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Graf Charncliffe lenkte sein Vierergespann geschickt durch die belebten Straßen und zog dabei die Blicke aller Leute auf sich.

Es war nicht verwunderlich, daß er Aufsehen erregte. Seine vier prachtvollen Rappen waren das perfekte Gespann für den neuen gelben Phaeton, der ihm erst kürzlich vom Wagenbauer geliefert worden war.

Der Graf setzte seinen höchsten Stolz daran, sich von seinen Zeitgenossen zu unterscheiden, was die jungen Stutzer jedoch nicht davon abhalten würde, sich innerhalb weniger Monate ebenfalls mit einem nagelneuen gelben Phaeton zu schmücken. Sie kopierten einfach alles an ihm: die Art, wie er seine Krawatten band, den eleganten Schnitt seiner maßgeschneiderten Kleidung, die auf Hochglanz polierten Schaftstiefel.

Doch nicht nur die Herren der Schöpfung waren von ihm beeindruckt. Da der Graf stets großen Wert auf ein makelloses Äußeres legte und zudem noch blendend aussah, war es kein Wunder, daß ihm die Herzen aller Frauen zuflogen, die ihm begegneten. Er genoß seinen Ruf als Lebemann zwar, gestand sich jedoch bisweilen zynisch ein, daß er wesentlich öfter verführt wurde, als daß er selbst verführte.

Nun war er zum ersten Mal im Begriff, sich ernsthaft um die Gunst einer Schönen zu bemühen, die seinem Charme bisher tapfer widerstanden hatte.

Sein Adelstitel und die umfangreichen Besitzungen waren ihm nach Meinung seiner Verwandtschaft in einem viel zu jugendlichen Alter zugefallen. Seitdem versuchte man mit Bitten, Befehlen oder allen möglichen anderen Tricks, ihn dazu zu bewegen, sich zu verheiraten.

Cham, der Stammsitz seiner Familie, war im ganzen Land das schönste Zeugnis italienischer Architektur aus der Zeit Elizabeths I. Die Baumaterialien stammten aus vielen verschiedenen Gegenden, wie der Graf seine Gäste zu belehren pflegte.

»Das Holz aus den eigenen Wäldern«, zählte er auf, »die Ziegel aus der örtlichen Brennerei, der Dachschiefer aus Wales, das Glas aus Spanien und die Mauersteine aus einem Steinbruch in der Nähe von Bath.«

Es bedurfte keiner besonderen Erwähnung, daß man die Steinmetze und Stuckateure, die im Haus die Decken mit Ornamenten verziert hatten, aus Italien hatte kommen lassen.

Auch die Gemäldesammlung suchte in ganz Britannien ihresgleichen, umfaßte sie doch Werke der berühmtesten Künstler jeder Epoche.

Es war also ein würdiger Rahmen für den Grafen, der selbst aussah, als sei er einem der Gemälde entstiegen, um als strahlender Held die Herzen der Weiblichkeit höher schlagen zu lassen.

Mittlerweile hatte er die nach Norden führende Ausfallstraße erreicht. Sie war kaum befahren, und er bedauerte es, keine längere Strecke vor sich zu haben.

Elaine Dale, die sein flatterhaftes Herz erobert hatte, weilte bei ihrem Großvater, dessen Haus nur knapp zehn Meilen vom Zentrum Londons entfernt lag.

Elaine war die Tochter von Lord William Dale, dem jüngsten Sohn des Herzogs von Avondale, der wegen seiner niedrigen Stellung in der Familienhierarchie ständig Schulden hatte. Sein älterer Bruder hatte als Erbe des Adelstitels alles bekommen, was man an Vermögen zusammenbringen konnte, während sich die jüngeren Familienmitglieder mit Almosen begnügen mußten. Das entsprach durchaus der Tradition in adligen Kreisen, doch Lord William wurde nicht müde, sich bitter über sein armseliges Los zu beklagen, obwohl ihm längst niemand mehr zuhörte.

Bis er, eines Tages erkannt hatte, daß er einen Schatz von unermeßlichem Wert sein eigen nannte: seine Tochter Elaine.

Sie als Schönheit zu bezeichnen, wurde dem Zauber ihrer Persönlichkeit nicht im entferntesten gerecht. Von ihrer irischen Mutter hatte sie die blauen Augen und vom skandinavischen Zweig ihrer Familie das weißblonde Haar geerbt. Sie hatte eine wundervoll melodische Stimme und vermochte mit ihrer natürlichen, wenn auch ungebildeten Intelligenz jeden, der ihr begegnete, in ihren Bann zu ziehen.

Nachdem Lord und Lady William Dale geknausert und sich jeden Penny vom Mund abgespart hatten, um ihre Tochter in die vornehme Londoner Gesellschaft einführen zu können, war Elaine wie ein strahlender Stern am Gesellschaftshimmel aufgegangen. Da sie ein Trauerjahr hatte einhalten müssen, war sie älter als die meisten anderen Debütantinnen, die mit ihr zusammen zum ersten Hofknicks im Buckingham Palast empfangen wurden, doch alle Anwesenden waren von ihrer vollendeten Anmut und Würde verzaubert.

Wann immer sie in den Klubs von St. James auftauchte, konnte sie sich allgemeiner Aufmerksamkeit erfreuen. Zwar war es bei den jungen Stutzern und Dandys Mode, sich geistreichen Frauen zuzuwenden und Debütantinnen zu ignorieren, weil die sich meist als fad erwiesen. Außerdem bestand die Gefahr, daß man unversehens in eine Ehe hineinschlitterte, wenn man sich zu intensiv mit ihnen befaßte. Elaine jedoch bildete in jeder Beziehung eine rühmliche Ausnahme.

Bereits in der ersten Woche nach ihrem Debüt war sie auf jeder Gesellschaft, die sie besuchte, vielumschwärmter Mittelpunkt. Unter ihren Verehrern befanden sich nicht wenige junge Adlige, die bisher als eingeschworene Junggesellen gegolten hatten, ihr zuliebe jedoch durchaus bereit schienen, diesen Status aufzugeben.

Der Graf hatte Elaine anfangs nur flüchtig wahrgenommen, doch dann war er ihr auf einem Ball vorgestellt worden, den er mit der Gattin eines Botschafters besucht hatte. Verglichen mit dem erotischen Vulkan an seiner Seite war ihm Elaine wie ein kühler Wassertropfen inmitten einer glutheißen Wüste erschienen. Und schon war es ihm ebenso ergangen wie all seinen Freunden: Er war ihr auf Anhieb verfallen.

Zu seiner Verblüffung hatte Elaine ihn äußerst kühl behandelt, so als sei er ihr völlig gleichgültig. Sie hatte seinen Gruß nur flüchtig erwidert und dann das Gespräch mit dem Herrn an ihrer Seite fortgesetzt.

Der Graf - von den Frauen verwöhnt und von den Schönen angebetet, als sei er der Traumheld ihrer schlaflosen Nächte - hatte Elaines abweisende Haltung als ganz neue und sehr aufreizende Erfahrung gewertet. Er bat sie also um einen Tanz, aber auch das schien sie keineswegs als Auszeichnung zu empfinden, wie es bei all den anderen jungen Damen im Saal der Fall gewesen wäre. Stattdessen teilte sie ihm gleichmütig mit, daß sie bereits alle Tänze vergeben habe.

Das fuchste ihn. Wie war es möglich, daß ein Mädchen, das gerade erst vom Lande in die Stadt gekommen war und dessen Vater nicht einen müden Penny besaß, eine so herablassende Art zur Schau tragen konnte? Sie führte sich auf, als sei sie ein vom Himmel herabgestiegener Stern, der sich dazu bequemte, die gewöhnlichen Sterblichen mit seinem Abglanz zu beehren.

Auch ihre übrigen Verehrer hielt sie auf Distanz. Keiner konnte sich rühmen, ihr jemals nähergekommen zu sein oder ihr gar einen Kuß geraubt zu haben.

Elaines merkwürdiges Verhalten beschäftigte den Grafen dermaßen, daß er entschlossen war, das Geheimnis um ihre Person zu lüften. Noch am selben Abend begab er sich auf die Suche nach Lord William, ihrem Vater.

Er war zwar Mitglied des White’s Clubs, verfügte aber selten über die finanziellen Mittel, nach London zu kommen und an den Zusammenkünften teilzunehmen. Der Graf traf ihn im Spielsalon an, wo er, ein Glas Champagner in der Hand, der hier gratis ausgeschenkt wurde, den Kartenspielern zuschaute, weil er sich selbst keinen Einsatz leisten konnte.

»Ich hatte gerade das Vergnügen, Ihre Tochter kennenzulernen«, sprach der Graf ihn an.

»Sie ist sehr hübsch, nicht?« entgegnete Lord William.

»Mehr als das«, erwiderte der Graf. »Sie ist eine Schönheit. Warum haben Sie uns eine solche Augenweide bisher vorenthalten?«

»Warum wohl?« gab der Lord achselzuckend zurück. »Weil sie bis vor kurzem noch die Schulbank gedrückt hat.«

Er leerte sein Glas Champagner in.einem Zug und fügte dann in vertraulichem Ton hinzu: »Eins kann ich Ihnen flüstern, Charncliffe, Töchter sind verdammt teuer. Ständig brauchen sie was Neues.«

»So ist’s wohl«, entgegnete der Graf, dem nicht entgangen war, daß Lord William dem Gratis-Champagner offenbar bereits reichlich zugesprochen hatte. Deshalb verkniff er sich weitere Fragen nach Elaine.

Doch der Lord gab sich sehr redselig.

»Ich hab’ dem Mädel geraten, sich einen reichen Gemahl zu angeln«, fuhr er mit schwerer Zunge fort. »Mir kann’s nicht schnell genug gehen, sie unter die Haube zu bringen.«

»Sie sind ziemlich klamm, wie?« erkundigte sich der Graf mitfühlend.

»Die Schuldeneintreiber rennen mir die Bude ein!« sagte Lord William finster. »Der Teufel soll das Pack holen! Immer trampeln sie auf einem herum, wenn man schon am Boden liegt!« Als habe sein umnebeltes Hirn erst jetzt erfaßt, mit wem er sich da unterhielt, fügte er hinzu: »Wenn Sie sie heiraten wollen, Charncliffe, meinen Segen haben Sie!«

Das ging dem Grafen denn doch zu weit und zu schnell für seinen Geschmack; deshalb entfernte er sich schleunigst. Jedenfalls wußte er jetzt, daß Lord William seine ganze Hoffnung auf einen begüterten Schwiegersohn setzte, der für seine Schulden aufkam. Weil ihn das Ganze amüsierte, beobachtete der Graf Elaine Dale im weiteren Verlauf des Abends aufmerksam. Seiner Schätzung nach legte sie es darauf an, einen Verehrer gegen den anderen auszuspielen, bis sie schließlich an einen gelangte, dessen Vermögen ihren eigenen Ansprüchen und vor allem denen ihres Vaters gerecht wurde. In diesem Falle würde es keinen besseren Heiratskandidaten geben als ihn selbst, und die Wahrscheinlichkeit war groß, daß er das Rennen machen würde.

Die Geschichten, die man sich über seinen unermeßlichen Reichtum erzählte, waren nicht übertrieben. Ihm gehörte Charn mit seinen fünftausend Morgen guten Oxfordshire-Boden, zudem nannte er das größte und vornehmste Stadthaus am Berkeley Square sein eigen, außerdem ein Haus in Newmarket, wo er seine Rennpferde zu trainieren pflegte, und ein weiteres in Epsom, dem umfangreiche Ländereien angeschlossen waren.

Da Elaine Dale an diesem Abend keinen Tanz für ihn frei hatte und zudem seine Botschafterin seine ungeteilte Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nahm, dachte er erst wieder an sie, als man im Club über sie sprach und Lobeshymnen auf sie anstimmte.

Auf einer Dinnerparty in Devonshire fand er sich wenige Abende später als ihr Tischherr wieder.

»Haben Sie sich neulich auf dem Beauchamp-Ball gut amüsiert?« fragte er sie.

Elaine sah wieder reizend aus, obwohl er sich nicht erklären konnte, was ihren eigentlichen Charme ausmachte und worin sie sich von allen anderen Schönen an der Tafel unterschied. Es ging ein Strahlen von ihr aus, das die Blicke aller anwesenden jungen Männer anzuziehen schien.

Statt der von ihm erwarteten Antwort, daß es ihr leid täte, keinen Tanz für ihn freigehabt zu haben, fragte sie zu seiner maßlosen Verblüffung: »Waren Sie auch da?«

Einen Augenblick glaubte er, sich verhört zu haben. Er, der begehrteste Junggeselle der Gesellschaft, sollte auf dieses Küken vom Lande keinen Eindruck gemacht haben?

»Allerdings war ich da«, erwiderte er ungehalten, »und ich hatte Sie auch um einen Tanz gebeten.«

»Tatsächlich?« entgegnete sie gedehnt. »Bedauerlicherweise mußte ich so viele Tänzer abweisen, daß ich mich nicht mehr an jeden einzelnen erinnern kann.«

Dieser Herausforderung konnte er nicht widerstehen. Er ließ seinen ganzen Charme und Witz spielen, um Miss Dale zu imponieren.

Das Resultat war unbefriedigend. Sie hörte ihm zwar höflich zu und lachte über seine Scherze, aber ihre Augen ließen den gewissen Ausdruck vermissen, der Interesse an seiner Person bekundete. Auch wandte sie keinen der ihm sattsam bekannten weiblichen Tricks an, um sich seine Aufmerksamkeit für den Abend zu sichern.

Eine Woche später erschien der Graf im Klub und wurde von einem seiner Freunde mit den Worten begrüßt:

»Hast du dich über den neuesten Stand der Wetten informiert, Darril? Du liegst im Hintertreffen, mein Lieber! Hampton hat die Nase vorn.«

»Wovon redest du eigentlich?« wollte der Graf wissen, der mit den Andeutungen nichts anzufangen wußte.

»Ist dir denn noch nicht zu Ohren gekommen, daß man Wetten abgeschlossen hat, ob Hampton den Goldpokal gewinnen wird oder du? Mit Goldpokal ist natürlich unsere unvergleichliche Elaine gemeint.«

»Würdest du dich gefälligst deutlicher ausdrücken?«

»Ganz einfach«, erwiderte sein Freund lässig. »Wir haben das Wettbuch bemüht, um unsere Wetten aufzunehmen, wer bis Ende Juni der Auserwählte sein wird, der Elaine Dale den Ring an den Finger steckt.«

Der Graf begab sich zu dem Regal, in dem das berühmte Wettregister des Klubs aufbewahrt wurde. Nach einigem Blättern fand er die Eintragung, auf die sein Freund angespielt hatte. Fast alle seine näheren Bekannten hatten sich an der Wette beteiligt. Tatsächlich hatte man ihn auf den zweiten Platz der Favoriten um Elaine Dales Gunst gesetzt, und das empfand er als ehrenrührig.

Hampton konnte sich weder mit seinem Äußeren noch mit seinem Vermögen messen. Der Marquis war der Sohn des Herzogs von Wheathampton, aber er war ein häßlicher Vogel, trank zu viel und pflegte sich im Suff rüpelhaft zu benehmen. Allerdings konnte er einen gewissen Erfolg beim schönen Geschlecht für sich in Anspruch nehmen, und zwar nicht nur wegen seines Adelstitels, sondern wegen seiner direkten Überrumpelungstaktik, die er immer dann anwandte, wenn er eine hübsche Festung belagerte.

Wenn sie so etwas mag, dachte der Graf verärgert, soll sie ihn haben! Das hätte ihn nicht weiter gestört. Verstimmt war er nur, weil im Wettregister auch die Namen seiner besten Freunde aufgeführt waren, deren Wertschätzung er sich sicher glaubte und die doch gegen ihn gewettet hatten.

Noch am selben Nachmittag stattete er Elaine Dale in dem unscheinbaren kleinen Haus, das Lord William für die Saison gemietet hatte, einen Besuch ab. Sie erschien ihm noch reizvoller in dieser schlichten Umgebung und noch rätselhafter als bei ihren vorherigen Begegnungen.

Sein Besuch setzte sie offensichtlich in Erstaunen, und er hatte das unbehagliche Gefühl, daß sie sich kaum noch an ihn erinnerte.

»Gilt Ihr Besuch Papa oder mir?« fragte sie unbefangen, ohne sich offensichtlich der Taktlosigkeit bewußt zu sein, ihn mit ihrem Vater auf eine Altersstufe gestellt zu haben.

Er zeigte sich von seiner charmantesten Seite und bemühte sich, eine angeregte Unterhaltung in Gang zu setzen. Seine Komplimente ließen sie tatsächlich zart erröten, doch als er sich verabschiedete und sich zu seinem vor der Haustür wartenden Phaeton begab, wurde er das Gefühl nicht los, daß sie ihn gleich wieder vergessen würde.

Das war für ihn etwas so Ungeheuerliches, daß er den Entschluß faßte, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Elaine Dales Herz zu erobern. Auf keinen Fall würde er dulden, daß Hampton vor ihm die Ziellinie passierte.

So belagerte er die Festung mit Blumen und Aufmerksamkeiten und gab sich alle Mühe, ihre Gunst zu erringen. Sein Eifer hätte bei allen Damen seiner Bekanntschaft fassungsloses Staunen ausgelöst, denn bisher war immer er der Vielumschwärmte gewesen.

Es war ein offenes Geheimnis, daß in seinem Haus am Berkeley-Square Diener in den verschiedensten hochherrschaftlichen Livreen dem gräflichen Lakaien im Auftrag ihrer Herrinnen Billetts übergaben, die verführerisch nach Gardenien, Heliotrop oder Rosmarin dufteten. Daß die Briefschreiberinnen zum größten Teil verheiratet waren, gab dem Ganzen eine besonders pikante Note.

Doch jetzt verfaßte der Graf selbst Liebesbriefe, ohne allerdings zu ahnen, daß seine Kuriere sich darüber lustig machten.

»Diesmal hat’s ihn mächtig erwischt!« meinte einer seiner Stallburschen.

»Wundert’s dich denn?« fragte ein anderer grinsend zurück. »Neben der seh’n doch alle andern aus wie olle Nebelkräh’n!«

Der Graf wäre wütend gewesen, wenn ihm dieses Dienstbotengeschwätz zu Ohren gekommen wäre.

Nach drei Wochen Belagerung hielt er die Zeit für gekommen, sich Elaine zu erklären, zumal im Club das Gerücht kursierte, Hampton habe bereits seinen Kniefall vor ihr gemacht und sei um Bedenkzeit gebeten worden.

Sie will also Zeit gewinnen, sagte sich der Graf, um auszuloten, ob ich es ebenfalls ernst meine oder - wie man im Club allgemein annimmt - vor dem letzten Schritt zurückschrecke.

Unruhig wälzte er sich in der folgenden Nacht im Bett hin und her und überlegte, ob er seine kostbare Freiheit aufgeben und seiner Pflicht nachkommen sollte, für einen oder mehrere Stammhalter zu sorgen. Dann faßte er den Entschluß, Elaine zu seiner Gemahlin zu machen, da sie alle Voraussetzungen mitbrachte, die er sich nur wünschen konnte. Ihre Abstammung war der seinen ebenbürtig, und in der ganze Beau Monde gab es keine, die den Familienschmuck mit so viel Anmut tragen würde wie sie. Besonders der von ihm so sehr geliebte Saphir-Schmuck mit den tiefblauen, kunstvoll gefaßten Steinen, der selbst den der Königin an Schönheit und Kostbarkeit übertraf, würde Elaines Liebreiz noch unterstreichen.

Seinem Kennerblick war nicht entgangen, daß sie eine makellose Figur hatte und selbst in der schlichten Garderobe, über die sie verfügte, hinreißend aussah. Doch es war vor allem ihr schönes Antlitz, das alle Blicke auf sich zu lenken pflegte. Die blauen Augen und der sanfte Amorbogen ihrer Lippen übten einen überaus anziehenden Zauber aus.

Der Graf konnte dem Wunsch kaum widerstehen, diese verführerischen Lippen zu küssen, doch bisher war ihm nur ein Handkuß gestattet worden, und er wußte aus Erfahrung, daß ihm intimere Zärtlichkeiten erst erlaubt würden, wenn er ihr sein Herz zu Füßen gelegt und sie um ihre Hand gebeten hatte.

Doch als er sie am darauffolgenden Tag in ihrem Mietshaus in Islington aufsuchen wollte, erfuhr er, daß sie plötzlich aufs Land gereist sei, um ihren Großvater, den Herzog von Avondale, zu besuchen. Seine anfängliche Verärgerung darüber wich der Erkenntnis, daß es viel romantischer sein würde, ihr in der ländlichen Umgebung seinen Antrag zu machen, als in dem tristen Wohnzimmer des Mietshauses

So ließ er sich von seinem neuen rassigen Vierergespann in der schnellen Kutsche nach Avondale House bringen. Der Anblick des gelblackierten Phaetons ließ jedes Mädchenherz höher schlagen, und seine Verehrerinnen verglichen ihn schwärmerisch mit Apollo, der mit seinem Streitwagen himmelwärts flog und wie dieser die Dunkelheit der Nacht hinwegfegte. Dieses Kompliment hatte der Graf schon so oft gehört, daß er fast schon selbst daran glaubte. Selbst wenn Elaine noch nichts von Apollo gehört hatte, würde auch sie sich zweifellos von seinem großartigen Auftritt beeindrucken lassen.

Der Graf war im Grunde kein eingebildeter Mensch, aber er war sich seiner Vorzüge wohl bewußt. So konnte keiner seiner Clubkameraden die Zügel so geschickt führen wie er und schneller fahren oder besser reiten als er. Die Möglichkeit, daß Hampton aufgrund seines höheren Adelstitels das Rennen machen würde, erachtete er denn auch als gering. Er brauchte sich nur dessen häßliche Visage und plumpe Figur vorzustellen, um zu erkennen, daß ein Vergleich einfach lächerlich war.

In weniger als einer Stunde passierte er das Eingangstor von Avondale. Der Landsitz nahm sich in der wenig vorteilhaften Lage unscheinbar aus. Aber er beherbergt einen Herzog, dachte der Graf in einem Anflug von Spott.

Vorsorglich hatte er am Morgen einen Kurier losgeschickt, um Elaine zu vermelden, daß er sie zu besuchen beabsichtige. Als er nun vor der Säulenhalle vorfuhr, war er sicher, von Elaine bereits voller Ungeduld erwartet zu werden.

Zwei Lakaien in schlechtsitzenden Livreen, wie er sie bei seiner Dienerschaft niemals geduldet hätte, eilten die mit einem abgewetzten roten Läufer belegten Stufen hinunter, während sein Pferdeknecht vom Kutschbock sprang, um nach vom zu laufen und die Pferde am Halfter festzuhalten.

Der Graf ließ die Zügel langsam fallen und stieg ohne Hast aus dem Phaeton. Am Eingangsportal empfing ihn ein Butler mit tiefer Verbeugung. Ein Lakai nahm seinen Zylinder und die Handschuhe, und der Graf sah sich in der Eingangshalle um, die durch die verstaubten Bilder an den Wänden düster und muffig wirkte. Dann folgte er dem Butler in einen großen, mit Möbeln überladenen Salon, in dem sich zu seiner Verblüffung niemand befand.

Er war fest davon überzeugt gewesen, daß Elaine ihn hier erwarten und freudig begrüßen würde, wie er es von seinen Besuchen bei anderen jungen Damen gewöhnt war. Er hatte sich vorgestellt, daß sie ihm zu Ehren ihr hübschestes Kleid tragen und ihn, am anderen Ende des Zimmers stehend, erwarten würde, damit beschäftigt, Blumen in eine Vase zu ordnen. Sein Auftauchen würde ihr einen Freudenschrei entlocken, als sei sie völlig überrascht, dann würde sie ihn mit strahlenden Augen ansehen und auf ihn zulaufen, um sich in seine Arme zu werfen.

»Ich . . . hatte so gehofft, daß du kommen würdest, Darril!« würde sie hervorstoßen. »Ich . . . fürchtete schon, du hättest mich vergessen!«

»Wie könnte ich!« würde er erwidern.

»Ich liebe dich, Darril!« würde sie ihm mit vor Leidenschaft bebender Stimme zuflüstern. »Ich liebe dich.«

Ihre Lippen würden ihm verlangend dargeboten werden und ihr Körper sich an den seinen pressen, daß er ihren Herzschlag spürte.

All das war ihm so vertraut, daß er sich jedes Mal auf einer Bühne wähnte, wo er eine Rolle zu spielen hatte, die er mittlerweile perfekt beherrschte. Umso mehr verblüffte es ihn, daß Elaine seine Erwartungen in keiner Weise erfüllte, und nicht ohne Zynismus mußte er sich eingestehen, daß sie klüger war, als er angenommen hatte.

Fünf Minuten später betrat sie den Raum; sie hatte ihn lange genug warten lassen, um die Spannung zu erhöhen, jedoch nicht so lange, daß er verstimmt sein könnte.

Sie sah reizend aus in dem Kleid, das sie in der vorigen Woche schon einmal getragen hatte, das jetzt aber nicht mit rosa Bändern, sondern mit blauen verziert war. Ihr Haar war nach der neuesten Mode frisiert, aber so geschickt, daß es natürlich wirkte. Am Arm trug sie einen länglichen Korb mit frisch geschnittenen Rosen.

Einen Augenblick blieb sie auf der Schwelle stehen und sah ihn an.

»Tut mir leid, daß ich Sie warten ließ«,- sagte sie dann, »aber ich hatte Sie nicht so früh erwartet.«

Das klang zwar ehrlich, aber der Graf war erfahren genug, ihr nicht abzunehmen, daß sie tatsächlich im Garten gewesen war, um Rosen zu holen.

Elaine setzte den Korb auf einem Stuhl ab und begab sich zum Kamin, der mit bunten Blumen gefüllt war, die zur Farbe ihres Kleides paßten.

»Sie sehen bezaubernd aus«, sagte er leise.

Sie errötete nicht, sondern senkte nur scheu den Blick, wie es einem keuschen jungen Mädchen geziemte, aber es wirkte berechnend, nicht spontan.

»Es war sehr freundlich von Ihnen, die lange Fahrt auf sich zu nehmen, um mich zu besuchen«, sagte sie leise.

»Es war nicht weit«, erwiderte der Graf. »Eine Kleinigkeit für mein neues Gespann, das ich Ihnen bei dieser Gelegenheit gern vorstellen wollte.«

Am liebsten hätte er hinzugefügt, daß Hampton ein miserabler Fahrer war und zudem ein zweitklassiger Reiter, dem temperamentvolle Pferde nicht lagen. Doch jetzt war nicht der Augenblick, an Hampton zu denken; es galt, seine eigenen Interessen zu vertreten.

»Ich bin gekommen«,- sagte er mit tiefer, bewegter Stimme, »um Ihnen etwas mitzuteilen.«

Ihre blauen Augen sahen ihn fragend an.

»Was denn?« gab sie arglos zurück. »Hätte das nicht bis zu meiner Rückkehr nach London warten können?«

»Nein, eben nicht«, antwortete der Graf mit Nachdruck. »Zudem fand ich, daß die ländliche Umgebung, die Sie gewiß ebenso lieben wie ich, der geeignete Rahmen dafür ist.«

Ihre schönen Augen und die halb geöffneten Lippen wirkten so bezaubernd, daß er den Wunsch verspürte, sie zu küssen. Ganz sicher war er der erste Mann, der in diesen Genuß kommen würde.

»Ich wollte Sie fragen, Elaine«, fuhr, er fort, »ob Sie mich heiraten wollen.«'

Elaine riß erstaunt die Augen auf und sagte stockend: »Ich ... ich hatte keine Ahnung, daß Sie eine so starke Zuneigung zu mir hegen.«

»Aber genau so ist es.«

Er legte den Arm um sie, doch zu seiner Verblüffung stieß sie ihn mit beiden Händen von sich.

»Bitte«, bat sie, »bitte ... du darfst mich nicht küssen!«

»Warum nicht?«

»Weil. . . weil ich mich noch nicht entschieden habe und . . . und erst über deinen Antrag nachdenken muß.«

»Nachdenken?«

Der Graf glaubte sich verhört zu haben. In seinen wildesten Träumen hätte er sich nicht vorstellen können, daß eine Frau auf seinen Antrag anders als mit freudiger Zustimmung reagieren würde.

Jetzt hörte er Elaine mit abwehrend ausgestreckten Händen sagen: »Ich konnte mir nicht denken, daß du es ernst meinst!«

»Natürlich meine ich es ernst«, entgegnete der Graf mit Nachdruck. »Sehr ernst sogar, und ich glaube, Elaine, ich kann dich sehr glücklich machen.«

»Du bist sehr freundlich, und Papa mag dich auch sehr«, erwiderte Elaine, »andererseits wäre es ein Fehler, überstürzt zu heiraten, bevor wir uns näher kennengelernt haben.«

Der Graf sah sie entgeistert an.

»Wir haben uns in den vergangenen Wochen fast jeden Tag gesehen.«

»Ja, aber nie allein«, beharrte Elaine. »Es waren immer viele Leute um uns herum.«

Einen Augenblick lang wußte er nicht, was er darauf erwidern sollte, und sie fuhr mit gesenktem Blick fort: »Ich habe natürlich davon gehört, wie . . . wie begehrt du bei der Damenwelt bist, und . . . und daß schon viele Frauen in dich verliebt waren . . .«

»Du solltest nicht auf solchen Klatsch hören«, unterbrach sie der Graf. »Ich schwöre dir, Elaine, bei allem, was mir heilig ist, daß ich noch nie zuvor einer Frau einen Antrag gemacht habe.«

»Dann . . . dann fühle ich mich natürlich sehr geehrt, aber ... ich muß darüber nachdenken.«

Sie trat ans Fenster, und die Sonnenstrahlen umhüllten ihre Gestalt wie ein Heiligenschein.

Der Graf ließ das anmutige Bild eine Weile auf sich wirken, bevor er zu ihr trat.

»Sei vernünftig, Elaine. Ich liebe dich und weiß, daß ich deine Liebe erringen kann. Laß uns unsere Verlobung bekanntgeben und vor Ende der Saison heiraten.«

Sie streckte wieder abwehrend die Hände aus, als wolle sie sich nicht von ihm überrumpeln lassen.

»Ich muß nachdenken . . . bitte!«

»Worüber denn?« wollte der Graf wissen.

»Über dich natürlich!«

»Was ist mit mir?«

»Ich will ganz sicher sein«, sagte Elaine stockend, »ganz, ganz sicher, daß unsere Liebe zueinander stark genug ist für eine Ehe.«

»Ich hätte dich nicht gebeten, meine Gemahlin zu werden, wenn ich mir meiner Gefühle nicht sicher gewesen wäre«, betonte der Graf. »Dir wird es auf Charn bestimmt gefallen, Liebste, denn es wird ein würdiger Rahmen für deine Schönheit sein.«

Er merkte, daß sie ihm interessiert zuhörte, und fuhr fort: »All die wunderschönen Frauen, die Herrin von Charn waren, wirst du an Schönheit und Anmut übertreffen.«

»Danke . . .«, flüsterte sie.

»Wir werden Romney beauftragen, dich zu malen, und das Portrait in meinem Arbeitszimmer aufhängen.«

»Das . . . würde mir gefallen.«

»Dann sagst du also ja?«

Wieder wollte der Graf den Arm um sie legen, doch sie wich aus.

»Ich. . . muß trotzdem darüber nachdenken, aber . . . aber ich würde Charn gern kennenlernen.«

»Meinetwegen gleich morgen, und du kannst einladen, wen du willst!«

»Du bist. . . sehr freundlich, aber morgen findet in London ein Ball statt, an dem ich teilnehme.«

»Eins mußt du lernen, mein Liebling«, erwiderte der Graf lachend, »als dein zukünftiger Gemahl bin ich wichtiger als jeder Ball.«

»Dieser ist aber etwas Besonderes. Er wird für mich veranstaltet.«

»Von wem?«

»Vom Marquis von Hampton. Da Papa es sich nie leisten konnte, Leute zu uns einzuladen, kannst du dir vorstellen, wie aufregend das für mich ist.«

»Sicher. Vermutlich werde ich auch eingeladen, oder?«

»Wenn ich James darum bitte, wird er es bestimmt tun.«,

»Spar dir die Mühe«, entgegnete der Graf schroff, lenkte dann jedoch ein: »Hampton wird allerdings verstehen, daß du als meine Verlobte keinen Ball mehr ohne meine Begleitung besuchen möchtest, oder du könntest es zum Vorwand nehmen, deine Teilnahme ganz abzusagen.«

»Das . . . das könnte ich nicht!« rief Elaine aus. »Es wäre . . . rücksichtslos ihm gegenüber.«

»Jetzt hör mir mal gut zu, Elaine«, sagte der Graf in ernstem Ton. »Ich liebe dich und möchte dich zu meiner Frau machen. Dir zu Ehren werde ich in meinem Stadthaus am Berkeley-Square und in Charn einen Ball veranstalten.«

Elaine schien erfreut darüber, und er fuhr fort: »Vergiß Hampton und alle anderen Männer, und denk nur noch an mich und wie glücklich wir sein werden.«

»Du bist so . . . lieb«, murmelte Elaine, »und ich möchte Charn so gern kennenlernen. Papa hat mir viel darüber erzählt, ebenso mein Großvater, der mit deinem Vater befreundet war.«

»Mag sein«, entgegnete der Graf ungeduldig, weil sie vom Thema abkamen.

»Mein Großvater sagte immer«, fuhr Elaine fort, »daß Charn alles aufzuweisen habe, was man von einem berühmten Familienstammsitz erwarte - bis auf einen wichtigen Punkt.«

»Das wäre?« fragte der Graf und konnte nicht verhindern, daß es ungehalten klang.

»Großpapa hat noch heute morgen davon gesprochen, daß deine Gemäldesammlung ihresgleichen suche und auch die englischen Stilmöbel wunderschön seien, aber leider nicht ein wertvolles französisches Stück vorhanden sei.«

»Französisch?« wiederholte der Graf entgeistert. »Warum sollte ich so etwas besitzen?«

»Der Prinzregent hat eine imposante Sammlung französischer Stilmöbel im Carlton House.«

»Das weiß ich«, erwiderte der Graf. »Soviel ich weiß, hat Seine Königliche Hoheit seinen Küchenchef, der wohl Franzose ist, losgeschickt, um einige Möbel aus dem Schloß von Versailles zu ersteigern.«

»Ich habe mir die Sammlung letzte Woche angeschaut und fand sie wunderschön«, schwärmte Elaine.

»Wenn du dir französische Möbel wünschst, sollst du sie haben«, versprach der Graf.

Er bemerkte, wie ihre Augen vor Freude aufleuchteten.

»Ist das dein Ernst?«

»Natürlich ist es mein Ernst! Ganz sicher wird eine Menge davon in London versteigert.«

»Nach Unterzeichnung des Friedensvertrags kann man direkt in Frankreich wertvolle Stücke aufkaufen.«

Der Graf sah sie entgeistert an.

»Soll das heißen, du möchtest mich nach Frankreich schicken, um Möbel einzukaufen?«

»Würdest du das für mich tun?«

»Ich tue alles, was du willst«, seufzte der Graf, der ihren vor Eifer geröteten Wangen ansah, wieviel ihr daran lag. »Aber irgendwie kommt mir das Ganze ziemlich eigenartig vor.«

»Du willst doch auch, daß Charn vollkommen ist«, sagte Elaine lebhaft, »und wenn es tatsächlich kein einziges französisches Möbelstück aufzuweisen hat, fände ich es einfach wundervoll, wenn ich diejenige wäre, die diesem Mangel abgeholfen hätte.«

Den Grafen mutete der Vorschlag immer noch reichlich überspannt an, doch Elaine schien von ihrer Idee wie besessen und entschlossen, sie in die Tat umzusetzen, bevor sie ihm ihr Jawort gab.

»Ich werde sofort nach Frankreich reisen«, erklärte er schließlich, »und mit einer ganzen Wagenladung voll Möbel aus Versailles oder anderen berühmten französischen Schlössern zurückkehren.«

Elaine hörte ihm begeistert zu.

»Doch wenn ich schon deinem Wunsch entspreche und für dich nach Frankreich reise, sollten wir wenigstens vorher unsere Verlobung bekanntgeben«, bat er.

Aber Elaine schüttelte den Kopf und sah ihn fast vorwurfsvoll an.

»Wir dürfen nichts übereilen! Während du in Frankreich bist, habe ich genügend Zeit, über alles nachzudenken, und . . . und wenn du dann mit wunderschönen Möbeln zurückkehrst, reden wir noch einmal darüber.«

»Ich finde das ziemlich eigentümlich«, murrte der Graf.

»Du sollst mich nicht drängen!« erwiderte Elaine. »Ich bitte dich doch nur um einen Beweis deiner Liebe.«

Wieder senkte sie scheu den Blick, so daß sich die langen Wimpern reizvoll von ihrem zarten Teint abhoben.

»Das klingt beinahe so, als sollte ich für dich den Drachen töten oder wie Herakles alle möglichen Kraftakte vollbringen, um dich zu gewinnen!«

Elaine legte in einer bittenden Geste die Handflächen aneinander.

»Ja, so ist es! Bitte, fahr schnell nach Frankreich und komm mit vielen schönen Sachen zurück! Ich warte auf dich!«

»Ganz bestimmt?«

»Ich werde da sein und bis dahin inständig hoffen, daß deine Reise von Erfolg gekrönt ist.«

Der Graf trat näher.

»Wenn ich dir schon deinen ausgefallenen Wunsch erfülle«, sagte er schmeichelnd, »solltest du mir zum Dank wenigstens einen Abschiedskuß geben!«

Sein Mund näherte sich ihrem Gesicht, doch sie legte blitzschnell den Zeigefinger auf seine Lippen und küßte ihn flüchtig auf die Wange. Mit einer geschickten Bewegung entzog sie sich seiner Umarmung und war bereits an der Tür, ehe er sie zurückhalten konnte.

»Adieu! Möge Gott dir Flügel verleihen!« flüsterte sie und huschte nach draußen, bevor er eine Erklärung für ihr merkwürdiges Betragen gefunden hatte.

Auf jeden Fall mußte er sich eingestehen, daß der erste Heiratsantrag seines Lebens ein einziger Reinfall war.

»Verdammt!« sagte er laut in die Stille des Zimmers. »Das Ganze ist einfach absurd!«

Entscheidung des Herzens

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