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Der 1. Tag

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1

Ewiges Eis,

Land der Ragni

Für Hedda und ihren Bruder war es völlig normal. Unentwegt wanderte die Sonne entlang des Horizontes und ging nie unter. Noch nie hatte es einen Zeitpunkt in ihrem jungen Leben gegeben, wo sie die Sonne einmal nicht gesehen hatten. Noch nie hatten sie völlige Dunkelheit erlebt. Hier in der kalten Landschaft aus Eis und Schnee gab es keine Nacht. Hier in Ragnas, dem nördlichsten Teil der bislang bekannten Welt des Planeten Ariton. Es war immer Tag. Dennoch hatten sie einen Tagesrhythmus und richteten sich dabei genauso nach der Sonne, als wenn es Tag und Nacht gäbe.

Es war ein klarer heller Tag. Keine Wolke und kein Dunst vernebelte die Sicht. Die Sonne strahlte aus dem Süden. Ein leichter Wind wehte vom Westen. Die Luft war trocken, was die nordische Kälte angenehmer erscheinen ließ.

«Du glaubst mir nicht?», fragte der Junge und trat wütend mit dem Fuß auf. Der lederne und fellbesetzte Schuh machte ein dumpfes Geräusch, als er auf dem Eis auftraf.

Seine Schwester lachte: «Doch, ich glaube dir schon!» Hedda strich sich eine Strähne ihres schwarzen Haares aus ihrem Gesicht und verbarg diese unter der Kapuze. Sie war eine unglaubliche Schönheit unter den Ragni. Wie alle in diesem Land hatte sie makellose elfenbeinfarbene Haut, schwarzes Haar und stahlblaue, wache Augen. Das waren die wichtigsten Merkmale für dieses Volk.

«Nein, du glaubst mir nicht!», sagt Hodi sauer. Er mochte es nicht, wenn seine ältere Schwester ihn wie einen kleinen Jungen behandelte. Auch wenn er das zweifelsohne war.

Hedda packte ihren Bruder an den Schultern: «Natürlich glaube ich dir. Ganz ehrlich. Großvater hat mir die Geschichte schon so oft erzählt!»

«Die Sonne wandert nicht am Horizont entlang», meinte Hodi: «Sie kommt auf der einen Seite hoch, wandert dann direkt über die Köpfe hinweg und auf der anderen Seite wieder hinunter. Und dann wird es stockfinster! Ist das nicht verrückt?»

«Man nennt das die Nacht!», sagte Hedda: «Glaub mir. Großvater hat mir die Geschichte wirklich schon so oft erzählt. Ich kann es gar nicht mehr zählen!»

«Aber ich frage mich, wohin die Sonne dann geht?»

Hedda grinste und warf die Fische in den großen ledernen Beutel auf dem Schlitten: «Ich weiß es nicht. Aber sie kommt ja immer wieder.»

«Aber, wenn sie verschwindet», meinte Hodi, «dann sieht Regnator doch die Völker nicht mehr? Und er kann sie dann auch nicht beschützen?»

«Die Völker dort!», flüsterte Hedda: «Die sehen nicht nur einen Gott. Sie sehen in der Nacht alle sieben weitere Göttersitze!»

«Wirklich?»

«Ja!» sagte sie, trotz ihrer behandschuhten Hände verschloss sie geschickt den Beutel mit den Fischen: «Wenn die Sonne, der Sitz unseres Gottes Regnator, verschwindet, dann erscheinen Monde. Insgesamt gibt es sieben davon.»

«Was sind Monde?», fragte Hodi irritiert. Er packte fein säuberlich das Angelzeug zusammen. Er wusste, dass sein Vater nach der Ankunft sehr genau kontrollierte, wie der Zustand der hölzernen Spule, der Schnur aus Lindenbast und des Angelhakens war. Vor allem der Lindenbast war teuer und musste mit viel Aufwand in der Hauptstadt besorgt werden.

«So etwas wie Sonnen. Nur nicht so hell!», meinte Hedda. Sie hatte selbst noch nie einen Mond gesehen und auch sie wusste nicht, dass die Leuchtkraft jedes einzelnen Mondes wiederum durch die Sonne kam.

«Sie scheinen und dennoch wird es dunkel?», fragte Hodi aufgeregt.

«Ja, weil sie nur niedrige Götter sind!», meinte seine Schwester und legte die Leine des Schlittens um ihren Bauch. Wie auch auf der Herfahrt zog sie den Schlitten alleine hinter sich und ihr Bruder ging dahinter.

«Warum kommen diese Götter nie zu uns?»

Hedda zuckte mit den Achseln: «Ich weiß es nicht. Aber sie sind für uns da. Ganz gewiss.»

«Vielleicht ist es ihnen bei uns zu hell!», grinste der Junge und zog sich seine Schneeschuhe an. Zwei runde hölzerne Ringe in denen ein Netz aus Leder eingeflochten war. Es diente dazu die Auftrittsfläche im Schnee zu erhöhen, damit man weniger einsank: «Wenn ich mal groß bin, dann möchte ich in den Süden!»

«Was willst du dort?», fragte Hedda kopfschüttelnd.

«Die Nacht sehen!», murmelte Hodi verträumt: «Und Gras!»

«Gras?»

«Großvater hat von großen grünen Flächen erzählt!»

Hedda lachte: «Er erzählt gerne und viele Geschichten. Nicht alles ist wahr!»

«Aber die großen grünen Flächen schon!», sagte Hodi. Er schaute Richtung Norden und erblickte als erster den Mann, der auf sie zukam. Gut hundert Meter war er noch von ihnen weg: «Da kommt wer!»

Hedda schaute sich um und sah die Gestalt. Sie nahm ihren Bruder am Arm: «Lass uns zurückgehen!»

«Willst du ihn nicht fragen, was er hier will?», fragte Hodi.

Hedda schüttelte den Kopf: «Du weißt, was Vater über Fremde gesagt hat, oder?»

«Wir sollen mit keinem sprechen!», meinte ihr Bruder: «Aber vielleicht benötigt er Hilfe oder will wissen, wohin er gehen muss!»

«Er sieht nicht aus, als bräuchte er Hilfe!», meinte Hedda und ging los. Das Seil zwischen ihr und dem Schlitten spannte sich. Das hölzerne Transportmittel setzte sich in Bewegung.

«Wartet ihr beiden. Wartet auf mich!», hörte man den Mann schreien. Seine Stimme war deutlich zu hören. Der Wind kam günstig aus Norden und trug jede Silbe klar zu ihren Ohren. Der Schall ließ sich von der strömenden Luft förmlich tragen.

«Hör nicht auf ihn!», meinte Hedda und blieb für einen Moment lang stehen. Sie schaute hinüber zu dem Fremden, der immer näherkam.

«Er benötigt unsere Hilfe!», sagte Hodi: «Sonst würde er nicht nach uns rufen. Vielleicht hat er sich verirrt!»

«Dann soll er uns zur Siedlung folgen!», erwiderte seine Schwester und stapfte weiter: «Aber wir reden nicht mit ihm!»

Immer wieder drehte sich Hodi um. Der Abstand zwischen ihnen und dem fremden Wanderer verringerte sich nicht, aber er wurde auch nicht größer. Er folgte ihnen bis zu der kleinen Siedlung Tornheim, in der Hedda und ihr Bruder wohnten.

Gut dreißig Familien lebten auf der felsigen Anhöhe in Häusern aus Stein. Nur wenige Siedlungen in Ragnas hatten Steinhäuser. Viele Bewohner der nordischen Gegend außerhalb der großen Hauptstadt waren Nomaden und lebten in Zelten oder Iglus. Vor gut zwanzig Jahren hatte der König der Ragni befohlen mehrere Siedlungen aus Steinhäusern zu errichten. Tornheim war eine davon.

«Geh du voran!», meinte Hedda: «Wir müssen die Dorfbewohner informieren, dass ein Fremder kommt! Das kannst du schon mal tun!»

Hodi nickte. Rasch zog er sich die Schneeschuhe aus und verschwand dann in einer Türe.

Man darf sich Tornheim nicht als Siedlung vorstellen, bei der verschiedene Häuser in bestimmtem Abstand zueinanderstanden. Vielmehr bestand das Dorf aus einer großen gemeinschaftlichen Halle in der Mitte, die mit den Häusern der einzelnen Familien verbunden war. Acht Schmale Gänge führten von diesem zentralen Haus sternförmig weg, durch die man in die kleineren Häuser gelangte. Zwischen diesen Gängen gab es immer vier dieser kleineren Gebäude. Insgesamt kam Tornheim neben der Haupthalle also auf zweiunddreißig weitere Häuser. In dreißig davon lebten die Familien, zwei weitere waren gemeinschaftliche Vorratshäuser. So war es möglich selbst bei widrigsten Umwelteinflüssen zwischen den Häusern zu wechseln. Das zentrale Haupthaus war der Mittelpunkt der Siedlung und des dörflichen Lebens. Im Endeffekt wie ein überdachter Dorfplatz.

Der junge Ragna rannte schnurstracks durch den langen Gang an insgesamt jeweils vier Familienhäusern zu seiner Linken und seiner Rechten vorbei und direkt in die Haupthalle.

Einige Frauen waren dabei Kleider zu nähen. Hellhäutige Ragni mit schwarzen Haaren, die sie meist offen und lang trugen. Ein paar wenige Frauen hatten graue oder gar weiße Haare, weil sie schon älter waren. Die schwarzen glatten Haare waren jedoch typisch für eine junge Ragna.

Eine weitere Frau legte in einen der acht Öfen, die sich jeweils zwischen den Gängen an den Seiten der Halle befanden, Holz. Die vier Familien des rechten Ganges neben den Holzöfen waren jeweils gemeinsam dafür verantwortlich, dass das Feuer ihres Kamins nicht ausging.

Hodi beachtete die Frauen nicht, sondern ging schnurstracks an den großen runden Tisch in der Mitte. Es gab mehrere Tische, er jedoch war der größte und nur den Männern vorbehalten. Ein paar Ragni saßen dort und unterhielten sich.

«Ein Fremder!», rief Hodi laut: «Er kommt aus dem Norden!»

Die Männer standen sofort auf. Es war äußerst selten, dass jemand Tornheim besuchte. Und wenn, dann waren es keine Fremden, sondern Boten des Königs oder Händler aus der Hauptstadt Gunnarsheim, dem Königssitz. Beide würde der junge Ragna jedoch als solche erkennen.

Die Ernährung der Siedler in Tornheim bestand hauptsächlich aus Fisch. Der Fang war mühevoll. Zwar lag Tornheim direkt am Meer, doch das war zugefroren. Eine bis zu knapp ein Meter dicke Eisschicht trennte das Meerwasser von der Oberfläche. Das Eis isolierte jedoch auch das darunterliegende Wasser in der Weise, dass das Meer darunter nicht weiter einfror. So war die Schicht des sogenannten Packeises über dem Meer immer gut einen Meter dick. Außer an Stellen wo es Meeresströmungen gab. Dünner als einen halben Meter war das Eis allerdings nie. Wer an die reichen Fischbestände heranwollte, musste sich einen Zugang schaffen. Hierzu schlug man Wuhnen ins Eis. Löcher, die man mit einem Eispickel mühevoll täglich offenhielt.

Zwanzig Fische hatte Hedda gemeinsam mit ihrem Bruder gefangen. Eine recht ausgiebige Beute. Ihr Vater würde stolz auf sie sein. Seit dem Tod ihrer Mutter nahm die junge Ragna eine wichtige Rolle ein und musste viel Verantwortung übernehmen. Für die Familie. Für ihren Vater und ihren Bruder. Sie war die Frau im Haus, obgleich sie selbst eigentlich sehr jung war.

Hedda nahm den Beutel mit den Fischen. Sie wollte gerade hineingehen, als der Fremde plötzlich neben ihr stand: «Sei gegrüßt, junge Dame!»

Sie schaute ihn erschrocken an: «Wer seid Ihr?». Sie betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte keine fellbesetzte Kleidung, sondern trug einen ledernen Anzug, der mit Schafswolle ausgekleidet war. Der Fremde war definitiv kein Ragna.

«Ich bin auf der Durchreise!», meinte der Mann und schaute sich Hedda genauer an. Sie hatte ihre Kapuze nun nach hinten gezogen und ihr wunderschönes Gesicht kam zum Vorschein: «Du bist Hedda, richtig?»

Sie nickte überrascht: «Woher kennt Ihr meinen Namen?»

«In ganz Ragnas spricht man von der Schönheit der Tochter von Loros!», sagte der Mann.

Sie wurde rot: «Verzeiht, mein Herr, dass wir nicht gewartet haben!», entschuldigte sie sich.

Er schüttelte den Kopf: «Es ist hier Brauch keinen Fremden dort draußen im Eis zu begrüßen oder sich ihm zu nähern, es sei denn er ist verwundet. Und ihr habt mich nach eurer Sitte zu eurer Siedlung geführt. Das ist Gastfreundschaftlichkeit genug!»

«Ihr seid kein Ragna!», meinte Hedda. Ihre stahlblauen Augen fixierten den Mann. Er hatte kurzgeschorenes Haar und einen Vollbart. Kein einziger Ragna trug je einen Bart und das Haar wurde nie kürzer als bis zur Schulter geschnitten.

«Ich bin ein Mani!», sagte der Fremde.

Es war der erste Mani, den die junge Ragna sah. Ihr Großvater hatte viel vom Land Manis erzählt. Von den stolzen Männern und Frauen, die wohl eines der am weitesten entwickelten Völker ausmachten. Ihr Großvater hatte einige Zeit in einer der Städte dort gelebt.

Die Türe zur Siedlung ging auf und vier Ragni erschienen. Darunter auch Loros, der Stammeshäuptling von Tornheim und Vater von Hedda und Hodi.

«Geh hinein!», befahl Loros seiner Tochter.

«Ihr seid der Bürgermeister dieser Siedlung?», fragte der Mann aus Manis.

Loros schüttelte den Kopf: «Wir haben keine Bürgermeister, so wie Ihr es kennt. Ihr seid ein Mann aus Manis, nehme ich an. Ich bin der Häuptling dieser Siedlung!»

«Es kommt aufs Gleiche raus!», sagte der Fremde: «Mit dem Unterschied, dass unsere Dorfvorsteher gewählt werden. Ihr seid es sicherlich nicht!»

Loros verneinte: «Nein! Das bin ich in der Tat nicht. Was treibt Euch hierher? Wir haben nicht häufig Gäste.»

«Ich bin auf dem Weg nach Gunnarsheim!», meinte der Mann im ledernen Anzug.

Der Stammeshäuptling schaute ihn verwundert an: «Woher kommt Ihr? Bis nach Gunnarsheim seid Ihr gut drei Wochen zu Fuß unterwegs. Und auf dem direkten Weg kommt keine Siedlung mehr.»

«Deshalb wollte ich euch bitten meine Vorräte auffüllen zu lassen! Ich brauche Angelzeug. Und wenn ihr habt etwas Fett!»

Loros schaute ein wenig missmutig drein. Doch dem Fremden zu misstrauen war vermutlich falsch. So alleine war er keine Gefahr. Deshalb nickte er: «Gut. Ihr könnt es haben!»

«Ich bezahle euch auch!», meinte der Fremde aus Manis: «Ich habe Gold- und Silbertaler!»

«Das ist gut!», sagte Loros. Für die Bewohner der Siedlung waren die Taler eine einfache Möglichkeit in Gunnarsheim, der Hauptstadt der Ragni, Waren zu bekommen: «Kommt herein. Ihr könnt euch in der Haupthalle ausruhen!»

«Du vertraust ihm, Papa?», fragte Hodi und riss am Ärmel seines Vaters.

«Warum nicht?», Loros schaute dem Fremden hinterher. Dieser folgte den anderen drei Männern ins Innere von Tornheim.

«Hedda hat ein ungutes Gefühl!», meinte der Junge.

Sanft kniff der Häuptling seinem Sohn in die Wange: «Deine Schwester macht sich immer irgendwelche Gedanken. Mach dir keine Sorgen. Der Mann ist allein. Er kann uns nichts tun!»

2

Xipe Totec,

Hauptstadt der Nehataner

Am anderen Ende der bekannten Welt von Ariton lebte das Volk der Nehataner. Weit weg von den im Norden lebenden Ragni. Südlich der großen Wüste Gory. Viele glaubten, dass die Ragni auf der einen Seite von Ariton waren und die Nehataner auf der anderen Seite dieser Welt. Das war im Grunde falsch, denn weiter südlich gab es das tatsächliche Gegenstück zum Land Ragnas, wo es ebenfalls nur Eis und Schnee gab. Und ewige Dunkelheit. Aber auf keiner bekannten Karte des Jahres 799 war dies verzeichnet. Noch nie war einer derart weit in den Süden vorgedrungen. Allgemein war die Welt noch nicht komplett erforscht. Auch, was auf der anderen Seite des Planeten war, wusste niemand. Auch nicht, ob es dort noch weiteres Leben gab.

Die Nehataner waren oft von großer, kräftiger Statur. Ihre Hautfarbe war von sehr dunkler, fast schwarzer Farbe. Die Frauen, meist füllige Damen, trugen langes dickes Haar. Die Männer scherten ihre Haare in der Regel recht kurz oder sogar ganz ab. Für viele andere Völker waren die Nehataner grobschlächtige Riesen. Barbaren, die sich gerne prügelten und literweise Wein tranken. Händler, die das Land der Nehataner besuchten, erzählten von großen Festen, wo man riesige Ochsen briet und sich gegenseitig zum Spaß prügelte. Wo Frauen mit nacktem Oberkörper vor den Männern tanzten und es immer wieder zu öffentlichen sexuellen Ausschweifungen kam. Die Händler übertrieben natürlich des Öfteren mit ihren Darstellungen um ihren eigenen Geschichten noch mehr Würze zu verleihen. Aber vieles war wahr. Die Nehataner waren ein grobschlächtiges Volk.

König Atlacoya war einer der kräftigsten Männer in der gesamten Welt. Der gut zwei Meter große Herrscher des schwarzen Volkes, so wurden sie von den anderen Völkern meist genannt, saß in seinem Thronstuhl. Vor ihm kniete eine junge Nehatanerin und besorgte es ihm mit dem Mund. Sie war eine Sklavin aus einem kleinen Dorf. Ihr Vater schuldete dem Königreich die Abgaben von zwei Jahren und so hatte der König kurzerhand die Tochter in Zahlung genommen.

«Atlacoya, ich muss mit dir reden!», sagte ein Mann, der neben dem König stand und das bizarre Spiel mit anschaute, nun aber nicht mehr schweigen konnte. Es brannte ihm etwas gewaltig auf der Seele, das spürte man. Der Mann, der ebenfalls nur einen Lendenschurz trug, sah dem König verdammt ähnlich. Und das nicht ohne Grund. Chantico war nicht nur der höchste militärische Führer der Nehataner, sondern auch der Bruder von König Atlacoya. Allerdings war er nicht ganz so kräftig und durchtrainiert.

«Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?», stöhnte der Herrscher unter dem Einfluss der weiblichen Liebkosung seines männlichen Geschlechts.

Chantico schwieg und starrte auf die Szene vor sich. Immer wieder glitten die Lippen der jungen Sklavin über den Schaft seines Bruders.

«Nimm sie dir von hinten, während sie mich bläst!», meinte Atlacoya gönnerisch. Er hatte die Augen geschlossen. Sein kahlrasierter schwarzer Schädel mit den breiten Wangenknochen und der platten Nase lehnte am Thron. Mit seinen kräftigen Armen, die von gewaltigen sichtbaren Adern durchzogen waren, hielt er sich an der Armlehne fest. Sein Oberkörper war nackt, was nicht untypisch für die Nehats war. Bis auf den Lendenschurz trugen sie in der Regel keine Kleidungsstücke. Die Frauen hingegen trugen lederne Kleider. Doch diese vor dem König kniende Frau war komplett nackt.

Chantico schüttelte stumm den Kopf. Er hatte keine Lust die Spielchen seines Bruders mitzuspielen. Auch er, als der höchste militärische Führer von Nehats, konnte sich alle Frauen nach Belieben nehmen. Egal ob verheiratet oder nicht. Das war das gute Recht der königlichen Familie. Allerdings gab es dabei ein kleines Problem. Chantico fand Frauen in keiner Weise sexuell attraktiv. Er bevorzugte die jungen, nackten Leiber von zierlichen Männern. Richtig ausleben konnte er diese Neigung nur schwer. Denn jegliche gleichgeschlechtliche Liebe war bei den Nehatanern verpönt.

Chantico schaute zu, wie sein Bruder zum Höhepunkt kam. Er sah wie dieser seinen dicken Phallus tief in die Kehle der jungen Sklavin trieb und abspritzte. Die Nehatanerin hustete und würgte. Sperma rann an ihren Mundwinkeln herab und tropfte auf den kalten Boden vor dem Thron.

«Hast du es dann?», fragte der militärische Führer genervt.

Sein Bruder, der König, grinste: «Ja!» Er gab der Sklavin einen Wink um ihr zu verdeutlichen, dass sie sich zurückziehen sollte. Diese wischte sich den Mund ab und verschwand dann zügig.

«Herrgott, Bruderherz. Deine Armee steht auf dem Platz des Krieges bereit und du hast nichts Besseres zu tun, als es dir von einer jungen Sklavin besorgen zu lassen.»

Atlacoya stand auf. Sein schlaffes Geschlecht wurde wieder unter dem ledernen Lendenschurz verborgen und der König streckte sich. Der zwei Meter Hüne ging langsam die Stufen vom Thron herunter und sein Bruder folgte ihm. Dann meinte Atlacoya: «Bruderherz. Das ist gut. Ich werde meine Ansprache halten und dann könnt ihr losziehen!»

«Du bist dir also sicher?», fragte Chantico: «Du willst gegen die Pravin ziehen?»

«Wir werden uns nehmen, was uns zusteht!», nickte der hünenhafte König: «Wir werden uns das fruchtbare Land an der Küste nehmen!»

«Nun!», meinte sein Bruder: «Meine Armee steht bereit. Also warte nicht länger. Halte deine Rede!»

«Meine Armee!», betonte der König mahnend. Er wusste, dass Chantico sich als Führer mit der Armee sehr stark identifizierte. Aber er war «nur» der eingesetzte General. Jederzeit austauschbar.

«Deine Armee, Bruder, deine Armee!», nickte der Feldherr.

Der Platz des Krieges hatte seinen Namen vom zwanzigjährigen Krieg gegen die Shiva. Gut hundert Jahre war das schon her. Keiner der beiden Völker war im Grunde als Sieger aus den Schlachten gegangen. Allerdings hatten die Shiva die Western Insel für sich beansprucht. Eine Insel auf die der damalige König der Nehataner gut verzichten konnte.

Viele hatten ihr Leben verloren. Atlacoyas Urgroßvater hatte den Platz danach erbaut und ihn zur Erinnerung an den Krieg so genannt.

Dreitausend Männer füllten den Platz mitten im Zentrum von Xipe Totec, der Hauptstadt der Nehataner. Darunter waren zweitausend Schwertkämpfer, fünfhundert Bogenschützen und fünfhundert Reiter. Bis auf wenige junge Krieger, die noch in der Ausbildung waren und die wenigen Einheiten, die die Städte und die Häfen bewachten, war das die gesamte Armee der Nehataner. Chantico hatte entschieden keine Reserven in den Städten zurückzulassen. Seine Offiziere hatten ihm davon abgeraten. Jeder Feldherr musste eine Reserve bilden, egal was ihn mit seiner Armee erwartete. Aber Chantico plante lediglich eine mobile Reserve, die unmittelbar in seiner Nähe war. Er wollte nicht alle Truppen gleichzeitig in Pravin einmarschieren lassen, sondern einen Teil an der Grenze stationieren und später nachrücken lassen. Was im Endeffekt völlig überzogen war. Die Pravin, so berichteten Späher, hatten in dem schmalen Landstreifen an der Küste ohnehin nur gut fünfhundert Mann stationiert. Insgesamt hatte die Armee der Pravin gerade mal zweitausend Mann und die meisten waren im östlichen Teil des Landes stationiert. Ein großes Gebirge machte eine schnelle Mobilisation der Truppen an der Küste entlang schlichtweg unmöglich. Die Einheiten aus der Hauptstadt der Pravin mussten durch die große Sandwüste. Es würde Wochen benötigen, bis sie den Küstenstreifen, auf den es die Nehataner abgesehen hatten, erreichen würden.

Hundert Treppen führten vom Platz des Krieges hinauf zum Vorplatz des Königspalastes. Ein gewaltiges monströses Bauwerk aus grob gehauenen sandfarbenen Steinen, die man im nahegelegenen Gebirge im südlichen Ausläufer der Wüste in den Steinbrüchen gehauen hatte. Die Nehataner waren vor allem für ihre erfahrenen Steinmetze bekannt. Der königliche Palast war ein Meisterwerk der Architektur. Viele Sklaven waren nötig gewesen um dieses Monstrum zu erschaffen.

Atlacoya stand ganz oben auf dem Vorplatz seines Palastes. Stolz stand er da. Der Hüne von einem Mann, von dem alle glaubten, dass er mit seinen großen Händen ohne Probleme den Kopf eines jeden Feindes zerdrücken konnte. Und Feinde hatte Atlacoya viele. Vor allem im eigenen Land. Die hohen Abgaben waren ein Grund. Ein weiterer die Willkür der Armee, die im Endeffekt ganze hundert Jahre keinen Krieg mehr erlebt hatte. Ihre Aufgabe war vor allem der Kampf gegen Aufständische und politische Gegner. Auch Atlacoyas Vater war nicht für seine Gnade bekannt gewesen. Aber Atlacoya übertraf dessen politische Härte um Weiten. Und dennoch wurde er wie ein Gott verehrt.

«Nehataner, Volk von Nehats!», begann König Atlacoya seine Rede: «Die Götter meinten es in den vergangenen zwei Jahren nicht gut mit uns. Erst viel zu viel Regen und die Ernte verschimmelte und dann war es zu heiß und die Felder verdorrten. Unsere Kornspeicher sind so gut wie leer. Unser Volk steht in Gefahr hungern zu müssen. Die Pravin hingegen fressen sich auf ihrem kleinen Landstreifen zwischen der Wüste und dem Meer satt. Ihnen waren die Götter gnädig. Warum auch immer. Zwanzig Jahre ist es nun schon her, dass die Pravin von meinem Vater diesen kleinen Landstreifen bekommen haben und sie sich dort ansiedelten. Aber rein rechtlich gehört dieses Stück fruchtbare Land uns! Und wir werden es uns wiederholen!»

Die Soldaten jubelten.

«Wir werden in Pravin einmarschieren. Und ich sage euch, jeder Pravin, der Widerstand leistet, wird getötet. Alle aber, die sich uns unterwerfen, dürfen uns dienen.»

Erneut jubelten die Krieger, während der König eine Pause machte.

«Die Frauen und Kinder sollen unserem Volk als Sklaven dienen und die Männer Kriegsdienst leisten!»

Ein drittes Mal jubelte die Armee der Nehataner.

Und auch das Volk jubelte. Auf den Flachdächern rund um den Platz des Krieges hatten sich die Stadtbewohner, Bauern aus den umliegenden Gegenden und Händler, Steinmetze, Frauen, Kinder und Alte versammelt, um Zeuge dieses Spektakels zu werden. Es war seltsam. Gerade so als würde der ganze Zorn, den das Volk durch ihren König zu spüren bekam, sich nun auf den Nachbarn verlagern. König Atlacoya schaffte für sich ein neues Feindbild, das nicht im eigenen Land war. Das kein politischer Gegner oder Aufständischer war. Und das Volk genoss diese Verlagerung der Gewalt.

Feldherr Chantico stand neben seinem Bruder. Er liebte ihn, so gut er konnte. Er war sein Fleisch und Blut. Aber viel gemeinsam hatten sie nicht. Chantico war weder ein brillanter Stratege, was das Militär anbelangte, noch war er ein großer Krieger. Aber er tat sein Bestes um seinen Bruder zufrieden zu stellen. Die Aussicht auf einen Krieg gegen die Pravin jedoch machte ihm Angst.

«Und, wie waren meine Worte?», fragte Atlacoya. Es war keine Frage auf die er eine ehrliche Antwort erwartete, sondern vielmehr nach Bestätigung verlangte. Der König ließ kaum Kritik zu. Auch nicht durch seinen Bruder.

«Vater wäre stolz auf dich gewesen, Bruderherz!», sagte Chantico.

«Oh, er ist stolz. Dort oben in der Ewigen Sonne sitzt er neben Regnator und schaut auf uns herab. Und er schaut auf dich, mein Bruder. Auf den großen Feldherrn!»

«Ich werde mein Bestes geben!»

«Das Beste ist nicht genug für mich und mein Volk. Du musst mehr geben!», grinste Atlacoya: «Und nun lasse die Truppen abziehen!»

Chantico nickte. Er schaute hinüber zu seinem Feldmarschall und gab den Befehl den Platz zu räumen. Die Truppen sollten zurück in ihr Feldlager. Der König hatte gesprochen und war nun fertig.

3

Tornheim,

Siedlung im Ewigen Eis

Hedda hatte sich ihrer Fellkleidung entledigt und hängte sie an ihren persönlichen Haken in der Gemeinschaftsunterkunft. Die Kleidung eines Ragna war sein vermutlich wertvollster Besitz und sicherte sein Überleben in der eisigen Kälte des Ewigen Eises. Die Fellkleidung bestand aus graubraunem Rentierfell. Man jagte die Tiere im Süden nahe der Wälder der Hauptstadt Gunnarsheim. Die Felle boten einen guten Schutz vor Kälte und Nässe. Sie waren wasserabweisend und schafften zudem ein guter Windschutz. Doch das recht brüchige Haar war nicht lange haltbar. Um die dreißig Fälle benötigte eine durchschnittliche Familie in Tornheim pro Jahr. Sie dienten nicht nur als Kleidung, sondern auch als Decken. Ältere, nicht mehr ganz so gute Felle, wurden auf dem Boden der Gebäude ausgelegt und dienten in gewisser Weise als Teppich. Über die Jahre hinweg war so der gesamte Boden von Tornheim mit Fellen ausgekleidet worden.

Im Inneren der Siedlung war es angenehm warm. Traditionell trugen die Ragni innerhalb des Gebäudekomplexes lediglich ihre Unterkleidung. Dünne Hosen und Hemden aus Leinen. Man ging grundsätzlich barfuß, was angesichts des ausgelegten Fellteppichs kein Problem war.

«Wer ist der Mann?», flüsterte Hedda.

Loros schaute seine Tochter an und schüttelte dann den Kopf: «Ich weiß es nicht. Er kommt von weit her. Er ist ein Mani!»

«Aber wieso kommt er dann aus dem Norden?», fragte Hedda irritiert und schaute zu dem Fremden, der gierig den Fisch aß, den die Bewohner ihm angeboten hatten.

«Wie gesagt, ich weiß es nicht. Und jetzt geh raus und versorge die Hunde. Bringe ihnen Fisch, sie sind hungrig!»

«Kann das nicht Hodi machen?», fragte sie beleidigt.

«Er soll bei uns Männern sitzen. Das Füttern der Hunde ist Frauenarbeit!», meinte Loros streng.

Hedda schaute ihn böse an. Sie arbeitete hart und viel. Und sie fand es ungerecht, dass ihr jüngerer Bruder oft besser behandelt wurde und bei den Männern sitzen durfte. Aber dann gehorchte sie. Missmutig stapfte sie Richtung Ausgang und kam dabei an dem Mani vorbei.

«Sie ist Eure Tochter, richtig?», grinste der Fremde und packte Hedda am Arm: «Sie ist wunderschön!»

«Lasst sie!», sagte Loros.

«Verkauft Ihr sie mir?»

Loros stand auf und griff zu seinem Dolch, den er an einem Gürtel trug: «Ich weiß, dass die Mani sich Sklaven halten. Genauso wie die Nehataner, die Pravin und die Shiva. Aber wir nicht. Bei uns sind alle Ragni frei.»

«Sehr bedauerlich!», grinste der Fremde und schaute in die stahlblauen Augen von Hedda. Schüchtern wich sie seinem Blick aus. Dann ließ er sie los und schaute ihr hinterher: «Sie würde Euch viele Taler bescheren!»

«Wie gesagt, wir Ragni haben diese Unart nicht andere zu unserem Eigentum zu machen!»

«Unart?», lachte der Mani: «Es gibt sieben Völker. Aber wir haben nur einen Gott.»

«Es gibt acht Götter!», korrigierte Loros.

«Wir haben einen Gott und sieben Nebengötter. Wie wir auch nur eine Sonne und sieben Monde haben. Aber der Punkt ist, dass wir auch nur ein Gesetz haben. Und das erlaubt uns Sklaven zu halten!»

«Es mag sein, dass wir die gleichen Götter haben. Aber dennoch hat jedes Volk seine eigenen Regeln!»

«Die Gesetze von Regnator stehen über den Regeln und Gebräuchen der Völker!», meinte der Fremde und stand auf: «Oder irre ich mich?»

«Wir alle wissen, dass die Gesetze unseres Gottes Regnator von einem Mani aufgeschrieben wurde. Vor Hunderten von Jahren.»

«Sie sind dennoch für alle bindend!»

«Aber sie sind von einem aritonischen Wesen verfasst worden.»

«Gott Regnator persönlich hat die Worte diktiert.», sagte der Mani. Er wusste, dass die Ragni ihren Götterglauben durch Erzählungen, Mythen und Sagen aufrecht hielten, nicht durch geschriebene Worte. Die wenigsten Ragni konnten lesen oder gar schreiben.

Loros schüttelte den Kopf: «Es spielt keine Rolle. Ihr sucht doch nur einen Grund meine Tochter zu … zu kaufen! Vergesst es. Ich lasse diesen Handel nicht zu.»

Der Mani ging einmal um den Tisch herum, an dem gut zwanzig Männer saßen: «Warum sitze ich an einem der anderen Tische ringsherum? Warum nicht an eurem großen Tisch in der Mitte?» Er schaute sich um. An den anderen Tischen saßen Kinder und Frauen.

«Ihr seid keiner von uns!», sagte Loros: «Nur Männer unseres Stammes dürfen an der großen Tafel Platz nehmen.»

«Ihr seid ein zurückgebliebenes Volk!», spottete der Fremde und öffnete dann einen Beutel. Er legte drei Taler auf den großen runden Tisch.

«Was tut Ihr?», fragte das Stammesoberhaupt.

«Oh, ich darf als Fremder nicht einmal euren Tisch berühren?», grinste der bärtige Mann. Aber er scherte sich nicht um die Regeln der Ragni und zeigte auf die Münzen: «Das sind drei Silbertaler. Vielleicht hat einer der anderen anwesenden Väter eine hübsche Tochter und würde sich gerne diese drei Taler verdienen?»

Es war still im Raum. Loros schaute sich um. Ein paar der Männer schienen tatsächlich zu überlegen. Drei Silbertaler waren in der Stadt Gunnarsheim viel Wert. Er durchbrach die Ruhe, nahm die Taler an sich und drückte sie dann dem Fremden in die Hand. Bevor jemand seiner Leute antworten konnte: «Nehmt euer schmutziges Geld. Hier geht keiner auf euer Angebot ein!»

«Äußerst bedauerlich!», meinte der Fremde: «Wie dem auch sei. Ich bräuchte ein Nachtlager. Oder besser ein Ruhelager. Eine Nacht gibt es hier ja nicht.»

Loros gefiel der Ton des Mannes nicht. Man merkte deutlich, dass er das Gefühl hatte etwas Besseres zu sein. Es war tatsächlich so, dass die Mani die wohl fortschrittlichste Kultur besaßen. Dennoch waren vor Regnator, dem Gott aller Völker, alle gleich. Eine Herrenrasse gab es nicht. Aber er wollte den Fremden auch nicht verärgern: «Wir stellen Euch ein Bett zur Verfügung!»

«Das ist nett!», grinste der Fremde.

Draußen vor den Gebäuden ging Hedda auf die Hunde zu. Sie jaulten laut. Das Alphatier fing an und nacheinander stimmten die einzelnen Mitglieder des Rudels in den Gesang ein. Durch das markante Heulen festigte jeder einzelne Schlittenhund seine Zugehörigkeit zum Rudel. Zudem markierten sie damit ihr Territorium. Jetzt jedoch signalisierten sie Bereitschaft für die Jagd. Die im Grunde keine war. Denn es war Hedda, die kam und die Beute bereits erlegt hatte.

Hedda verteilte den getrockneten Fisch. Der frische Fisch des heutigen Tages war für die Ragni bestimmt. Den Hunden schien das nichts auszumachen. Gierig stürzten sie sich auf die Fleischbrocken.

Wer war dieser Mann? Hedda fröstelte bei dem Gedanken an ihn, obwohl sie warm eingepackt war. Er hatte sie kaufen wollen. Als Sklavin. So richtig war ihr nicht bewusst, was das bedeutete. Aber ein wenig konnte sie es sich denken. Aber warum? Warum kam er hierher und bot Geld für sie?

Die junge Ragni verdrängte den Gedanken. Diese Welt, in der sie lebte, war ein Paradies aus Eis und Schnee. Hier kamen normalerweise keine Fremden her. Hier gab es wenig Streit. Und wenn, dann war der schnell geschlichtet. Man musste sich zusammenraufen um zu überleben. Jede Familie half mit. Jeder einzelne Ragni trug seinen Beitrag bei. Fremde hatten hier nichts verloren.

Vor der Siedlung Tornheim gab es einen großen säulenförmigen Stein, der gut zwei Meter hoch war. Um ihn herum hatten die Bewohner lange Stäbe in den Boden gehauen. Für die Ragni war dies eine Art Sonnenuhr. Je nachdem auf welcher Seite der Stein seinen Schatten warf, wussten sie, welche Tageszeit sie hatten.

Im Grunde war die Ruhezeit der Ragni immer dann, wenn die Sonne vom Westen über den Norden nach Osten wanderte. Sagte man den Kindern, dass die Sonne bereits den Westen durchlaufen hatte, dann wussten diese, dass es Zeit für das Bett war. Nicht immer konnte man die Sonne sehen. Oft war sie durch Wolken verdeckt oder ging in einem Schneesturm unter. Dann funktionierte natürlich auch das Spiel von Schatten und Licht nicht. Aber der Sonnenstein, wie ihn die Ragni nannten, war ein wichtiges Hilfsmittel. An diesem Tag war die Sonne jedoch deutlich zu sehen.

Einundzwanzig Stunden hatte ein Tag. So lange brauchte der Planet um sich um seine eigene Achse zu drehen. Die Ragni hatten einen klaren Tagesablauf. Sieben Stunden wurde geschlafen oder zumindest geruht, sieben Stunden gearbeitet und sieben Stunden verbrachten sie für sich oder mit ihrer Familie.

Nachdem Hedda mit den Hunden fertig war, ging sie wieder hinein. Schnurstracks steuerte sie auf ihren Bruder zu.

«Du solltest nun schlafen gehen!», meinte Hedda zu ihm.

Hodi schnaubte böse. Er hatte keine Lust ins Bett zu gehen. Der fremde Mann erzählte Geschichten und einige Männer standen um ihn herum und hörten ihm zu: «Warum darf ich nicht von den fremden Ländern hören?»

«Hör auf deine Schwester!», meinte sein Vater streng und schaute dann misstrauisch in die Richtung des Fremden. Zumindest seinen Namen hatte er nun genannt. Ludwig von Battleton. Allzu viel brachte dieses Wissen Loros allerdings nicht. Dennoch hätte er zumindest vom Namen her wissen wollen, mit wem er es zu tun hatte. Aber er ging stark davon aus, dass er nicht ehrlich war.

«Du traust ihm doch nicht?», fragte Hedda.

«Bring deinen Bruder ins Bett!», meinte Loros. Er hatte keine Lust darüber zu diskutieren. Dann ließ er seine Tochter und seinen Sohn stehen und ging zu dem Fremden.

«Ihr kommt aus dem Norden!», sagte Loros. Es war eine Feststellung, keine Frage.

Der Fremde nickte: «Ja. Das ist richtig!»

«Im Norden gibt es nichts als Eis und noch mehr Eis!», meinte der Häuptling von Tornheim kritisch: «Es kommt mir einfach nicht in den Sinn, was Ihr da oben verloren hattet!»

«Ich war dort oben bei den Nomaden!», antwortete der Mann, der sich selbst Ludwig von Battleton nannte.

«Was wolltet Ihr dort oben? Fische gegen Gold tauschen? Versteht mich nicht falsch, Sir. Aber da oben gibt es wirklich nichts, was sich lohnt zu besitzen.»

«Ich verstehe, dass Ihr misstrauisch seid! Aber das ist nicht nötig. Ich bin nur ein einsamer Wandersmann, der das Land entdecken möchte!»

«Nun gut!», erwiderte Loros. Er hatte keine Lust mehr mit diesem Herrn zu diskutieren. Weil er ihm ohnehin nur das erzählte, was er auch wirklich erzählen wollte. Die Wahrheit würde er nicht erfahren: «Ich gehe schlafen, nachdem ich noch einmal meine Runde um die Siedlung gemacht habe. Ihr habt Euer Lager. Das sollte reichen!»

«Sehr großzügig!», sagte der Mani. Seine Worte hatten aber einen deutlichen ironischen Beigeschmack.

Währenddessen zog sich Hedda aus. Ihr Bruder betrachtete sie dabei.

«Schau weg!», meinte sie zu ihm.

«Dein Busen ist groß geworden!», sagte er grinsend.

«Schau weg!», sagte sie erneut.

«Gibst du damit irgendwann Milch?»

«Herrje. Hör auf zu fragen!», meinte sie und nahm sich ihr Fell, dass ihre Bettdecke war. Sie bedeckte damit ihren nackten Körper.

«Warum sagst du es nicht einfach? Was ist schon dabei?»

«Nichts ist dabei! Aber es ist unhöflich eine Frau so anzustarren!»

«Streichelst du dich da unten manchmal?»

Sie wurde rot: «Natürlich nicht. Und jetzt hör auf!»

«Jede Frau streichelt sich dort unten!»

«Wer sagt denn das, bitte?»

«Die älteren Jungs erzählen sich das. Die dunkelhäutigen Frauen machen es sich sogar gegenseitig, sagt man!»

«Es gibt drei dunkelhäutige Völker!», sagte sie und stieg auf ihr Bett: «Und ich glaube, die Jungs erzählen nur dummes Zeug. Selbst haben sie es noch nie gesehen!»

«Freilich haben sie es selbst noch nie gesehen. Aber sie waren in Gunnarsheim. Und da hat man das erzählt. Die Seeleute erzählen das.»

«Toll!», sagte Hedda: «Und trotzdem kann es nur Gerede sein. Auch von den Seeleuten. Außerdem habe ich noch nie gehört, dass ein Schiff der Ragna soweit in den Süden gefahren ist. Die fahren doch nur bis Manis!»

«Und auch dort erzählt man sich Geschichten!», grinste ihr Bruder.

«Sicher. Auch dort. Überall erzählen die Männer Geschichten. Und wenn die Geschichten dann hier oben angekommen sind, dann sind sie plötzlich voller blühender Fantasie!»

«Darf ich zu dir ins Bett?», fragte er.

Hedda schüttelte den Kopf: «Nein, darfst du nicht.»

«Früher durfte ich immer in dein Bett!»

«Früher, ja. Da war ich auch noch keine Frau. Die Zeiten ändern sich und jetzt schlaf, Bruderherz!»

«Die Jungs reden über dich!», meinte Hodi.

«Ach tatsächlich? Was reden sie denn?»

«Man sagt, du bist die schönste Ragni der ganzen Welt!»

«Hör nicht drauf!», erwiderte sie. Aber es machte sie Stolz. Unglaublich Stolz sogar.

«Ganz ehrlich. Das sagt man sogar in Gunnarsheim!»

«Woher wollen die das denn wissen?», fragte sie.

«Keine Ahnung ...»

«Von Erzählungen. Und die Erzählungen kommen von Leuten, die wieder Erzählungen gehört haben. So geht das immer weiter!»

«Nun, unser Volk ist nicht so groß!», meinte Hodi: «Da spricht sich das schnell rum! Vielleicht ist der Mann wegen dir hier!»

«Wie meinst du das?», fragte Hedda irritiert. Sie richtete sich auf und das Fell rutschte ein wenig hinunter.

«Du hast wirklich schöne Dinger!», grinste er.

Sie bedeckte rasch ihre Brüste: «Was meintest du mit diesem Mann?»

«Ich habe nur ein Witz gemacht!», sagte Hodi: «Aber irgendwann wirst du wegziehen. In eine andere Siedlung. Zu einem Mann!»

«Ja!», sagte Hedda: «Irgendwann!»

«Oder in die Stadt!»

«Nein, ich möchte nicht in die Stadt. Ich will hier oben im Ewigen Eis leben. Für immer!»

«Ich nicht. Ich möchte irgendwann mal in den Süden ...»

«Weißt du, Bruderherz. Der Süden ist nicht so toll, wie alle sagen. Es gibt dort Länder, da ist es immer heiß. Da schwitzt man wie verrückt!», sie grinste: «Würde dir das gefallen? Immer zu schwitzen?»

Er antwortete nicht.

«Hodi?», fragte sie und richtete sich zum zweiten Mal auf. Sie lauschte und hörte den ruhigen Atem ihres Bruders. Er war eingeschlafen.

Glaubte sie zumindest. Doch in Wirklichkeit war er noch wach. Er wusste, dass sie eine Träumerin war. Sie gingen immer zur gleichen Zeit ins Bett, aber sie konnte noch nicht schlafen. So auch an diesem Abend. Er beobachtete sie, wie sie aufstand. Nackt wie sie war, ging sie zum Kamin. Sie setzte sich davor und schaute auf das prasselnde Feuer.

Die Jungs hatten recht. Sie sah gut aus. Aber sie wussten nicht, wie gut sie aussah. Noch nie hatte sie einer nackt gesehen. Er schon. Es war nicht so, dass er auf seine Schwester scharf war. Dafür war er zu jung. Aber neugierig war er schon. Sie war die einzige Möglichkeit für ihn einen nackten weiblichen Körper zu sehen. Brüste zu sehen. Titten, wie die älteren Jungs sagten. Sie sprachen oft über die «Titten» seiner Schwester. Wenn sie ihn fragten, ob er sie jemals gesehen hatte, dann hatte er es immer geleugnet. Weil er Angst davor hatte, dass er dafür bestraft wurde. Dass man ihn dafür verurteilen würde, dass er seine Schwester beobachtete. So wie jetzt zum Beispiel. Natürlich würde das keiner. Vielleicht würde sein Vater ihm eine Ohrfeige geben, aber mehr auch nicht.

Hodi spielte an seinem Penis. Er wusste nicht warum. Es gab keine direkte Verbindung zwischen seiner Schwester und seinen unruhigen Fingern, die an seiner Vorhaut spielten. Oder doch? Es war die Tatsache überhaupt etwas Nacktes zu sehen. Nackte weibliche Formen zu sehen. Dabei war es vollkommen egal, ob es seine Schwester war oder jemand anderes.

Es fühlte sich gut an, wenn er mit seiner Hand die Vorhaut vor und zurückschob. Er wusste nicht, dass es Selbstbefriedigung war. Er spürte nur, wie sein Penis dabei steif wurde und es angenehm war sich dort unten anzufassen. Er machte es nicht um sich bewusst zu befriedigen, sondern weil es sich einfach gut anfühlte.

Hedda saß vor dem Kamin und starrte in die Flammen. Sie war noch nicht müde. Und sie saß gerne vor dem Feuer. Sobald ihr Bruder eingeschlafen war, konnte sie sich nackt davorsetzen. Ohnehin hatten die Ragni der Siedlung Tornheim stets recht wenig an. In den Gemeinschaftsräumen meist nur ein Hemd und eine leichte Hose. Die Frauen leichte Gewänder. Trug man zu viel am Körper und musste raus, dann würde man außerhalb der Gebäude ziemlich schnell frieren. Denn der Temperaturunterschied war enorm. Bis zu 50 Grad Unterschied konnte es zwischen draußen und drinnen haben. Also zog man sich im Haus aus.

Fasste sie sich dort unten an? Sie fand die Frage ihres Bruders reichlich unverschämt. Und das sich jede Frau dort unten streichelte, dass glaubte sie nicht. Aber sie hatte es tatsächlich schon getan. Schon ein paar Mal hatte sie ihren Körper erkundet. Auch schon als sie jünger gewesen war. Deutlich jünger. Das war doch normal, oder? Aber sich bewusst streicheln? Nicht jede Frau machte das. Ganz bestimmt nicht. Oder doch?

Sie streichelte sich die blanke Scham. Die Evolution hatte ihnen jegliche Schambehaarung genommen. Aber das wusste sie nicht. Wie auch alle anderen Bewohner von Ariton das nicht wussten. Weil es für sie schon immer so gewesen war.

Sie teilte ihre Schamlippen und fuhr mit dem Mittelfinger zwischen der Spalte hoch und runter. Es fühlte sich gut an. Und sie spürte, wie sie automatisch feuchter wurde. Warum auch immer ihr Körper in dieser Weise reagierte. Sie wusste es nicht.

Was tat sie? Hodi lauschte. Seine Schwester atmete schwerer. Zumindest hörte es sich so an. Es war schwer es auszumachen. Immer wieder knisterte das Feuer. Er betrachtete ihren Körper. Sie saß schräg von ihm abgewandt. Ein wenig konnte er ihre linke Brust sehen. Im Schein des flackernden Feuers. Aber mehr nicht. Wo war ihre Hand? Sie streichelte sich doch selbst. Sie hatte ihn angelogen. Fühlte es sich ähnlich an wie bei ihm? Wenn seine Finger die Vorhaut vor und zurückschoben?

Wie gerne würde er sie berühren. Aber das war nicht mehr möglich. Seit sie älter worden war, durfte er ihr nicht mehr zu nahekommen. Früher hatte er in ihr Bett kommen dürfen. Aber jetzt war sie reifer und ließ es nicht mehr zu. Warum auch immer. Was war schon dabei?

Es war eigenartig. Die anderen Jungs sprachen häufig über sie. Er selbst nahm sie auf eine andere Weise war. Ja, er interessierte sich für ihren Körper. Weil er der einzige weibliche Körper war, den er zu Gesicht bekam. Aber er fand die anderen Mädchen der Siedlung toller. Die hübsche Kleine, die zwei Häuser weiterlebte, zum Beispiel. Die war viel schöner und viel interessanter. Aber er hatte sie eben nicht nackt gesehen. Das konnte er nur bei seiner Schwester.

Seine Hand bearbeitete weiter sein Glied. Es war angenehm. Und plötzlich passierte es. Alles zog sich zusammen. Sein Penis fing an zu zucken. Oh, bei den Göttern. Was war das? Er spürte, wie er eine milchige Substanz abspritzte. Sofort hörte er auf. Er war viel zu erschrocken. Es war kein unangenehmes Gefühl gewesen. Aber bei diesem ersten Mal viel zu intensiv. Und vor allem ungewohnt.

Er drehte sich um. Versuchte seinen Puls zu beruhigen. Er hatte seinen ersten Orgasmus gehabt. Aber so richtig bewusst war es ihm nicht.

Hedda hörte auf. Sie schaute zu ihrem Bruder. Er war unruhig. Schlief er doch nicht so tief, wie sie vermutet hatte? Zügig ging sie hinüber zum Bett. Nun war sie doch müde.

4

Xipe Totec,

Hauptstadt der Nehataner

Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Anders als bei den Ragni im hohen Norden wanderte sie recht hoch am Himmel entlang.

Chantico und Atlacoya standen noch immer auf dem Vorplatz des Palastes. Die Reihen der Soldaten lichteten sich. Einheit um Einheit rückte ab, um sich vor der Stadt im dortigen Feldlager auf den Marsch Richtung Norden vorzubereiten. Die Schwertkämpfer kämpften seit jeher mit nacktem Oberkörper und nur ihrem Lendenschurz bekleidet. Seit hundert Jahren hatte sich das nicht geändert. Chantico wusste natürlich, dass zum Beispiel die Mani mit Rüstungen kämpften und die Shiva zumindest Lederharnische trugen. Aber die Pravin, die sie bei ihrem Kampf erwarteten, kämpften ebenfalls ungeschützt. Und waren deutlich schlechter bewaffnet. Die Pravin kannten keine Bogenschützen und auch keine Reiter. Sie hatten nur ihre dreitausend mit Speeren bewaffneten Krieger. Sie würden nicht lange gegen die Schwertkämpfer der Nehataner bestehen. Davon war Chantico überzeugt. Aber seine Hoffnung lag vor allem in der schnellen Aufgabe. Er glaubte fest daran, dass sich die Pravin schnell ihrem Schicksal ergaben und die Waffen niederlegten.

«Die Palastwache und die Stadtwache. Mehr bleibt nicht zurück!», meinte Chantico.

Atlacoya nickte seinem Bruder zu: «Das reicht. Hier in der Heimat wird es ruhig sein, während ihr auf Eroberungszug seid! Oder hast du Bedenken?»

Chantico schüttelte den Kopf. Es war seine Idee gewesen alle fünftausend Männer der Streitkraft mitzunehmen. Allerdings mehr aus Unsicherheit. Der junge Führer der Streitkräfte hatte noch nie einen Krieg erlebt. Er hatte noch nicht einmal einen Mann getötet. Deshalb war er sichtlich nervös. Die Pravin hatten vor gut zwanzig Jahren gegen die Shiva gekämpft. Und vor acht Jahren gab es Krieg zwischen den Shiva und den Mani. Die Nehataner hingegen hatten die letzten hundert Jahre keine Schlacht geführt. Abgesehen vom Kampf gegen einige Nomadenstämme, die aus der Wüste heraus immer wieder die Bergwerke im Norden von Nehats attackierten. Und den Kampf gegen eigene Aufständische, die mit der Politik ihres Königs nicht einverstanden waren. Davon gab es eine Menge.

Atlacoya sah den Reitern hinterher, die in Zweierreihen aus dem Tor der Stadt Xipe Totec ritten. Für einen Moment lang dachte er nach und fragte dann seinen Bruder: «Glaubst du, es kommt zum Kampf?»

«Ich weiß es nicht. Ich hoffe doch schwer, dass sie sich sofort ergeben!», sagte Chantico. Beide waren unerfahren was den Krieg anging. Der König war zwar für seine Unbarmherzigkeit und gnadenlose Vorgehensweise gegenüber Feinden bekannt, aber eine tatsächliche Schlacht gegen eine andere Streitmacht, das war schon etwas Anderes.

«Ich hoffe es auch!», sagte Atlacoya: «Es wäre gut, wenn wir aus den Kriegern der Pravin eine neue Einheit aufstellen könnten.

«Eine neue Einheit für was?», fragte Chantico: «Um diese Küstenregion gegen ihre eigenen Landsleute zu verteidigen? Kein Pravin wird gegen einen anderen Pravin seinen Speer erheben. Das glaube ich nicht!»

«Nun!», sagte Atlacoya leise: «Vielleicht für den Marsch weiter Richtung Norden!»

«Durch die Wüste?»

«Durch die Wüste und dann gegen die Shiva.»

«Du willst auch Krieg gegen die Shiva führen?», fragte Chantico verwirrt.

Sein Bruder nickte: «Ich denke, das wird unsere nächste Aufgabe!»

«Das ist verrückt!», meinte der militärische Führer der Nehataner: «Und das weißt du. Ein Marsch durch die Wüste wird uns viel Kraft kosten. Und die Shiva warten dann am Ende der Wüste mit einer ausgeruhten Armee. Lass uns doch erst einmal den ersten Schritt tun!»

«Deshalb bist du nicht der König!», meinte Atlacoya wütend: «Weil du nicht weiter in die Zukunft denkst. Und jetzt scher dich raus aus der Stadt, Bruder. Geh ins Feldlager. Kümmere dich um deine Männer!»

Atlacoya ging hinein in den Palast. Er schaute sich nicht um. Er ließ Chantico, seinen Bruder, einfach stehen. Einem Burschen, der im Eingangsbereich stand und rasch den Kopf senkte, gab er einen Wink. Er wollte Wein. Sofort reagierte der junge Mann. Demütig rannte er davon um das gewünschte zu holen.

«Mein Gemahl, wie lief es?», fragte plötzlich eine Stimme.

Atlacoya war wütend. Doch die Wut wich, als er seine Frau hörte.

«Gut!», sagte er: «Die Truppen sind bereit. Ich weiß nur nicht, ob es auch Chantico ist!»

«Er liebt dich!», meinte sie: «Und er wird sein Bestes geben!»

Für einen Moment lang überlegte Atlacoya, ob er nicht auch ihr sagen sollte, dass das Beste einfach nicht genug war. Chantico musste über sich hinauswachsen. Aber er sagte es nicht. Stattdessen ging er zu ihr und strich ihr über die Wange: «Wie geht es meiner Königin? Der schönsten Blume in ganz Nehats?» Er strich ihr über die schwarzglänzenden Wangen.

«Es geht mir gut, mein Gemahl und König!», erwiderte sie: «Mit Freude registriere ich, dass du große Ziele hast und sie umzusetzen weißt!»

«Die Pravin werden vor unserer Armee erzittern!», sagte er.

Sie nickte: «Das werden sie. Und vielleicht fällt die eine oder andere Sklavin für mich ab!»

Er grinste: «Ja, das wird wohl so sein!» Er fasste ihr an den Po und zog sie näher zu sich: «Du willst eine hübsche, junge pravinische Sklavin? Du weißt, dass sie kleiner sind als wir und kleinere Titten haben?»

«Ja, das weiß ich, mein Gemahl!», seufzte sie und schmiegte sich an ihn.

«Dreh dich um!», befahl er und drängte sie zu einer Säule.

Sie gehorchte. Drehte sich um und krallte sich dann an dem sandfarbenen Stein fest.

Grob und gierig lupfte er den Rock ihres Kleides. Fasste ihr an den dunkelhäutigen Hintern. Mit seinen eigenen Beinen drängte er die ihrigen etwas weiter auseinander. Sie streckte ihm indes den Hintern zu.

«Nimm mich, mein Herr und Gebieter. Mein König!», hauchte sie.

Er entledigte sich seines Lendenschurzes geschickt mit einer Hand. Sein Schwanz stand wie eine Eins und drängte sich nach vorne. Und dann drang er von hinten in sie ein.

5

Tornheim,

Siedlung im Ewigen Eis

Tornheim war noch nie angegriffen worden. Aber es gab immer wieder räuberische Nomaden, die in die Siedlungen schlichen und versuchten die Bewohner auszurauben. Deshalb waren die Eingänge des miteinander verzweigten Gebäudekomplex von innen fest verschlossen. Zudem sorgte eine Wache auf dem Dach der Haupthalle für Sicherheit. Wenn sich Banditen näherten, dann würde sie Alarm schlagen und ganz Tornheim sich in den Verteidigungsmodus begeben.

Die zwei jungen Burschen, die sich an diesem Tag die Wache teilten, hatten sich in ihre Felle eingehüllt. Es war verboten während des Wachdienstes Alkohol zu trinken, aber allzu oft wurde dagegen verstoßen. In den letzten zehn Jahren konnte sich keiner auch nur annähernd daran erinnern, dass etwas Größeres vorgefallen war. Ein wildgewordener Eisbär auf der Suche nach Nahrung oder ein hungriges Rudel Wölfe, das an die Vorräte wollte. Solche Sachen kamen öfters vor. Der schlimmste Vorfall war vor drei Jahren passiert. Da hatten zwölf Wölfe die Siedlung heimgesucht und fast alle Schlittenhunde getötet oder zumindest verletzt. Die treuen Arbeitstiere waren ein wesentlicher Bestandteil bei der Jagd. Ihr Verlust war wahnsinnig gewesen. Die Wache hatte sofort Alarm geschlagen und die Einwohner von Tornheim hatten die wildgewordenen Verwandten ihrer Hunde vertrieben.

Über derartige Probleme oder gar Schlimmeres machten sich die beiden Ragni keine Gedanken. Sie tranken den Wein, den sie teuer in Gunnarsheim erworben hatten. Noch nie in ihrem Leben hatten sie Trauben gesehen und auch in der Hauptstadt des Reiches gab es die Früchte, die als Grundlage für dieses berauschende Getränk dienten, nicht. Selbst die Landschaft der Mani war nicht geeignet für einen guten Weinanbau. Viele Kilometer wurde der Wein von den Shiva mit Schiffen hier in den Norden gebracht und kostete entsprechend viel. Günstiger war das Bier, das von den Mani kam. Aber das schmeckte den Ragni bei weitem nicht so gut. Die Inselbewohner und Seeleute, die Noaten, brauten Honigwein, aber sie verkauften ihn nicht an die Nordleute. So war der Wein aus dem Land der Shiva die teure Alternative und ein enormer Luxus.

Weinbeseelt lachten und feixten die beiden jungen Männer.

«Es gibt ein Land im Süden!», sagte Einer von ihnen: «Da ist es so warm, dass die Frauen fast nackt herumlaufen!»

«Das wäre ein Traum!», grinste der Andere und trank aus dem tönernen Gefäß. Teuer erstanden auf dem Markt in Gunnarsheim und tagelang über Eis und Schnee hier hochgebracht nach Tornheim.

«Hast du Hedda heute gesehen?», fragte der eine der beiden Wachmänner.

«Du meinst, als sie zurück kam vom Fischen?»

«Ja. Als sie sich ihrer Felle entledigte und im Unterrock am Feuer wärmte, bei den Göttern, da hatte ich einen Steifen!»

«Kein Wunder. Sie ist ein geiles Ding!», grinste sein Kamerad.

«Zu gern würde ich mich mal an ihrer süßen Muschi laben. Von ihren Säften kosten. Bei den Göttern. Das muss herrlich sein!»

«Sie wird dich nicht ranlassen!»

Der Andere grinste: «Vielleicht muss ich sie einfach nur eindrücklich überzeugen.»

«Dann tötet dich ihr Vater. Das weißt du. Und er ist unser Oberhaupt!»

«Ich muss pissen!», sagte Einer der beiden. Er kletterte aus dem hölzernen Verschlag, der die Wachen ein wenig vor dem Wetter schützen sollte, kletterte über die Dächer und pinkelte dann von einem der Familienhäuser hinunter.

Als er zurückkam, erstarrte er vor Schreck. Sein Kamerad lag leblos am Boden. Schnell kletterte der junge Mann zurück in den Verschlag und packte seinen Freund am Arm. Gerade als er mit Erschrecken feststellen musste, dass er tot war, spürte er selbst die Klinge am Hals. Der kalte Stahl fühlte sich schmerzhaft an. Viel zu spät kapierte er, dass in diesem Augenblick sein Hals aufgeschlitzt wurde. Mit einem sauberen Schnitt. Er versuchte zu schreien, aber man konnte nur ein leises Gurgeln hören. Panisch griff er nach seiner Kehle. Das Blut, das aus der Wunde schoss, fühlte sich warm an. Angenehm warm. Doch mit dem Verlust des Blutes wich auch das Leben aus ihm.

Mit aufgeschlitzter Kehle lagen die beiden hellhäutigen Männer mit den schwarzen Haaren da. Ihre stahlblauen Augen waren erloschen. Das Leben aus ihrem Körper gewichen.

Der fremde Mann aus Manis wischte in Ruhe sein Messer an einem der Felle, die einer der beiden Toten trug, ab. Er nickte zufrieden und stieg dann die hölzerne Leiter wieder hinunter in die Haupthalle. Dann begab er sich an den Eingang und öffnete eine der Türen zur Siedlung.

6

Xipe Totec,

Feldlager der Nehataner

Langsam näherte sich die Sonne über Nehats dem Horizont. Es würde bald dunkel werden auf dieser Seite des Planeten. Alle sieben Monde würden dann im Laufe der Nacht über das Firmament wandern. Nicht alle waren zur gleichen Zeit am Himmel. Manche erschienen früher, andere später in der Nacht. Zu bestimmten Zeiten im Jahr waren einige von ihnen auch verschwunden. Warum das so war, konnte sich keiner der Nehats erklären. Zu gering war ihr Wissen über die Planeten und das eigene Sonnensystem. Sie wussten nur von der Existenz ihrer Monde, die so unterschiedlich waren, wie sie nur sein konnten. Einer leuchtete gelblich wie die Sonne. Ein anderer rötlich. Wieder ein anderer hatte einen weißen Kern und drum herum einen bläulichen Schimmer. Jeder Mond hatte eine andere Erscheinungsweise.

«Macht Platz für den General!», meinte einer der Unteroffiziere zu seinen Männern. Die Meisten von Ihnen waren kräftig gebaute Männer, die ihr Leben lang nichts Anderes taten als zu trainieren. Für den Kampf, der niemals kam. So hatten sie zumindest gedacht. Immer gerüstet für den Ernstfall. Keiner hatte erwartet vom König selbst in den Krieg geschickt zu werden.

Chantico ritt in gemäßigtem Tempo zwischen den Zelten hindurch. Die Unruhe der Männer war deutlich zu spüren. Keiner freute sich auf den Kriegseinsatz. Die Erzählungen über die kriegerischen Auseinandersetzungen der Vorfahren waren hier bei den Nehatanern eher Schauergeschichten und keine Legenden. Es gab keine Helden aus Kriegszeiten. Ohnehin waren die letzten Krieger aus dem Krieg vor hundert Jahren bereits vor einigen Jahren eines natürlichen Todes gestorben. Wenn sie den Krieg überlebt hatten.

«General!», meinte einer der Offiziere: «Wir haben drei Deserteure gefangengenommen! Sie wollten fliehen.»

«Tatsächlich?», fragte Chantico missmutig. Die Angst vor dem Krieg war bei den Männern groß, auch wenn sie wussten, dass sie nur gegen eine kleine Armee von antraten. Das Verhältnis zueinander stand eindeutig auf der Seite der Nehatanern. Zudem hatten sie ihre Bogenschützen und ihre berittenen Soldaten. Es würde ein leichtes Spiel werden. Also warum sein Leben dann als Deserteur riskieren? Die Chance, von der Truppe gefangen genommen zu werden, war hoch. Und für alle Feiglinge gab es nur eine Strafe: den Tod.

«Was sollen wir mit ihnen tun?», fragte der Offizier.

Chantico überlegte nicht allzu lange: «Vierteilt sie!»

Der Offizier nickte und winkte einen Soldaten herbei: «Ihr habt es gehört. Bereitet die Pferde vor ...»

Chantico betrat sein Zelt. Er, der Kommandant der Streitkräfte. Der General der Armee. Müde warf er sein Schwert auf das Feldbett, das im Grunde nichts Anderes war als ein Bärenfell.

«General!», hörte er eine Stimme am Zelteingang.

«Komm rein!», befahl er.

Es war sein Bursche: «Habt ihr einen Wunsch?»

«Komm her!», befahl er.

Der Bursche nickte. Mit gesenktem Blick kam er näher.

«Knie nieder!», sagte Chantico.

«Ja, mein Herr!», sagte der Knabe leise. Langsam ging er auf die Knie.

Chantico nahm seinen Lendenschürz zur Seite.

Die Lippen des jungen Burschen stülpten sich über die Eichel und glitten den Schaft entlang. Chantico stöhnte auf. Das war gut, verdammt gut. Er schaute hinunter und beobachtete, wie sein Schwanz immer wieder in den Mund des jungen, knabenhaften Mannes rutschte. Langsam bewegte er seine Hüften vor und zurück. Er konnte nicht anders.

Es war nicht das erste Mal, dass ihn der junge Bursche befriedigte. Im Grunde hatte er ihn direkt dafür ausgesucht. Seine feinen, jugendlichen Gesichtszüge hatten ihm sofort gefallen.

Der Bruder des Königs wusste, dass es seinen Tod bedeutete, wenn man ihn erwischte. Jegliche sexuelle Handlung unter Männern wurden mit dem Tod bestraft. Das war ihm klar und er kämpfte mit seinem Gewissen. Immer wieder von Neuem. Ja, er war verheiratet. Mit einer recht hübschen Frau, die er aber weder liebte noch begehrte. Er mochte die jungen Männer. Einmal hatte er versucht mit seiner Frau zu schlafen, aber es war ihm nicht gelungen. Er hatte sie umgedreht und versucht in den Arsch zu ficken, aber auch das hatte nicht geklappt. Ihn erregten Frauen einfach nicht.

«Du tust mir so gut!», seufzte Chantico.

Der junge Mann schaute hoch zu seinem Herrn. Aber er hörte dabei nicht auf. Gehorsam und mit geübten Bewegungen glitt sein Mund den Schaft hinauf und hinunter. Er war in der Zwischenzeit schon recht erfahren was die Befriedigung des Feldherrn anbelangte. Er wusste, was diesem gefiel und was eher nicht. Und er konnte sich darauf einstellen. Deshalb dauerte es nicht allzu lange und der erste kleine Schwall floss aus dem Schwanz des Feldherrn in den Mund des Burschen. Der erste vergossene Lusttropfen. Ein Vorbote auf mehr. Der Bursche machte weiter. Der erste Saft mischte sich mit seiner Spucke. Schön glitschig und feucht rutschten seine großen, breiten Lippen weiter über das Glied seines Herrn und Gebieters. Und dann spritzte dieser ab. Der Feldherr drückte den Rücken durch, so gut er es konnte. Sein Becken schob sich weiter nach vorne. Jede Faser seines Körpers schien die Arbeit niederzulegen, um dem Unterleib den Vortritt zu gewähren. Dort sammelte sich alle körperliche Energie. Alle Hormone waren auf diesen Höhepunkt ausgerichtet, jeder Muskel zuckte, um ihn zu unterstützten, ihn, den Schwanz, der in den Mund des Burschen hinaus- und hineinglitt.

Schließlich zog sich alles in ihm zusammen, konzentrierte sich alles auf seinen Unterleib. Der Feldherr ergoss sich vollends im Mund seines Untergebenen und pumpte sich bis auf den letzten Tropfen leer ...

7

Tornheim,

Siedlung im Ewigen Eis

Es war ein Schrei, der durch Mark und Bein fuhr. Hedda erwachte blitzschnell. Ihr Adrenalin schoss in die Höhe.

«Papa?!», rief sie.

«Bleibt hier!», befahl Loros. Schnell zog er sich seine Hose an. Er packte seinen Speer und ging dann nach draußen.

Ein weiterer Schrei ertönte. Dieses Mal von einem Mann. Hedda konnte ihn nicht zuordnen. Ihr Herz pochte wie wild. Sie suchte hastig nach einem Messer.

Wurden sie angegriffen? Sie wusste es nicht. Vielleicht war es der Fremde. Hedda atmete tief ein und aus. Sie versuchte ihren Puls zu kontrollieren. Hastig begann auch sie sich anzuziehen.

Sie hörte weitere Schreie. Sie hörte Dolche, wie sie klirrend gegeneinanderschlugen.

«Was passiert da?», fragte Hodi schlaftrunken.

Hedda schüttelte den Kopf. Sie wusste es nicht. Ihr Mund war trocken und Schweiß tropfte von ihrer Stirn. Sie hatte Angst. Panische Angst. Krampfhaft hielt sie das Messer in der Hand.

Dann ging plötzlich die Türe auf. Und dort stand er. Der Fremde.

«Da bist du ja, meine Hübsche!», grinste er. Aber er war nicht alleine. Zwei weitere Männer, ebenfalls bärtige Mani, kamen mit gezückten Schwertern in den Raum. Von ihren Schwertern tropfte Blut.

«Ihr Bastarde!», schrie Hedda. Sie wollte auf ihn losstürmen. Mit dem Messer in der Hand. Doch sie hatte keine Chance.

Mühelos packte sie der Fremde und zerrte sie nah draußen …

Hedda schaute sich um. Einige Häuser von Tornheim brannten. Das zahlreiche Holz in den Häusern war ein Luxus, der nun seinen Tribut verlangte. Über viele Kilometer hatten die Bewohner den wertvollen Rohstoff hierhergebracht. Nun ging er in Flammen auf.

«Regnator stehe uns bei …», die junge Ragna schloss die Augen. Sie spürte den Atem ihres Angreifers und hörte seine Stimme: «Du gehörst jetzt mir, kleine Sklavin!»

«Bitte!», flehte sie.

«Dein Vater hätte die Silbertaler nehmen sollen!», hauchte der Mann ihr ins Ohr: «Anstelle der Münzen hat er meine Klinge zu spüren bekommen!»

Oh Gott … ist er tot?

Tränen rannen an ihren Wangen entlang.

«Ludwig. Was ist mit ihm?», fragte einer der Männer und zeigte auf ihren Bruder.

«Er hält uns nur auf!», meinte der Mann, der sich Ludwig von Battleton nannte und dessen Namen sich in ihr Gehirn einbrannte. Nie würde sie ihn vergessen. Niemals.

«Nein, bitte!», jammerte Hedda.

Dann ging alles sehr schnell. Hedda schrie laut auf. Sie sah das schmutzige boshafte Lachen des Mannes, der ihren kleinen Bruder in den Armen hielt. Sie sah den Blick von Hodi. Er wehrte sich wie ein wildgewordenes Tier. In seinen Augen war keine Angst. Vermutlich konnte er die Gefahr, die von diesem Mann ausging, kaum einschätzen. Und dann sah Hedda das Messer. Mit einem sauberen Schnitt öffnete die Klinge den Hals ihres Bruders. Es war ein grausamer Anblick, der sich für immer in ihr Gedächtnis brennen würde. Die Augen ihres Bruders, gerade noch wild und kämpferisch, verrieten plötzliche Panik und Todesangst.

«Nein!», schrie Hedda: «Nein!» Sie strampelte wie wild. Versuchte sich gegen ihren Widersacher zu wehren, aber er hielt sie fest umklammert.

Die stahlblauen Augen ihres Bruders, gerade noch voller Entsetzen, sie erloschen. Der Körper des jungen Ragni erschlaffte und sackte dann zusammen.

Nie wieder würde sie ihren Bruder spielen sehen. Nie wieder mit ihm Angeln gehen, nie wieder seine Stimme hören. Sie hatte sich über die vielen Fragen, die er immer wieder über die Welt und die Götter gehabt hatte, aufgeregt. Aber nun, wo er ihr genommen wurde, war ihr bewusst, wie sehr sie ihn geliebt hatte.

«Komm mit, meine Kleine!», grinste der Mann, der sie fest umklammert hielt. Er zerrte sie mit sich.

Hedda hatte aufgehört sich zu wehren. Sie weinte nur noch. Bittere Tränen rannen über ihre Wangen und tropften in den Schnee.

«Bringt mich weg, mir doch egal …», sie resignierte.

Ihr Angreifer aus dem Volk der Mani brachte sie zu den Hunden, die bellend und jaulend auf das Feuer reagierten: «Du wirst sie uns einspannen, verstanden?»

Hedda war wie zur Salzsäule erstarrt. Sie war kaum in der Lage sich zu bewegen.

«Du weißt doch, wie das geht? Oder soll ich jedem einzelnen dieser Hunde die Kehle durchschneiden?», fragte Ludwig und zeigte auf einen weißen Schlittenhund: «Ich fange mit dem an!»

«Nein, nein!», sagte sie flehend. Sie nahm die Geschirre vom Haken und begann dann alle Hunde einzuspannen. Nach und nach. Sie nahm die aufwendig geknoteten Geschirre aus Leder von der Wand und zog sie den Hunden über Kopf und schließlich über den Körper. Sie waren so konzipiert, dass sich die Last auf den gesamten Hund verteilte und dieser so am Effektivsten arbeiten konnte.

«Sehr gut!», meinte Ludwig und rief zu einem seiner Männer: «Packt alle Wertsachen und bringt sie hierher. Wir packen alles auf den Schlitten!»

Die Schlittenhunde wussten, dass es losging. Nervös sprangen sie hoch und runter. Sie zerrten an der zentralen Leine, die sie alle mit dem Schlitten verband. Zwölf Schlittenhunde in einer Reihe hintereinander. Zwei am Schlitten befestigte Geweihe links und rechts dienten im Schnee als Bremsen. Wie eine Kralle waren sie fest im Schnee verankert.

«Wir haben noch eine hübsche Frau gefunden!», grinste einer der Männer.

Ludwig winkte ihn zu sich: «So hübsch wie meine hier wird sie kaum sein. Sie habe ich gesucht …»

«Aber …», der Mann widersprach.

«Nichts aber!», sagte Ludwig in einem herrischen Ton. Für einen Moment war er abgelenkt. Er mochte es nicht, wenn man ihm widersprach.

Hedda zitterte. Was hatte dieser Mann mit ihr vor? Was wollte er mit den Schlittenhunden? Schneller Gunnarsheim erreichen? Oder einfach nur eine Transportmöglichkeit für die Beute?

Es war eine Entscheidung von Sekunden.

«Steht auf. Los! Steht auf!», schrie Hedda laut. Sie riss an den Bremsen. Nur schwer lösten sich die Geweihe aus dem harten eisigen Untergrund. Alle ihre Kraft brachte sie auf.

«Was zum …!», der Mani drehte sich zu ihr um. Gut zwei Meter war er von ihr weg.

«Lauft!», rief sie laut: «Lauft!»

Mio, der Leithund, zog an. Mit aller Kraft stemmte er sich in die Leine. Alle anderen Hunde taten es ihm gleich. Nach anfänglich schwerem Beginn nahm der Schlitten Fahrt auf und glitt mühelos über den Schnee.

Hedda hielt sich krampfhaft am hölzernen Griff fest.

«Verdammt!», schrie Ludwig. Er rannte ihr hinterher, so schnell er konnte. Doch die Schlittenhunde waren zu schnell.

Hedda drehte sich nicht um. Tränen liefen aus ihren Augen. Sie liefen an ihren Wangen entlang und fingen dann an im eisigen Wind zu gefrieren. Die Natur kannte hier draußen in der eisigen Landschaft kein Erbarmen.

«Warum Regnator, Gott der Götter?», fragte sich Hedda.

Meter um Meter entfernte sie sich von der Siedlung. Die Schlittenhunde gingen vom schnellen Galopp in den Trab über. Gut drei Stunden konnten sie so am Stück laufen. Vorne weg Mio, der Leithund. Hinter dem Schlitten folgten zwei weitere Hunde direkt in der Spur. Tis und Row. Die einzigen nicht ziehenden Hunde im Team. Ihre alleinige Aufgabe war die Jagd. Eingespannt wurden sie nie. Sie trotteten stets hinter dem Schlitten her, um Kraft zu sparen.

Als sie weit genug weg war, schaute sie sich um und sah hinter sich das brennende Dorf. Alles ging in Flammen auf. Das Feuer fraß sich wie ein hässliches, gieriges Monster durch die Häuser, die man so mühsam aufgebaut hatte. So viele Jahre hatte man gebraucht diese Siedlung aufzubauen. Und nun wurde alles zerstört.

Wohin, Hedda? Sie wusste es nicht. Zur Königsfestung im Süden? Zu einem anderen Dorf? Erst einmal einfach nur weg. Fort von diesem Elend. Fort von Tod und Vernichtung. Warum hatte Regnator das Unglück nicht verhindert? Wo war er in dieser Stunde?

8

Xipe Totec,

Feldlager der Nehataner

Zuckerbrot und Peitsche. Chantico stand unter Druck, was die Führung der Armee anbelangte. Sein Bruder erlaubte keinen Fehltritt. Er würde auch nicht zögern sein eigenes Fleisch und Blut zu töten, wenn er als General der Truppe versagte. Am nächsten Tag sollte es losgehen. Die ersten Einheiten würden dann losgehen und in Richtung Pravin marschieren. Das waren die Reiter. Die Schwertkämpfer würden dann folgen und zuletzt würden die Bogenschützen ihren Marsch beginnen. Doch die Unsicherheit in der Truppe wuchs. Völlig absurde Horrorvorstellungen kreisten an den Lagerfeuern. Dass die Pravin bereits an der Grenze warten würden. Perfekt ausgerüstet. Mit neuesten Waffen. Aber das war Unsinn. Chantico wusste das und auch die Offiziere wussten das. Wichtig war jedoch, was die Männer glaubten.

«Männer!», rief einer der Offiziere: «Unser Feldherr hat entschieden, dass am Ende des Feldzuges jeder unserer Soldaten eine Sklavin bekommt!»

Die Männer jubelten.

«Natürlich nur diejenigen, die auch wirklich mit uns marschieren und Seite an Seite mit uns kämpfen!», sagte der Offizier weiter. Er zeigte dann auf die vier Gefangenen Deserteure, die gefesselt vor ihm knieten: «Das gilt für die vier Verräter natürlich nicht. Sie erwarten keine hübschen Sklavinnen, sondern den Tod!»

Keiner der Soldaten applaudierte. Die Meisten schwiegen. Einige schrien «Tod den Verrätern» oder «hängt sie auf». Die Nehataner waren kein zart besaitetes Volk und Hinrichtungen waren nicht gerade unbeliebt. Dennoch waren diese vier Männer aus den eigenen Reihen. Zahlreiche Soldaten teilten die Skepsis gegenüber dem Krieg.

«Bringt die Pferde!», meinte der Offizier und gab dann zwei Soldaten den Befehl den ersten Delinquenten herzubringen.

Es war ein eher schmächtigerer Nehataner aus dem Süden des Landes. Ein ehemaliger Händler aus der Stadt Oxom Oco, der sich in der Krise der letzten beiden Jahre der Armee angeschlossen hatte. Man brachte ihn in die Mitte des Platzes, wo ein Andreaskreuz auf dem Boden befestigt war. Grob drückten ihn vier Männer zu Boden und legten ihn dann auf den Rücken. Sie entfernten seinen Lendenschurz und fesselten dann den Oberkörper auf dem Andreaskreuz fest. Vier Pferde warteten ungeduldig. Die vier Henker, die selbst im Grunde einfache Soldaten waren, fesselten mit Riemen die Hand und Fußgelenke und befestigten sie jeweils an einem der Pferde. Es war eine der grausamsten Hinrichtungen, die es in diesem Land gab.

Der Delinquent betete. Besser gesagt er flehte zu Göttervater Regnator und zu Bellumus, dem Gott aller Krieger. Den Tod vor Augen wimmerte er leise Gebete.

«Vollstrecken!», befahl nun der Offizier. Chantico stand regungslos daneben. Er wollte es nicht selbst sein, der den Befehl gab. Vielleicht war es feige, vielleicht aber auch sein gutes Recht. So richtig wusste er das selbst nicht.

Die Pferde wurden angetrieben und die Arme und Beine weit gestreckt, während der Rumpf fest auf dem Andreaskreuz gebunden war.

Der Delinquent riss die Augen weit vor Entsetzen auf. Die Schmerzen waren unglaublich. Alle Sehnen und Muskeln wurden aufs Äußerste gespannt. Er konnte vor Angst seine Ausscheidungsorgane nicht mehr kontrollieren. Urin und Kot beschmutzten die Holzbalken des Andreaskreuzes.

Die Soldaten schauten mit Entsetzen dieses Schauspiel an. Man konnte förmlich sehen, wie die Arme und Beine langgezogen wurden. Doch die Muskeln und Sehnen rissen nicht. Zu stark war der Widerstand des Körpers.

«Regnator! Steh mir bei!», betete der Delinquent mit schmerzverzerrtem Gesicht. Seine Qualen mussten unglaublich sein. Der Schmerz an den Gelenken erreichte eine Stufe die seinesgleichen suchte. Panik stand im Gesicht des Opfers.

Der Offizier, der gleichzeitig der oberste Henker dieses Schauspiels war, nahm ein Messer und näherte sich dem Todgeweihten. Er hob die Hand und die Pferde versuchten nicht weiter zu ziehen, sondern blieben stehen. Dennoch waren Muskeln und Sehnen noch in Spannung. Mit schnellen Bewegungen schnitt der Offizier in das Fleisch an den Gelenken.

Der Delinquent schrie erschrocken auf. Und abermals trieben die Soldaten schließlich ihre Pferde an. Dieses Mal gelang es. Zuerst der rechte Arm. Der Schrei des zu Tode verurteilten war grässlich. Todesangst und Schmerz vereinten sich zu einem entsetzlichen Laut aus der Kehle des Mannes. Schließlich riss eines der Beine aus dem Rumpf des Mannes. Blut strömte in großen Mengen aus den Wunden. Doch kein Laut kam mehr über die Lippen des Gequälten. Er war ohnmächtig geworden.

Manch einer schaute angewidert weg. Die beiden Pferde, die bereits erfolgreich jeweils einer der Glieder herausgerissen hatten, blieben auf Kommando stehen.

Als der zweite Arm aus dem Schultergelenk gerissen wurde, kam der Soldat wieder zu Bewusstsein. Noch einmal schrie er schmerzerfüllt auf. Und schließlich starb er.

Vier zerstückelte Leichen. Chantico schaute angewidert weg. Der Geruch war abscheulich. Nach Kot, Schweiß, Blut. Als Kind war er mal an einem Schlachter vorbeigegangen. Dort hatte es genauso gerochen. Zumindest erinnerte ihn der Geruch daran.

«Verbrennt die Leichen!», meinte er zu seinem Feldmarschall: «Und dann lasst die Nutten kommen und schenkt jedem einen Becher Wein aus!»

«Ich weiß nicht, ob den Männern so zum Feiern zumute ist!», meinte sein Feldmarschall.

«Tut, was ich sage!», herrschte Chantico ihn wütend: «Und räumt diesen Dreck weg!»

Jeder nur ein Becher Wein, lautete der Befehl. Aber die Männer hielten sich nicht daran. Neben dem von den Offizieren verteilen Fässern schmuggelten Händler aus der Stadt Krüge zu den Soldaten und verkauften sie ihnen teuer. Und auch die Prostituierten schmuggelten Wein ins Lager.

«Herrje. Wir haben die Männer nicht unter Kontrolle!», meinte Chantico.

Sein Feldmarschall nickte: «Wir sollten sie auspeitschen lassen!»

«Wen? Alle Männer?», sagte der Feldherr spöttisch.

«Wir sollten ein Exempel statuieren. Einige Besoffene willkürlich aussuchen und auspeitschen!»

«Habt ihr ebenfalls was getrunken?», Chantico schüttelte den Kopf: «Ihr seid ja von Sinnen. Nichts werden wir tun. Ich gehe schlafen! Und morgen marschieren wir. Egal wie die Männer drauf sind!»

«Ihr wollt das also nicht ahnden?»

«Herrje, wir ziehen in einen Krieg. Völlig ohne Kriegserfahrung!», meinte Chantico: «Das ist purer Wahnsinn und ein Hirngespinst unseres Königs. Keiner weiß, was uns erwartet …»

«Wäre er nicht euer Bruder, Herr General, dann würde man euch wegen Hochverrats dafür hängen!»

«Glaubt mir!», sagte Chantico: «Mein Bruder würde auch mich hängenlassen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Ihr kennt ihn nicht. Nichtsdestotrotz habe ich eine Verantwortung als Feldherr. Und dieser Krieg ist nicht überlegt!»

«Es erwarten uns hundert Mann. Hundert geschockte Männer, die vermutlich sofort die Waffen fallenlassen!»

«Und dann?», fragte der Bruder des Königs.

«Was und dann? Dann gehört uns die Küstenregion an der Wüste entlang!»

«Dann ziehen wir gegen die Shiva.»

Der Feldmarschall schaute verwundert drein: «Das meint ihr nicht ernst?»

«Oh doch. Wie gesagt, ihr kennt meinen Bruder nicht. Wenn das gelingt, dann schickt er uns durch die Wüste … direkt in die Hände der Shiva!»

«Das wäre purer Wahnsinn!»

Chantico nickte: «Ja, das wäre es. Was soll ich mir da Gedanken machen, dass ich die Männer für zu viel Wein bestrafen lasse. Wenn ich ehrlich bin, würde ich mich selbst gerne betrinken.»

«Die Shiva wären unser Untergang, das wisst ihr. Wenn wir überhaupt durch die Wüste kommen, dann …»

«Erzählt mir das nicht. Erzählt das meinem Bruder!»

Chantico ging in sein Zelt. Sein Bursche bereitete ihm einen Tee. Aber darauf hatte er keinen Appetit. Zumindest im Moment nicht. Es war pervers und absolut verwerflich, dass ihm die Hinrichtung die Lust auf Tee vergehen lassen hatte aber eine andere Lust in ihm aufkeimte.

«Komm her, Bursche!», meinte Chantico.

Der junge Mann gehorchte. Gerade wollte er auf die Knie gehen um das zu tun, was er immer für seinen Herrn tat. Aber dieses Mal wollte Chantico es anders. Grob drehte er den Burschen um. Der junge Mann stützte sich auf der Kiste ab, in der die Ausrüstung des Feldherrn war. In seinen Augen war Panik. Er wollte das nicht. Zumindest jetzt noch nicht und nicht so. Er hatte es immer genossen der Liebling des Bruders von König Atlacoya zu sein. Und dazu war er sich auch nicht zu schade gewesen es ihm oral zu besorgen. Aber das hier?

Chantico nahm den Lendenschurz seines Burschen zur Seite. Er starrte für einen Moment lang auf den runden, jungen Po. Er packte den Mann an der Hüfte.

«Bleib so!», befahl er und ging zum Tisch. Dort stand das Öl mit dem der junge Mann normalerweise den Körper seines Feldherrn einrieb. Chantico nahm es und ging dann zurück. Grob zog er die Beine des jungen Mannes weiter auseinander. Öffnete dann die Flasche mit dem Öl und verteilte es großzügig auf seinem Glied. Der Feldherr wollte ihn. Mehr denn je.

Der junge Bursche wusste was auf ihn zu kam. Noch nie hatte sich der Feldherr so weit vorgewagt. Er spürte die Hände an seinem Po. Wie sie grob die Arschbacken auseinanderzogen. Der Bursche schrie laut auf ...

Gnadenlos bohrte sich der Phallus von Chantico in den jungen, engen Anus seines Untergebenen. Seines treuen Dieners und Burschen.

Er spürte die Enge des Lochs. Er konnte die Hitze des jungen Körpers spüren. Dem jungen Mann fiel es schwer sich zu entspannen. Aber er musste da durch. Chantico würde nicht aufhören. Immer tiefer drückte er seinen Schwanz in den kleinen Knackarsch, den er so sehr liebte. Seine Hände krallten sich dabei in den Pobacken fest.

«Tut es weh?», fragte Chantico nun doch.

«Ja, mein Herr. Aber ich halte es aus!», seufzte der Junge.

Es war auch Chanticos erstes Mal. So oft hatte er sich einen blasen lassen. Nicht nur von diesem Burschen. Auch von anderen Untergebenen. Aber das hier war besser. Viel besser. Das heiße enge Loch des jungen Mannes bereiteten dem Schwanz des Feldherrn wahres Vergnügen. Chantico stieß immer fester zu. Für einen Moment zog er den Phallus hinaus. Er beobachtete das geweitete Loch, das offenstand. Langsam schloss sich der Schließmuskel. Aber nur für kurz. Schon trieb Chantico seinen Schwanz erneut hinein.

Und dann war es soweit. Der Schwanz des Feldherrn zuckte. Stoß über Stoß jage Chantico seinen Saft in den Po des jungen Mannes.

9

Ewiges Eis,

Land der Ragni

Ewiges Eis. So nannten die Ragni das Land zwischen den Siedlungen. Die junge Ragna war einfach drauflosgefahren. Aber recht schnell war ihr klar, dass es nur ein Ziel gab. Es gab nur eine Möglichkeit und das war Gunnarsheim. Woanders konnte sie nicht hin.

«Wie lange bin ich schon unterwegs?», fragte sie sich. Eine Weile war sie schon unterwegs. Vermutlich rund drei Stunden. Sie war weit genug weg. Ein Fußgänger würde sie nicht einholen. Niemals. Mit den Hunden war sie viermal so schnell wie ein Zweibeiner.

Schlaf. Das war es, was Hedda jetzt brauchte. Und ihre Schlittenhunde ebenfalls. Sie hörten nicht auf zu laufen, aber ihr Schritt war deutlich langsamer geworden. Sie trotteten nur noch gemäßigt voran.

«Halt!», befahl sie laut.

Mio blieb unverzüglich stehen.

«Bleibt!», sagte sie und rammte so gut wie es ging die Hirschgeweihe in den eisigen Boden. Es wäre eine Katastrophe, wenn die Hunde ohne sie weitergehen würden. Sie würde sterben. Das war klar. Alleine und zu Fuß unterwegs hatte sie keine Chance. Nicht die geringste.

Nichts zu essen. Das war das Schlimmste. Noch hatte sie keinen Hunger, aber der würde kommen, das war der jungen Ragna klar. Tis und Row blieben stehen, aber sie rief die beiden Jagdhunde zu sich.

Hedda hatte keine Zeit zu weinen auch wenn ihr ständig zum Heulen zumute war. Sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Sie fühlte sich einsam und alleine gelassen. Ein wenig Trost spendete ihr die Tatsache, dass die Hunde bei ihr waren. Die sie teilweise selbst aufgezogen hatte.

Hedda nahm die Fälle vom Schlitten. Große, weiße Bärenfelle, die ihr sicherlich reichlich Schutz boten. Ohne die Felle würde sie vermutlich erfrieren. Sie nahm den Beutel, der auf dem Schlitten lag und schaute hinein. Gold- und Silbermünzen. Der Mani hatte den Sack auf den Schlitten geworfen. Aber was brachten ihr die Münzen? Hier draußen im ewigen Eis nichts.

Sie grub sich eine Kuhle in den Schnee um vor dem Wind geschützt zu sein. Ein Fell legte sie dann auf den Boden, mit dem anderen wickelte sie sich ein. Die Hunde kamen allesamt näher. Dicht an dicht legten sich die Schlittenhunde zu ihr, um sie zu wärmen. Eine Prozedur, die sie über die Jahre gelernt hatten. Die Zweibeiner, die sich in Bärenfälle hüllten, waren verletzlich und schutzlos. Es war die Aufgabe der Hunde sie zu schützen. Nicht nur gegen Raubtiere, sondern auch gegen Sturm und Kälte.

Erneut weinte Hedda. Die Bilder des Tages gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was war mit ihrem Vater? Vermutlich war er ebenfalls getötet worden. Genauso wie ihr Bruder. Sie würde es nie vergessen, wie dieser Mann ihm die Kehle aufgeschlitzt hatte. Vor ihrem inneren Auge sah sie das Blut und den entsetzten Ausdruck ihres Bruders. Vermutlich hatte er gar nicht so viel gelitten. Weil er es nicht kapiert hatte, was dort geschehen war. Oder war er sich im Angesicht des Todes seiner Hilflosigkeit bewusst? Es war mühselig sich darüber Gedanken zu machen. Aber vergessen konnte sie auch nicht. Und vor allem war sie alleine. Keiner nahm sie in den Arm. Keiner sprach beruhigende Worte.

Sie schaute zum Himmel. Hier wurde es nie dunkel. Im ganzen Jahr nicht. Sie hatte noch nie eine Nacht gesehen und im Grunde wollte sie das auch nicht. Keine Wolke war am Himmel. Und das war auch gut so. Aber das konnte sich ändern. Sehr schnell sogar. Und dann war sie den Naturgewalten ausgeliefert.

Hedda kuschelte sich in ihre Schneekuhle. Dicht drängten sich drei ihrer Hunde an sie und spendeten ein wenig Wärme. Langsam aber sicher weinte sie sich in den Schlaf …

10

Königspalast der Nehataner,

Gemächer der Königin

Atlacoya war ein gewalttätiger und unbarmherziger König. Jeder kannte seine grausame und brutale Art. Jeder wusste, wie gnadenlos er gegen seine Feinde vorging. Ein Mann, der sich nahm, was er wollte. Doch so mächtig er auch war, so sehr liebte er seine Frau. Die stolzeste Frau des Landes mit dem schönen Namen Shada. Während der vielen Jahre an der Seite des Königs hatte sie eine gewisse Härte erlernt. Als die Frau des Königs musste sie gegenüber Untertanen streng und unnachgiebig sein. Dennoch wurde sie von allen geliebt. Von niemanden jedoch so sehr wie von ihrem Mann.

Atlacoya strich seiner Frau eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte sie an. Vermutlich war sie der einzige Mensch, der überhaupt ein Lächeln von ihm geschenkt bekam: «Ich habe etwas für dich!»

«Was?», fragte sie.

«Eine Sklavin! Eine wunderschöne Sklavin!»

«Wo ist sie?», fragte Shada.

«Sie wartet draußen!», sagte Atlacoya und klatschte dann in die Hände.

Eine junge Frau kam herein. Splitterfasernackt. Sie hatte helle Haut. Shada vermutete, dass sie eine Mani war. Eine manische Sklavin zu haben, dass hatte sie sich immer gewünscht.

«Sie ist schön!», meinte die Königin und stand auf. Langsam ging sie auf die Sklavin zu. Schaute sie von oben bis unten an. Weiche, helle Haut, einen großen Busen mit rosa Nippeln, blondes Haar und weiche Gesichtszüge. Shada strich über die Haut der Mani: «Wo hast du sie her?»

«Händler haben sie mitgebracht!», meinte Atlacoya: «Gefällt sie dir?»

«Oh ja ... sie ist wunderschön!», Shada nickte: «Meine Freundinnen werden mich darum beneiden!»

Mit gesenktem Blick stand die Mani da. Sie hieß Rebecca und kam aus dem Osten von Manis. Vor gut einem halben Jahr war sie mit Händlern in den Süden aufgebrochen. Das Abenteuer hatte sie gelockt und die fernen Länder gereizt. Niemals hätte sie erwartet nun eine Sklavin der Königin zu werden. Doch die Händler hatten schnell ihren Wert erkannt. Aus der Reisenden wurde eine Ware.

«Komm her!», sagte der König.

Rebecca gehorchte. Langsam ging sie auf den König zu.

«Halt!», befahl er.

Sie blieb stehen.

Der König betätigte einen Hebel. Ein aufwendiger Mechanismus wurde in Gang gesetzt und zwei Ketten kamen von der Decke. Daran waren jeweils zwei Handgelenksfesseln befestigt. Er nahm ihre zarten hellhäutigen Hände und legte ihr die Fesseln an. Dann setzte er den Mechanismus wieder in Gang. Durch eine Umlaufrolle wurden ihre Hände nun nach oben gezogen.

Rebecca zitterte. Sie wusste, dass sie dem König ausgeliefert war und sie fand das gar nicht so schlecht. So erschreckend das klang. Sie war eine Sklavin. Aber sie war nicht irgendeine Sklavin, sondern die des Königs aller Nehataner. Die Freiheit war das wichtigste Gut, dass ein Mani sich bewahren konnte. Das war das eiserne Gesetz ihres Landes. Aber sie hatte genug gehabt von der Sittlichkeit und Tugend. Von den falschen Lehren. Sie hatte von den Nehatanern gehört. Von ihren Regeln. Die alleine der König machte. Hier war alles gnadenlos. Aber hier versteckte sich keiner hinter einer Fassade aus Moral und Anstand.

Rebecca zuckte zusammen, als sie plötzlich an ihrem Körper die Hände der Königin spürte. Sie wagte nicht auch nur ein Wort zu sagen. Ihre Atmung ging schwer. Die Finger der Königin strich von hinten über ihren Po und wanderten dann nach vorne zum Bauch, dann weiter hinauf bis zu den Brüsten: «Hast du sie schon gefickt?» Die Stimme der Königin hörte sich erregt an.

Der König schüttelte den Kopf: «Nein!»

«Sie ist so weich und so zart!», erwiderte die Königin. Langsam strich sie über die Brüste, fuhr über die Nippel.

«Meine Königin, ich ...», wollte Rebecca sagen. Aber sie wurde unterbrochen. Von der Königin persönlich: «Sei still, Sklavin. Oder willst du, dass ich dich kneble?» Grob packte sie die blonden Haare und zog den Kopf nach hinten.

Die Königin lockerte den Griff in den Haaren etwas, ließ aber nicht los. Langsam ging sie um sie herum und küsste die blonde Mani auf den Mund. Erst zaghaft erwiderte die hellhäutige Sklavin den Kuss. Sie wollte brav sein, wollte gehorchen. Und langsam wurde die Erwiderung ihrerseits intensiver.

Die Königin ließ von ihr ab: «Du willst sie ficken, oder?»

Atlacoya nickte: «Sicher! Aber sie ist deine Sklavin!»

«Ja, das ist sie!», meinte Shada. Erneut berührte sie die manische Frau. Dieses Mal forscher und aggressiver. Ihre Finger fuhren über die nackte helle Haut. Rebecca schrie auf, als sich die Fingernägel der Königin im Fleisch ihres Pos vergruben und sie sich so näher an sich heranzog: «Und sie ist wunderschön. Danke, mein König!»

Rebecca war eine Sklavin. Nicht freiwillig. Nicht weil sie es wollte. Sondern weil man sie verkauft hatte. Für teures Geld. Aber diese Berührungen, diese Behandlung, das genoss sie förmlich. Der Königin ausgeliefert zu sein war eine Ehre für sie. Redete sie sich etwas ein? Vielleicht. Aber das spielte im Moment keine Rolle.

Rebecca stöhnte lauf auf, als plötzlich die Königin an ihrer Pussy spielte. Die hellhäutigen Schamlippen mit ihren Fingern trennte, den Kitzler umspielte und schließlich ihren Mittelfinger tief in ihr versenkte. Sie spürte die Nässe und Hitze ihrer Scham.

Rebecca zog an ihrer Kette. Es klirrte ...

Die Feinheit der Hände, die weibliche Intuition und das Wissen über den weiblichen Körper, machten die Berührungen so anders als die eines Mannes. Die Königin berührte ihre Sklavin so, wie es nur eine Frau konnte.

«Willst du, dass der König dich fickt?», fragte Shada.

«Ja, meine königliche Hoheit!», erwiderte Rebecca leise wimmernd. Noch immer den Finger tief in ihrer Pussy spürend.

Die Königin kniete sich nieder. Rebecca spürte die Hände an ihrer Hüfte. Und schließlich die Zunge, die durch ihre Spalte fuhr ...

So gut wie sie es konnte, öffnete sich Rebecca ihrer «Herrin». Genoss das warme, züngelnde Gefühl. Die Lust steigerte sich ins Unermessliche.

Enttäuschung machte sich breit als die Königin von ihr abließ und aufstand.

«Mein König! Fick sie. Nimm sie dir!», sagte Shada leise.

Atlacoya nickte. Er öffnete den Riemen seines Lendenschurzes.

Rebecca starrte auf seinen dunkelhäutigen Schwanz ... bei den Göttern. Was war das?

Steif stand sein Glied. Atlacoya war bereit. Er ging zu Rebecca und packte ihre Hüfte. Noch immer hing diese an den Ketten.

Sie verlor den Boden unter den Füßen, als er ihre Oberschenkel packte und sie zu sich heranzog. Mühelos hielt er sie an den Schenkeln und drang so in sie ein. Dann begann er mit harten Stößen sie zu ficken.

Rebecca schloss die Augen. Ihre Arme schmerzten etwas. Aber das war ihr egal. Sie spürte den dicken Phallus in ihrer Pussy. Spürte, wie er rein und raus stieß.

Es dauerte nicht allzu lange und die erste orgasmische Welle trug sie davon. Sie stöhnte auf. Warf den Kopf nach hinten. Gefangen, missbraucht und gefickt vom König der Nehataner. Und auch er kam. Grunzend wie ein Tier pumpte er sich in ihr leer.

Serva I

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