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Kapitel 1

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-Ein Jahr später-

Die Sojus Kapsel fiel beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wie ein Geschoß vom Himmel. Die kleine Kapsel, die gerade einmal Platz für drei Personen bot, war auf ihrem Rückflug voll besetzt. Als Kommandant der Sojus hatte Artreyu die Aufgabe die Crew sicher und heil zurückzubringen und so kommentierte er dabei jeden seiner Handgriffe, damit die Bodenkontrolle über alles Nötige im Bilde war. Die zwei anderen Crewmitglieder waren still und hofften, dass auch diesmal alles gut gehen würde. Schließlich ist die Sojus eines der sichersten Raumschiffe der Welt. Die Kapsel befand sich im freien Fall und die Astronauten fühlten den Druck des vielfachen ihres eigenen Gewichtes, da sie nun die Schwerkraft wiederhatte. Die Umstellung von schwerelos auf beinahe 4g war ein einmaliges Erlebnis. Jeder Handgriff fühlte sich so an, als ob die Arme mit Blei gefüllt wären. Außerdem war es der Crew durch die Rotation der Kapsel kotzübel.

Plötzlich knallte es. Für Artreyu hörte es sich so an, als ob jemand mit einem Vorschlaghammer gegen die Schiffsverkleidung hämmern würde. Er merkte wie angespannt seine Kameraden waren und gab die entlastende Erklärung zur Bodenkontrolle:„Orbital-und Servicemodul wurden planmäßig abgesprengt.“

Doch kaum dass sich die Anspannung mehr oder weniger gelöst hatte, fing die Kapsel extrem zu rotieren an.

„Bodenkontrolle wir kommen vom Kurs ab!“ Artreyu versuchte gelassen zu wirken und einen kühlen Kopf zu behalten. Die anderen Crewmitglieder wirkten leicht verstört, was Artreyu jedoch nicht von seiner Aufgabe ablenkte. Seine ganze Aufmerksamkeit war nun bei der Kapsel. Er würde alles tun, um sicher zu landen.

Was seine Konzentration jedoch etwas störte, war der Rauch den er plötzlich aus dem Augenwinkel sah.

„Feuer!“, schrie einer der Crewmitglieder auf.

War eine Leitung durchgebrannt? Trat irgendwo eine Flüssigkeit aus oder war die Außenhülle beschädigt? Artreyu schossen schreckliche Bilder durch den Kopf. Doch bevor er reagieren konnte schlug Bob Sher, das Crewmitglied, welches das Feuer als erstes bemerkt hatte, die kleine Flamme mit der Hand aus. Die Situation wurde nicht besser. Die Kapsel rotierte wie wild, die Crew war stark vom Kurs abgekommen und keiner an Bord wusste, was da überhaupt geschah. Als Kosmonaut war es Artreyu klar, dass jeder Flug sein letzter sein konnte. Und er war sich dessen bewusst, doch sein Job war es bis zum Schluss an einen Erfolg der Mission festzuhalten. Auch wenn die Karten plötzlich gegen ihn und seine Crew standen ließ er nicht locker. Er versuchte die Kapsel irgendwie zu stabilisieren.

„Wir haben keinen Funk mehr“, Artreyu machte seine Arbeit und dazu gehörte auch alle auf dem Laufenden zu halten.

„Wir werden verbrennen!“ stellte Val Thomas, das andere Crewmitglied nüchtern fest.

„Die Hülle scheint intakt zu sein“, gab Artreyu trocken zurück. Dann drehte er sich zu Val Thomas, „wir werden es schaffen, wir müssen daran glauben!“

Val nickte und versuchte sich ein Lächeln abzuringen, doch sein Gedankengang wurde durch eine abrupte Bremsung unterbrochen. Er dachte an den Aufprall doch das konnte nicht sein, so viel Zeit war noch nicht vergangen. Die Kapsel müsste noch einige Minuten lang unterwegs sein, bevor sie Bodenkontakt haben konnte. Val schaute zu Artreyu. Dieser lächelte, „der Fallschirm wurde ausgefahren.“

Die Crew atmete tief durch, es war also tatsächlich möglich, dass die Männer noch den Abend erleben dürften und in einigen Stunden ihre Familien sehen würden.

Die Rotation der Sojus hörte allmählich auf und die Kapsel wurde aus dem freien Fall auf etwa 25km/h abgebremst.

Artreyu wusste, dass das schlimmste überstanden war. Aber es war noch nicht vorbei. Die kurze Freude über die wiedererlangte Kontrolle über die Kapsel wich seinen Verpflichtungen als Kommandant. Er checkte die Monitore, „wir haben immer noch keine Funkverbindung aber ich habe die Kontrolle über die Kapsel wiedererlangt.“ Bob Sher klopfte ihm voller Anerkennung auf die Schulter und lächelte.

Als Artreyu aus der Kapsel ausstieg, wusste er, dass das Rettungsteam noch eine Weile brauchen würde um ihn und seine zwei Kameraden zu finden. Er wollte sich umsehen. Wo war die Kapsel gelandet? Hatte sie jemanden verletzt? Nun, die zweite seiner Fragen war schnell beantwortet. Es war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Er setzte sich. Die Schwerkraft zog seinen Körper nach unten und seine Muskulatur war trotz des Trainings in der Schwerelosigkeit doch ziemlich geschwächt. Aber diese Aussicht! Nach dem tristen Alltag auf der ISS war es ein Fest für die Augen endlich wieder Bäume, eine Wiese, Steine und den blauen Himmel zu sehen und frische Luft zu atmen. Gut, was die Bäume angeht so waren nur einige vereinzelt zu sehen, einer keine fünf Meter von der Kapsel entfernt.

Glück gehabt, dass wir nicht auf dem Baum gelandet sind, dachte Artreyu. Doch als er ein paar Schritte nach vorne machte war er von seinem Glück noch mehr überzeugt. Vor ihm lag ein 15 bis 20 Meter tiefer Abgrund, als er hinunter schaute sah er einen kleinen Bach und einen Haufen Geröll und spitzer Steine. Dort unten zu landen wäre weitaus unangenehmer als auf dem Baum. Über diese Schlucht führte ein wackeliges etwas, was Artreyu nicht unbedingt als eine Brücke bezeichnen würde. Es waren einige Seile, die einige vermoderte Bretter miteinander verbanden und zur anderen Seite führten. Artreyu zog an einem der Seile, es fühlte sich an, als ob es gleich reißen würde. Er schüttelte den Kopf und kehrte die paar Meter zur Kapsel zurück wo die anderen Crewmitglieder schon fleißig diskutierten, wo sie sich theoretisch befinden könnten.

Es wurde langsam dunkel und die Crew machte sich ein Lagerfeuer um sich etwas zu wärmen, es war zwar nicht kalt aber durch den Verlust der Muskelmasse im Weltraum war es doch nicht verkehrt sich warm zu halten. Außerdem darf man den psychischen Aspekt eines Lagerfeuers in einer Extremsituation nicht unterschätzen. Er spendet Licht, Wärme und Geborgenheit. Und hält unerwünschten Besuch wie mögliche Raubtiere auf Abstand. Den Astronauten ging es gut, Val und Bob unterhielten sich gelassen, Artreyu vertilgte die Vorräte und war so entspannt, dass er fast einschlummerte. Er war in einem Dämmerzustand, der momentan irgendwie der Umgebung entsprach. Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont, die Vögel sangen leise vor sich hin, fast wie die zwei Kameraden die für Artreyu zu einem Hintergrundrauschen wurden und das Adrenalin welches durch den Absturz ausgeschüttet worden war, floss nicht mehr durch die Blutlaufbahn. Es stellte sich eine allgemeine Entspannung ein, dass alle wohlauf waren, und dass das Rettungsteam sie bald Heim bringen würde. Als Artreyu jedoch an sein leeres Haus dachte wurde ihm etwas mulmig im Bauch.

Doch im selben Moment wurde er aus seinem Halbtraum schnell herausgerissen. Er sah eine Frau schnellen Schrittes auf die wackelige Brücke hinauf laufen. Sie balancierte darauf und blieb etwa in der Mitte stehen. Die Frau schien ziemlich klein zu sein, sie hatte einen gelben Stoff um sich gewickelt, was Artreyu an ein indisches Frauengewand namens Sari erinnerte. Der Sari ist einfach ein langes Stück Stoff, welches die Frauen in Indien durch ausgefallene Wickeltechniken als Kleid tragen. Außerdem hatte die Frau noch einen gelben Sonnenschirm in der Hand, der ihr beim balancieren half. Artreyu war sich ziemlich sicher, dass er und die Crew nicht in Indien gelandet waren, deshalb wunderte er sich über den Kleidungsstil dieser Frau. Was ihn jedoch mehr beschäftigte war ihre Sicherheit und das Leuchten, welches von ihr ging.




























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