Читать книгу Auf der alten Seidenstraße zum Hindukusch - Angelika Ludwig - Страница 5
ОглавлениеVorwort
Als ich diese Reise mit Bernd, meinem damaligen Lebenspartner, antrat, waren wir beide 27 Jahre alt. Wir fuhren am 1. Oktober 1971 los und wollten erst in einem Jahr wiederkommen. Diese Reise sollte uns über die Türkei, den Nahen Osten, Afghanistan, Pakistan und Indien nach Nepal führen. Sie entsprach ganz dem Zeitgefühl der damaligen jungen Generation. Wir waren nicht die Einzigen, die es in den Osten nach Indien zog. Nach der 68er Bewegung, die wir beide in Berlin mehr oder weniger miterlebt hatten, wollten wir erst einmal was von der Welt sehen, ehe wir mit der Berufstätigkeit begannen. Die orientalischen Reiche entlang der sogenannten Seidenstraße mit ihren alten Kulturen lockten uns gewaltig. Zwischen Studienende und Beginn der Berufstätigkeit wollten wir also erst einmal unseren Horizont erweitern, aber vor allem unsere Abenteuerlust befriedigen. Nicht von ungefähr zog es die Jugend in den Osten, wo sich durch Hinduismus und Buddhismus, durch Yoga und Meditation, aber auch durch bewusstseinsverändernde Drogen, wie Haschisch und Marihuana, eine ganz neue Lebensideologie auftat.
Wir hatten unser Studium abgeschlossen und gerade so viel gearbeitet, um die Kosten für ein Jahr, die wir auf etwa 5000 DM veranschlagten, zusammen zu sparen. Wir kauften also einen gebrauchten Mercedes Bus, den wir für unsere Zwecke ausbauen ließen und besorgten uns alle nötigen Visa für unsere Fahrt nach Indien. Damals stand uns noch der Landweg offen. Wir vermieteten unsere Wohnung in Berlin für die Zeit unserer Reise und fuhren am 1. Oktober 1971 voller Entdeckerfreude los. Ende August 1972 sollten wir wieder wohlbehalten zurückkommen.
Von Anfang an führten wir ein Tagebuch, das wir in regelmäßigen Abständen nach Hause schickten, damit unsere Lieben daheim auch an unserer Reise teilnehmen konnten. So sind die unmittelbaren Eindrücke von damals erhalten geblieben. Inzwischen sind 45 Jahre vergangen. Wir fuhren durch heute unpassierbare Länder wie Syrien, den Irak und Afghanistan, aber auch Persien und Pakistan sind für den Reisenden gefährlich geworden. Manche der Orte sind unwiderruflich zerstört, wie z.B. Aleppo, Basra oder Kabul. Wir konnten noch in Friedenszeiten umherreisen, mit den Menschen in Kontakt treten und die fremden Kulturen ohne Gefahr in uns aufnehmen.
Warum ich die alten Aufzeichnungen noch einmal bearbeiten und herausgeben möchte, ist der Wunsch, die Länder in einer friedlichen Zeit darzustellen, als man noch weit entfernt von kriegerischen Auseinandersetzungen war und damit den Menschen gerecht zu werden. Heute haben über 1 Million Menschen gerade aus diesen Ländern, aus Syrien, Irak, Afghanistan und Pakistan in Europa um politisches Asyl nachgesucht. Sie mussten vor Krieg und Terror fliehen und es ist noch kein Ende der bewaffneten Konflikte abzusehen.
Ich will keinen politischen Kommentar zur Lage im Nahen Osten schreiben, sondern möchte nur zeigen, wie wir das Leben dort erlebten und was sich in den 45 Jahren seit unserer Reise dort verändert hat. Damals war ein ganz normales Leben dort möglich, zumindest hofften die Menschen noch auf mehr Wohlstand und Freiheit und dachten nicht an Flucht. Warum soll es nicht in der Zukunft wieder möglich sein?