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Der auf Antonio Pigafetta, eines aus Vicenza in Venetien stammenden Gelehrten und Reisenden zurückgehende Bericht über die Weltumsegelung von Ferdinand Magellan wurde bereits wiederholt in der Sammlung Erdmann vorgelegt und gehört zu den Klassikern dieser Reihe: Die Tatsache, dass nach nur relativ kurzer Zeit wiederum eine Neuauflage gerade dieses Bandes erforderlich wurde, spricht für die große Verbreitung, aber auch für die enorme Bedeutung des Textes selbst heute. In der Zeit, in der er entstand, war man sich im Allgemeinen noch nicht so ganz sicher, ob die Erde tatsächlich eine Kugel sei – oder ob ein Weltumsegler irgendwann nicht doch an ihrem Rand hinunterfiele. Gleichwohl gingen nach dem Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, die auch im Europa des 15. Jahrhunderts zu tiefgreifenden kulturellen und politischen Umwälzungen geführt hatte, die sich neu formierenden Großmächte daran, ihr Einflussgebiet so weit wie möglich auszudehnen. Ein besonderes Interesse galt natürlich den neu entdeckten, vielleicht auch noch neu zu entdeckenden und große Reichtümer verheißenden Weltgegenden, die insbesondere die nach mittelalterlichem Verständnis am westlichen Ende der bekannten Erde lebenden Völker Spaniens und Portugals nunmehr für ihre eigenen Interessen zu sichern versuchten und deren Bereisung man anderen Völkern nach Möglichkeit vorenthalten wollte.

Die beiden westeuropäischen Seemächte einigten sich infolgedessen im Jahr 1494, d.h. rasch nach der Rückkehr des Kolumbus aus Amerika, darauf, die bekannte Welt in zwei gleich große Interessensphären aufzuteilen, eine spanische und eine portugiesische, zwischen denen man eine hypothetische Demarkationslinie zog. Diese Übereinkunft war nicht zuletzt durch die Vermittlung Papst Alexanders VI. zustande gekommen und von eben diesem Papst im Vertrag von Tordesillas bestätigt worden. Ein Bestandteil dieses Vertrags, der später insbesondere für Magellan von tragischer Bedeutung werden sollte, war auch die Missionierung der neu entdeckten Gebiete im Sinne der katholischen Kirche.

Umstritten zwischen den beiden Kontrahenten blieb bis zum Jahr 1529 nur ein einziges Territorium, das seinem Besitzer unendlichen Reichtum zu versprechen schien, die Molukken oder die Gewürzinseln. Denn wer die Möglichkeit dazu besaß, dorthin zu segeln und Gewürze auf dem Seeweg nach Europa zu importieren, konnte das osmanisch-arabische bzw. venezianische Handelsmonopol für diese Waren brechen und die aus diesen Geschäften zu erwartenden satten Gewinne selbst einstreichen. Den Seeweg in Richtung Osten entlang der afrikanischen Küsten beherrschten aufgrund des Vertrags von Tordesillas die Portugiesen, die erfolgreich jedwede spanische Unternehmung verhinderten, die dieselben Ziele zu erreichen versuchte. So blieb denn nur der Seeweg in Richtung Westen – vorausgesetzt freilich, dass die Erde tatsächlich rund sei und man jenseits des amerikanischen Kontinents nicht doch auf das Ende der Welt stieße.

Der aus Nordportugal stammende Ferñao de Magalhães, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts wiederholt in diplomatischen Angelegenheiten der Portugiesen unterwegs war und auf diese Weise auch in die südostasiatische Inselwelt gelangte, besaß die erforderlichen nautischen Kenntnisse und Erfahrungen, um eine solche Expedition zu leiten. Vieles spricht dafür, dass Magellan in der Lissabonner Admiralität auch Kenntnis von Aufzeichnungen portugiesischer Seefahrer bekommen hatte, die einen Seeweg durch den amerikanischen Kontinent hindurch immer weiter nach Westen vermuten ließen. In den Jahren 1513/14 fiel er jedoch bei seinem Dienstherrn in Lissabon, dem portugiesischen König Johann II. in Ungnade, da er Sklavenhandel auf eigene Rechnung betrieb. Magellan wurde folgerichtig aus dem Dienst der Krone entlassen, doch sollte es nicht lange dauern, bis ein Mann mit seinen Kenntnissen mit neuen Aufgaben versehen wurde. Er trat nämlich in die Dienste des spanischen Königs Karls I., dem er die Einrichtung einer Seehandelsroute zu den Gewürzinseln in Richtung Westen versprach. Magellan fand am spanischen Hof eine ganze Reihe von Fürsprechern für dieses Unternehmen, sodass im Frühjahr 1518 eine Vereinbarung mit Karl I. getroffen wurde: Kastilien erklärte sich dazu bereit, einen Verband aus fünf Schiffen unter der Leitung Magellans auszurüsten und einen großen Teil der Kosten dafür zu tragen, an deren Gegenfinanzierung sich wiederum das Augsburger Handelshaus der Fugger beteiligte. Magellan und seinen Erben wurde der fünfte Teil der zu erwartenden Einnahmen sowie der Gouverneursposten in den noch zu entdeckenden und für Spanien zu gewinnenden Gebieten versprochen. Vonseiten der portugiesischen Krone argwöhnisch beobachtet, begann Magellan im August 1519 seine Reise nach Westen, über deren dramatischen Verlauf der hier vorgelegte Bericht Antonio Pigafettas ein lebendiges Zeugnis ablegt. Pigafetta, der in Venedig Seewissenschaften und Kartographie studiert hatte, hatte bei Magellan gegen ein recht geringes Entgelt angeheuert, um Zeichnungen und neue Karten zu erstellen. Sein persönliches Logbuch sollte aber zur wichtigsten historischen Quelle werden, die uns heute über das riskante Unternehmen Magellans Auskunft gibt.

Geprägt war die gesamte Reise bis zu den Gewürzinseln durch fortgesetzte und durch die schlechte Ernährungslage bedingte Meutereien der Mannschaft, aber auch durch permanente Rivalitäten und Rangstreitigkeiten, die Magellan mit den spanischen Kapitänen seiner Begleitschiffe zu bestehen hatte. Denn diese wollten das Unternehmen entweder abbrechen oder selbst dessen Generalleitung übernehmen. Noch vor der Passage zum Pazifik ließ Magellan zwei der ursprünglich eingesetzten Kapitäne hinrichten, die die Waffen gegen ihn erhoben hatten, und diese durch geeignete Angehörige seiner Mannschaft ersetzen.

Dass nicht etwa der Entdeckergeist, sondern handfeste wirtschaftliche Interessen die innere Triebfeder für Magellans Reise abgaben, zeigte sich bereits am südlichen Ende des amerikanischen Kontinents, als der Kapitän dort die vermutete Passage vom Atlantik in den Pazifischen Ozean suchte. Zunächst befuhr er vergeblich die großen Flusssysteme des südlichen Südamerikas, und nachdem er die später nach ihm benannte Passage zwischen dem amerikanischen Kontinent und der Insel Feuerland durchfahren hatte, war es nicht etwa sein Ziel, das südliche Ende eben dieses Kontinents zu finden – das bekannte und nicht nur für Segelschiffe so gefährliche Kap Hoorn –, sondern Magellan machte sich sogleich in Richtung Westen auf. Die Entdeckung von Kap Hoorn für die christliche Seefahrt sollte er dem englischen Freibeuter und Seehelden Francis Drake überlassen, der gut 60 Jahre später die Südspitze Amerikas, wenn auch mehr oder weniger zufällig, umfuhr. Allerdings gab Magellan dem Pazifik den bis heute bestehenden Namen, da er nach seiner Fahrt durch die später nach ihm benannte Schifffahrtsstraße aus dem eher rauen Atlantik auf ein ruhigeres Meer stieß, und auch an Bord der verbliebenen drei Schiffe beruhigten sich fürs Erste die Gemüter ein wenig, da man seiner Hypothese, man könne Südostasien auch über den Seeweg in Richtung Westen erreichen, nunmehr doch Glauben zu schenken begann.

Den Pazifischen Ozean hatte Magellan im November des Jahres 1520 erreicht, und sein Optimismus war nunmehr so groß, dass er davon ausging, am angestrebten Ziel innerhalb nur eines weiteren Monats eintreffen zu können. Dem war aber nicht so, denn erst Anfang März 1521 traf sein Schiffsverband nach einer langen, entbehrungsreichen Überfahrt, die einen Teil der Mannschaft das Leben gekostet hatte, erstmals auf bewohnten und zugleich auch bekannten Inseln ein, den Marianen. Nach einigen Konflikten mit der ansässigen Bevölkerung segelte Magellan weiter in Richtung Westen, um im Bereich der philippinischen Inselwelt daran zu gehen, für Spanien jenes Kolonialreich aufzubauen, das er später selbst vertragsgemäß hätte verwalten sollen. Doch es kam alles anders: Nach anfänglichen Erfolgen kam nämlich Magellan am 27. April 1521 bei dem Versuch ums Leben, einem Inselvolk bei Mactan das Christentum mit Feuerwaffen beizubringen, als er dort von einem vergifteten Pfeil getroffen wurde. Nach diesem Ereignis erhoben sich auch die bislang bezwungenen Ureinwohner wieder gegen die Spanier, die schwere Verluste erlitten und notgedrungen mit nur noch zwei Schiffen fliehen mussten, da man ein Drittes nicht mehr mit einer genügend starken Mannschaft hätte ausrüsten können. Das Kommando übernahm nunmehr Kapitän Juan Sebastián Elcano, der seine Aufgabe darin sah, zumindest zwei Schiffe zurück in die spanische Heimat zu bringen. Über Borneo gelangte der neue Leiter des Unternehmens doch noch zu den Molukken, wo man einen Gewürzhandel unter Umgehung des portugiesischen Seehandelsmonopols vereinbarte und reichlich Waren an Bord nahm. Zwei Schiffe, die Victoria und die Trinidad, die Magellan selbst befehligt hatte, waren verblieben, und große Teile der ursprünglichen Mannschaft waren im Zuge von Meutereien, durch die großen Entbehrungen, aber auch durch Auseinandersetzungen mit der philippinischen Bevölkerung umgekommen. Und auch für die Weiterfahrt trennten sich die beiden Schiffe, da an der Trinidad noch umfangreiche Reparaturarbeiten ausgeführt werden mussten. Doch während die Victoria unter Kapitän Elcano trotz massiver Schäden und der portugiesischen Bemühungen, eine Rückkehr nach Spanien zu verhindern, am 6. September des Jahres 1522 im Heimathafen eintraf, gelang es den Portugiesen zumindest die Trinidad, das frühere Flaggschiff Magellans aufzubringen, die eine Überfahrt nach Südamerika versucht hatte. Alles in allem waren jedoch die Opfer sehr groß, die diese erste erfolgreiche Weltumsegelung gekostet hatte: Denn nur eines der ursprünglichen fünf Schiffe kam zurück und von der Mannschaft, die mit insgesamt 256 Offizieren und Matrosen in See gestochen war, erreichten nur 18 wieder die spanische oder italienische Heimat. Gleichwohl ließ sich die gesamte Unternehmung mit einem Gewinn von gut 500 Golddukaten abschließen, da die Victoria mit gut 25 Tonnen Gewürzen in Spanien eintraf, die die Investoren unter sich aufteilen konnten – zumal Magellan als einer der möglichen finanziellen Nutznießer die Reise nicht überlebt hatte.

Den Spaniern erwuchs jedoch die Erkenntnis, dass der Gewürzhandel über den Seeweg nach Westen keine Aussicht auf hinreichenden Gewinn versprach. Die Reise zu den Molukken war zu lang, zu beschwerlich und mit zu großen Gefahren verbunden, als dass man auf diese Weise einen auf Dauer Erfolg versprechenden Handel hätte etablieren können. Magellan hatte ganz einfach die lange Reise von Südamerika über den Pazifik unterschätzt, da man vor der ersten Erdumsegelung naturgemäß keine richtige Vorstellung von der Größe des Globus haben konnte. Auch besaß man in Spanien zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch nicht genügend militärisches Potential, um in Südostasien ein eigenes Kolonialreich aufzubauen – was erst unter König Philipp II. gelingen sollte, nachdem er die portugiesische Königswürde hatte an sich ziehen können.

In der nachträglichen Beurteilung wird Magellan also doch zu dem Entdecker, der er eigentlich nicht hatte sein wollen. Durch seine Reise erhielt man Kenntnis von der Magellanstraße, die nach wie vor als nautische Ausweichstrecke zur Umgehung des stürmischen Kap Hoorn genutzt wird, der Pazifische Ozean erhielt seinen Namen und wurde in seinen wahren Ausmaßen erfasst und nicht zuletzt erhielten die Menschen der frühen Neuzeit endlich ein zutreffendes und sicheres Bild von der Gestalt der Erde und ihrer wirklichen Größe. Als Eroberer hat Ferdinand Magellan jedoch nicht wirklich viel leisten können. Dafür waren die politischen Spannungen zwischen Portugal und Spanien, den wichtigsten Seemächten seiner Zeit, doch zu gravierend. Das Königreich Kastilien gab denn seine Ansprüche auf die Gewürzinseln im Vertrag von Saragossa, der 1529 unterzeichnet wurde, vorübergehend auf.

Mit der Weltumsegelung Magellans gewann die Menschheit jedoch auch einen sicheren Eindruck von der räumlichen Begrenztheit der Erde. Denn wenn man in Europa bislang davon ausgehen konnte, in immer neue Welten vordringen zu können und dort neue wirtschaftliche Ressourcen zu entdecken, so revidiert sich dieses Bild seit Beginn der frühen Neuzeit: Der grenzenlosen Expansion und dem daraus resultierenden kapitalistischen Prinzip eines nie enden dürfenden wirtschaftlichen Wachstums sind natürliche Grenzen gesetzt, die es zu respektieren gilt. Die Welt und ihre Bodenschätze sind endlich. Für uns heute kann und muss der spannende Bericht über die erste Weltumsegelung durch Fernando Magellan und Juan Elcano daher auch Anlass zum Nachdenken geben – dass wir nämlich mit den nur begrenzt zur Verfügung stehenden natürlichen und wirtschaftlichen Ressourcen sorgfältig umgehen müssen.

Lars Hoffmann

Weiterführende Literatur:

Daria Perocco (Hrg.), Itinerario da Vienna a Costantinopoli: Marc Antonio Pigafetta. Padua 2008.

Antonio Pigafetta, Relazione del primo viaggio attorno al mondo. Testo critico e commento di Andrea Canova. Padua 1999.

Robert Longo, Magellan. Köln 1997.

Adriana Chemelio, Antonio Pigafetta e la letteratura di viaggio nel Cinquecento. Verona 1996.

Laurence Bergreen, Magellan’s Terrifying Circumnavigation of the Globe. New York, NY, 1994.

Rebecca Steffof, Ferdinand Magellan and the Discovery of the World Ocean. London 1990.

Paul Werner Lange, Der Sonne gleich… Das Leben des Fernando de Magellanes und die erste Weltumsegelung. Leipzig 1983.

Mit Magellan um die Erde

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