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Vorwort

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Im Jahr 2000 starb mein Vater in einem kleinen Krankenhaus im Münsterland. Sein Tod war abzusehen; er starb portionsweise, nachdem ihn seine Alzheimer-Erkrankung mehr und mehr dahinsiechen ließ. Ich verbrachte mit ihm seine letzte Nacht auf dieser Welt an seinem Bett und hielt Sterbewache.

In meinem früheren Beruf als Krankenpfleger habe ich auf professionelle Weise unzählige Menschen in diesen letzten Momenten, aber auch die trauernden Angehörigen begleitet. In meiner späteren Tätigkeit als Psychologe wurde die Trauer um den Tod einer nahestehenden Person und der vielfach unbewältigte seelische Schmerz so manches Mal Thema in den Therapiesitzungen.

Bei dem Tod meines Vaters spielte meine eigene Professionalität keine Rolle mehr. Hier galten andere Maßstäbe. Die Sterbenacht wurde zu einem unvergesslichen Ereignis, das viel in mir bewegte und mein Denken über das Leben und den Tod gewaltig durcheinanderbrachte, letztendlich aber positiv prägte. An diesen Gedanken und Gefühlen möchte ich den Leser in großer Offenheit teilnehmen lassen.

Was zunächst als Tagebuchaufzeichnung gedacht war, wurde mehr und mehr zu einer Art Essay über die letzten Dinge im menschlichen Sein. Mich begann das Thema so sehr zu faszinieren, dass ich mich an die Arbeit machte, in unterschiedlichsten literarischen Quellen zu forschen. Dazu zählten sowohl Blogs und Seiten im Internet als auch viele Bücher beispielsweise aus den Bereichen Theologie, Philosophie, medizinische Ethik, Psychologie sowie der Belletristik. Ich begann mit den Zitaten zu spielen und arbeitete sie in die tatsächlichen und fiktiven Passagen meines Skripts ein. So kommen wie in einem literarischen Crossover verschiedene Stile zusammen. Die Quellen der jeweiligen Anleihen werden im Anhang aufgeführt, sind allerdings für das Verständnis des Textes nicht dringend erforderlich.

Mit meinem kleinen Buch „Sterbewache“ möchte ich abseits von Ratgebern oder spirituellen Abhandlungen Leser ermutigen, sich diesem Thema zu stellen. Die Reaktionen der Menschen auf den Tod einer geliebten Person sind sehr unterschiedlich.

In jedem Fall bedeutet der Abschied von den Sterbenden, das Erleben ihres Todes, eine tiefe Erschütterung. Sie zu ertragen, ihr nicht auszuweichen, dazu gehören Kraft und Mut. Aber noch nie habe ich gehört, jemand habe später bedauert, dabei gewesen zu sein.1

Gerade Männer drücken ihre Trauer oftmals nicht direkt aus, sondern flüchten sich in Verdrängungsprozesse, die ihr Verhalten für ihre Umwelt oftmals nicht nachvollziehbar macht. In einem Interview mit dem Rockmusiker Max Cavalera beschreibt dieser den Hintergrund für die recht extrem und aggressiv ausfallende Musik folgendermaßen: „Ich habe eine aggressive Seite, die daher rührt, dass ich den Tod meines Vaters nie wirklich verarbeitet habe. Da ist ständig die Wut in mir …“2

Ich war bis zu diesem Buch – außer im beruflichen Kontext – selbst ein wahrhafter und geschickter Verdränger von Themen wie Trauer und Tod. Sie waren nicht Gegenstand meiner Lebensphilosophie, die eher von lust-, freud- oder genussvollen Inhalten geprägt war. Die Aufzeichnungen, aber auch viele Gespräche mit Männern und Frauen haben mein Bild maßgeblich beeinflusst.

Wer darüber redet, beginnt, den Tod als Teil des Lebens zu begreifen.3

Genau dies ist meine Absicht.

Telgte, im Juli 2013

Sterbewache

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