Читать книгу Psychologische Astrologie - Ausbildung Band 18: Chiron - Beate Helm - Страница 9
Die Wunden im Horoskop
ОглавлениеDie grundlegenden Wunden im Horoskop wurden bis zur Entdeckung Chirons (1.11.1977 10.00 PST, Pasadena, USA) allein durch die Schattenseiten von Saturn, Uranus, Neptun und Pluto ausgedrückt:
Saturn
Mangel an Anerkennung und Bestätigung, an Achtung und Respekt; unmenschliche Härte und Ansprüche.
Heilung: eigene Ordnung und Struktur, klare Zielsetzungen, Entwicklung von Realitätssinn, Herauskristallisieren der puren Essenz, Zulassen seines Ehrgeizes; Aufbau des eigenen Rückgrats; in eine greifbare Form bringen.
Uranus
Dauerdistanz; auf dem immer kühler werdenden Wölkchen sitzen, wegfliegend von aller Sonne, Wärme und Lebendigkeit; der personifizierte Eisblock.
Heilung: Befreiung von inneren und damit gleichzeitig äußeren zu fixen Bindungen und Selbstbegrenzungen; Zulassen seiner Verrücktheit; freiwilliges Herstellen von Abstand und Distanz; sich aus der Gewöhnlichkeit herausheben; Engagement für eine überpersönliche Aufgabe und Vision.
Neptun
Abwesenheit, Ungreifbarkeit; Außenseiter; ausgestoßen, verlacht und gehänselt; im Nebel für sich und die Welt verlorengegangen.
Heilung: sich bewusst in die unfassbare Welt des Nichtmateriellen einfühlen und darin auflösen; seine Unvernunft zulassen; seiner Intuition trauen; seine Sehnsüchte verwirklichen, sein Anderssein an die Oberfläche gelangen lassen und kanalisieren; All-ein-sein.
Pluto
Kontrolle, Manipulation, subtile Dominanz, Sadismus, Fremdbesetzung, Machtmissbrauch.
Heilung: Reintegrationsarbeit; bewusste Konfrontation mit Extremen, Tod, Grenzerfahrungen; Abschiede und Wandlungen; die Kreise des Lebens erkennen und akzeptieren (in jedem Anfang ist schon das Ende beinhaltet); in seiner Macht stehen; innere Alchemie.
Chiron
Chiron symbolisiert nun keine bestimmte Form von Wunde, sondern die Urwunde schlechthin, das grundlegende Leck im menschlichen System, eine Wunde gleich dem Fass ohne Boden, die zuerst sogar noch größer zu werden scheint, je tiefer man sich in sie hinein wagt, je mehr man sich ihrer annimmt und sie versorgen möchte. Aufgrund dieses großen Schmerzes wird man auch mehr als sonst gezwungen, eine Lösung zu finden und eine immense Heilkraft zu entwickeln.
Daher zeigt die Position von Chiron nicht nur auf die tief wühlende Wunde, sondern gleichzeitig auf den Weg, um durch eigens mit an die Oberfläche gebrachte und entfaltete Heilkräfte diese langsam mehr und mehr zu schließen. Der Schmerz lehrt in gleicher Weise die eigenen heilenden Fähigkeiten. Diese nicht nur für sich anzuwenden, sondern auch nach außen zu bringen, zu zeigen, zu lehren, hieße Chirons Vorbild aus der Mythologie zu folgen, der Lehrmeister von Größen wie Asklepios, dem Gott des Heilens war.
Er wurde von einem vergifteten Pfeil verletzt und konnte sich nicht mit seiner Heilkunst, wohl aber mit dem Verzicht auf seine göttliche Unsterblichkeit zugunsten des gequälten Prometheus retten. Zuletzt endete er dank Zeus als Sternbild am Himmelszelt.
Chiron wird aufgrund seiner Verbindung zur Heilkunst und Bildung meist der Jungfrau und/oder dem Schützen zugeordnet. Dies ist mir zu eng, kann aber dennoch so übernommen werden. Ich persönlich betrachte Chiron als viel weiter und entlasse ihn aus jeder festen Zuordnung, genauso wie er in der Astronomie aus einem anderen Reich kam und wieder gehen wird, wenn er seine Lehren verbreitet hat. Er symbolisiert für mich in erster Linie das brachliegende und zu aktivierende Heilpotenzial eines jeden, das er selbst wie auch die Weltengemeinschaft so dringend in entwickelter Form benötigt.
Zur Zeit der Entdeckung Chirons (1977) begannen alternative, natürliche Heilweisen entdeckt zu werden und wieder Einlass zu finden im Wesen des Menschen. Man begann zunehmend, sich von der mechanisierten, entmenschlichten Symptombehandlung der Schulmedizin abzuwenden und nach naturverbundenen Methoden der Heilung zu suchen, auch seine eigene Kraft des Heilens wiederzuentdecken und sich nicht länger nur an der Autorität des Arztes oder Heilpraktikers auszurichten. Man kam auf die Spur seines inneren Heilers.
Da Chiron sich allerdings trotz seiner Heilkräfte dennoch nicht selbst heilen konnte, sondern nur durch das Ablassen von seiner Position als Gott seinen Segen erfuhr, ruft er auch zu einem hohen Maß an Demut gegenüber dem Leben, zur Rücknahme des Glaubens an eine Form von Omnipotenz auf, zur Rückfindung an einen Ort der Stille, von dem wir kamen und zu dem wir auch zurückkehren werden. Jeder weiß, wie sehr ein Dauerschmerz wieder auf den Boden bringt und seine Menschlichkeit in all ihren Schwächen an die Oberfläche befördert.
Chirons Bahn verläuft sehr unregelmäßig zwischen Saturn und Uranus. Dies weist auf die Fähigkeit hin, nicht nur bzgl. der Planeten-Energien bis zu Saturn eigenmächtig sein Leben zu gestalten, sondern auch darüber hinaus Bewusstsein zu entwickeln und sich mit den Kräften von Uranus bis Pluto selbst anzufreunden, anstatt sie lediglich von außen präsentiert zu bekommen.
Chiron hilft somit auch, Saturns Grenzen zu überschreiten und in die Welt, die dahinter kommt, bewusst einzutauchen, aber gleichzeitig auch die hochgeistigen Inspirationen und rebellischen Triebe des Uranus, die Träume des Neptun und die extreme Echtheit, Wahrheitssuche und Wandlungskraft des Pluto ins Reich der Materie und Realität, der (saturnischen) Fassbarkeit zu bringen.
Inzwischen wurden noch weitere Kleinplaneten entdeckt, von denen Pholus der bekannteste ist. Seine Bahn bewegt sich zwischen Saturn und Neptun, so dass man dazu übergehen könnte, Chiron als Bindeglied zwischen Saturn und Uranus einerseits und Pholus als Wegbereiter zwischen Saturn und Neptun zu interpretieren, was allerdings noch tieferer Erfahrungs- und Forschungsarbeit bedarf.
Wen der Kentaur Pholus in der Astronomie, Mythologie und möglichen astrologischen Deutung interessiert, dem sei das Buch "Pholus" von Robert von Heeren und Dieter Koch empfohlen, in dem zusätzlich interessante Betrachtungen über Chiron zu finden sind.