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2 Begabungen schlagen auf die Haare

Rubinas Begabung äußerste sich nach der Begegnung mit dem Sockenkobold eine Weile nicht auffällig, außer das sie anscheinend jeden Tag einen neuen unsichtbaren Freund erfand dessen Biographie erstaunliche Details aufwies, zumindest für ein Phantasieprodukt einer 6 jährigen. Die Schinkens saßen beim Frühstück, der wichtigsten Mahlzeit des Tages wie Mister Schinken immer wiederholte und sich dabei mit Rühreiern und Würstchen die in Ketchup schwammen vollstopfte. Er trug seinen blauen Arbeitsoverall und hatte die Ärmel seines Holzfällerhemdes hochgekrempelt. Er war Bauarbeiter und konnte es gar nicht abwarten, wenn Rubina bald etwas größer war und anfing mit ihm im Garten zu heimwerken. Er hatte ihr extra Werkzeug in kleiner Ausführung gekauft und eine Werkbank gebaut die sehr gut für Kinder geeignet war.

Er fragte: »Und hast du gut geschlafen Motte?« Er nannte Rubina immer Motte. Mister Schinken war ein sehr guter Vater und blätterte in den verschiedensten Erziehungsratgebern, obwohl da nichts Brauchbares drin stand. Wie zum Beispiel ob man einer Sechsjährigen erlaubt die Bandsäge alleine zu bedienen. Bei der Bohrmaschine hatte er wenig Skrupel doch die gewaltige Bandsäge, war anders vielleicht sollte er warten bis sie 7 oder 8 Jahre alt war.

Rubina sagte: »Ach bei Vulkan dem Gott der Schmiede wie denn? Brennus der Legat der zehnten Legion erzählte die ganze Nacht von seinem Rom. Er wohnte im sechsten Tribus auf der clivus Suburanus in einer Insula.«

»Insula?«, fragte Misses Schinken und dachte an Urlaub auf Ibiza.

»Ein Mietshaus, seins war 8 Stockwerke hoch und da lebten 400 Leute drin«, erklärte die Kleine.

»Tatsächlich ich dachte die Römer bauten nur Pyramiden?«, fragte Mister Schinken.

»Jedenfalls versteht Brennus gar nicht, wie aus einem Barbarenvolk wie den Briten mal was werden konnte. Und er denkt oft an die Spiele in Rom, heutzutage gibt es keine Gladiatoren mehr.«

»Die Spiele, Fußball?«, fragte ihre Mutter glücklich lächelnd. Was hatte sie doch für einen süßen, schlauen Fratz in die Welt gesetzt. Sie sah zum über seinen Teller gebeugten schlingenden Mann und sagte sich, erstaunlich die Vererbung wie manchmal Begabung eine komplette Generation ausließ.

Rubina nickte und nahm sich mit der rechten Hand Rührei aus der Pfanne. »Circus Flaminius da passten 250000 Leute rein, und Mama, wenn man die Eier in Garum kocht, sagt Brennus ...«

»Garum?«, fragte Mister Schinken.

Rubina nickte: »Garum das ist vergorener Fisch auf dem Schweinemarkt an Subura in Rom eine Delikatesse. Brennus sagt in Garum gekocht schmeckt alles besser. Wusstest du das früher Hühner teurer als Enten, waren, ein Huhn kostete 12 Denare eine Ente nur 10 Sesterzen. Huhn war nur was für reiche Leute.« Sie sah auf die Pfanne mit den Rühreiern auf der Tischmitte. »Sind wir reich, wie Lucullus? Hattest du mit Merkurs Hilfe Glück bei deinen Kriegen gegen die Barbaren?«

»Nein leider nein«, sagte ihr Vater.

»Und dieser Brennus sagt das?«, fragte Misses Schinken und sah zu ihrem Mann. »Seit wann bringen die im Kinderfernsehen was über die antike Küche?«

Mister Schinken zuckte mit den Schultern und nickte: »Liegt am Frühstück sage ich immer. Die kleinen Chinesen schreiben schon mit drei ihre eigenen Computerprogramme. Ich habe einen Vierjährigen aus Shanghai gesehen der spielt wie der kleine Mozart sein Klavier!«

Brennus der Legat, der 10 Legion, der vor 2000 Jahren umgekommen war, stand in der Küche und sah sich kopfschüttelnd das Frühstück an. Eine Speerspitze steckte in seinem Kopf und er trug eine Tunika und einen roten Militärumhang.

Er sagte: »Wieso trinkt dein Vater kein Essigwasser war er nie in der Legion? Jeder trinkt doch wenn er sich erfrischen will Essigwasser?«

Rubina schüttelte sich: »Pfui Essigwasser!«

Brennus erklärte eine Flasche Essig an seinem Mund: »Posca ist gut für die Legionäre, ein Becher Posca reinigt von innen! Also warum trinkt er nicht seinen Posca!«

Rubina sagte: »Bei uns gibt es keinen Posca er trinkt Kaffee und wir haben keine Legionäre wir haben Raketen.«

Brennus nickte er hatte die Atombomben in einen alten B Movie gesehen im Fernsehen gesehen und sich erschreckt. »Der zerstörerische Blitz des Jupiter, gestohlen dem obersten der Götter.«

Das Telefon klingelte und Mister Schinken ging an den Apparat. Der Mitarbeiter eines Londoner Krankenhaus rief an und sagte, das Mister Schinkens Vater George leider von uns gegangen sei. Mister Schinken fragte: »Wohin ist er denn?«

»Tot Papa! Dein Vater ist tot, sagt Brennus«, rief die kleine Rubina in den Flur. Kurze Zeit später kam Peter Schinken in die Küche und kratzte sich den Kopf, er sah von Rubina zu seiner Frau und sagte: »Stimmt, die vom Krankenhaus sagen das auch.«

*

Am 23 November machte sie die wenig nette Bekanntschaft mit dem verstorbenen Opa dem Handwerksmeister George Schinken, und zwar bei dessen Beerdigung. Es begann also mit einem Todesfall und mit einer Bestattung an einem Novembermorgen. George Schinken der rüstige 93 Jährige verstarb völlig überraschend nicht aufgrund seines hohen Alters, sondern, und das war das überraschende am Biss einer grünen hochgiftigen Baummamba. Statistisch gesehen liegt das Risiko im Hydepark an einen Novembermorgen von einer exotischen Giftschlange gebissen zu werden bei 1 zu 444 Milliarden aber Opa George Schinken hielt schon zu seinen Lebzeiten nichts von Statistiken und seinen Kindern.

Rubinas Vater kam ins Zimmer und betrachtete das glücklich spielende Mädchen nachdenklich und mit sorgenvollem Gesicht.

»Noch etwas Sherry Misses Armbruster?«, fragte Rubina eine Puppe und lachte gekünstelt hinter vorgehaltener Hand. Mister Schinken grinste von einem Ohr zum anderen. Er war im Begriff sich zu ihr an den kleinen gelben Plastiktisch zu setzen, auf dem sich Kindergeschirr befand und auf dem ihre Puppen und Teddybären einen Kreis bildeten und um den vier Stühle standen.

»Nicht da Papa da sitzt doch Kopf los Henry!«, erklärte Rubina, weil dort ein etwa 2 Meter großer kopfloser Soldat in einer roten Uniform saß der Henry hieß und seinen Totenschädel auf seinen langen Knien auf und ab wippte. Henry war nervös, er war nur ein einfacher Bauer gewesen und immer wenn ihn Rubina zum Kakao trinken rief fühlte er sich plump, das Kind hatte ihm aber schon eine Menge Benehmen beigebracht.

»Wer sitzt da?«, fragte Mister Schinken für einen Moment bildeten sich nachdenkliche Sorgenfalten in seiner Stirn.

»Der kopflose Henry ... Henry sagt du kannst dich hinsetzen darfst aber nichts von seinem Kakao nehmen.« Leiser sagte sie: »Er ist da etwas eigen, wenn ein anderer aus seiner Tasse trinkt.«

Ihr Vater warf einen Blick in die Plastiktasse in der eine mit Tinte und Gartenerde gewürzte zähe Flüssigkeit schwamm. Es war Kakao, wie ihn der kopflose Henry liebte, damals als er noch lebte, war Kakao nur für die ganz Reichen und schmeckte Bitter, die waren damals noch nicht auf die Idee gekommen Zucker hineinzutun.

»Rubina du bist doch schon ein großes Mädchen! Du weißt doch das dein Opa von einer Schlange gebissen wurde«, sagte ihr Vater.

»Der kopflose Henry ist größer, er ist größer als du!«, sagte Rubina.

»Sehr schön aber hör mir mal zu also dein Opa...«

»Sie haben ihn in den Kopf geschossen.«

Ihr Vater sah sie erschrocken an, »was?«, fragte er verduzt.

»Dem Henry ... mitten in Kopf ... stimmt doch kopflos?«, das Mädchen in den lila Latzhosen richtete ihre gesamte Aufmerksamkeit auf einen für ihren Vater leeren Kinderstuhl. Es wirkte fast so als rede das Kind tatsächlich mit jemand. Rubina drehte sich zu ihrem Vater und füllte ihm eine Plastiktasse mit Matsch.

»Er sagt das war beim Krieg mit Napoleon in der Schlacht von Waterloo er war ... Drago ...«, sie drehte das Gesicht zum leeren Stuhl. »Was warst du?« Sie drehte sich wieder zu ihrem Vater. »Er war ein Dragoner und dann peng mit der Kanone, deswegen kopflos! Ich sage ihm das kommt wegen seiner roten Uniform, das ist ja so als wollte der General, dass man seine Soldaten schon von weitem erkennt. So als würden die Jäger ihre Kaninchen in roter Farbe eintauchen um sie besser umbringen zu können.«

Rubinas Vater hielt sie für erstaunlich intelligent für sechs, auf eine sehr beängstigende Art und Weise allerdings. Er räusperte sich: »Du weißt doch sicher, was eine Beerdigung ist?« Ihr Vater versuchte sie möglichst schonend mit der Tatsache zu Konfrontieren, das der Tod am Ende steht, was Rubina aber schon zu detailgenau wusste. Was sollte er ihr erklären, sie stand anscheinend auf gutem Fuß mit dem Wissen darum auf die verschiedensten Arten umgebracht zu werden.

»Joseph haben sie nicht erschossen«, sagte sie und schenkte ein anderes kleines Tässchen voll. Mister Schinken war erleichtert, dass wenigstens ein unsichtbarer Freund seiner Tochter keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war. Was brachten die nur heutzutage im Fernsehen und vor allem wann sah sie denn die ganzen Actionfilme? Ihr Vater rieb sich die Augen, war die Tasse nicht eben noch voll gewesen?

»Ich hoffe Ihnen mundet es Mister Joseph«, sagte sie sehr höflich in die Luft und erklärte ihrem Vater lächelnd, »Mister John er war Sattelmacher in Warwickshire haben die puritanischen Hunde geköpft!«

Er fuhr auf: »Kind was um Himmels willen guckst du im Fernsehen?«

Sie erklärte es ihm. »Barnie der Bär baut ein Baumhaus und ich will auch ein Baumhaus.« Rubina musste kichern und sagte dann. »Er hat den Brunnen gar nicht vergiftet, sondern die alte Hexenvettel, die von der Farm sie betet zu dem Malerfritzen...«

»Malfitzen my Lady«, verbesserte sie Joseph. Er trug ein Samtwams und schöne Reitstiefel und sein Totenkopf lag auf der Tischplatte neben zwei Teddybären.

Rubina erklärte: »Sie ist eine Hexenvettel ein abscheulich garstig Weib und sie stiehlt Hostien aus der Kirche. Du Papa ich will ein Baumhaus eins wie Barnie der Bär hat. Du Papa ist Vettel so was wie ein Vetter und ich will auch Malerfritzen aus der Kirche klauen, darf ich das?«

Ihr Vater schüttelte den Kopf und mahnte streng: »Nein und jetzt hör sofort auf vom Tod zu erzählen, das ist nichts für kleine Kinder. Und jetzt zieh dich sofort um, wir müssen zur Beerdigung von dem alten Mistkerl!«

Im elterlichen Schlafzimmer stand Mister Schinken gedankenverloren vor dem Spiegel und band sich eine schwarze Krawatte mit sehr besorgtem Gesichtsausdruck. Seine Gattin saß auf dem Bett und bemalte sich mit Lippenstift ihren Mund.

»Du Liebling kannst du dich noch an diesen Irren in New York erinnern?«

Er erntete ein verständnisloses Starren.

»Der Kerl, der die acht Leute erschossen hat, weil es ihm ein schwarzer Pudel befahl.«

»Ja wieso?«

»Ach nichts ich mach mir nur Sorgen um unser Kind.«

Miss Exorzist

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