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Was ist so toll an einer erotischen Massage?

Ursprünglich hatte mich der Verlag, bei dem dieser Ratgeber erschienen ist, für Themen im Zusammenhang mit Dominanz und Unterwerfung (BDSM) angeworben. Sobald sich mir die Chance bot, auch über Praktiken jenseits dieses Spektrums zu schreiben, stürzte ich mich sofort auf das Thema »erotische Massage«. Das ist für mich seit vielen Jahren ein sinnliches Vergnügen, das man gar nicht hoch genug einschätzen kann.

Das mag zum Teil daran liegen, dass man diese Praktik problemlos auch in SM-Spiele integrieren kann. Dann lässt sich der dominante Partner auf diese Weise eben von seinem unterwürfigen Lover verwöhnen, und dieser hat alles zu tun, was von ihm verlangt wird, ohne an seine eigene Befriedigung denken zu dürfen. Aber das ist natürlich eine ganz spezielle Variante. In den allermeisten Fällen hat erotische Massage nichts mit Machtspielen zu tun, sondern ist ein wunderbares Geschenk, das ein Partner dem anderen gibt.

Aber was ist so wundervoll an dieser Praktik, dass sie beileibe nicht nur für mich zu den bevorzugten Formen von Zärtlichkeit gehört?

Dafür gibt es ziemlich viele Gründe. Zunächst einmal sehnen wir Menschen uns nach Berührungen. Sie führen dazu, dass unser Gehirn Botenstoffe wie Dopamin oder Oxytocin ausschüttet, die Glücksgefühle verursachen. Der erhöhte Oxytocin-Spiegel lässt bei uns Vertrauen zu anderen Menschen entstehen und verringert Ängste, Stress und Spannungen. Zahllose Experimente belegen, welch großen Einfluss Berührungen auf uns ausüben: Benutzer einer Bibliothek bewerteten diese Einrichtung und ihr Personal weit positiver, wenn sie berührt wurden, als sie sich in die Kartei eintrugen. Bedienungen von Restaurants erhielten nach einer beiläufigen Berührung höhere Trinkgelder von zufriedeneren Gästen. Menschen, die von Fremden berührt werden, sind eher zu einem kleinen Gefallen bereit. Und ein Versuch der Neuropsychologin Annett Schirmer zeigte: Das Gehirn von Frauen, die in einem Versuch Fotos betrachten sollten, reagierte darauf viel stärker, wenn diese Frauen zuvor berührt worden waren. Annett Schirmer zufolge wird eine berührte Person gegenüber dem Berührenden einfühlsamer und ist eher bereit, ihm zu Gefallen zu sein.

Was aber ist eine ausgiebige Massage des gesamten Körpers – oder auch nur eines Teils davon – anderes als eine Flut von Berührungen und damit auch eine Flut von Glücksgefühlen? Der massierte Partner gerät so in einen Zustand seliger Wonne, während der Masseur darauf hoffen darf, dass ihm sein Lover danach umso bereitwilliger das Herz öffnet und sich weitergehenden sexuellen Aktivitäten hingibt.

Dabei ist eine Massage keine Einbahnstraße, bei der nur der Massierte in himmlischen Gefühlen schwelgen darf. Für den Masseur gibt es ja genauso viel Körperkontakt, außerdem hat er die komplette Kontrolle über das Geschehen. Insofern ist es kein Wunder, wenn auch er bei dieser Praktik in immer stärkere Erregung gerät. Dass beide Partner diese Erregung erst einmal eine Zeit lang »aushalten« müssen, statt dass sie sich sofort in Sex entlädt, ist für viele besonders reizvoll: Der Genuss dieser Geilheit kann deutlich länger genossen werden und sie baut sich immer weiter auf – zu einem Level, dessen Höhe sonst nicht erreicht worden wäre.

Darüber hinaus stellt eine Massage eine fantastische Möglichkeit dar, den Körper seines Lovers noch besser kennenzulernen als zuvor und noch mehr herauszufinden, wie dieser Körper auf welche Berührung reagiert. Was lässt ihn zufrieden schnurren und was führt dazu, dass er unwillig seine Muskeln anspannt? Du kannst ein echter Experte darin werden, über diese Reaktionen Bescheid zu wissen, und damit zum einfühlsamsten und kundigsten Liebhaber werden, den dein Partner jemals hatte. Dein Partner wiederum zeigt sein Vertrauen in dich und deine Fähigkeit, ihm Lust zu bereiten, indem er sich dir bereitwillig zur Verfügung stellt.

Eine Massage ist nicht in fünf Minuten erledigt und das ist gut, denn es bedeutet, dass man sich wirklich Zeit füreinander nimmt. Diese Zeit stellt zugleich eine Unterbrechung des oft hektischen Alltags dar, in dem – vom sich ständig meldenden Smartphone angefangen – etliche Dinge immer wieder neu unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sodass sich mancher fühlt wie Treibgut, das von den tobenden Wellen des Ozeans hin und her geschleudert wird. Eine Massage hingegen bietet eine Insel der Ruhe – einen Schutzraum, wo man wieder zu sich selbst findet. So geil und großartig ein Quickie von wenigen Minuten auch sein kann: Diesen besonders exquisiten Luxus bietet er einem nicht. Stattdessen macht er Sex zu einer weiteren Sache, die noch irgendwie im dichten Terminkalender untergebracht werden muss.

Massage hingegen bietet ein Ausklinken aus dem Hamsterrad des Alltags und absolute Entspannung. Jetzt wird das sogenannte parasympathische Nervensystem stimuliert und das bedeutet, dass hier eine andere, tiefer gehende sexuelle Erregung entstehen kann als bei stressbedingter Erregung. Massage ermöglicht so eine Form der Hingabe, die sich stark von jenem Zustand unterscheidet, in dem der ganze Körper noch angespannt ist und man gedanklich halb bei der Aufgabe hängt, die man gerade erledigt hat, und halb bei den Aufgaben, die noch vor einem liegen.

Eine Massage ist ein Geschenk, das man seinem Partner macht – eine Zuwendung, die keine Gegenleistung fordert. Du widmest deinem Partner deine Zeit, deine Kenntnisse, deine Mühe und Aufmerksamkeit und zeigst ihm damit, wie wichtig er dir ist. Die einzige »Belohnung«, die du dafür erhältst, liegt in der lustvollen Reaktion deines Partners. Aber ist es nicht für viele von uns die schönste Belohnung, den Partner zum Stöhnen zu bringen? Gibt es etwas, das uns selbst ebenso geil und glücklich machen kann wie zu merken, wie sehr wir unseren Partner zu erregen verstehen? Und was für eine Liebkosung des eigenen Egos das ist! Wenn du dich in einer festen Beziehung befindest, fühlst du dich dadurch besonders anerkannt und gewürdigt – und wenn nicht, gewinnst du durch solche Reaktionen die Selbstsicherheit, jeden Menschen für dich gewinnen zu können. Wenn du es schaffst, einen Menschen durch den Zauber deiner Hände in Ekstase zu versetzen, dann darfst du davon ausgehen, dass dir das bei etlichen anderen Menschen genauso gut gelingen wird. Menschen, die sich auf die Kunst der Massage verstehen, haben also allen Grund, bei der Partnersuche besonders selbstbewusst aufzutreten.

Gleichzeitig gilt: Sobald du wirklich weißt, auf welche Berührungen dein Partner so richtig abfährt, kannst du diese Kenntnisse auch im Alltag einsetzen. Du könntest ihm beispielsweise, wenn ihr mit Freunden zusammensitzt, eine nach außen hin harmlose Nacken- oder Schultermassage zukommen lassen. Unweigerlich werden bei ihm dabei Erinnerungen an eure hocherotischen Stunden zu zweit aufsteigen und vielleicht kann er es gar nicht mehr abwarten, mit dir nach Hause zu kommen.

Erotische Massage bietet auch all jenen Menschen Vorteile, für die normaler Geschlechtsverkehr wenig erfüllend ist – beispielsweise Männer, die zu schnell kommen, Männer, die Erektionsstörungen haben, Frauen, deren Scheide nicht feucht genug wird, und Männer wie Frauen, die Schwierigkeiten haben, beim Geschlechtsverkehr den Orgasmus zu erreichen. Für all diese Menschen ist es sinnvoll, entweder als Ersatz oder aber unterstützend andere erotische Praktiken anzuwenden. Eine Massage bietet sich hier als erstes Mittel der Wahl an. Weil man auf diese Weise erlebt, dass man mit seinem Partner auch ohne Geschlechtsverkehr großen erotischen Genuss erleben kann, nimmt sie viel von dem Druck, im Bett »funktionieren« und »Leistung bringen« zu müssen. Das kann bei manchem den Knoten im Kopf am Ende so sehr lösen, dass auch andere sexuelle Praktiken wieder möglich werden.

Schließlich kann eine Massage eine wunderbare Alternative sein, wenn man aus anderen Gründen als den eben genannten auf Geschlechtsverkehr verzichten möchte. Etwa wenn die Partnerin ihre Tage hat, unter einer Zyste, einem Scheidenpilz oder Ähnlichem leidet. Oder wenn eine Schwangerschaft definitiv ausgeschlossen oder das Risiko einer Geschlechtskrankheit gesenkt werden soll. (Aber aufpassen: Nicht für jede Übertragung einer Geschlechtskrankheit ist der direkte Austausch von Körperflüssigkeiten notwendig.) In all diesen Fällen kann man sich darüber freuen, dass eine Massage ähnliche Hochgefühle auszulösen vermag wie »richtiger Sex« – wenn man weiß, wie man sich dabei am besten anstellt. Und genau das wird dieser Ratgeber erklären.

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