Читать книгу Das Mormonenmädchen Zweiter Band - Balduin Mollhausen, Balduin Möllhausen - Страница 2
Zweiter Band
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Der Abschied
ОглавлениеVier Tage waren seit Weatherton’s Besuch bei dem Maler verstrichen, vier lange Tage, ohne daß es ihm geglückt wäre, auch nur die leiseste Spur von Hertha und ihrer Begleitung zu entdecken. Er selbst hatte nichts versäumt, was zu einer Aufklärung des geheimnißvollen Verschwindens der Gesellschaft hätte führen können, und in allen seinen Bemühungen war er auf das Treueste von Werner sowohl wie von Falk unterstützt worden. Sogar Raft, dem auf seine Verwendung der erforderliche Urlaub ertheilt worden war, hatte Tage lang in der Nachbarschaft vor Abraham’s Wohnung Ausguck halten müssen; doch Alles blieb vergeblich. Die Mormonen waren verschwunden, und obgleich keiner der beiden Forschungen Betheiligten bezweifelte, daß sie noch in der Stadt verborgen seien, so verloren sie doch allmälig die Hoffnung, jemals wieder mit ihnen zusammenzutreffen.
Anfangs war Weatherton geneigt, anzunehmen, daß Falk wie Raft sich an jenem Abend getäuscht hätten; allein dies dauerte nur so lange, bis er Abraham einen Besuch abstattete, um sich, wie er vorgab, von dem Wohlbefinden seiner früheren Reisegefährten, zu überzeugen.
Ganz wider sein Erwarten räumte der schlaue Agent ein, das die Gesuchten sich allerdings einen Tag und eine Nacht unter seinem Dache befunden hätten, daß es sich aber nur darum gehandelt habe, mehrere bedeutende auf ihn gezogene Wechsel flüssig zu machen, worauf sie schleunigst nach dem Missouri abgereist seien, um sich dort einer bestimmten, nach dem Salzsee aufbrechenden Karavane anzuschließen.
Weatherton durchschaute die Täuschung und maß Abraham’s Worten nicht mehr Werth bei, als sie verdienten. Seine letzten Zweifel über Falk’s Mittheilungen wichen, dagegen gelangte er zu der Ueberzeugung, daß die Gesuchte nicht mehr in des Agenten Hause weile und man Alles aufbiete, das junge Mädchen weder mit ihm, noch mit Anderen, die auf dasselbe irgend welchen Einfluß gewinnen konnten, in Berührung kommen zu lassen.
Auf seine Andeutungen, daß die Gerichtsbarkeit von New-York sich bewogen finden könne, in seinen Lagerräumen nach Kriegscontrebande zu forschen, hatte Abraham nur mit einem beleidigenden Lächeln geantwortet und ihm anheim gestellt, um sich jede weitere Mühe zu ersparen, sogleich selbst mit den Nachforschungen zu beginnen.
»Ihr werdet vielleicht Manches entdecken, was Euch verdächtig erscheinen mag,« sagte ihm der Agent mit einem Anflug von Hohn, »allein die Regierung in Washington selber hat kein Recht, sich um Das zu kümmern, womit ich Handel treibe, es sei denn, daß ich Steuerdefraudationen beginge. Uebrigens steht mein Lagerhaus jedem mit rechtskräftiger Vollmacht versehenen Beamten offen, dagegen dürfte, nachdem der Verdacht sich als ungerechtfertigt erwiesen, ein kostspieliger Proceß gegen Denjenigen eingeleitet werden, der sich eine derartige Anklage gegen meine Firma erlaubte.«
Weatherton ging, aber im Stillen bereute er den Schritt, welchen er bei Abraham gethan hatte. Er fühlte, er war im Eifer zu weit gegangen, und mit Bedauern gelangte er zu dem Schluß, daß Diejenigen, die ein Interesse dabei hatten, Hertha von der Außenwelt abzuschließen, in seinen Worten eine Warnung erblicken und fortan nur noch mehr auf ihrer Hut sein würden. —
In demselben Grade nun, in welchem sich seinem Vorhaben immer größere Schwierigkeiten entgegenstellten, befestigte sich aber auch sein Wille, dasselbe dennoch durchzusetzen, und da Falk, theils aus Theilnahme für die Sache selbst, theils aus einem angeborenen Hange zum Außergewöhnlichen und Abenteuerlichen, ihm in jeder Beziehung beipflichtete und dadurch seiner leidenschaftlich erregten Phantasie immer neue Nahrung gewährte, so würde er schon jetzt nicht gezögert haben, eine Reise nach der Salzsee-Stadt zu unternehmen, wenn er nur die Gewißheit gehabt hätte, daß Hertha und ihre Begleitung wirklich dorthin aufgebrochen seien.
Wie nun Weatherton und seine Freunde in das geheimnißvolle Treiben der Mormonen und ihrer Helfershelfer einzudringen trachteten, so wurde ihnen nicht minder von den Mormonen überall hin nachgespäht; nur mit dem Unterschiede, daß letztere erfolgreicher wirkten. Denn bei den bedeutenden Mitteln, über welche dieselben zu verfügen hatten, bei den Erfahrungen, welche sie in dergleichen Angelegenheiten gesammelt, und bei der großen Zahl feiler Menschen, die sie besoldeten und mit unglaublichem Scharfblick aus der Hefe der untersten Klasse der Bevölkerung herauszufinden verstanden, konnte man darauf rechnen, daß alle ihnen verdächtige Personen, oder solche, denen sie nur im Geringsten mißtrauten, eigentlich keine Stunde unbeobachtet und unbewacht blieben.
So erhielten denn Abraham, Jansen und Rynolds stets die genauesten Mittheilungen über das von Weatherton und seinen Gefährten eingeschlagene Verfahren; weshalb es ihnen leicht wurde, jeder persönlichen Begegnung rechtzeitig auszuweichen und alle deren Pläne, noch ehe dieselben zur Reife gelangten, zu hintertreiben und die ihnen entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.
So war es ergangen, als Weatherton Abraham den längst vorhergesehenen Besuch abstattete, so erging es, als man in den Bureaux der Dampfschifffahrtsgesellschaften nach den Verschwundenen forschte. Ueberall stieß man entweder auf gar keine Nachrichten, oder auf solche, die absichtlich verworren und unbestimmt ertheilt wurden, um auf falsche Fährten zu leiten. —
Es war also am vierten Tage nach dem, an welchem Weatherton mit Falk Freundschaft geschlossen hatte und durch diesen auch mit Werner in Dietz’s Hôtel bekannt gemacht worden war. Es mochte gegen acht Uhr des Abends sein; das Leben in dem hellerleuchteten Broadway hatte seinen höchsten Grad erreicht, die breiten Bürgersteige waren von Fußgängern bedeckt, die endlosen Reihen der Wagen rasselten hinauf und hinunter, und Gruppen von Menschen saßen vor den Hausthüren, sich des milden Herbstabends erfreuend, oder über die neuesten Tagesereignisse plaudernd.
Die geräumige, mit vergoldeter Stuccatur und geschmackvoller Malerei reich ausgeschmückte Vorhalle in Dietz’s Hôtel hatte sich schon geleert, die Kostgänger und Gäste des Hauses waren ihrem Vergnügen nachgeeilt, oder ließen in der Trinkhalle bei vollen Gläsern und Cigarren die Zeit verstreichen, und nur einzelne Personen saßen noch auf den ringsum an den Wänden angebrachten weich gepolsterten Bänken, um die Ankunft eines Freundes oder Bekannten zu irgend einem verabredeten Spaziergange zu erwarten.
Auch Weatherton und Falk schienen dort auf Jemanden zu harren, doch zogen sie es vor, wahrscheinlich um außer dem Bereich neugieriger Ohren zu bleiben, in der Halle auf und ab zu wandeln.
Ihre Züge verriethen, wie ernst der Gegenstand sei, welchen ihre Unterhaltung betraf; außerdem standen sie von Zeit zu Zeit still, um irgend etwas genauer zu erörtern, worauf sie dann gewöhnlich nach der Uhr sahen, um mit einem Kopfschütteln oder einem andern äußerlichen Zeichen der Ungeduld ihren Spaziergang wieder aufzunehmen.
»Acht Uhr vorbei, und noch nicht eingetroffen,« sagte Weatherton, als sie wieder einmal eine Weile stehen geblieben waren und sehr eifrig mit einander verhandelt hatten; »ich hoffe, er hat uns nicht vergessen.«
»Vergessen hat er uns nicht,« entgegnete Falk, »er ist zu gewissenhaft dazu; allein er kann in seinen eigenen Angelegenheiten aufgehalten worden sein, weil er sich auf dem morgen absegelnden Dampfboot nach Panama und San Francisco einzuschiffen gedenkt. Heute Vormittag, als er nach dem Bureau gegangen war, dauerte es ebenfalls mehrere Stunden, eh’ er wieder zurückkehrte. Es hat seine Schwierigkeiten, die Listen der eingeschriebenen Passagiere vorgelegt zu erhalten.«
»Aber er hat sie doch gesehen!« versetzte Weatherton
»Er hat sie gesehen und durchgelesen vom Anfang bis zu Ende —«
»Und nicht die Namen von zwei Herren und zwei Damen gefunden, die, als zusammenreisend, für unsere Mormonengesellschaft gehalten werden könnte?« fragte Weatherton, indem er kurz stehen blieb, »denn nach ihren wirklichen Namen brauchen wir nicht zu forschen, sie werden vorsichtig genug gewesen sein, dieselben zu verschweigen,« fügte er mit Bitterkeit hinzu.
Falk lächelte in seiner stillen Weise vor sich hin, denn er sollte abermals eine Frage beantworten, die Weatherton schon wenigstens zehnmal an ihn gestellt hatte.
»Nein, heute Morgen hat er nichts entdeckt, was uns zu einem Verdacht berechtigte,« erwiderte er endlich, sich wieder vorwärts bewegend. »Unmöglich ist es nicht, daß seine Nachrichten heute Abend anders lauten; auf alle Fälle dürfen wir es uns nicht verdrießen lassen, morgen schon in aller Frühe nach dem Werft hinabzugehen und jeden einzelnen Passagier, indem er sich an Bord begiebt, genau zu betrachten. Beabsichtigen sie mit diesem Boot abzureisen, so können sie unserer Aufmerksamkeit nicht entgehen. Entdecken wir sie nicht, so unterliegt es kaum noch einem Zweifel, daß sie, anstatt noch vierzehn Tage auf den Abgang des nächsten Dampfers zu warten, den Landweg durch die Prairien wählen.«
»Jedenfalls kommt mir der Durchsuchungsbefehl zu Statten, welchen ich mir zu verschaffen gewußt habe.«
»Durchsuchungsbefehl?« fragte Falk überrascht.
»Ja, ein Befehl von der entsprechenden Behörde, kurz vor Abgang des Dampfers an Bord zu erscheinen und nach Kriegscontrebande, die für die Mormonen am Salzsee bestimmt ist, zu suchen. Der Befehl ist mir erst heute Mittag zugestellt worden, ich konnte Euch also nicht früher davon in Kenntniß setzen.«
Falk sann eine Weile nach. »Ich weiß nicht, ob dieses nicht übereilt gehandelt war,« wendete er sich dann wieder an Weatherton, »der Abgang des Dampfers wird dadurch bedeutend verzögert werden, und Ihr erbittert nicht nur die in New-York anwesenden Mormonen gegen Euch, sondern auch die Mitglieder der DampfschifffahrtsGesellschaft, vor Allem aber die Passagiere.«
»Mag man mir zürnen oder nicht,« versetzte Weatherton achselzuckend, »ich werde handeln, wie mir die Pflicht gebietet, obgleich ich Euch gegenüber einräume, daß ich mich nur überzeugen will, ob das junge Mädchen an Bord ist. Vor meiner Vollmacht müssen sich alle Thüren öffnen.«
»Und wenn Ihr sie findet?« fragte Falk zweifelnd, »in welcher Weise wollt Ihr alsdann auftreten?«
Weatherton legte einen Augenblick seine Hand an die Stirn. »Ich habe darüber noch nicht nachgedacht,« antwortete er endlich zögernd, »vorläufig war ich nur von dem einzigen Wunsch beseelt, zu erfahren, ob sie wirklich mit dieser Gelegenheit nach Kalifornien reist. Ich will wissen, wo sie geblieben ist, und sollte ich —«
Werner’s Anblick, der eben von der Straße in die Halle trat, ließ ihn den Nachsatz nicht beendigen.
Er eilte auf ihn zu, und ihm die Hand entgegenstreckend, blickte er ihm fragend in die Augen.
Werner gab ein verneinendes Zeichen. »Es ist nichts,« sagte er, »ich blieb, bis das Bureau geschlossen wurde; ich las die Namen aller Eingeschriebenen noch einmal durch und überzeugte mich, daß schon seit heute Nachmittag um vier Uhr alle Plätze bis auf den letzten verkauft sind, und sogar in den Kajüten und Rauchzimmern des Abends Betten aufgeschlagen werden müssen, um alle Passagiere unterzubringen.«
»Andere Nachricht erwartete ich nicht,« versetzte Falk, als er eine bittere Enttäuschung auf Weatherton’s Zügen gewahrte. »Haben sie sich einschreiben lassen, so geschah es unter anderen Namen; jedenfalls muß es sich morgen früh aufklären.«
»Wenn es zu spät ist,« sagte Weatherton ernst, »wenn es zu spät ist und das arme, unschuldige Opfer seinen Weg in’s Elend schon eingetreten hat. Denn finde ich sie wirklich, so besitze ich, da ich nur nach Kriegscontrebande forschen soll, nicht das Recht, in die Familienangelegenheiten mir fern und fremd stehender Personen einzugreifen; selbst auch dann nicht, wenn es Mormonen, also erklärte Feinde der Vereinigten Staaten wären.«
»Ihr könnt kaum aufrichtigere Theilnahme für die junge Dame hegen, als ich,« nahm Falk das Wort, indem er die Freunde nach einer Bank hinführte, die eben leer geworden war. »Es besteht blos der Unterschied, daß Ihr sie von Angesicht zu Angesicht kennt und sich in Folge dessen ihr Bild tiefer in Eure Seele eingegraben hat, während bei mir nur die Phantasie eine Erscheinung zu schaffen vermag, die gewiß weit hinter der Wirklichkeit zurückbleibt.«
»O, Ihr solltet sie kennen,« fiel Weatherton mit Wärme ein, »und Ihr würdet meine Theilnahme natürlich finden —«
»Ich kenne sie aber nicht, und dennoch finde ich Eure Theilnahme sowohl, wie die meinige natürlich,« unterbrach ihn Falk mit einem gutmüthigen Lachen, »wie weit meine Theilnahme aber reicht, mögt Ihr daraus ermessen, daß ich viel weiter, als Ihr, in die Zukunft gedacht habe.«
Weatherton schaute überrascht und fragend zu dem Maler auf.
»Ja, in die Zukunft,« wiederholte dieser freundlich, »entgeht sie nämlich morgen unserer Aufmerksamkeit, weil man sie irgendwo auf dem Dampfboot verborgen hält, so wird sie dennoch während der ganzen Reise und sogar noch in San Francisco auf’s Schärfste bewacht und behütet werden. Ich habe nämlich meinem Freunde Werner hier die beiden Mormonen so genau beschrieben, daß er, im Fall er mit ihnen zusammentrifft, nicht einen Augenblick im Zweifel über sie bleiben kann; und wenn Ihr ihm eine ähnliche Beschreibung von den Damen gebt, so dürften wir mit Gewißheit darauf rechnen, schon von der Havannah und demnächst von Panama aus, genaue und umständliche Berichte über Alles, was wir zu wissen wünschen, übermittelt zu erhalten.«
»Und daß sie in San Francisco, sollten sie sich dorthin wenden, beobachtet werden, dafür bürgt mein Versprechen,« bekräftigte Werner aus vollem Herzen. »Ich besitze daselbst Freunde und werde Personen finden, die mit Freuden ihren ganzen Einfluß aufbieten, einer beabsichtigten verbrecherischen Handlung hindernd in den Weg zu treten.«
»Ihr reist nach Kalifornien,« sagte Weatherton nachdenkend, indem er mit einem verstohlenen eifersüchtigen Blicke die schlanke Gestalt des jungen Kaufmannes maß. »Ihr werdet immer in ihrer Nähe sein und sie täglich sehen —«
»Das heißt, wenn sie mit demselben Dampfer reist, was noch höchst unwahrscheinlich ist,« schaltete Falk ein, und seine Physiognomie verrieth, daß ihm die Gefühle nicht fremd waren, welche Weatherton’s Brust bestürmten.
»Allerdings ist es noch unwahrscheinlich,« versetzte Weatherton freier und offenherziger zu Werner gewendet, »aber ich will für alle Fälle die beiden Damen so genau beschreiben, wie ich es nur immer vermag. Vielleicht daß dennoch in dem guten Werk, zu welchem wir uns vereinigt haben, Euch gerade der angenehmste Theil der Aufgabe zufällt.«
»Aber nicht hier, nicht hier laßt uns diesen Gegenstand weiter erörtern,« sagte Werner dringend, als Weatherton eben mit seiner Schilderung beginnen wollte. »Begeben wir uns hinauf; in meiner Stube sind wir ungestörter, und nachtheilig kann es nach keiner Richtung hin wirken, wenn wir den letzten Rest meiner California-Weinproben auf guten Erfolg leeren.«
Weatherton und Falk gingen auf den Vorschlag ein, und bald darauf saßen sie bei dem stark duftenden, edelsten Erzeugniß des Goldlandes, vertieft in die Unterhaltung, welche sie unten in der Halle abgebrochen hatten. —
Während die drei Freunde, von Niemand beobachtet, ihre Gedanken und Pläne für die Zukunft austauschten und die entsprechenden Verabredungen trafen, war die Landungsbrücke, neben welcher der California-Dampfer lag, schon leer geworden. Auch auf den angrenzenden, aus Brettern und Balken gezimmerten Werften zeigte sich nur noch wenig Leben. Hin und wieder schwankte ein Matrose, der des Guten etwas zu viel gethan, dem heimathlichen Schiff zu; andere, denen es gelungen war, die Wachsamkeit der Posten zu täuschen, schlüpften wie Schatten in die Stadt nach den wohlbekannten Schänken. Auch sah man wohl ein paar Schiffsrheder, die den Abend bei ihrem Capitän zugebracht, Arm in Arm den Heimweg antreten, doch vermochten alle diese Gestalten nicht den Charakter tiefster Ruhe zu verdrängen, der sich nach einem geräuschvollen Tage auf die Werfte und die vor denselben liegenden zahlreichen Kauffahrer gesenkt hatte.
Die hellen Gaslaternen warfen ein unbestimmtes Licht auf die schwarzen Schiffsrumpfe, die ihnen zunächst lagen, und auf die unteren Masten. Ueber die nächsten Schiffsrumpfe hinaus und bis in die obere Takelage hinein drang die Beleuchtung indessen nicht. Was außerhalb des Lichtkreises der Laternen lag, das fiel mit der nächtlichen Dunkelheit zusammen, dort als schwarze Masse, ähnlich schlummernden gigantischen Ungeheuern, sich mit dem dunkeln Wasserspiegel vereinigend, hier nur schwach und mit verwischten Umrissen vor dem gestirnten Firmament abhebend. Wenn auch in der Ferne Fährdampfer und kolossale Flußschiffe mit ihren zahlreichen erleuchteten Fenstern, wie schwimmende Städte, dumpf stöhnend und ächzend dahinbrausten und eilig die ihnen vorgeschriebene Bahn verfolgten, so schien in der Nähe des California-Dampfers Alles zu schlafen.
Verschlafen gurgelte das Fluthwasser an den gekupferten Wanten entlang; verschlafen hingen die Wimpel, von keinem Lufthauch bewegt, niederwärts, und selbst die Laternen, die als Signale auf den verschiedenen vereinsamten Verdecken aufgestellt worden waren, wie die durch die Kajütenfenster schimmernden Lampen brannten, im Vergleich mit den Gasflammen, so trübe und düster, als wenn auch sie sich schon halb im Traume befunden hätten.
Die an den Werften vorüberführende Straße war noch belebt; dieselbe bildete aber gewissermaßen ein Reich für sich selbst, und die Leute, die sich dort noch geräuschvoll hin und her bewegten, waren eben nur Betrunkene, oder solche, die sich irgendwo verspätet hatten und mit schnellen Schritten nach Hause eilten.