches übernimmt, stellt sie eine der wichtigsten Begleiter des menschlichen Fortschritts dar.
Wenn sie jedoch die ursprüngliche und eigentliche Form der menschlichen Kommunikation ersetzen wird, wäre das mehr als bedauerlich – es sei denn, man hält ein sog. Emoji bereits für ein echtes menschliches Gefühl.
214. Wieso die Suche nach der perfekten Liebe zwar aussichtslos, aber notwendig sei?
Weil überall dort, wo auch nur die bescheidenste Form von Liebe anzutreffen ist, jede der vielen Formen von Trübsinn oder gar Hass automatisch weniger Chancen besitzen.
Ansonsten scheint für eine halbwegs geglückte Liebe vor allem zweierlei unerlässlich: zum einen sämtliche Gefühle (auch und besonders die nicht ganz so schönen), die im Laufe der Beziehung entstehen, angemessen zu beachten – aber zugleich ein einziges Gefühl unter keinen Umständen entstehen zu lassen: das von Abhängigkeit.
Und darüber hinaus für eine geglückte Liebe immer nur von Tag zu Tag durchhalten zu wollen – von diesem Prinzip aber unter keinen Umständen jemals ab zu rücken.
215. Weshalb Vergebung letztlich so wichtig sei?
Weil sie zwar nicht in jedem Fall unbedingt der Gerechtigkeit genüge tut – aber in den meisten Fällen der Gesundheit des Vergebenden zuträglicher ist.