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Der Direktor des „Hotel Excelsior Regina“ ging mit der Konjunktur. Großfürsten und gekrönte Häupter, einst der Glanz dieses Hauses, hatten keinen Kurs mehr. Ein weiblicher Star der Folie Bergère zündete heute mehr als ehemals eine Kaiserin Eugénie. Da aber die weltreisenden Amerikaner, wie in Wien nach dem alten Kaiser Joseph, so in der Gegend Mentones noch immer nach der alten Eugénie fragten, so ließ man sie ihnen zuliebe am Leben und zeigte gelegentlich auf der Promenade auch mal eine alte Dame, die es sich gern gefallen ließ, für die tote Kaiserin gehalten zu werden. Aber das hatte nur noch Museumswert. Auf den Höhen der Menschheit wandelten nach Ansicht des Hoteldirektors heute allein die Amerikaner.

Mister Harvey und das Ehepaar Marot waren noch nicht im Lift, da ließ der Direktor das ganze Haus nach der Hoteldetektivin Frau Lily Turel absuchen. — Es vergingen fast zehn Minuten — da meldete sie sich endlich am Apparat im Zwischenstock.

„Liebe Turel!“ fuhr er sie an. „Sie sind jung, fesch und nach Ansicht Ihres Professors, der Sie mir empfahl, ein ausgezeichneter Jurist. Aber was nützt das alles, wenn Sie nie da sind, wenn man sie sucht.“

„Lieber Direktor,“ erwiderte Frau Turel, „das liegt daran, daß ich immer da bin, wo man mich braucht.“

„Das wäre in diesem Falle?“

„Im Entresol.“

„So!? — Nun, dann will ich Ihnen verraten, daß vor einer Viertelstunde der amerikanische Zeitungskönig Harvey bei uns abgestiegen ist.“

„In Begleitung seines Marseiller Korrespondenten Andrée Marot nebst Gattin.“

„Sie wissen?“

„Die Herrschaften haben sich soeben auf den Salon des Mister Harvey ein kleines Souper, bestehend aus kalter Bouillon, Forelle und kaltem Geflügel, sowie eine Flasche unfrappierten Pommery Greno pur bestellt.“

„Ja, woher wissen Sie ...?“

„Madame Dorothée Marot ...“

„Den Vornamen kennen Sie auch schon?“

„... hat sich gegen ihre Gewohnheit zum Souper nicht umgezogen, sondern ist im Reisedreß geblieben.“

„Ich bewundere Sie.“

„Sie ändern Ihre Meinung sehr schnell, Direktor. — Im übrigen, dieser Mister Harvey, der Ihnen so imponiert, interessiert mich gar nicht.“

„So? Dann scheinen Sie nicht zu wissen, daß ihm ein halbes Dutzend der gelesensten Zeitungen in Chicago gehören.“

„In denen er einen Monat lang für die Aufhebung der Prohibition, im nächsten für die Aufhebung der Todesstrafe kämpft.“

„Er soll dafür kämpfen, daß seine Leser, die mehr als zehn Millionen betragen, nach Europa reisen, Nizza besuchen und im Hotel Excelsior Regina absteigen.“

„Ich bin hier Detektiv und nicht Pressechef.“

„Sie sind vor allem hübsch und gescheit.“

„Als wenn Sie das beurteilen könnten.“

„Vielleicht geben Sie dem Amerikaner Gelegenheit dazu — und bestimmen ihn, daß er in seinen Blättern auf unser Hotel aufmerksam macht.“

„Wenn Sie Animierdamen suchen, gehen Sie ins Kasino.“

„Frau Turel! Wie können Sie sich mit derartigen Frauen vergleichen!“

„Ich lehne jede Tätigkeit ab, die nicht mit meinem Beruf zusammenhängt.“

„Sie haften mir dafür, daß Mister Harvey während seines Aufenthaltes in Nizza weder bestohlen, noch in irgendeiner Form belästigt wird.“

„Solange er sich in Gesellschaft dieses Politikers Marot befindet, lehne ich jede Verantwortung ab.“

„Was sagen Sie? — Wo sprechen Sie denn? — Sie reden ja gar nicht in den Apparat.“

„Ich halte das Zimmer Marots unter Aufsicht — das scheint mir wichtiger.“

„Sie leiden an Halluzinationen. Schonen Sie Ihren Teint, Turelchen! Gehen Sie schlafen!“

„Nicht, bevor in Zimmer Nummer elf das Licht gelöscht ist.“

Justizmord?

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