Читать книгу Endlich schwanger - Ann Brondhem - Страница 5
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ОглавлениеIn dem Sommer und Herbst nach Paris bestand unser Leben dann nur noch aus Liebe Liebe Liebe Liebe... Und aus ein klein wenig Arbeit natürlich, wir hatten ja beide unsere Jobs. Später kam dann noch Wohnungssuche als Teilzeitbeschäftigung hinzu.
Ich musste zu der Zeit wirklich viel arbeiten, als junge Assistentin bist du natürlich immer die erste, die kommt, und die letzte, die geht, klar. Plus Dienste, nachts und an den Wochenenden. Gegen Chris' Arbeitszeiten war das allerdings immer noch Gold. Seine Firma Network Solutions lief nämlich sehr gut, trotz Wirtschaftskrise. Er hatte immer wahnsinnig viel Arbeit, und er verdiente natürlich dementsprechend. Chris machte Systemberatung für Großanwender. Ich habe zwar nie wirklich begriffen, was das genau war, aber offenbar konnte man damit ein Heidengeld verdienen, jedenfalls war Chris reich wie ein Zauberer, fand ich. Und er hatte wirklich unglaublich Ahnung von Computern, sofern ich das beurteilen kann. Ich musste mir in der ganzen Zeit jedenfalls nie Gedanken machen, dass mein Rechner nicht funktioniert.
In den ersten Monaten war Network Solutions noch eine Ein-Mann-Firma gewesen, und Chris hatte von zuhause aus gearbeitet. Aber bereits im Frühjahr hatte er ein Büro angemietet, zwei große Räume in einem schicken Loft in der Schanze, und kurz darauf stellte er dann die erste Mitarbeiterin ein, die zuerst jeden Tag von 11 bis 15 Uhr hauptsächlich Telefondienst machte, Clarissa.
Clarissa war eine junge Bürokauffrau, eine waschechte Sizilianerin aus Bayern, 22 Jahre alt, die schon nach wenigen Monaten in Vollzeit den ganzen Laden schmiss. Clarissa war ein echter Glückstreffer. Sie war intelligent, schnell, kompetent. Außerdem sprach sie Deutsch, Italienisch und recht gut Englisch.
"Bayrisch und Sizilianisch kann ich natürlich auch. Nur koa Französisch net."
Zudem sah sie wirklich phantastisch aus. Sie war zwar eher ein kleiner Mensch, aber sie hatte einen sehr wohlproportionierten Körper, einen schönen vollen Busen und ein makelloses Madonnengesicht. Das dunkle, beinahe schwarze Haar, die helle Haut und die leuchtend grüngrauen Augen unter den geschwungenen dunklen Brauen verliehen ihr einen ganz besonderen Liebreiz. Und zu Anfang fand ich die Vorstellung, dass mein Freund seinen Arbeitstag in der ständigen Gegenwart dieser kleinen Sexbombe verbringt, ehrlich gesagt äußerst beunruhigend. Aber meine Sorgen waren ganz überflüssig. Sie flirtete zwar ziemlich viel, fand ich, aber ansonsten war Clarissa einfach ein tolles Mädchen, und für sie gab es nur Alexander, ihren Freund. Von daher machte ich mir um sie keine weiteren Sorgen. Außerdem liebte Chris ja sowieso nur mich.
Arbeit war Arbeit, aber unsere Freizeit verbrachten wir meistens zusammen, meistens zu Hause, bei ihm oder bei mir. Wir lagen auf dem Bett, wir machten uns was Schönes zu essen, wir guckten DVD, tranken Wein, schmusten rum und knutschten heftig. Und hatten immer ganz ganz ganz viel Sex.
Natürlich gingen wir auch viel aus, klar, waren auf Partys oder auf dem Kiez oder in der Schanze. Im Sommer fuhren wir an den Wochenenden manchmal an die Ostsee und schauten dann meistens auch bei Gini vorbei, die jetzt zusammen mit ihrem Freund Tobi in unserer alten Wohnung wohnte.
Als ich Chris das erste Mal nach Kiel mitbrachte, konnte ich es kaum erwarten, mit Gini unter vier Augen zu reden, weil ich war natürlich superneugierig zu erfahren, was sie von meinem tollen neuen Freund hielt.
"Und? Was sagst du?"
"Joo'a", meinte Gini. "Ganz lecker."
"Sieht er nicht traumhaft aus?"
"Na klar", sagte Gini grinsend. "Warst du vielleicht schon mal mit jemand zusammen, der nicht traumhaft aussah?"
"Nö!", sagte ich, und das kam so wie aus der Pistole geschossen, dass wir uns beide erstmal ein bisschen wegkugeln mussten vor Lachen.
"Ich frag mich ja sowieso immer, wo du solche Typen immer herzauberst."
"Jaja, ich weiß. Nur diesmal ist es einfach mehr als nur das. Was ganz besonderes."
"Na, dich hat's ja wohl voll erwischt!"
"Findst du auch, nä?"
"Ist nicht zu übersehen", sagte Gini lachend und knuffte mich liebevoll. "Du strahlst die ganze Zeit wie so ein Honigkuchenpferd."
"Und findst du, er passt zu mir?"
"Naja, er scheint dir jedenfalls gutzutun", sagte Gini schmunzelnd. "Und wenn's passt, dann passt's eben einfach, oder?"
"Jaaa!"
Ende Juni fuhr ich dann traditionsgemäß zur Fusion, so wie jedes Jahr. Eigentlich wollte ich natürlich gern, dass Chris mitkommt, aber er hatte keine Lust. Er fand die Fusion Mädchenkram, ist ja vielleicht auch gar nicht so verkehrt. Also fuhr ich dann notgedrungen eben ohne ihn.
Auf der Fusion wurde es dann nochmal alles so wie früher. Alle waren da, meine Mädels aus Kiel, Gini, Anna, Rebecca undsoweiter. Lexa war da. Und Clara, die extra für die Fusion aus München angereist war, worüber ich mich natürlich wahnsinnig freute, einfach weil wir uns so selten sahen, seit sie in München arbeitete. Es waren dann vier wirklich schöne Tage auf der Fusion, das Wetter spielte auch mit, weitgehend, und wir machten das, was wir immer schon gemacht haben auf der Fusion: Musik hören, Tanzen Tanzen Tanzen, Sachen angucken, Flirten, Reden Reden Reden, ganz wenig schlafen… die Tage sehr entspannt, und die Nächte auch.
In den Sommerferien fuhren Chris und ich dann für 14 Tage nach Polen, immer die Ostseeküste entlang bis rüber nach Gdansk. Chris hatte kurz zuvor ein Auto gekauft, einen großen Kombi, sehr komfortabel. Ich war vorher noch nie in Polen gewesen, aber Chris schon, von daher kannte er sich ein bisschen aus. Meistens zelteten wir, ganz kuschelig in meinem fusionerprobten Igluzelt, aber ab und zu leisteten wir uns auch ein Hotel der gehobenen Kategorie. Und in so einem Fünf-Sterne-Palast feierten wir dann in seinen 31. Geburtstag hinein. Natürlich lästerte ich ein bisschen, weil er jetzt wieder zwei Jahre älter war als ich.
"Viel zu alt für mich eigentlich."
"Jetzt kannst du noch darüber Scherze machen, kleine Prinzessin", meinte Chris lachend. "Das nächste Opfer des schrecklichen Dreißig-Fluchs wirst dann du."
"Nö, als Frau bleibst du immer 29. Vingt-neuf ans, wie wir in Paris sagen", meinte ich frech. Und als ich ihn später, als wir schon auf unserem Zimmer waren, dann auch noch Opi nannte, kriegte ich für meine kleinen Frechheiten noch ein bisschen den Po verhauen.
Am nächsten Tag, also am eigentlichen Geburtstag, waren wir von mittags bis spätabends am Strand. Es war ein total heißer schöner Tag, wir hatten uns ein ruhiges Plätzchen gesucht, so ganz für uns in den Dünen, wo wir den ganzen Tag nackt in der Sonne brieten, badeten, aßen, lasen, schmusten. Chris baute uns eine Burg aus Sand, ich machte für ihn kleine Meerjungfrauentänzchen in der Brandung. Und natürlich fummelten wir auch ein bisschen, ganz diskret. Heavy petting.
Und an diesem wunderbaren Tag am Strand entstand das Foto, das danach immer mein absolutes Lieblingsbild von Chris war, dieses Porträt in der Abenddämmerung, das ich später in meiner WG immer riesengroß an der Wand über meinem Bett hängen hatte. Eine Zeitlang war es auch das Hintergrundbild auf meinem Laptop. Was mich daran immer noch fasziniert, ist die ganz besondere Stimmung, die dieses Bild transportiert. Es enthält meine Erinnerung an diesen überwältigend schönen Tag. Den Duft von Sonnencreme auf seiner sonnenheissen Haut. Seine Hand zwischen meinen sandigen Schenkeln. Und wie er mich darauf ansieht! Zum Dahinschmelzen!
Ich machte an diesem Tag noch unendlich viele Fotos von Chris, meistens so ziemlich versaute Sonnenfreunde-Bilder, nach dem Motto hübscher knackarschiger Bursche am Strand.
"Mhm! Ja. Extra-scharf", sagte ich. "Die verkauf ich an ein Schwulenmagazin, wenn wir wieder zuhause sind."
"Machst du nicht!", zickte Chris, so leicht in Panik.
"Doch! Klar! Mach ich wohl." Ich wollte ihn ein bisschen provozieren.
"Machst du nicht!"
"Mach ich doch! Und ich krieg bestimmt einen ganzen Haufen Geld dafür."
"Kriegst du im Leben nicht! Wer will denn sowas sehen?"
"Bestimmt tausend Maak! Alle. Alle wollen das sehen. Und alle Schwulen sowieso."
"Tausend Mark!", meinte Chris lachend. "Du meinst wahrscheinlich tausend Zloty."
"Nee, tausend Maak! Oder tausend Euro. Jedenfalls ganz viel Geld. Ich schwör."
Er fing dann an, mich durchzukitzeln und ein bisschen obszön anzutatschen, bis ich ihm versprach, diese Bilder nie jemand anders zu zeigen. Das hatte ich natürlich gar nicht vor. Und ich bin bis heute die einzige, die sich diese sexy Fotos immer wieder ansieht.
In diesem ersten halben Jahr nach Paris machten wir unendliche viele Pläne für unsere gemeinsame Zukunft. Der nächste und konkreteste Plan war, dass wir zusammenziehen wollten, und zwar so schnell es ging. Diese Einschränkung war realistisch angesichts des Hamburger Wohnungsmarkts. Wir mussten mehrere Monate lang richtig intensiv suchen, das war schon beinahe ein Vollzeit-Job. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt war so beschissen, dass wir manchmal fast verzweifelten. Man sollte ja eigentlich denken, für eine Ärztin und einen IT-Unternehmer dürfte das kein großes Problem sein, einen Mietvertrag zu bekommen, aber denkste! Es sah sogar so aus, als würden wir eine Bürgschaft brauchen, und ich hatte überlegt, meine Eltern zu fragen, ob sie für uns bürgen würden.
Für mich war es ja das erste Mal, dass ich mit meinem Freund zusammenzog, und als ich es meinen Eltern erzählte, waren sie ganz begeistert, besonders Mama. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber es freute mich irrsinnig. Ich fuhr dann sogar extra zweimal nach Kassel, um das Thema Bürgschaft mit Papa zu besprechen. Eigentlich wollte ich natürlich, dass Chris da mitkommt, auch weil meine Eltern ihn natürlich am liebsten gleich kennenlernen wollten, aber irgendwie passte es dann leider nie mit den Terminen.
Papa hatte ziemlich Ahnung von der Materie, das war mir vorher gar nicht so klar. Und Papa war es dann auch, der mir dazu riet zu kaufen statt zu mieten.
"Auf lange Sicht gesehen ist das auf jeden Fall günstiger als eine Mietwohnung."
"300.000 Euro ist aber überhaupt nicht billig", meinte ich.
"Naja, 300.000 ist natürlich eine Menge Geld. Aber sieh es mal so, Helena. Ob du jetzt Tilgung plus Zinsen plus Hausgeld zahlst oder jahrzehntelang Miete plus Nebenkosten, die dann auch noch ständig erhöht wird, das läuft ja in der Summe praktisch aufs gleiche hinaus. Nur dass dir die Sache dann am Ende gehört. Und bei einer Mietwohnung haste nischt." Papa ist wirklich der einzige, der mich Helena nennt, aber als Tochter eines Griechischlehrers muss man wahrscheinlich so heißen.
Eine Zeitlang überlegten wir dann tatsächlich, eine Wohnung zu kaufen, wir hatten auch einige schöne Angebote, aber als ich dann bei der Bausparkasse saß und unterschreiben sollte, merkte ich plötzlich ganz deutlich, dass ich das eigentlich nicht wollte. Ich komme zwar aus einem Eigenheim-Elternhaus, aber die Vorstellung, 30 Jahre oder so eine dämliche Eigentumswohnung abzuzahlen, fand ich einfach nur grässlich. Und was gehört dir denn eigentlich bei so einer Eigentumswohnung?
Das war für uns eine sehr wichtige Erfahrung. Chris hätte sich zwar darauf eingelassen, er ist da eher Geschäftsmann, aber im Grunde ging es ihm ganz genauso. Außerdem wollten wir vielleicht ja absehbar auch mal umziehen, raus aus der Stadt, ins Grüne, mein Haus, mein Mann, mein Kind. Und mein Hund natürlich auch, irgendwann. Das kam dann auch noch dazu. Also machten wir uns dann doch wieder auf die Suche nach einer Mietwohnung.
Die Wohnung, die wir dann schließlich fanden, war dann allerdings wirklich ein richtiger Traum, superklasse, knapp über 100 Quadratmeter, Endetage, dreieinhalb Zimmer, davon zwei nach Süden, unverbauter Blick nach vorn und nach hinten, abgeschliffene Holzfußböden in allen Zimmern und im Flur, zwei Balkone, große Küche, modernes Bad, Toilette separat, alles super saniert und renoviert. Wir mussten fast nichts mehr machen vor dem Einzug. Die Lage war natürlich suboptimal, Bahrenfeld, aber die Miete trotzdem ein kleines Vermögen. Aber da wir beide verdienten, konnten und wollten wir uns das leisten. Und wohnten im Endeffekt wesentlich billiger als Freunde von uns, die in die Schanze gezogen waren oder nach Ottensen, weil man in Bahrenfeld noch keinen Hipster-Zuschlag zahlen musste. Und andererseits war es auch gar nicht so weit bis in die Schanze, und zu meiner Arbeit oder in die Innenstadt auch nicht.
Für Anfang Januar hatten wir unseren Umzug geplant. Meine Eltern freuten sich total, dass ich mit meinem tollen neuen Freund zusammenzog, von dem ich ihnen schon so viel vorgeschwärmt hatte, und den sie natürlich jetzt endlich auch mal persönlich kennenlernen wollten. Und Weihnachten war es dann endlich soweit. Mama hatte Chris ausdrücklich miteingeladen.
"Du darfst dich geehrt fühlen, Mäuschen", sagte ich, als ich ihm die frohe Botschaft überbrachte. "Das hat sie vorher noch nie gemacht. Wirklich noch nie."
Weihnachten fuhren wir dann nach Hause zu meinen Eltern. Es wurde rundum ein voller Erfolg. Meine Eltern mochten Chris auf Anhieb, vor allem meine Mutter, und Chris fand meine Eltern auch sehr sympathisch. Als ich ihn meiner Mutter vorstellte, lächelte er sie strahlend an, echt so total unwiderstehlich.
"Hallo, ich bin Christoph."
Mama schloss Chris sofort in ihr Herz. Und sogar in die Arme! Chris war der erste Mann, den ich ihr vorstellte, den sie als meinen Zukünftigen akzeptieren konnte. Mit meinen Freunden davor war Mama immer nicht einverstanden gewesen. Hinnerk fand sie zu alt, er war zwar Dozent an der CAU, aber er war auch 15 Jahre älter als ich, außerdem geschieden und obendrein mit zwei Kindern, die damals schon halb so alt waren wie ich, zehn und zwölf. Daniel wiederum fand sie viel zu jung, sagte sie, aber vor allem fand sie ihn viel zu ausgeflippt, glaube ich. Er machte Musik in verschiedenen Bands, Goregrind, Punk und so, und danach sah er auch aus.
"Völlig ungepflegt", befand Mama, nachdem sie ihn das erste Mal gesehen hatte, "völlig ungepflegt!"
In den knapp zwei Jahren, die wir zusammen waren, ich und Daniel, bekam sie ihn dann vielleicht noch dreimal zu Gesicht, aber das erste Mal hatte ihr im Grunde schon gereicht. So einer kam für sie nicht in Frage als Schwiegersohn. Papa äußerte sich zu sowas nie, aber ich denke, dass er da mit Mama einer Meinung war. Doch von Chris waren sie begeistert, beide.
Natürlich hatte ich Chris vorher eine kleine Einweisung für unser Familienweihnachten gegeben.
"Weihnachten ist bei uns zuhause eine ziemlich große Sache. Wir haben so richtige Weihnachtsrituale. Heiligabend zuerst großes Adventskaffeetrinken."
"Adventskaffeetrinken, okay."
"Dann mit Papa ins Altersheim zu Nazi-Oma."
"Nazi-Oma?! Nicht okay!"
"Ja nee. Nazi-Oma ist Papas Mutter, aber wir Kinder sagen immer Nazi-Oma, weil sie wirklich ziemlich extreme Ansichten hat. Danach geht's dann zum Gottes..."
"Zum Julklap ins Führerhauptquartier."
"Nein, so ein Quatsch!" Ich musste natürlich lachen. "Also, immer schön ernst bleiben, Herr Ernst! Weihnachten ist eine ernste Angelegenheit bei uns. Und für mich dieses Jahr ganz besonders." Ich gab ihm einen dicken feuchten Kuss. "Nach dem Altersheim gehen wir zum Gottesdienst in die Kirche, wo Mama im Kirchenvorstand ist. Danach ist Bescherung. Und dann Abendessen."
"Die volle Dröhnung."
"Die volle Dröhnung, allerdings. Und dabei kannst Du froh sein, dass Mama das Programm schon ein wenig abgespeckt hat in den letzten Jahren. Natürlich ist alles immer noch sehr festlich, aber die Atmosphäre ist mittlerweile echt schon fast gechillt."
"Früher war mehr Lametta."
"Definitiv! Aber heute ist auch immer noch ziemlich viel Lametta. Das ganze Haus erstrahlt im Glanz der Lichter. Es gibt einen riesigen Weihnachtsbaum, der bis an die Decke reicht. Und eine Weihnachtskrippe. Und ein Orchester von Engelchen mit grünen Flügeln und nackten Popos. Die ganze Familie kommt zu Weihnachten in Vellmar zusammen."
"Bis auf Nazi-Oma. Die hält im Heim die Stellung", sagte Chris lachend.
"Quatschkopf! Also, mein kleiner Bruder, Tobi, wohnt ja sowieso noch zuhause. Er macht nächstes Jahr erst Abi. Und Todder, also mein großer Bruder, kommt mit seiner Freundin aus Frankfurt rüber. Sie heißt Agnieszka. Sie ist Polin."
"Agnieszka, okay. Und Todder."
"Ja. Also eigentlich Thorsten. Die beiden sind schon fast fünf Jahre zusammen. Und für meine Mutter ist Agnieszka schon längst die zukünftige Schwiegertochter. Und dann wir beide natürlich. Wir sind dieses Jahr natürlich die Hauptattraktion."
"Hauptattraktion? Du machst mir ein wenig Angst, Prinzessin. Wieso Hauptattraktion?"
"Spinner! Hauptattraktion einfach weil es das allererste Mal ist, dass ich zu Weihnachten meinen Freund nach Hause mitbringe."
In meiner Familie lieben wir wirklich alle Weihnachten, aber Mama ist fast schon ein bisschen verrückt damit. Doch Chris schien das nichts auszumachen. Er machte alles brav mit, war höchst charmant und angemessen ergriffen, sang inbrünstig Weihnachtslieder und freute sich über jede kleine Kleinigkeit. Den Besuch bei Nazi-Oma ersparte ich ihm, stattdessen leistete er Mama bei den Vorbereitungen für das Abendessen Gesellschaft. Und danach waren die beiden dann ein Herz und eine Seele, Mama duzte ihn sogar. Ich fand, er machte so ein bisschen auf armes Waisenkind, das zum ersten Mal den Zauber von Weihnachten erlebt, und damit konnte er Mama natürlich um den Finger wickeln. Sie war richtig hin und weg. Als wir vom Gottesdienst nach Hause gingen, hakte sie sich bei mir unter und flüsterte mir verstohlen zu:
"Dein Chris ist ja wirklich ein ganz toller. Den halte dir mal schön fest, Mäuschen!"
"Ja, Mama, das finde ich auch. Das mach ich."
Auch Papa und Todder mochten Chris sofort. Für Papa war einfach nur wichtig, dass Chris mich wirklich liebte und dass er mir offenbar sehr guttat. Und mein großer Bruder verstand sich auf Anhieb mit Chris. Todder hat ja selbst auch eine kleine Berater-Firma, von daher hatten sich die beiden sofort ganz viel zu erzählen. Nur Tobi fand Chris offenbar eher doof.
"Der kriegt ja schon Glatze." Das war wenig charmant ausgedrückt, aber für einen Mann knapp über 30 hatte Chris tatsächlich schon ziemlich Geheimratsecken, sein einziges Schönheitsproblem.
Später, als wir allein waren in meinem alten Zimmer, erzählte ich Chris, wie begeistert meine Familie von ihm war, und zwar alle. Bis auf Tobi. Und dass ich mich natürlich wahnsinnig darüber freute. Klar zog ich ihn auch ein bisschen damit auf, dass meine Mutter ihn so klasse fand.
"Ich glaub, sie ist ein bisschen in dich verknallt. Das kann ich sehr gut verstehen. Wie machst du das bloß, dass alle Frauen dir verfallen?"
"Ich bin ein Zauberer", flüsterte er mir ins Ohr. "Magische Kräfte geben mir Macht über alle Frauen in dieser Familie."
"Und sind Sie ein guter oder ein böser Zauberer, Herr Zauberer?", fragte ich und schmiss mich ein bisschen an ihn ran.
"Es gibt keine guten Zauberer, kleine Prinzessin. Es ist alles schwarze Magie. Böser Lust-Zauber." Er steckte mir seine Zunge ins Ohr. "Sehr sehr böser Lust-Zauber."
"Mhm, Lust-Zauber", schnurrte ich. "Und wie geht das, so schwarze Magie? Benutzen Sie dafür diesen süßen kleinen Zauberstab hier?" Ich fasste ihm in den Schritt und küsste ihn. "Also zeigen Sie mir jetzt vielleicht mal, wie das geht, schwarze Magie?", fragte ich frech. "Oder soll ich hier noch die ganze Nacht weiterquasseln?"
Solche Frechheiten ließ sich der böse Zauberer natürlich nicht lange gefallen. Er packte mich und warf mich aufs Bett, schneller als ich Zauberstab sagen konnte, und zeigte mir seinen bösen Lust-Zauber. Ohne Umschweife, einfach so whoosh! Mir blieb echt fast die Luft weg. Ich quasselte also nicht die ganze Nacht weiter. Und bestimmt hatte in meinem Elternhaus noch nie jemand so dermaßen vulgären und wollüstigen Sex wie Chris und ich an diesem Weihnachtsabend. Und auf’ne Art war ich ganz froh, dass meine Eltern nichts davon ahnten, wie schamlos es die brave Tochter und der nette Schwiegersohn in spe unter ihrem Dach miteinander trieben.
Weihnachten war also ein voller Erfolg. Wir blieben noch bis zum 27., waren total faul, ließen uns bedienen, Hotel Mama, aßen und tranken sehr gut und viel zu viel, machten Spaziergänge runter zur Fulda. Und hatten natürlich noch ganz oft Wundersex in meinem Jugendbett. Ganz bösen Lust-Zauber!
Am 28. Dezember waren wir dann wieder zurück in Hamburg. Ich musste ja arbeiten. Und unseren Umzug mussten wir natürlich auch noch vorbereiten, Sachen packen, ein paar Kleinigkeiten renovieren, Umzugshelfer organisieren undsoweiter.
Und dann waren wir bereit für unser großes Abenteuer!