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Was in Band 1 geschah …

Operation Terra 2.0 Menschheit im Exil

Die Evolutionsgeschichte des Menschen nahm einst auf dem Mars ihren Anfang, als dort die ersten Keime des Lebens durch einen Asteroideneinschlag angelangten und gediehen.

Über Jahrmillionen hinweg entwickelten sich aus diesen Einzellern hochintelligente, widerstandsfähige Hominiden, die ihre Welt zunehmend technisierten und damit allmählich den Respekt vor den Kräften der Natur verloren. Es handelte sich um einen schleichenden Prozess, in welchem sich die Menschen ihre Lebensgrundlage durch leichtsinnige Zerstörung der Umwelt nach und nach selbst entzogen.

Der ganze Planet geriet zunehmend zur lebensfeindlichen Zone, doch als man die Zusammenhänge endlich wahrhaben musste, war es längst zu spät. Die schützende Atmosphäre entwich in einem sich exponentiell beschleunigenden Prozess ins Weltall hinaus. Immer dünnere Luft erschwerte das Atmen und tödliche Krankheiten rafften Milliarden von Marsianern dahin. Die einstige Krone der Schöpfung musste hilflos mitansehen, wie widerstandsfähigere Spezies kampflos die Oberherrschaft über den Mars übernahmen.

Eines schicksalsträchtigen Tages machte die lebensbedrohliche Strahlung, die nun nahezu ungefiltert durch die marode Schutzhülle des Planeten dringen konnte, eine Existenz an der Oberfläche schließlich völlig unmöglich. Ein Häuflein Überlebender flüchtete sich in die weit verzweigten Lavaröhren jenes riesigen Schichtvulkans, welchen die irdischen Astronomen heutzutage Olympus Mons nennen.

Buchstäblich in letzter Sekunde vor einem drohenden Vulkanausbruch gelingt es einer relativ kleinen Anzahl von Menschen, ihrer sterbenden Welt zu entkommen. Zwei Raumschiffe brechen hastig auf, um anderswo den Grundstein für neue Zivilisationen zu legen.

Eines davon reist zum Nachbarplaneten Erde, welcher von den einstigen Marsianern »Terra« genannt wird. Die hoch entwickelten Neuankömmlinge verdrängen innerhalb kürzester Zeit die dort vorgefundenen Neandertaler-Hominiden. Sie verbreiten sich und ihre Lebensart in rasender Geschwindigkeit über den gesamten Planeten, dabei kommt es allerdings gelegentlich zur Vermischung der beiden Menschengattungen.

Das technisch modernere Generationenraumschiff fliegt mit zehnfacher Lichtgeschwindigkeit ins Sternbild Cygnus, das ca. 2.700 Lichtjahre vom Mars und seinem Sonnensystem entfernt liegt. Dort wartet ein erdähnlicher Planet auf Besiedlung, der nach seiner Entdeckerin Tiberia getauft wird.

Während auf Terra ein aggressives Revierund Verdrängungsverhalten zu ständigen Konflikten führt, entwickelt sich auf Tiberia dank des Fehlens konkurrierender Primaten und eines milden Klimas eine geradezu paradiesische Hochkultur. Es entsteht unter diesen günstigen Bedingungen neben einer ausgeklügelten Infrastruktur eine zwar ziemlich restriktive, aber gleichwohl stabile und hochfunktionale Gesellschaftsund Staatsform, die über viele Jahrtausende hinweg nahezu unverändert Bestand hat.

Voller Abscheu beobachten die Tiberianer, was auf Terra an ständigen Gewalttätigkeiten, bodenloser Ungerechtigkeit und sinnlosem Streben nach materiellen Gütern vor sich geht. Stellenweise sieht man sich genötigt, höchstpersönlich in den Verlauf der Geschichte einzugreifen, um das Schlimmste für die dort lebenden Menschen zu verhindern. Schließlich handelt es sich um marsianische Brüder und Schwester, die einst denselben Wurzeln entsprungen sind!

Was stets gut gemeint gewesen war, zeitigte leider oft unbeabsichtigte Nebenwirkungen: die Sache mit Moses zum Beispiel, der bei den Bewohnern Terras bloß zehn einfache Regeln für das friedliche Zusammenleben implementieren wollte.

Oder schlimmer noch: der gründlich misslungene Versuch, als am Modellbeispiel von Atlantis demonstriert werden sollte, wie eine intellektuelle Hochkultur entstehen kann, damit diese ihren Einwohnern anschließend ein relativ sorgenfreies Leben ermöglicht. Die Terraner schafften es zum Entsetzen der bald als »Götter« angesehenen Außerirdischen, jeden noch so ehrgeizigen Plan in Rekordzeit zu pervertieren und ins glatte Gegenteil zu verkehren.

Im Grunde hätten die Tiberianer nach dieser bitteren Erkenntnis einfach ihre halbherzigen Versuche einstellen und die Terraner guten Gewissens sich selbst und ihrem unausweichlichen Schicksal überlassen können. Wenn … ja, wenn da nicht zwischenzeitlich diverse Probleme auf dem eigenen Planeten aufgekeimt wären … !

Sobald Menschen auf zu engem Raum zusammenleben müssen und dadurch die Ressourcen knapp werden, sind Konflikte vorprogrammiert. Diese universelle Regel gilt sogar für die bestens strukturierte und kontrollierte Kultur auf Tiberia. Zunächst versucht man, die wachsende Unzufriedenheit in den Griff zu bekommen und verharmlost die sichtbaren Auswirkungen. Doch die gefährliche Spirale aus Ungehorsam, Aggression und stetiger Abnahme des Einsatzwillens in der Bevölkerung dreht sich immer schneller, droht eines Tages in zerstörerische Anarchie zu münden. Es kriselt und bröckelt an allen Ecken und Enden.

Die Obrigkeit ist gezwungen zu handeln, sofern sie die Kontrolle nicht verlieren will. Die Unruhestifter sollen Tiberia verlassen und nach Terra deportiert werden, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Das Problem dabei ist nur, dass man niemandem zumuten könnte, zwischen diesen emotional entarteten Hominiden zu siedeln … schon gar nicht freiwillig!

So entsteht nach endlosen Beratungen zwischen den Vordersten sämtlicher Sektionen und der Regentenfamilie Tiberias ein wahnwitziger Plan:

Noch ein allerletztes Mal soll auf Terra im richtigen Moment in die Geschichte eingegriffen werden, und das mittels einer sorgfältig durchdachten Zeitreise! Wenn der Hauptgrund für irdische Kriege schon in der latenten Aggressionsbereitschaft der dort lebenden Individuen sowie einer unterschiedlichen, meistens religionsoder kulturbedingten Weltanschauung zu sehen sind – bitte, dann muss man eben genau dort den Hebel zur Regulierung ansetzen!

Aufgrund des immensen Erfolgsdrucks setzen die Vordersten alles daran, die Operation Terra 2.0 getaufte Mission sorgfältig zu planen und deren handverlesene Teilnehmer intensiv auf ihre schwierige Aufgabe vorzubereiten. Zumindest in der Theorie scheint die Wahrscheinlichkeit hinreichend groß zu sein, dass der gewünschte Umdenkprozess auf Terra endlich in die Wege geleitet werden kann.

Der bedauernswerte Protagonist für die Mission ist schnell gefunden: Es handelt sich um einen Wissenschaftler namens Solaras. Dieser Mann, der in genetischer und charakterlicher Hinsicht über die passenden Eigenschaften verfügt, wird mittels fieser Erpressung durch seine Vorderste Alanna rekrutiert. Er hat nämlich gegen eherne Regeln der Gemeinschaft verstoßen und überdies nach einer Verkettung höchst unglücklicher Umstände eine junge Frau auf dem Gewissen. Wenn er sein eigenes Leben retten will, bleibt ihm nur die Entscheidung zur Teilnahme an der Mission – er hat keine wirklich freie Wahl und ist darüber natürlich alles andere als erfreut.

Noch bevor die Menschheit auf Terra ihre industrielle Revolution erlebt und vollends dem rücksichtslosen Kapitalismus erliegt, wird sie sich mit seiner Hilfe hoffentlich an eine sanftmütige, friedliche Form des Zusammenlebens gewöhnen. Solaras soll zu diesem Zweck eigens eine neue Denkweise ins Leben rufen, die hehre Werte wie Respekt vor dem Leben, Duldsamkeit, Liebe und Mitgefühl favorisiert, um die terrestrische Weltgeschichte nachhaltig zu verändern.

Dazu muss er allerdings zunächst wie ein ganz gewöhnlicher Junge in Judäa aufwachsen, damit er vorbehaltlos von seiner Umwelt akzeptiert wird. Man versetzt den jungen Erwachsenen mithilfe modernster Technik in ein vorgeburtliches Entwicklungsstadium zurück und gedenkt dieses tiberianische Ungeborene in den Unterleib einer einheimischen Terranerin einzusetzen, die unter dem schönen Namen Maria bekannt ist…

Um sicherzustellen, dass Solaras zuverlässig den vorgesehenen Weg einschlägt und am Ende selbstlos Frieden stiftet, stellt man ihm ein spezialisiertes Einsatzteam zur Seite. Dieses soll unbemerkt aus einem felsigen Wüstenabschnitt heraus unterstützend mitwirken und im Notfall sofort eingreifen können.

Als Vermittlerin zwischen diesen tiberianischen Helfern und dem völlig ahnungslosen, über seine wahre Identität nicht informierten Solaras wird eine sorgfältig ausgewählte Dozentin aus der Sektion Ideologie eingesetzt, die in ihrer tiberianischen Heimat Kalmes genannt wird.

Die junge Frau reist der ersten Abordnung mit einem zweiten Raumschiff hinterher und wird den Zeittunnel zu einem späteren Zeitpunkt verlassen, nämlich dann, wenn Solaras auf Terra bereits ein Alter von 18 terrestrischen Jahren erreicht hat. Beide Missionare erhalten für die Dauer der Operation Terra 2.0 gängige irdische Namen aus der Region zugeteilt.

Jesus und Maria Magdalena sollen sich anfreunden und baldmöglichst gemeinsam auf revolutionären Pfaden wandeln – doch sie haben die Rechnung leider ohne den freien Willen der Terraner und Alannas nicht immer ganz ehrenwerte Absichten gemacht …

***

Liebe Leser,

im Anhang finden Sie ein Glossar, das auch eine Kurzanleitung für das verwendete KIN-Zeitsystem enthält. Wissenswertes über den Planeten Tiberia ist in Band 1 – Menschheit im Exil beschrieben. Jetzt wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung beim Weiterlesen!

Ihre Autorin Andrea Ross

Operation Terra 2.0

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