Читать книгу Ich, der Pleitegeier - Andreas Thielhorn - Страница 6

Оглавление

Grundschule Redder

An meine ersten Jahre in der Schule Redder habe ich nicht viele Erinnerungen. Mit Hans auf das Turnhallendach geklettert und Bälle gesammelt, mit Arne von der obersten Stange des Klettergerüstes gesprungen, (das waren immerhin 3 Meter!) von Jan-Ullrich eins auf die Klappe gekriegt und das erste Stück Schneidezahn eingebüßt. Das waren dann auch schon die Highlights. Da war auf der Gesamtschule schon deutlich mehr los… Doch Letztendlich war alles nur Nervkram. Das echte Leben fand jenseits des Unterrichtes statt…

Sylvester

Einer der wichtigsten Tage im Jahr war für uns immer Sylvester. Mit uns meine ich hauptsächlich Jörg und mich. Auch er wohnte im Apfelstieg in demselben Reihenhaus wie ich, nur drei Eingänge weiter und Zeitweise waren wir wirklich unzertrennlich.

Weihnachten war nett, aber Sylvester war viel aufregender, denn da durften wir böllern! Bereits im zarten Alter von 7 Jahren fieberten wir diesem Tag entgegen, wie keinem anderen. Was wir an Feuerwerk hatten, hielt sich anfangs noch sehr in Grenzen. Damals war mein Vater noch ganz aufgeregt, als er den Bienenkorb auf den Pfeiler gestellt hat. Jetzt noch anzünden und schnell weg – Bumm! „Man war das ein Knall!“ sagte er, „dann können wir jetzt ja wieder rein gehen.“ Dass war aber so gar nicht im Sinne seines Sohnes. Denn ich wollte deutlich mehr, und so lautete die Devise: Tägliches Nerven sichert totalen Erfolg.

Nach Weihnachten kamen die ersten Werbungen für das Sylvester Feuerwerk in die Zeitungen. Diese wurden auch immer systematisch danach abgesucht und gesammelt. Dadurch das von den Eltern aber immer nur so kleine Sortimente gekauft wurden, kam schnell der Wunsch nach einem ganzen „Schinken“ auf. Das war sozusagen ein ganzer Karton mit 320 Böllern. „Was willst du denn mit soooo vielen Böllern? Die reichen ja für mehrere Jahre“, hörte ich meinen Vater sagen. Doch tägliches nerven…. Es hat geklappt.

Jörg und ich waren spätestens ab 18 Uhr, offizieller Beginn der Böllererlaubnis, bei uns in der Gegend unterwegs. Wir mussten uns ganz schön zurückhalten, damit wir um Mitternacht noch etwas von unseren Böllern übrighatten. Also nächstes Jahr deutlich mehr kaufen… Das steigerte sich von Mal zu Mal. Ich kann mich an Jahre erinnern wo ich 4 Schinken hatte. Da aber einer komplett eingelagert werden musste, für die Späße im Jahr, war es am Ende gar nicht so viel. Dann wurden die Dinger auch immer billiger, so dass auch größere gekauft wurden. Während es zu Anfang immer nur die „Cracker“ waren, wurden jetzt auch D-Böller erschwinglich. Ein Schinken D-Böller lag zuletzt bei unter 10 Mark. Es waren zwar „nur“ 80 Stück drin, aber dafür ballerten die Dinger wie ein Kanonenschlag. Zumindest, wenn man die richtige Sorte hatte.

Jedes Jahr gab es andere Marken und jedes Jahr gab es gute, und welche die nur „fump“ machten. Hatte man die falschen gekauft, konnte man sich also das ganze Jahr darüber ärgern, denn neue gab ja erst wieder zu Sylvester. Daher musste unbedingt vorher getestet werden, von welcher Sorte man richtig viele kaufen wollte. Da das böllern vor Sylvester aber verboten war, und das auch von der Polizei kontrolliert wurde, mussten wir immer gut aufpassen und manchmal auch schnell laufen.

An Sylvester böllerten wir meistens bis morgens um zwei oder drei, solange einen die Eltern eben ließen. Nächsten Morgen ging es dann in aller Herrgottsfrühe los zum Blindgänger sammeln. Wir hatten oft Regen zu Sylvester und so gab es immer einiges zu finden. Das wurde dann fein säuberlich auf der Heizung zum Trocknen aufgereiht. Zumindest in der ersten Zeit. Später als ich mehrere Schinken eingelagert hatte, war das nicht mehr nötig.

Aus den aufbewahrten Böllern wurden dann tolle Effekte gezaubert. Außerdem brauchten wir viel Munition für unsere Ideen wie den „Runterfaller“ oder die Böllerrohre, die auch immer mehr in Mode kamen. Bei unseren Basteleien stand oft der Wunsch im Mittelpunkt, dass wir viele Böller nacheinander hochgehen lassen wollten, ohne dauernd neu anzünden zu müssen. Dabei entstand aber häufig der Effekt, dass der explodierende Böller die anderen ausgepustet hat. Da kamen wir auf die Idee des Runterfallers. Im Prinzip nur eine Wunderkerze deren leerer Draht zu einem Haken gebogen wurde um sie irgendwo anzuhängen. Auf die untere Spitze kam jetzt ein Stopper in Form von einem Stück dicker Pappe oder ähnlich. Jetzt wurden die Böller einer nach dem anderen von oben über den Draht geschoben, und auf der Wunderkerze aufgehängt. Die Lunten bestanden damals aus einer Schlinge, mit Schwarzpulver gefülltem, dünnen Papier. Das wurde jetzt solange wiederholt bis dort so 20 bis 30 Böller dranhingen. Jetzt musste das Gebilde nur noch so hoch angehängt werden, dass die Böller am besten im freien Fall explodierten, denn dann waren sie ja am lautesten.

Wir kletterten also auf einen Baukran. Leider kamen wir oben aber nicht weiter, weil der Führerstand abgeschlossen war. So hängten wir unsere Konstruktion eben direkt dort drunter. Jetzt noch die Wunderkerze anzünden und schnell wieder runter bevor uns die ersten Böller hinterherkamen. Es war ziemlich knapp, hat aber gepasst. Es ging los und jeder Böller der von der Wunderkerze angezündet wurde, hatte jetzt ja keinen Halt mehr und fiel herunter. Somit konnten sich die Böller nun nicht mehr gegenseitig aussprengen. Es hat funktioniert und war ein wahres Spektakel. Es hörte sich fast ein bisschen wie Sylvester an, so viele Dinger gingen einer nach dem anderen los. Das hatte sich wirklich gelohnt.

CB-Funk die Erste

Jörg hatte sich ein CB Handfunkgerät gekauft. Riesengroß mit megalanger Teleskopantenne und drei Kanälen die einzeln bequarzt wurden. Damit er jetzt auch mal mit jemandem funken konnte, hatte sich sein Vater auch so ein Gerät gekauft. Nach einer Woche Vater-Sohn Gesprächen, kam Jörg zu mir und schlug vor das ich doch das Gerät seinem Vater abkaufen könne, damit wir dann funken könnten. Gute Idee, so machen wir das. Es war toll so James Bond mäßig zu „telefonieren“. Nur leider fraßen die Dinger ganz schön Batterien, die damals noch recht teuer waren. Die Reichweite hielt sich sehr in Grenzen und die riesige Antenne war auch alles andere als praktisch. Dennoch liefen wir zu zweit nebeneinander durch die Gegend und unterhielten uns über die Funkgeräte.

Plötzlich bekamen wir mit, dass sich andere Funker auf dem Kanal über uns aufregten, weil wir sie angeblich störten. So etwas war für uns natürlich eine Steilvorlage. Ab jetzt hieß es nur noch: „Störsender eins an Störsender zwei: Störsender zwei kannst Du mich hören?“ „Hier Störsender zwei an Störsender eins: Ja ich kann dich hören. Kannst Du mich auch hören Störsender eins?“ … und immer so weiter und ohne Pause.

Es hat natürlich nicht lange gedauert bis wir den Zorn der anderen Stationen soweit angefacht hatten das plötzlich ein roter Golf GTI mit quietschenden Reifen neben uns hielt und Mr. Bodybuilding heraussprang. Schreiend und mit kreisender Faust drohte er uns: Wenn wir nicht sofort damit aufhören, würde er uns die Antennen von unseren Handfunkgeräten abbrechen. Damit hatten wir nicht gerechnet. Eingeschüchtert schalteten wir ab und legten die Funkgeräte erstmal auf Eis. Ab sofort hieß der Typ bei uns nur noch „Peiler“. Er wohnte über Thorsten im Birnenstieg und nannte sich damals „Globus Sasel“, wie wir später herausfanden.

Einige Zeit später hatte ich ein altes Funkgerät von Thorsten bekommen. Ich weiß nicht mehr was ich Ihm dafür gegeben habe, aber es war ein großes 40 Kanal AM Gerät und damit zu jener Zeit hochgradig illegal. 12 Kanäle waren erlaubt und auch nur 0,5 Watt Sendeleistung, wovon mein 40 Kanalgerät deutlich mehr hatte. Egal, das war jetzt nicht wichtig. Ich wollte ausprobieren mal mit einem richtigen Funkgerät, statt mit so einer „Handgurke“ zu funken.

Also habe ich das Ding an irgendeinen Eisenbahntravo angeschlossen, die alte Fernsehantenne in den Antennenanschluss reingepopelt und schon versucht Thorsten im Birnenstieg zu rufen. Das ging dann hin und wieder auch ganz gut, aber eben nur hin und wieder. Meine Technik, mit locker eingesteckten Kabeln, war halt zu desolat.

Über Thorsten habe ich dann Lars kennengelernt. „Zorro“ war sein Skip. Er wohnte im Buchenweg, ca. 500m Luftlinie von mir entfernt und auch er konnte mich mit meiner Fernsehantenne hören. Er kannte sich mit dem Funk kram schon deutlich besser aus als Thorsten und ich zusammen. Er hatte auch ein Stehwellenmessgerät und eine alte Mobilantenne, die er mir vermachte. Auch beim Einmessen und Anschließen hat er mir geholfen.

Meinen Eltern war das gar nicht so geheuer. Wer war der Typ? Wen lerne ich da sonst noch so kennen? Mit wem treibe ich mich so herum? Und so weiter… Außerdem hat das Gerät ganz schön Störungen im Fernsehen gemacht, eine Anmeldung, die man damals brauchte, hatte ich auch nicht und immer Angst vor dem „Gilb“, wie man die Funkmesswagen von der Post damals nannte. Zudem war die Reichweite immer noch sehr bescheiden. Außer Lars, Thorsten und noch einer anderen Station habe ich niemanden erreichen können. Insofern hatte sich das dann auch bald wieder erledigt.

Ich, der Pleitegeier

Подняться наверх