Читать книгу Daheim beim Bergdoktor am Wilden Kaiser - Band 2 - Angela Bardl - Страница 6
1 Was bleibt …
ОглавлениеIch sitze am Schreibtisch und überlege, ob ich dieses erste Kapitel noch einmal umschreibe, weil inzwischen schon wieder alles anders geworden ist – zum Glück. Wir haben jetzt Anfang Juli 2021, nächste Woche ist in Scheffau Fantag. Die Corona-Situation hat sich entspannt und der Fantag darf stattfinden, das ist sehr schön. Sicher wird er etwas anders sein, als wir es alle gewohnt sind, aber er wird toll werden. Alle Fans können sich gesund wiedersehen, das ist das Wichtigste.
Am Wilden Kaiser kommt die Sommersaison so richtig in Fahrt, und es ist schon schwierig, noch Unterkünfte zu finden. Auf den kleinen Dorfstraßen flanieren die Urlaubsgäste auf und ab, die Restaurants freuen sich über viele hungrige Urlauber, vor den Kassen der Bergbahnen bilden sich Warteschlangen, es ist wieder richtig viel los hier und mit etwas Glück läuft man auch den Schauspielern von „Der Bergdoktor“ über den Weg, denn es wird gerade fleißig die 15. Staffel gedreht.
Mit diesem zweiten Band bin ich leider noch nicht bis zum Fantag fertig, aber zum Bergfest im September präsentiere ich ihn euch.
An dem ersten Kapitel verändere ich nichts, lest es als eine Art Rückblick an die nicht so schöne Corona-Zeit, die wir alle erleben mussten.
Es ist Mitte März 2020. Die Sonne strahlt, und auf den Bergen herrscht ideales Wetter, um den Schnee noch einmal richtig zu genießen. Nächste Woche will ich noch einmal zum Skifahren am Wilden Kaiser sein, schon lange habe ich mich in mein Stammhotel „Zum Wilden Kaiser“ in Scheffau eingebucht und freue mich schon sehr darauf, bekannte Gesichter wiederzusehen. Doch daraus wird nichts. Plötzlich ist alles anders! Mein Hotel muss, wie alle anderen Beherbergungsstätten auch, schließen. Der Skibetrieb wird vorzeitig eingestellt. Alle Gäste, die sich am Wilden Kaiser aufhalten, müssen nach Hause fahren und kein Gast darf mehr kommen. Von einem Tag auf den anderen ist es sehr, sehr ruhig. „Corona“ macht die Straßen menschenleer.
Die Einheimischen müssen zu Hause bleiben und dürfen ihre Wohnungen nur verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist.
Gaststätten bleiben zu, Treffen mit Freunden dürfen nicht mehr stattfinden …
Alles, was die Verbreitung des neuartigen Corona-Virus begünstigen kann, muss unterbleiben.
Ich denke, das macht auch Sinn, obwohl ich mir gerade vorstelle, wie es wäre, jetzt im Liegestuhl vor der Jochstub’n Alm zu sitzen, den Blick in die herrliche Bergwelt rund um den Wilden Kaiser schweifen zu lassen und einen Absacker zu trinken, um dann mit der letzten Gondel zurück ins Tal zu fahren. Ein wunderschöner Tag würde zu Ende gehen. Es ist eine sehr schöne Vorstellung. Ich bin froh, dass diese Bilder in meinem Kopf sind und dass ich mich daran erinnern darf.
Infobüro Ellmau in Corona-Zeiten
Ich empfinde plötzlich eine ganz neue Dankbarkeit dem gegenüber, was ich erleben durfte. Bisher habe ich mich einfach darüber gefreut, ein paar Tage am Wilden Kaiser zu sein, im Winter den Schnee glitzern zu sehen und im Sommer erleben zu können, wie auf den Almwiesen ruhig die Kühe saftiges Gras fressen.
Blick auf den mit Schnee bedeckten Wilden Kaiser
Es war beeindruckend mitanzusehen, wenn Scharen von Menschen dienstags und freitags in Ellmau die Straße hinauf zur „Bergdoktorpraxis“ pilgerten. Ich fand es einfach toll zu erleben, wie gut gelaunte Menschen sich am Drehort „Bergdoktorpraxis“ darüber freuten, einen Blick hinein in die Räume von Filmarzt Martin Gruber werfen zu dürfen und sich dann als Erinnerung an ihren Besuch bei „Ihrem Doktor“ eine Tasse mit dem Aufdruck der „Bergdoktorfamilie“, ein Sackl, auf dem „Grubermilch“ geschrieben steht, Magnete oder besonders schöne Erinnerungskarten mitnahmen. Ich hatte viel Spaß daran, den Leuten mein Buch zu signieren und ihnen einen ganz persönlichen Widmungstext einzutragen. Sie plauderten aus ihrem Leben, berichteten darüber, wie gut es ihnen am Wilden Kaiser gefällt und wie sehr sie den „Bergdoktor“ lieben. Viele waren nicht zum ersten Mal da und hatten vor, noch oft wiederzukommen.
Mir wäre es nicht in den Sinn gekommen, dass es eine Zeit geben wird, wo solche Begegnungen nicht möglich sind. Jetzt ist die Zeit da. „Corona“ sorgt dafür, dass Einheimische ihr Söll, Scheffau, Ellmau und Going ganz für sich allein haben müssen. Lange ist es her und viele der heutigen Einwohner waren noch gar nicht auf der Welt, als der Tourismus am Wilden Kaiser noch in den Kinderschuhen steckte. Für sie ist es etwas ganz Neues zu erleben, dass keine Autos mit fremden Kennzeichen Parkplätze belegen und dass sie beim Einkaufen nur bekannte Gesichter sehen. Das Bild ihres Heimatortes ist plötzlich ein anderes, ungewohntes. Was bleibt, ist der Rahmen dieses Bildes: die Berge, die Wiesen, die Kühe, schön hergerichtete Häuser, Einkaufsmärkte, die Kirche. Vielen der Einheimischen wurde wahrscheinlich nie bewusst, wie austauschbar die Bilder innerhalb eines Rahmens sind, auch wenn sie zu Hause öfter einmal ein neues Bild in den Rahmen stecken. Jetzt ist in dem Bilderrahmen ihres Heimatortes ein neues Bild. Einigen gefällt dieses Bild überhaupt nicht, sie möchten es möglichst schnell wieder durch ein anderes, ihnen vertrauteres ersetzen. Sie möchten viele Menschen um sich herum, Trubel, Bergbahnen, die im Minutentakt fahren, Wirtschaften und Bars, in denen sie gut essen und trinken können. Sie möchten, dass Kinder sich auf Spielplätzen treffen können und Schüler kein Homelearning mehr machen müssen. Einige Menschen merken beim Anblick dieses neuen Bildes, dass es auch einmal schön sein kann, den Tag ruhiger, gelassener, ohne Hetze und im engsten Kreis ihrer Familie erleben zu dürfen. Sie erleben, wie sie auf eine innere Entdeckungsreise gehen, und merken, dass Entschleunigung auch guttut. Sie werden kreativer, entfalten Ideen, spielen, basteln und singen mit ihren Kindern und spüren ein ganz neues Zusammengehörigkeitsgefühl.
Straße in Ellmau in „Corona-Zeiten“ (Foto: Renate Hermann)
Zugesperrte Wirtschaft in „Corona-Zeiten“ (Foto: Renate Hermann)
Damals im März 2020 dachte wohl jeder von uns, dass diese Corona-Zeit schnell vorübergehen würde und wir alle bald zu unserem gewohnten Leben zurückkehren würden, doch dem ist nicht so. Jetzt, im März 2021, hat uns Corona noch immer fest im Griff und in Tirol herrscht Ausnahmezustand. Nachdem bekannt wurde, dass dort zahlreiche Mutationen der ursprünglichen Virusvariante aufgetreten sind, wurde es zum Mutationsgebiet erklärt, und mit der Ein- und Ausreise ist es sehr schwierig.
Am Wilden Kaiser bleiben die Straßen leer und die Einheimischen sind weiter unter sich. An einen Urlaub dort ist vorerst nicht zu denken. Das Bild im Bilderrahmen kann leider noch nicht ausgetauscht werden. Wir alle werden auf eine harte Geduldsprobe gestellt, aber wir sind stark und schaffen das. Gerade sind wir auch wieder mitten drin im Familiengeschehen der Grubers, die neuen Folgen unseres Bergdoktors laufen über die Bildschirme. Sie lassen uns für einen Moment Corona vergessen, und wir fühlen uns so, als würden wir dabei sein, wenn Martin seine Wohnung für sich und Anne ausbaut oder wenn Hans sich von seiner Susanne abwendet. Wir fiebern mit und überlegen uns, wie das wohl werden wird mit Martin, Anne, Franziska und dem noch ungeborenen Kind.
Ich erinnere mich gerade jetzt wieder an die erste Staffel von „Der Bergdoktor“. In Folge 4 dieser Staffel ging es darum, dass in Ellmau das Johannisfest vorbereitet wird. Dieses Fest ist ein Höhepunkt im Gemeindeleben und jährlich kommen viele Gäste. Ganz Ellmau und seine Besucher freuen sich schon darauf. Für Ellmau ist dieses Fest auch eine wichtige Einnahmequelle. Doch dann passiert etwas, womit niemand gerechnet hat: Ein Besucher erkrankt schwer. Er hat eine Virusinfektion, die sehr ansteckend ist. Dorfarzt Martin Gruber rät dazu, das Johannisfest abzusagen, weil er große Sorge vor weiteren Infektionen hat. Mit diesem Ratschlag bringt er ganz Ellmau gegen sich auf und seine Entscheidung wird bitter verworfen.
Als Sportanlage ist auch der Golfplatz gesperrt, nicht einmal das Spazierengehen ist gestattet. (Foto: Renate Hermann)
Als die Folge im Fernsehen ausgestrahlt wurde, verstanden viele Fernsehzuschauer nicht, dass ein Drehbuch mit derartigem Inhalt umgesetzt wird. Nur wenige konnten sich vorstellen, dass so eine Situation tatsächlich entstehen kann. Den meisten Menschen fällt es schwer, mit ungewohnten, schwierigen Situationen umzugehen.
Jetzt scheint auf den Inhalt dieser Folge in der ersten Staffel ein ganz anderes Licht. Das, was damals „geschauspielert“ wurde, ist nun Realität, und viele der skeptischen Fernsehzuschauer von damals haben heute verstanden, dass in einer außerordentlichen Situation Regeln und Maßnahmen notwendig und richtig sind, um die Gesundheit von Menschen nicht zu gefährden und um zu gewährleisten, dass auf den Intensivstationen der Krankenhäuser alles getan werden kann, um möglichst vielen Menschen dringend notwendige Hilfe zukommen zu lassen.
Hans Sigl wird sich sicher an die Szene von damals erinnern. Heute hat er allen Grund, auf „seine Filmentscheidungen“ von damals mit Zufriedenheit zurückzublicken. Sein „Let love rule“ erfährt jetzt noch einmal eine ganz neue Dimension.
Und wie steht es um die Fans vom Bergdoktor: um Maike, Angela, Sabine, Jennifer, Barbara, Andrea, Frank, Stefanie, Gaby, Rainer, Jasmina, Anton und alle anderen? Sie haben verstanden, dass es trotz aller Vorfreude und bereits gebuchter Unterkünfte und Tickets richtig und notwendig ist, dass die Bergdoktortreffen vorerst nicht stattfinden. Sie nutzen die Zeit zum Austausch in sozialen Medien, freuen sich über die tolle Umsetzung der Drehbuchgeschichten und lassen auch manchmal all ihren Frust ab über das Verhalten ihrer Filmhelden. Ganz besonders freuen sie sich über die vielen Grüße der Schauspieler. Sie alle verbindet die Hoffnung auf ein gesundes und fröhliches Wiedersehen am Wilden Kaiser, der mit und ohne Corona jeden Tag achtsam über die Menschen wacht und aufpasst, dass sie gesund bleiben.
Damit ihr die Möglichkeit habt, immer dann, wenn ihr Lust darauf habt, von zu Hause aus die Energie und Ruhe zu spüren, die vom Wilden Kaiser ausgehen, lade ich euch zu einer Meditation ein, die Hannes Wallner für euch geschrieben hat.
Hannes Wallner lebt in Ellmau und meditiert täglich. Aus eigener Erfahrung kennt er die kraftspendende Wirkung von Meditation. Als Seminarleiter hilft er Menschen beim Erlernen von Meditationstechniken und unterrichtet sie zum Beispiel in Lebensschule, Atemlehre, Heilfasten, Yoga und Vollwert-Trennkost. Die Meditation ist seinem Buch „Meine Lebenskraft“ entnommen, in dem noch viele weitere anregende Meditationsübungen für den Alltag zu finden sind. Fühlt euch ermutigt mitzumachen und lasst die folgenden Gedanken wirken.