Читать книгу DER UNSINN DES LEBENS - Bachus Bogner - Страница 3

Der Beinheber

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Er hob tatsächlich das Bein. Fritz musste lachen. Hubert würde zufrieden sein. Er würde viel Geld sparen. Chantal würde traurig sein. Sie würde viel Geld verlieren. Marcel würde enttäuscht sein. Er würde sein Bein in Zukunft woanders heben müssen. Wenn er nicht arbeiten wollen würde. Und arbeiten wollte er noch nie. Musste er auch nie, denn er war schön. Die Damen liebten ihn und sie finanzierten ihn. Dafür hob er auch sein Bein für sie. Gewiss war er zu dumm, um auch nur zu erahnen, warum die Männer von denen er sich das Beinheben abschaute, das Bein heben. Er war jedoch schlau genug, um zu wissen wie man eine Millionärsgattin ausnahm. Da hatten sich weder Hubert noch Herbert noch Heribert je getäuscht. Marcel wollte ihr Geld. Doch daraus sollte nichts werden. Immerhin hatten sie Fritz engagiert. Den zweifellos besten Schnüffler von Hintergrindelfing und Umgebung. Dieser hatte sein Handwerk wirklich von der Pieke auf erlernt. Schon als Heranwachsendem gelang es ihm unbemerkt in die Nachbarhäuser einzudringen und herum zu schnüffeln. Am liebsten schnüffelte er an den Höschen der Witwe Winifred. Und so kam er auch zu seinem ersten selbstverdienten Geld als Schnüffler bzw. Erpresser. Da Winifred im Sommer ihre Terrassentür stets offen ließ, war das Einschleichen in ihre Gemächer besonders einfach. Er wartete einfach bis sie, so wie jeden Sonntag, pünktlich um 9.45 Uhr das Haus verließ, um sich, wie fast alle anderen Hintergrindelfinger auch, in der Kirche einzufinden und Pfarrer Wunibald bei seinen Hetztiraden wider des allgemeinen Sittenverfalls zu lauschen. Heute waren wieder mal die Schwulen dran. „Das männliche Glied ist nicht für den Mastdarm bestimmt!,“ schallte es von der Kanzel. Die Leute nickten. Selbst die Schwulen. Schließlich lebte man sich ja nicht aus. Im Gegensatz zu Fritz. Der lag zu diesem Zeitpunkt bereits mit Witwe Winifreds Wollunterhose auf dem Gesicht in ihrem Bett, zog seine Feinrippunterhose runter und holte sich einen runter. Masturbation war zwar laut Wunibald auch verboten, doch wenn man hinterher drei „Vater unser“ und ein „Gegrüßet seist du Maria“ betete, dann müsste man nicht erblinden. Fritz betete viel in jenen Tagen seiner frühen Jugend. So auch an diesem Tag, der für ihn ein äußerst Lukrativer, für Heribert ein Tragischer und für Marcel ein Überlebensnotwendiger werden sollte. Verantwortlich für diesen schicksalshaften Verlauf der Dinge war Gott der Allmächtige, der Dreifaltige, in Personal- bzw. Gottunion mit Jesus Christus und dem Heiligen Geist Herrschende, Schöpfer des Himmels und der Erde. Und des Weines. Davon konnte er gar nicht genug erschaffen, denn auch im Himmelszelt war man gerne sternhagelvoll, was ab und an dazu führte, dass man die ein oder andere Schweinerei 32.000 Meter tiefer übersah. Der Brief den Fritz an jenem Sonntagvormittag fand, stellte zweifellos eine solche Schweinerei dar. Als Gott am Abend von dessen Existenz erfuhr, wäre er beinahe aus allen Wolken gefallen. Er konnte nicht fassen, dass sich einer seiner eigenen Angestellten zu derartigen Lügen verstieg. Und das auch noch im Namen seines Heiligen Geistes. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Der Leibhaftige musste seine Finger im Spiel gehabt haben. Gott griff zum Hörer und wählte die 666. Kurz darauf läutete 66.666 Meter tiefer das Telefon.

„Hölle.“

„Himmel. Mit wem spreche ich bitte?“

„Kahn.“

„Oli Kahn?“

„Dschingis Khan.“

„Der Schlächter?“

„Nein. Der Sänger. Und mit wem habe ich die Ehre?“

„Gott.“

„Karel Gott?“

„Gott der Allmächtige! Ich will deinen Chef sprechen!“

„Was zur Hölle willst du von ihm?“

„Das geht dich einen Dreck an! Scher dich zum Teufel und hol ihn um Himmels Willen an den Apparat!“

Khan ging zum Teufel und holte ihn.

„Satan.“

„Gott.“

„Welcher?“

„Der Allmächtige.“

„Moment bitte.“

Der Teufel runzelte die Stirn. Es war wirklich ein Kreuz mit diesen ganzen Göttern heutzutage, dachte er, schlug sein dickes Götterbuch auf und arbeitete sich gewissenhaft durch das Verzeichnis.

„Ich habe hier keinen Allmächtigen.“

„Versuchen Sie es mal unter Dreifaltiger.“

Der Teufel sah abermals nach und wurde fündig.

„Treffer. Dreifaltiger, Schöpfer des Himmels und der Erde. Familienstand: ledig, ein Sohn, ein Heiliger Geist.“

„Dreifaltig eben.“

„Ich bin etwas verwirrt, hier mit Ihnen zu sprechen. Friedrich behauptet, Sie wären tot.“

„Friedrich leidet an Syphilis.“

„Na schön Gott. Was kann ich für dich tun?“

„Herr Gott!“

„Wie bitte?“

„Für Sie noch immer Herr Gott.“

„Na gut Herr Gott nochmal! Was zum Teufel wollen Sie von mir?“

„Eine Auskunft. Wo waren Sie letzten Samstag zwischen 18.00 Uhr und Mitternacht?“

„Im Fegefeuer. Christen foltern.“

„Jetzt sagen Sie bloß, Sie machen das noch immer?“

„Mein Gott. Die wollen das halt so.“

„Was haben Sie danach gemacht?“

„Um 20.00 Uhr bin ich zurück zur Haupthölle, habe noch ein bisschen Brennholz gehackt, mit Adolf, Josef und Benito eine Partie „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt und mich dann so gegen Mitternacht in die Glut gelegt.“

„Sie bestreiten also an jenem Tage in einen meiner Vertreter auf Erden gefahren zu sein?“

„Absolut. Fragen Sie Papst Urban VIII, wenn Sie mir nicht glauben. Der war den ganzen Tag an meiner Seite.“

„Pah! Urban VIII! Das war doch derjenige, der seinen Studienkumpel Galilei vor dem Scheiterhaufen bewahrt hat. Dieser Versager trägt doch Mitschuld daran, dass heute die Menschheit die Erde für eine Kugel hält.“

„Ist sie ja auch!“

„So ein Blödsinn! Die Leute würden ja herunterfallen und außerdem: Wo wäre denn dann die Hölle?“

„Die Hölle ist in jedem von uns. Hahaha.“

„Wenn Sie so weitermachen schicke ich Ihnen nächste Woche ein Dutzend deutscher Schlagerstars.“

„Oh Gott, nein!“

„Zum Teufel, ja! Ich werde Sie jetzt noch einmal fragen: Waren Sie in Wunibald?“

„Nein. Ich schwöre bei Gott und meinen zwei Schwänzen, dass ich mit dieser Sache nicht das Geringste zu tun habe.“

„Na gut. Ich glaube Ihnen.“

Gott legte auf. Sein gefallener Engel schien ihm ehrlich zu sein. Seine Schwänze waren ihm sicher zu wichtig, um sie wegen eines Dorfpfarrers zu verlieren. Doch wenn Luzifer nicht in Wunibald war, wer dann? Wer war in Wunibald? Der Allmächtige war nicht allwissend. Er war ziemlich ratlos. Fritz nicht. Zwar wusste er auch nicht wer in Wunibald war, doch genügte es ihm vollkommen zu erfahren, dass Wunibald in Winifred war. Den dies beweisenden Brief hatte er rein zufällig auf dem Nachtkästchen entdeckt, als er auf der Suche nach etwas zum Abwischen mit seinen klebrigen Fingern an einem Umschlag haften blieb. "Für Wini von Wuni“, stand darauf und allein an der Handschrift konnte Fritz erkennen, dass es sich beim Verfasser um den, als Pfarrer und Vorstand des Ringervereins herrschenden Oberhintergrindelfinger, Wunibald Wutke handeln musste. Ein diabolisches, ja nahezu teuflisches Grinsen durchzog das, von hartnäckigen Pickeln übersäte und vom ersten Flaum über der Oberlippe verzierte, Gesicht des künftigen Privatdetektives. Ein Pfarrbrief war das sicher nicht. Zumindest kein Offizieller. Fritz las den Brief nicht. Nicht vor Ort, denn im Gegensatz zu den männlichen Hintergrindelfingern, gingen die Weiblichen nach der Kirche stets direkt nach Hause und deshalb drängte die Zeit. Witwe Winifred war bereits unterwegs. Wütend und traurig ging sie schneller als sonst. Er hatte sie nicht einmal angesehen. Er wollte selbst jetzt noch nicht zu ihr stehen. Er hatte nicht einmal den Mut, ihr das ins Gesicht zu sagen. Er würde sich wieder einmal mit seinen Ringerfreunden volllaufen lassen, statt mit ihr Liebe zu machen. Liebe (heterosexueller Natur) predigte er vormittags in der Kirche. Abends brüllte er: „Reiss ihm die Gedärme raus!“ in die Arena. Für die meisten Katholiken stellte das damals zwar keinen Widerspruch dar, doch Winifred begann langsam sich wegen des Geisteszustands des Geistlichen zu sorgen. Zwar schlicht vom Gemüte war sie doch mit einer hohen emotionalen Intelligenz gesegnet und hatte außerdem große Erfahrung im Umgang mit Geisteskranken. Ihr verstorbener Gatte war ein schwerer Neurotiker, der nicht auf die Toilette gehen konnte ohne sich vorher dreimal mit der Faust auf den Kopf zu schlagen und dabei Jummi Jummi zu schreien. Die Zahl drei und die Worte Jummi Jummi übten generell eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. So sah er sich außer Stande morgens sein Grundstück zu verlassen, ohne vorher seinen Hund, den er ebenfalls Jummi Jummi nannte, dreimal am Schwanz gezogen zu haben, was regelmäßig zu kleineren Bissverletzungen führte. Im Wirtshaus bestellte er stets drei Bier gleichzeitig mit der Begründung, er trinke für seine Zwillingsbrüder Jummi und Jummi in Übersee, je eines mit. Als er einmal nur zwei Bier orderte und der Wirt ihn etwas verlegen fragte, ob denn ein Jummi gestorben wäre, gab er zur Antwort: „Nein, aber ich habe mir das Saufen abgewöhnt.“ In Wirklichkeit wollte er natürlich seine Neurosen loswerden. Tragischerweise gelang das nicht. Zum Verhängnis wurde ihm letztendlich das dreimalige Bohren mit dem Finger in der Steckdose, zu dem er gezwungen war, bevor er den Lichtschalter betätigen konnte. Eines Tages hörte Winifred daraufhin nicht das gewohnte Jummi Jummi, sondern ein zischendes Zssst, Zssst. Und seitdem leuchtet ihrem Waldemar das ewige Licht. Das behauptet jedenfalls Witwentröster Wunibald, der ihr ein sehr einfühlsames Gedicht zum Thema Auferstehung schrieb:

"Waldemar komm doch heraus,

setz dich zu unserem Leichenschmaus.

Erheb dich von den Toten

und lausche meinen Zoten.

Für Christen ist der Tod ja nicht unendlich,

die Auferstehung selbstverständlich.

Drum kriechen heut' bejubelt vom Kirchenchor

aus ihren Gräbern die lebenden Toten hervor.

Gesalbt und geheiligt im Gotteshaus

predigt der Pfarrer ihren Kadavern die Würmer heraus.

Die Bibel zitierend,

darin kann man es lesen,

wer fleißig betet,

der muss nicht verwesen.

So kann und so wird es ewig weitergehen,

doch nur wenn man glaubt,

das muss man verstehen."

Winifred glaubte fest daran, doch verstehen konnte sie an jenem Sonntag vieles nicht mehr. Sie war verzweifelt. Zu allem Überfluss lief ihr jetzt auch noch der Bengel vom alten Steiner über den Weg. Auch mit dem schien irgendetwas nicht zu stimmen. Sein Blick hatte immer so etwas Verschlagenes, Hinterlistiges an sich. Außerdem war er an seinen Ohrläppchen eindeutig als Perversling zu identifizieren. „Wenn bei einem Mann die Ohrläppchen spitz zulaufen und etwas nach vorne geneigt sind, dann halte dich fern von ihm. Männer mit solchen Ohrläppchen sind pervers und heimtückisch mein liebes Kind!“, hatte ihr Vater, ein Biologieprofessor, ihr immer wieder eingeschärft. Und der musste es schließlich wissen. Als ehemaliger Leiter der Villa Beffert in Hannover, war er ein absoluter Fachmann für germanische Volks- und Rassenkunde und somit prädestiniert für die Entschlüsselung körperlicher Eigenheiten und deren Auswirkungen auf den Geisteszustand. Oder auch umgekehrt. „Manchen wachsen vom Lügen lange Nasen. Bei anderen werden die Fingerknöchel weiß. Masturbation führt bei Kelten zu einem krummen Penis, bei Slawen zu einem Schrumpfkopf und bei Asiaten zu Akne. Da sind die Rassen durchaus unterschiedlich. Auch beim Schwulsein. Kommt ein Afrikaner nach gleichgeschlechtlichem Sexualverkehr noch mit einer leichten Grippe davon, so muss sich ein Germane allein für das Küssen eines anderen Germanen, mit einem langwierigen Genitalherpes herumschlagen.“, dozierte der Altnazi. Und Winifred lauschte. „Was du alles weißt Vater!“, pflegte sie dann zu sagen und glaubte jedes Wort. Was nicht verwunderlich war, denn selbst Adolf Hitler hatte damals die Karriere des Professors mit den markanten Ohrläppchen mit größtem Interesse verfolgt, wie ihm Gauleiter Weichmann Leiserbacher stets versicherte. „Ausgezeichnet Herr Eseler! Ihre Studie über Stalins Ohrläppchen hat dem Führer die Augen geöffnet. Sie haben großen Anteil daran, dass wir nächste Woche die Russen angreifen. Gratuliere Herr Direktor. Immer weiter so!“ Und Pferdinand Eseler machte weiter bis an sein Lebensende. Zwar wurde er nach dem Krieg von den Alliierten etwas getadelt, doch dauerte es nicht lange bis man ihm an der Universität der, von Hintergrindelfing nur einen Katzensprung entfernten, dreitausend Einwohner Metropole Obermaunzing, eine neue Stelle als Professor zuwies. So konnte er sein umfangreiches Wissen, noch bis in die späten 70er Jahre hinein, an die schlauesten Köpfe der Region weitergeben. Für die Kirche war er jedoch ein Spinner und seine Theorien wurden als fantastischer Unfug abgetan. „Ein guter Katholik weiß, dass man vom Schwulsein nicht Genitalherpes bekommt, sondern in die Hölle muss!“, fühlte sich Pfarrer Wunibald bemüßigt eines Sonntages klar zu stellen. Darum war Winifred auch häufig hin und her gerissen, im Glauben an die Weisheiten ihres Vaters einerseits und jenen ihres Geliebten andererseits. Bei der Sache mit den Ohrläppchen war sie sich jedoch sicher. Fritz musste ein Perverser sein. Ein Voyeur oder Exhibitionist. Ein Sodomist. Ein Sadist oder Masochist. Ein Nekrophiler. Ein Pädophiler. Oder noch schlimmer: „Ein Schwuler!“, ging es ihr durch den Kopf, als ihr der Höschenfetischist an jenem Vormittag begegnete und sie übertrieben freundlich grüßte.

„Grüß Gott Frau Wundracek! Welch herrlicher Tag! Finden Sie nicht auch?“

„Der Tag des Herrn, junger Mann. Ich habe dich heute gar nicht in der Kirche gesehen.“

„Ich musste mich um die Wäsche kümmern, weil meine Mutter krank ist.“

„Verstehe. Was fehlt ihr denn?“

„Grippe.“, log Fritz in dem Wissen, dass sich die beiden Damen hassten und nur übereinander aber niemals miteinander redeten.

„Ich hoffe sie wird bald wieder gesund.“, log Winifred in dem Wissen, dass Fritz wusste, dass sie log.

„Ganz bestimmt Frau Wundracek. Wie geht es Ihnen? Sie sehen so traurig aus heute.“

„Ach das täuscht. Ich bin nur etwas müde.“

„Verstehe.“, erwiderte Fritz in dem Wissen, dass Winifred nicht glaubte, dass er tatsächlich verstand, weil sie der Ansicht war, dass das männliche Geschlecht das Weibliche nie versteht und immer nur deshalb vorgibt zu verstehen, um seine Ruhe zu haben. Doch sie irrte. Fritz verstand. Er verstand sie besser als jeder andere. Er kannte nicht nur ihre Unterhosen in- und auswendig, sondern auch ihre Gefühle, Sehnsüchte und Wünsche. Schließlich las er regelmäßig in ihrem Tagebuch. Das verschaffte ihm natürlich einen nicht zu unterschätzenden Vorteil im künftigen Ringen mit dem Ringerpapst und Oberlehrer, dem Gröler und Frömmler, dem gottverdammten Lügner und erbärmlichen Heuchler Wunibald, der Winifred nur begehrte, nicht aber schätzte und schon gar nicht liebte. Im Gegensatz zu ihm. Dem wahrhaft und mit jugendlicher Hingabe Verehrenden. Er würde sie im Sturm erobern, denn nur er wusste was die wunderschöne Witwe Wundracek brauchte. Keinen Windhund wie Wunibald, der sie verleugnete und sicher auch keinen Freak wie Waldemar, der selbst beim Sex noch Jummi Jummi stöhnte und exakt nach drei Minuten fertig sein musste. Nein, was sie brauchte war ein ganz normaler 13jähriger Mann, wie in der fesche Herr Steiner jun. darstellte.

„Ich muss jetzt heimgehen und die Schweine füttern!“, sagte der junge Herzensbrecher, nicht ohne dabei sein charmantestes Lächeln aufzusetzen.

„Einen schönen Sonntag noch.“, entgegnete die Angebetete und dachte: „Warum grinst dieser Pimpf so debil? Dem gehören wohl mal wieder die perversen Ohren lang gezogen.“

„Halt! Halt! Halt! So kannst du das nicht schreiben Bachus!“, meinte meine Frau.

„Wieso nicht Aphrodite?“, fragte ich.

„Der arme Fritz! Wieso muss sie ihn so verachten?“

„Weil er ein Schnüffler ist.“

„Aber ein Schnüffler mit Gefühl.“

„Das weiß sie doch nicht.“

„Aber du könntest sie es ahnen lassen.“

„Wozu? Soll sie sich in einen 13jährigen verlieben? Das wäre ja unrealistisch.“

„Im Gegensatz zum Telefongespräch zwischen dem Dreifaltigen und dem Leibhaftigen?“

„Wieso sollte es so ein Gespräch nicht gegeben haben?“

„Ich glaube nicht an den Teufel.“

„Ich schon. Ich habe ihn sogar schon gesehen.“

„Ach ja. Und wo?“

„Auf dem Obermaunzinger Faschingsball. Er schlich ständig zwischen den Tischen umher und trank unbemerkt fremder Menschen Biergläser leer.“

„Das war doch der Simml Hans, der alte Restezutzler. Der hat sich doch bloß als Teufel verkleidet.“

„Scheinbar meine Schöne. Das war ja gerade das Perfide daran. Der Teufel tat nur so als wäre er der, als Teufel verkleidete, Simml Hans.“

„Du meinst der Teufel ergriff Besitz vom Simml Hans, verkleidete sich als Teufel und benahm sich dann wie der Simml Hans?“

„Exakt.“

„Das ist raffiniert. Aber woher willst du wissen, dass es nicht doch einfach nur der Simml Hans war?“

„Weil er ganz entsetzlich nach Schwefel stank.“

„Verstehe. Aber wieso bemächtigte er sich des Simml Hanses? Der Mann kann ja kaum sprechen. Was ist so interessant an dem?“

„Tja. Das weiß nur Gott allein.“

„Gott, der Allmächtige?“

„Nein. Gott Schalk. Der ist für jeden Blödsinn zu haben.“

„Und du musst jeden Blödsinn aufschreiben?“

„Naja. Wenn die eigentliche Geschichte etwas dünn ausfällt, dann…“

„Was ist denn die eigentliche Geschichte?“

„Das verrate ich doch jetzt noch nicht!“

„Na schön. Wie du meinst. Aber die Szene zwischen Winifred und Fritz wirst du umschreiben. Die gefällt mir nicht.“

„Wie willst du die Szene haben, oh Holde?“

„Winifred sollte die Anhimmelung bemerken und sich geschmeichelt fühlen.“

„Wegen einem pickeligen Perversling?“

„So pervers ist er ja gar nicht. Die Pickel vergehen und wenn er achtzehn ist, ist er reif für sie.“

„Dann ist sie ja schon vierzig!“

„Na und! Moderne Frauen wollen keine alten Säcke mehr! Sie wollen was Knackiges heutzutage!“

„Die Szene spielt 1977!“

„Gelesen wird sie aber heute. Also mach den Fritz ein bisschen schöner und die Winifred ein bisschen sanfter.“

„Ich muss jetzt heimgehen und die Schweine füttern.“, sagte der junge Herzensbr...

„Halt!“

„Was ist?“

„Lass die Schweine weg!“

„Aber die Schweine sind doch hungrig!“

„Das muss sie ja nicht wissen. Schweine haben in einer Liebesgeschichte nichts zu suchen!“

„Ich muss jetzt heimgehen und meiner kranken Mutter einen Tee kochen.“, sagte Fritz. „Das ist lieb von dir.“, entgegnete Winifred. Langsam gefiel ihr der junge Mann immer besser. Wie fürsorglich er sich um seine Mutter kümmerte. „Der weiß wie man eine Frau behandelt.“, dachte sie und betrachtete den Gentleman nun etwas genauer. Seine Augen schienen ernsthaft besorgt wegen der kranken Mutter. Der Mund jedoch deutete ein dezentes Lächeln an, das seinem hübschen, für dieses Alter jedoch schon erstaunlich markanten Gesicht, einen unwiderstehlichen Charme verlieh und seine perversen Ohrläppchen nahezu vergessen ließ. Und das tat Winifred auch. Sie vergaß. Sie vergaß Waldemar und Wunibald. Sie vergaß ihr großes Problem. Sie vergaß Ort und Zeit. Sie vergaß, dass Fritz erst dreizehn war. Sie vergaß sich selbst, stürzte sich wie eine wild gewordene Bestie auf den jungen Charmeur, riss ihm die Kleider vom Leib, küsste ihn zuerst oben, dann unten, warf ihn zu Boden, zog sich den Slip aus, schob sich den Rock hoch, setzte sich mit ihrer klatschnassen Möse auf seinen stahlharten Schwanz und begann ihn mit rhythmischen Stößen, direkt neben der Straße, hemmungslos durchzu ….

„Nanana! Mein lieber Bachus! Wir hatten doch abgemacht, dass sie sich geschmeichelt fühlen solle.“

„Tut sie ja auch.“

„Aber deswegen fällt sie doch nicht gleich über ihn her.“

„In meiner Phantasie schon.“

„Die musst du zügeln! So schnell geht das nicht! Außerdem finde ich die Wortwahl schrecklich. Du kannst doch nicht Möse und Schwanz schreiben! Ein seriöser Autor schreibt nicht Möse und Schwanz!“

„Ich soll nicht Möse und Schwanz schreiben?“

„Nein! Schreib nicht Möse und Schwanz!“

„Wieso soll ich nicht Möse und Schwanz schreiben?“

„Weil mir das einfach zu derb ist, wenn du Möse und Schwanz schreibst.“

„Ich würde aber gerne Möse und Schwanz schreiben. Mir gefallen die Worte Möse und Schwanz.“

„Mir nicht! Darum rate ich dir: Falls du heute noch deinen Schwanz in meine Möse stecken willst, dann schreib Penis und Vagina, statt Möse und Schwanz!“

„Na gut. Ich werde nicht Möse und Schwanz schreiben. Es tut mir leid, dass ich Möse und Schwanz geschrieben habe.“

„Wirst du nochmal Möse und Schwanz schreiben?“

„Nein, ich werde nicht nochmal Möse und Schwanz schreiben.“

„Schwöre es!“

„Ich schwöre!“

„Was schwörst du?“

„Ich schwöre bei deiner Möse und meinem Schwanz, dass ich nicht mehr Möse und Schwanz schreiben werde!“

„Braver Junge!“

Winifred setzte sich nicht mit ihrer Vagina auf Fritz´ Penis, schob nicht den Rock hoch, zog auch nicht den Slip aus, warf Fritz nicht zu Boden, riss ihm nicht die Kleider vom Leib und küsste ihn auch nicht. Nicht oben und schon gar nicht unten. Deshalb wurde auch sein Penis nicht steif und ihre Vagina nicht nass. Sie vergaß sich nicht, sondern war die Kontrolle selbst, fühlte sich jedoch ein bisschen geschmeichelt, verabschiedete sich, ging heim und schmierte sich ein Butterbrot. Fritz fütterte die Schweine, wartete darauf, dass sein Vater betrunken vom Wirtshaus heimkam, wurde verprügelt, ging ins Bett, hörte wie sein Vater seine Mutter verprügelte, knipste die Nachttischlampe an, hörte wie sein Vater den Hund verprügelte, nahm den Brief aus seiner Hosentasche, wartete bis Stille einkehrte und begann zu lesen. Gott las mit, rief den Teufel an, war zuerst ratlos, dann wütend, schickte einen Blitz los um Wunibald zu bestrafen, vergaß dabei in seiner Rage vorher die Brille aufzusetzen und verfehlte den Pfarrer daher um satte drei Kilometer. Pech für die Brunnhubers. Die Familie Brunnhuber besteht bzw. bestand aus fünf Mitgliedern. Der Mutter Hermine, dem Vater Hans-Hubert und ihren drei Söhnen Hubert, Herbert und Heribert. Letzterer schlief häufig noch bei seinen Eltern im Bett, weil er seine Brüder fürchtete. Und das nicht ohne Grund. Ständig triezten sie den Kleinen und erzählten ihm Gruselgeschichten von dicken, alten, nackten Frauen mit großen, hängenden Brüsten, die direkt aus der Hölle kommend, zu ihm ins Bett kriechen, ihr Gebiss aus dem Mund nehmen und ihn damit in den Hintern zwicken würden. Es lief immer nach dem selben Schema. Hubert dichtete, Herbert lachte und Heribert zitterte. So auch an jenem Abend.

„Von drunten aus der Hölle kommt sie her,

ich muss euch sagen, es grauset mir sehr.

Sie schleicht um unser Haus, mit ihrem gelbbraunen Gebiss,

ich glaub unser Heribert, kriegt langsam Schiss.

Die Treppe hinauf mit ihren haarigen Beinen,

stürzt sie zur Tür rein und schnappt nach dem Kleinen.“

„Hilfe!“, schrie Heribert.

„Haha!“, lachte Herbert.

„Ihr Saudeppen!“, brüllte Hans-Hubert, der dem Geschrei folgend ins Kinderzimmer gestürmt gekommene Vater.

„Aua!“, heulte der, die erste, von Hans-Hubert verteilte, Kopfnuss empfangende Hubert.

„Das habt ihr davon!“, meldete sich Mutter Hermine aus dem Schlafzimmer.

„Aua!“, weinte der, zuvor noch lachende, die zweite, von Hans-Hubert ausgegebene, Kopfnuss genießende Herbert. Und dann war Ruhe. Heribert legte sich zu seinen Eltern, die dem, noch immer verschreckten, Jungen, zur Beruhigung, Steinigungs- und Kreuzigungsgeschichten aus der Bibel vorlasen. Hubert und Herbert erholten sich indessen, bei der Betrachtung spezieller, den durch die Backpfeifen verursachten Schmerz, lindernder, das Blut vom Kopf in andere Körperregionen wandern lassender, Heftchen, die man tags davor im Tabak- und Schreibwarenladen Budenbrüller, zusammen mit einer Schachtel Zigaretten, gemeinschaftlich gestohlen hatte. Die sich in diesem Magazin befindlichen, hübschen, jungen, nackten Damen, schienen direkt aus dem Himmel zu kommen und würden in Kürze mit ihren großen, vollen, wohlgeformten Brüsten, in die Betten der Brunnhuber Brüder kriechen, um diese mit ihren göttlichen Mündern... . Doch dazu kam es nicht mehr. Ein lauter Knall riss die Buben aus ihren Phantasien. Und es ward Licht. Ein heller Blitz riss die Eltern aus ihren Kreuzigungsgeschichten. Und plötzlich stand ihr Bruder Heribert im Zimmer. Sein Blick war wirr. Die Haare weg. Die Stirn verkohlt.

„Was ist passiert?“, fragte Hubert.

„Wo sind unsere Eltern?“, wollte Herbert wissen.

„Im Schlafzimmer. Und auf dem Dach.“, antwortete Heribert wahrheitsgemäß. Der Allmächtige hatte wieder einmal Scheiße gebaut. Wieder einmal ratlos griff er zum Telefon und rief mich an.

„Bachus.“

„Gott.“

„Welcher?“

„Der Dreifaltige.“

„Und mit wem spreche ich?“

„Hä?“

„Spreche ich mit dem Vater, dem Sohn oder dem Hl. Geist?“

„Gott Vater.“

„Kannst du das beweisen?“

„Hä?“

„Naja. Du könntest ja auch der Teufel sein und nur so tun als wärst du Gott. Immerhin hast du recht teuflisch gehandelt.“

„Das war ein Versehen. Du schreibst das doch nicht etwa auf?“

„Selbstverständlich tue ich das!“

„Das kannst du doch nicht machen! Was sollen denn die Leute von mir denken?“

„Tja. Unterschiedliches. Viele glauben sowieso nicht an dich oder halten dich ohnehin für einen Psychopathen.“

„Wie bitte?“

„Aber ja. Manche denken sogar du wärst eine Kuh.“

„Eine Kuh?!“

„Ja.“

„Ein Rindvieh?!“

„Ja.“

„Die Menschen halten mich für ein Rindvieh?!“

„Manche schon. Du verhältst dich ja oft auch so. Wie kann man den nur einen Blitz losschicken, ohne dabei vorher seine Brille aufzusetzen?“

„Mein Gott. Ich war halt ein bisschen angetrunken. Du kennst das ja.“

„Schon. Aber ich werde dann nicht so zornig wie du. Wieso musst du immer jemanden bestrafen?“

„Ich kann doch einem katholischen Pfarrer nicht so eine Schweinerei durchgehen lassen.“

„Ach komm. Du hast doch katholischen Pfarrern schon ganz anderes durchgehen lassen. Denk an die Internate! An die Ministranten! Oder…“

„Hör auf Bachus!“

„Ich denke nicht daran!“

„Ich warne dich! Noch ein Wort und dich trifft der nächste Blitz!“

„Schauen wir mal.“, sagte ich lässig und legte auf. Gott schäumte vor Wut. Es blitzte gewaltig, doch mein Blitzableiter funktionierte und ich schrieb weiter. Von Blitzen ließ ich mich schon lange nicht mehr beeindrucken. Schließlich hatte ich den Blitzkrieg überlebt. Und das als Eichhörnchen. Es war meine dritte Wiedergeburt. Nachdem ich als gefleckter Dungkäfer, in den Rang eines südostasiatischen Hängebauchschweins aufgestiegen…

„Halt! So kannst du nicht weitermachen Bachus! Der Leser wird dir nicht mehr folgen können. Außerdem warst du kein gefleckter Dungkäfer, sondern ein gemeiner Waldmaikäfer.“

„Und du eine Blattlaus!“

„Aber eine Blattlaus in Paris! Während du auf niederbayerischen Misthaufen herumgekrabbelt bist, habe ich in der Avenue des Champs-Élysées diniert!“

„Bis du selbst diniert wurdest. Von einem lächerlichen Marienkäfer.“

„Was immer noch ehrenhafter ist, als in einer Jauchegrube zu ersaufen.“

„Das bin ich nicht. Das war dein Ex Eros.“

„Ach ja. Eros. Das waren noch Zeiten. Apropos Eros. Was ist eigentlich mit deinem Ersatz-Eros vom Anfang der Geschichte?“

„Du meinst Marcel?“

„Ja.“

„Den Beinheber?“

„Ja.“

Er hob tatsächlich das Bein. Fritz musste lachen. Hubert würde zufrieden sein. Chantal eher nicht. Die Scheidung würde für sie weit weniger lukrativ werden als gedacht. Aber immerhin könnte sie dann offen mit Marcel zusammenleben. Er würde sicher auch ohne dem ganzen Geld bei ihr bleiben. Schließlich liebte er sie nicht wegen ihres Reichtums, sondern auf Grund ihrer Intelligenz, ihres Stils, ihres Humors, ihres Esprits und ihrer, von Hubert finanzierten, Silikonbrüste. Dachte sie. Doch sie irrte. Marcel liebte ausschließlich Marcel. Er war regelrecht verknallt in seinen, mit allerlei Bildern und Schriftzügen tätowierten, durch die Brustwarzen gepiercten, im Intimbereich rasierten und am Hintern epilierten Luxuskörper. Am liebsten mochte er allerdings sein Gesicht. Die an den Seiten kurzgeschorenen, oben halblangen, nach hinten gegelten Haare, den Hipsterbart, der zwar für den neutralen Betrachter, auf Grund des unregelmäßigen, schwachen Wuchses, lächerlich aussah, in Marcels himmelblauen Augen jedoch, seinem Äußeren etwas Männliches verlieh. Und männlich wollte er sich speziell in der jetzigen Situation fühlen. Gründlich und mit einem souveränen Lächeln im Gesicht, überprüfte er noch ein letztes Mal sein Ebenbild im überdimensionalen, im Giorgio Armani Schlafzimmerschrank integrierten, Giorgio Armani Schlafzimmerspiegel, hob das Bein, stellte es auf dem, mit Giorgio Armani Bettwäsche bezogenen, Bett ab und griff sich dabei an den eigenen, epilierten Hintern, bevor er seinen glattrasierten Penis, in die glattrasierte Vagina, der Frau des schwerreichen Großgrundbesitzers Hubert Brunnhuber, von hinten einführte. Die Tatsache, dass die Pornodarsteller, von denen er sich das Beinheben abschaute, ihr Bein nur zwecks detaillierter Großaufnahmen heben, nicht ahnend und die Tatsache, dass er tatsächlich dabei gefilmt wurde, nicht wissend, begann er nun, die, in einer etwas hysterisch anmutenden Performance, ihren mit langen, blondierten Haaren bedeckten Kopf, abwechselnd nach links und rechts schüttelnde, laut und hoch stöhnende, Brunnhuber Gattin Chantal Brunnhuber Schnurrenbacher, mit rhythmischen Stößen, noch immer sich selbst dabei, selbstverliebt an den Hintern greifend, zu beglücken. Fritz musste lachen. Er drückte die STOPP-Taste, wischte einen, zuvor in stoischer Ruhe aus seinem linken Nasenloch herausgearbeiteten, Popel unter seinen Schreibtisch und humpelte, einen Humpen Bier vor sich hertragend, zur Toilette. Es war ein guter Tag im Leben des an schlechten Tagen reichen Lebens, des mittlerweile 53jährigen, zweimal geschiedenen, dreimal angeschossenen, nicht tätowierten, nicht gegelten, im Genitalbereich nicht rasierten und am Hintern nicht epilierten Privatdetektives.

„Halt!“

„Was ist es denn diesmal?“

„Viel zu lange, viel zu verschnörkelte Sätze.“

„Was ist falsch daran?“

„Das wirkt überambitioniert und eitel.“

„Ich bin eitel.“

„Das musst du zügeln!“

Fritz schaute in den Klospiegel. Dieser war nicht von Giorgio Armani, sondern vom Sperrmüll. Für Fritz war er jedoch gut genug, denn Fritz war hässlich geworden. Die an den Seiten ergrauten und oben nicht mehr vorhandenen Haare, hätten seinem Äußeren etwas Straßenköterhaftiges verliehen, wenn er nicht so fett gewesen wäre. Er setzte sich auf die Kloschüssel. Diese war nicht von Giorgio Armani.

„Halt!“

„Was?“

„Wenn interessiert es von wem die Schüssel nicht war? Schreib doch lieber von wem sie war!“

„Das interessiert doch keinen.“

„Warum sollte es dann einen interessieren, von wem sie nicht war?“

„Tut es vermutlich nicht. Aber wenn die eigentliche Geschichte etwas dünn ausfällt…“

„Also so geht’s nicht weiter! Du kannst doch nicht…“

„Ein Satz! Es war doch nur ein Satz! Andere Autoren ergehen sich in seitenlangen Naturbeschreibungen, wenn sie kein Thema haben! Und ich werde kritisiert, wegen einem Satz! Einem kurzen Sätzchen! Von wem die Schüssel nicht war!“

„Beruhige dich wieder. Ich sag ja nur, dass es keinen interessiert, von wem die Schüssel nicht war.“

„Es interessiert auch keinen, von wem sie war!“

„Es sei denn, sie wäre von Gucci gewesen!“

„Die bauen doch keine Kloschüsseln!“

„Versace?“

„Nein!“

„Prada?“

„Nein!“

„Wieso dann Giorgio Armani? Warum zur Hölle sollte der Kloschüsseln bauen?“

„Tut er ja nicht! Ich habe auch ausdrücklich geschrieben, dass die Schüssel nicht von Giorgio Armani war!“

„Von wem war sie dann?

„Ist das denn so wichtig?“

„Jetzt schon. Jetzt erst recht!“

„Villeroy und Boch?“

„Nein! Auf keinen Fall!“

„Wieso nicht?“

„Weil wir selbst eine Schüssel von Villeroy und Boch haben!“

„Und?“

„Wir sind Götter! Wir benützen doch nicht dieselbe Marke von einer Kloschüssel, wie dieser dreckige Schnüffler!“

„Ich dachte du magst diesen Schnüffler?“

„Jetzt nicht mehr.“

„Warum?“

„Weil er alt und fett und glatzköpfig geworden ist und in der Nase bohrt. Das ist ekelhaft!“

„Auch wenn er gefühlvoll bohrt?“

„Selbst dann. Er hat auf keinen Fall dieselbe Schüssel verdient wie wir!“

„Na gut. Ich lass mir was anderes einfallen.“

Fritz setzte sich auf die Kloschüssel. Diese war nicht von Giorgio Armani, sondern ebenfalls vom Sperrmüll. Fritz begann zu scheißen.

„Stopp!“

„Was ist?!“

„Erstens sollst du nicht scheißen schreiben! Und zweitens hast du vergessen, ihn vorher seine Hose herunterziehen zu lassen.“

„Aber das ist doch überflüssig.“

„Wie bitte? Sich vor dem Scheißen die Hose herunterziehen soll überflüssig sein?“

„Es ist überflüssig das zu erwähnen. Das können sich die Leser doch denken.“

„Nicht deine Leser Bachus.“

„Wie bitte?!“

„Vergiss es.“

„Du beleidigst meine Leser?!“

„Na und.“

„Das wird einen Shitstorm geben!“

„Mein Gott, da musst du drüberstehen. Kümmere dich lieber um den Shitstorm in deiner Geschichte und lass den armen Mann endlich scheißen! Aber bitte ohne scheißen zu schreiben.“

Fritz zog seine Hose herunter, setzte sich auf seine Sperrmüllkloschüssel und entlud sich rektal. Endlich! Er hob das Bein und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Dann seinen Gedanken. Nicht nur Hubert sondern auch Herbert und Heribert Brunnhuber würden sehr zufrieden sein. Chantal Brunnhuber Schnurrenbacher würde wieder Chantal Schnurrenbacher heissen, Marcel würde sein Bein woanders heben und Fritz selbst würde, ermöglicht durch die hohe Belohnung, seinen Reizdarm bis an sein Lebensende in der Karibik entleeren. Doch es sollte anders kommen. Ganz anders! Es sollte blutig werden! Auch auf dem Papier. Denn ein Reizdarm in Verbindung mit Hämorrhoiden war eine teuflische Kombination. Und so begann sich Fritz‘ gute Laune, über seinen gelungenen Coup, bereits beim Reinigen seiner Rosette schon wieder entschieden einzutrüben. Zu allem Überfluss läutete jetzt auch noch das Telefon, was ihn dazu zwang, mit zwischen den Pobacken eingeklemmtem Toilettenpapier, einer Ente gleich, in die Küche zu watscheln, um den, mit Sicherheit enorm wichtigen, Anruf noch rechtzeitig entgegennehmen zu können.

„Steiner.“

„Bergstampfer. Kriminalpolizei Obermaunzing. Spreche ich mit Herrn Fritz Steiner jun.?“

„Jawohl.“

„Herr Steiner wir hätten da ein paar Fragen bezüglich der Nacht von Freitag dem 14.05.2017 auf Samstag den 15.05.2017.“

„Sie meinen von gestern auf heute?“

„Genau. Könnten Sie bitte am 15.05.2017 um 17 Uhr auf dem Obermaunzinger Polizeirevier erscheinen?“

„Heute um fünf?“

„Genau.“

„Worum geht es denn?“

„Das darf ich Ihnen am Telefon nicht sagen.“

„Na schön. Ich komme. Schließlich habe ich ja nichts zu verbergen.“, log Fritz und legte auf. Einbruch. Das Anbringen einer Videokamera, um ahnungslose Leute beim Geschlechtsverkehr zu filmen. Höschendiebstahl. Hähnchendiebstahl. In der Tat hatte Fritz Einiges zu verbergen. Doch wie war man ihm auf die Schliche gekommen? War man ihm überhaupt auf die Schliche gekommen? Wenn ja, warum hat man ihn dann nicht gleich verhaftet. Hatte man ihn nur in der Nähe des Hauses gesehen, oder auch beim Einbruch? Wusste man vom Video? Konnte man ein illegal aufgenommenes Video überhaupt in einem Scheidungsprozess verwenden? Wenn nein, wäre es dann nicht sinnvoller Chantal mit dem Video zu erpressen, statt es Hubert zu übergeben? Würde sie ihm mehr Geld bieten als er? Hatte er ihm überhaupt Geld geboten? Wurde er überhaupt beauftragt? War er überhaupt Privatdetektiv? Fritz war ratlos. Gott nicht. Er hatte Fritz eine vorübergehende Amnesie geschickt, um meinen Roman noch ein bisschen spannender und verworrener zu machen. Der Allmächtige ließ Fritz sogar vergessen, dass Kommissar Bergstampfer noch eine alte Rechnung mit ihm zu begleichen hatte, die den Leser weit zurück in die Vergangenheit führen sollte.

DER UNSINN DES LEBENS

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