Читать книгу Gefahr auf dem Planeten Sruzagan: Die Raumflotte von Axarabor - Band 220 - Antje Ippensen - Страница 6

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Verloren im Raum. Es war eine Erkenntnis, die ihn wie glühendes Eis durchbohrte und augenblicklich den schlimmsten Panikanfall auslöste, den er je gehabt hatte. Nathan Hilk wollte schreien, doch dazu kam es nicht, denn er fiel in Ohnmacht. Was, im Nachhinein betrachtet, eher gut war – so hyperventilierte er weder, noch brüllte er nutzlos herum; beides wären Aktivitäten gewesen, die den Sauerstoffvorrat in seinem „Ein-Mann-Raumschiff-Anzug“ schlagartig heftigst verringert hätten. Ja, im Nachhinein betrachtet. Genau das tat er, als er leicht abgestumpft und mit einem dumpfen Schädel aus seiner Bewusstlosigkeit wieder erwachte. Er blickte jetzt auf die Holo-Zeitangabe im Helminneren. Brachte nichts. Denn er hatte nicht draufgeschaut, kurz bevor er „umgekippt“ war und so hatte er keine Ahnung, wie lange er weg gewesen war.

Das Abstumpfungsgefühl, das er jetzt empfand, hinderte die Panik immerhin daran, wieder auszubrechen, und er war in der Lage zu akzeptieren, dass dies hier kein Alptraum war. Obwohl es sich immer noch so anfühlte. Du hast Filme gesehen, in denen ein einzelner Mensch hilflos im All treibt, nachdem ihre Raumstation explodierte und sie sich gerade noch ins Freie retten konnte oder ohnehin gerade auf einem Reparatureinsatz draußen war. Ja, in Filmen steckt da immer ein tragischer Unfall dahinter oder irgendeine Fehlfunktion oder, oder, oder … Er merkte, wie die Angst abermals monströs anwuchs und die innere Stimme, die einigermaßen vernünftig begonnen hatte, mit ihm zu kommunizieren, jetzt tönern drauflosplapperte, sich wiederholte wie eine Sprachwiedergabe in Endlosschleife.

Er biss kurz die Zähne zusammen. Es hatte Phasen in seinem Leben gegeben, da hatte er auf seinen Fingerknöcheln herumgekaut, wenn er unter Druck stand, aber ein unbestreitbarer Nachteil eines Raumanzuges bestand darin, dass das nicht möglich war. Er konnte sich noch nicht einmal kratzen, wenn es ihn irgendwo juckte. Seinen Com-Obelisken um den Hals hätte er allerdings mit Augenzwinkern aktivieren können, diese Funktion hatten die Dinger und jeder gängige Raumhelm war entsprechend geschnitten, so dass der „Halsschmuck“ des axarborrianischen Offiziers sich auch im Helm des Anzuges befand. Ja, hätte er ein Notsignal senden können, wäre er vermutlich gar nicht panisch geworden – aber: Der Obelisk war ihm weggenommen worden oder er hatte ihn verloren, was im Endergebnis aufs Gleiche rauskam – in beiden Fällen nämlich hatte sich das Gerät selbst vernichtet. Puff! Verloren, nein, das glaube ich eher nicht oder aber während eines Kampfes, an den ich mich nicht erinnere. In jedem Fall bin ich nicht versehentlich hier oder aufgrund eines Unfalls, o nein. Dahinter steckt Methode, auch wenn ich nicht die leiseste Ahnung habe, welche. Mir graut eigentlich davor, darüber nachzudenken, aber ich. Muss. Es. Tun.

Nathan war versucht, die Augen zu schließen, und für einen winzigen Moment gab er diesem Verlangen nach. Und bereute das auf der Stelle, denn ihm wurde schwindlig. Er hatte hier keinerlei Bezugspunkt, und ihm war klar, dass selbst ein auf extreme Situationen trainierter Verstand das nicht allzu lange aushalten würde. Kein Planet in der Nähe. Kein Mond, kein Asteroid, nicht einmal winzige Meteoriten oder wenigstens Phantomstaub. Ihn hätte alles getröstet, das kleinste bisschen Materie, aber außer ihm selbst existierte hier nichts davon. Nur leerer, schwarzer, gehirnsaugender Raum. Hör auf sowas zu denken. Sei eher froh, denn festere Partikel, die durchs All sausen, könnten sehr schnell deinen Raumanzug zerstören, auch wenn er aus noch so guter Qualität ist, ja, ein Hyperqualitätsanzug.

Ich wurde bewusst hier platziert, damit kein kosmisches Ereignis dieser Art mir den Garaus machen kann. Werde ich womöglich sogar beobachtet?

Schlagartig fühlte er Verfolgungswahn und es schnürte ihm die Kehle zu.

Bestandsaufnahme, dachte er und strengte sich sehr an, ruhig und gleichmäßig zu atmen, Bestandsaufnahme, obwohl er sich davor noch mehr fürchtete als vor dem intensiven Nachdenken: Denn das bedeutete auch, dass er einen Blick auf die Sauerstoffanzeige am linken Rand der Holo-Anzeige im Helminneren werfen musste, etwas, was er bislang erfolgreich vermieden hatte. Ein paarmal hatte er schon in die Richtung geblinzelt, doch die Anzeige war verschwommen geblieben.

Zum ersten Mal, seitdem dieser Alptraum begonnen hatte, dachte er bewusst an seinen Käpt’n. Sie wäre nicht stolz zu sehen, dass du dir von deiner Furcht den Verstand wegfressen lässt, sagte seine innere Stimme traurig zu ihm. Er sah sie vor sich, ihre ungewöhnlich hochgewachsene Gestalt, ihre grauen Augen, die herben Gesichtszüge mit den markant gemeißelten Wangenknochen. Was würde sie tun? – Ein anderes Gesicht blitzte vor seinem inneren Auge auf, das jener Offizierskollegin, an der er sich lange Zeit gerieben hatte, mit der er immer wieder zusammengestoßen war, die ihm nun aber sogar das Kämpfen beibrachte. Was würde Arsay in einer solchen Lage tun?

Er ballte die Fäuste in den Handschuhen. Er zwang sich, jeden Zentimeter seines Körpers bewusst zu fühlen, wie bei einer der Übungen, die ihm Arsay vor einem Kampftraining gezeigt hatte. Ja, das tat gut.

Du wirst jetzt Folgendes machen: Sauerstoffvorrat checken, und dann versuchst du genauestens zu rekonstruieren, was alles abgelaufen ist in den letzten Tagen – woran du dich erinnerst. Wir haben mit einer neuen Mission begonnen, und – halt! Erst auf die Anzeige blicken. Du schaffst das. Du kannst das aushalten.

Nathan befolgte die Anweisung, die er sich selbst gegeben hatte. Er sah nach, wie lange er noch zu leben hatte.

Drei Stunden.

Er konnte das aushalten. Dachte er.

Gefahr auf dem Planeten Sruzagan: Die Raumflotte von Axarabor - Band 220

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