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Kapitel II

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Befreiung

Das blonde Mädchen lag fiebernd in einem Bett auf der Isolierstation des Krankenhauses. Auf seiner Haut glänzte Schweiß, und seine Gliedmaßen wirkten aufgedunsen. Hinter den geschlossenen Lidern zuckten die Augen hin und her.

Plötzlich bebten die Lippen des Mädchens, und ein einzelnes Wort, das mehr wie ein Seufzen klang, kam dazwischen hervor: »Eden …«

Die Atemzüge des Mädchens wurden hektisch und der Herzschlag beschleunigte sich, dann beruhigte es sich langsam wieder. Noch einmal warf es den Kopf von einer Seite zur anderen, dann schien es wieder friedlich zu schlafen.

***

Gabi stand auf einer duftenden Sommerwiese. Sie reckte ihre Arme in die Höhe und begrüßte freudig die Strahlen der Sonne, die wärmend ihre Haut streichelten.

Lachen drang an Gabis Ohren, und sie wandte den Kopf, um dessen Quelle auszumachen. Erst jetzt bemerkte sie, dass überall um sie herum fröhliche, glückliche Menschen waren, die den verschiedensten Freizeitbeschäftigungen nachgingen. Unweit von der Stelle, wo sie stand, spielte eine Gruppe Kinder mit einem Ball.

»Lasst ihr mich mitspielen?«, fragte Gabi ein Mädchen mit langen, schwarzen Zöpfen, das ihr am nächsten stand.

»Gerne«, antwortete die Angesprochene und warf Gabi den Ball zu. »Hier, fang!«

Einen kurzen Moment war Gabi unsicher, denn sie wusste, dass Ballspiele eigentlich nicht zu dem gehörten, was sie besonders gut konnte, ihr Körper und auch ihre schlechten Augen spielten ihr dabei immer wieder Streiche. Doch diesmal war es anders. Geschickt fasste sie zu und hatte den Ball perfekt im Griff. Spielerisch ließ sie ihn von einer Hand zur anderen hüpfen, dann warf sie ihn einem der anderen Kinder zu. Der Wurf war dabei so exakt ausgeführt, dass der Fänger nur noch direkt vor seiner Brust zugreifen musste.

»Du kannst aber toll mit einem Ball umgehen«, meinte das Mädchen mit den schwarzen Zöpfen. »Wo hast du das denn gelernt?«

»Ich habe das nicht gelernt.« Gabi lächelte. »Ich kann das einfach so. Aber jetzt muss ich weiter. Vielen Dank, dass ihr mich habt mitspielen lassen.«

Mit einem Mal wurde Gabi alles klar. Sie war wieder in ihrem Traum, das hier war Eden. Hier hatten ihre Beschränkungen noch nie eine Rolle gespielt, hier war sie schon immer »normal« gewesen.

Aber heute war es anders. Sie spürte eine Kraft in sich pulsieren, die sie niemals zuvor gehabt hatte. Und noch etwas wurde ihr klar: Sie war jetzt totlebend.

»Genau, totlebend«, murmelte Gabi und lauschte eine Zeitlang dem Klang des Wortes nach …

***

Stephan stolperte und fiel der Länge nach hin. Sofort rappelte er sich wieder auf und wollte eben weiterlaufen, als etwas von hinten nach ihm grapschte. Gleichzeitig spürte er einen durchdringenden Schmerz am linken Oberarm.

»Du gottverdammter Freak!«, schrie Stephan, während er dem Zombie einen fulminanten Tritt verpasste. »Lass los!«

Doch der dachte gar nicht daran, dieser Aufforderung Folge zu leisten, sondern versuchte weiterhin, mit seinen maroden Kiefern den Ärmel der Jacke zu durchdringen.

Gehetzt sah sich Stephan um, dann entdeckte er einen einzelnen Pflasterstein am Straßenrand liegen. Viel Zeit blieb ihm nicht mehr, denn die Kollegen seines »Anhängsels« würden nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Noch einmal trat er nach dem Untoten, doch das Ergebnis blieb dasselbe. Entnervt schleifte Stephan den stinkenden Körper hinter sich her, während er versuchte, den Pflasterstein in seine Reichweite zu bekommen.

Als er nahe genug heran war, ließ er sich einfach fallen. Der Zombie folgte der Bewegung ohne nennenswerten Widerstand zu leisten, offenbar war ihm alles recht, solange er nur seine Kiefer nicht öffnen musste.

»Du dumme Sau!«, schrie Stephan ihn an. »Das gibt wieder große blaue Flecken, du Arsch!«

Gleichzeitig bekam er den Pflasterstein zu fassen und drosch damit auf den Schädel des Untoten ein. Schon beim ersten Schlag knackte der Knochen gänsehauterregend, doch es bedurfte dreier weiterer kräftiger Hiebe, bis der Kopf des Getroffenen vollends aufplatze und sich seine breiige Hirnmasse über Stephans Schulter ergoss.

»Zum Glück ist das nicht meine Jacke«, erklärte Stephan dem jetzt reglosen Körper, während er sich vollends unter diesem hervorarbeitete. »Andernfalls würde ich mir nämlich noch etwas Hübsches für dich einfallen lassen. Aber ich finde sicher nochmal einen von euch Freaks, der eine stabile Lederjacke anhat, die er jetzt nicht mehr braucht, weil er ohnehin nicht friert. Hast also nochmal Glück gehabt, Schweinebacke.«

Angewidert zog er die Jacke aus und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Die anderen Zombies hatten ihn inzwischen fast erreicht, es war also höchste Zeit, wieder ein gutes Stück Weg zwischen sich und deren gierige Mäuler zu bringen.

***

Gabi sah den Schmetterlingen nach, die aufstoben und davonflogen. Sie winkte ihnen noch einmal hinterher, dann wandte sie sich lächelnd dem dunklen Mann zu.

»Hallo«, begrüßte sie die vernarbte Erscheinung. »Es ist schön, dass du mich wieder einmal besuchen kommst.«

»Hast du denn gar keine Angst mehr vor mir?«

»Ich weiß nicht.« Gabi zuckte mit den Schultern. »Vielleicht noch ein ganz kleines bisschen.«

»Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich will dir doch nur helfen.«

»Das haben die Ärzte auch gesagt, dass sie mir helfen wollen.« Gabis Miene verfinsterte sich. »Aber das Gegenteil war der Fall. Sie haben mir wehgetan und mich anschließend sterben lassen.«

»Du bist nicht tot, Gabi.«

»Doch, bin ich. Okay, nicht wirklich, ich bin totlebend, das buchstabiert man t-o-t-l-e-b-e-n-d.«

Der dunkle Mann lächelte, was sein entstelltes Gesicht zu einer Fratze werden ließ, doch das Mädchen lächelte zurück.

»Ich finde das gar nicht so schlecht«, erklärte Gabi. »Ich bin jetzt viel geschickter als früher, und mein Kopf arbeitet auch viel besser. Ich verstehe auf einmal Dinge, die mir sonst immer unklar waren. Das finde ich schön.«

»Möchtest du mehr davon? Willst du richtig stark werden und alles tun können, wozu du Lust hast? Nicht nur hier, sondern überall auf der Welt?«

»Wie meinst du denn das?«

»Soll ich dich befreien, dir zu einem neuen Leben verhelfen?«

»Kannst du das denn?«

»Glaubst du, dass ich es kann?«

»Ich denke schon.«

»Dann kann ich es auch. Also, möchtest du?«

»Ja, das wäre sehr schön.« Gabi nickte eifrig und strahlte dabei.

Der dunkle Mann nickte ebenfalls, dann begannen seine Hände zu leuchten. Gleichzeitig setzt ein Flüstern und Summen wie von zehntausenden Stimmen ein.

»Was tust du da?« Gabi sah sich unsicher um. »Wird es wehtun?«

»Nein, wird es nicht. Es ist gleich vorbei. Nur noch einen kleinen Moment.«

Das Summen und Flüstern wurde immer lauter, steigerte sich zu einem regelrechten Orkan. Überganglos wurde Gabi von dem dunklen Mann fortgerissen, überschlug sich wild wirbelnd und verlor jegliche Orientierung.

Dann wachte sie auf.

Für ein paar Sekunden saß sie einfach nur da, lauschte nach innen und befühlte ihren Körper. Ja, der dunkle Mann hatte nicht gelogen. Ihr Körper war endlich nicht mehr tumb und träge, ihre Gedanken nicht mehr schwer. Der dunkle Mann hatte sie wirklich befreit, und Gabi war ihm unendlich dankbar dafür.

***

»Hey! Hier bin ich!« Stephan brüllte aus Leibeskräften und winkte dabei mit beiden Armen. »Hier drüben, wo die Hand leuchtet!«

Doch die Masse der Zombies nahm keine Notiz mehr von ihm. Zwar hielten einzelne noch auf ihn zu, aber das waren nur die, die sich sowieso schon in seiner Nähe aufgehalten hatten.

»Dann halt nicht, ihr blöden Affen.« Stephan reckte seinen Mittelfinger in Richtung des Stroms der Untoten. »Sucht euch euer Fresschen doch alleine. Aber kommt nachher nicht, um euch zu beschweren, wenn ihr nichts gefunden habt.«

Seine markigen Worte sollten darüber hinwegtäuschen, dass er sich Sorgen darum machte, ob Martins Plan trotzdem noch aufgehen würde. Stephan musste es gelingen, den Junkie – wie er Martin gerne nannte – und die Kinder zu befreien, denn nur gemeinsam hatten sie eine Chance, lebend aus dieser Apokalypse zu entkommen.

Ein Teil des Planes war es dabei, mit Hilfe der Zombies die Bewacher des Gefängnisses zu überwinden, oder zumindest so viele von Duponts Einsatzkräften in Kämpfen binden zu können, dass es möglich wurde, den Rest der Wachen zu besiegen. Dummerweise spielten die Untoten auf einmal nicht mehr mit, ließen sich nicht mehr von Stephan locken, sondern gingen eigene Wege.

»Auf euch paar Hansel ist auch geschissen«, erklärte er den verbliebenen drei Zombies, die noch versuchten, ihn zu erreichen. »Oder könnt ihr mir erklären, warum die anderen Freaks sich einen eigenen Weg suchen? Habt ihr sowas wie einen Oberguru, der euch sagt, was ihr zu tun habt, und ihr drei seid die Tauben in eurer Truppe, oder riechen die anderen nur besser als ihr und gehen einfach von alleine der größten Ansammlung warmen Fleisches nach, hm?«

Grunzen, Keuchen und Schmatzen war die Antwort, doch Stephan hatte auch nicht ernsthaft etwas anderes erwartet. Kurz überlegte er, ob er sich an den drei »Verirrten« noch austoben sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er hatte jetzt wichtigeres zu tun, denn es war langsam an der Zeit, die Kinder zu befreien.

Sofort fiel ihm Gabi ein. Sie hatte lange blonde Haare, so wie seine ehemalige Freundin Julia oder diese Jessica. Lange blonde Haare gefielen ihm, auch wenn er mit Gabi ansonsten nicht viel anfangen konnte. Trotzdem würde er versuchen, sie zuerst zu befreien, denn die anderen in der Gruppe hatten von Anfang an ein besonderes Aufhebens um das Mädchen gemacht. Durch ihre Rettung würde er im Ansehen der anderen sicherlich ein gutes Stück steigen, was sich später noch auszahlen konnte. Außerdem tat ihm das Mädchen irgendwie leid.

»Dann mal ran an den Speck!«, sprach sich Stephan selbst Mut zu. »Gabilein, ich komme. Ein weißes Pferd kann ich zwar nicht zu deiner Rettung aufbieten, aber ich denke, du und die anderen werden mir auch so dankbar sein.«

***

Zackig wie immer betrat Jens Dahlbusch das Büro von General Dupont. Er grüßte militärisch, dann wartet er darauf, dass ihn sein Vorgesetzter ansprach.

»Nun, Dahlbusch, was gibt es?« Das Gesicht des Generals wirkte fahl, die Falten hatten sich tief darin eingegraben. »Bringen Sie mir zur Abwechslung eine gute Nachricht?«

»Excusez-moi, mon Général, ich kann leider nur mit weiteren Hiobsbotschaften aufwarten. Die Stellung von Hauptfeldwebel Clemens wurde überrannt, die Kräfte von …«

»Keine Einzelheiten, Dahlbusch.« Dupont wedelte mit der rechten Hand. »Die bringen uns jetzt nicht weiter. Lassen Sie den Ring der Verteidiger noch enger zusammenziehen.«

»Sie wollen die Außenbezirke aufgeben?« Die Augen des Adjutanten weiteten sich. »Dort leben auch Zivilisten.«

»Das ist mir bekannt. Und denjenigen unter ihnen, deren Glauben fest genug ist, wird der Herr Gnade zuteil werden lassen.«

»Bien sûr, mon Général!« Dahlbusch schlug mit versteinertem Gesicht die Hacken zusammen. »Den Ring der Verteidiger enger ziehen, jawohl!«

»Und noch etwas, Dahlbusch.«

»Mon général?«

»Geben Sie an diejenigen, die sich in den vergangenen Tagen als wahrhaft gläubig erwiesen haben, Waffen aus. Sie sollen die Soldaten unterstützen.«

Kurz zuckte es in Dahlbuschs Gesicht, dann salutierte er abermals, machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum ebenso zackig, wie er ihn betreten hatte.

***

Das Knallen mehrerer Schüsse peitschte durch den künstlichen Rauch, dann war Ruhe.

»Sandra?« Jörg Weimers Stimme klang ein wenig verhalten, als er nach der jungen Frau rief. »Alles okay bei dir?«

»Ja, alles klar. Wir haben die beiden erwischt.« Sandra schluckte trocken, dann sicherte sie ihre P90 wieder. »Weißt du, wohin wir jetzt müssen?«

»Da entlang.« Jörg deutete den Gang hinunter.

»Ich mach das Fenster auf, damit der Rauch abziehen kann.«

»Nein, auf keinen Fall!«

»Warum denn nicht? Das Zeug hat doch seinen Dienst getan.«

»Das schon, aber wir hatten bislang ohnehin Glück, dass das Sirenengeheul unsere Geräusche überdeckt hat. Aber wenn jetzt Rauch aus einem der Fenster aufsteigt, wird garantiert irgendjemand darauf aufmerksam, dass hier etwas vor sich geht, was nicht im Sinne des Generals ist. Die Sicht wird ohnehin gleich wieder besser, weil sich der künstliche Nebel nach und nach verteilt und dabei dünner wird.«

»Fein, dann machen wir solange ein Päuschen.« Sandra grinste. »Kaffee?«

»Wie?« Jörg sah sie entgeistert an.

»Na, da!« Sandra zeigte auf eine Stelle in der Wachstube. »Dort steht eine Thermoskanne. Ich könnte wetten, dass Kaffee drin ist.«

»Danke, aber mir ist jetzt nicht nach einer Kaffeepause. Dazu bräuchte ich ein bisschen mehr Ruhe.«

»Hast ja recht. Lass uns lieber zusehen, dass wir endlich die Kinder rausholen.«

***

»Dahlbusch! Wo stecken Sie?«

Zum wiederholten Mal hieb Dupont mit Wucht auf den Taster der Gegensprechanlage, die ihn direkt mit dem Schreibtisch seines Adjutanten verband, doch es erfolgte weiterhin keine Reaktion. Schließlich erhob sich der General und riss die Tür zu seinem Vorzimmer auf. Niemand war darin zu sehen.

Dupont sog hörbar die Luft ein. Es entsprach gar nicht Dahlbuschs Art, seinen Arbeitsplatz für längere Zeit zu verlassen, ohne vorher Bescheid zu geben. Der General lauschte, doch außer dem Geräusch der Sirenen war nichts zu hören.

»Es ist wohl an der Zeit, diese Dinger wieder abschalten zu lassen«, murmelte er vor sich hin. »Inzwischen wird auch der Letzte Bescheid wissen.«

Mit schnellen Schritten durchmaß er das Vorzimmer und öffnete die Tür zum Gang. Dieser war ebenfalls verlassen.

»Dahlbusch!«

Wieder erfolgte keine Antwort.

Mit säuerlicher Miene durchquerte der General den Gang und riss die Tür zur Herren-Toilette auf.

»Dahlbusch? Sind Sie hier?«

Keine Antwort.

»Das ist Insubordination!«, fauchte Dupont. »Dafür werde ich ihn zur Rechenschaft ziehen, sobald er wieder auftaucht. Aber zuerst muss ich mich um die Koordination der Truppen kümmern.«

Er knallte die Tür zu den Sanitärräumen mit Wucht hinter sich zu und eilte zu seinem Vorzimmer zurück. Dort setzte er sich an das Funkgerät, mit dem sein Adjutant normalerweise die Befehle an die Einsatzkräfte gab.

»Achtung, an alle! Hier spricht General Dupont. Ziehen Sie sich sofort auf Position Rot-Delta-Drei zurück. Ich wiederhole: Sofortiger Rückzug auf Position Rot-Delta-Drei. Hiermit tritt Plan Echo-88-Alpha in Kraft. Möge Gott uns alle beschützen!«

Eine Weile blickte er einfach nur aus dem Fenster. An immer mehr Stellen in der Stadt loderten Brände auf. Schließlich verstummten die Sirenen.

Dupont erhob sich, ging zum Fenster und öffnete es. Ohne das permanente Geheul, das bis eben das dominierende Geräusch gewesen war, konnte er wieder hören, was draußen vor sich ging. Doch diese Arie des Schreckens war nicht das, was er erwartet hatte. Zwischen dem Rattern automatischer Gewehre waren immer wieder beinahe unmenschliche Schreie zu vernehmen, die nur eines bedeuten konnten: Eine Stellung nach der anderen fiel den Angreifern zum Opfer.

Der General wurde noch bleicher, obwohl das kaum noch möglich schien. Sie waren so kurz davor gewesen, einen neuen, gottgefälligen Staat zu errichten, und nun dies. Das Fleisch seiner Männer schien schwach, die Stärke des Angreifers einfach zu groß.

»Und die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren«, murmelte Dupont, dann verhärteten sich seine Gesichtszüge wieder.

Noch war nicht alles verloren, noch hatte er das Kommando sowie Männer, die seine Anweisungen ausführten. So schnell würde er nicht aufgeben!

Er setzte sich wieder ans Funkgerät und gab neue Befehle aus. Wieder und immer wieder. Irgend einer davon würde schon zum Ziel führen, irgendwann …

***

»Hilf mir mal mit dieser blöden Tür!« Sandra hatte sich an einer der Zellentüren zu schaffen gemacht und blickte sich nun hilfesuchend nach Jörg um. »Das Ding will einfach nicht aufgehen.«

»Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass unsere Chancen besser stehen, wenn wir es zu zweit versuchen.«

»Dann schau dir das Schloss doch wenigstens einmal an. Vielleicht hast du ja eine Idee, wie man es aufbekommt.«

Jörg tat der jungen Frau den Gefallen und beugte sich zu dem Türschloss hinunter.

»Du weißt doch noch nicht einmal, ob wir an dieser Zelle richtig sind«, brummte er, während er ins Schlüsselloch spähte. »Da kann wer-weiß-wer drinsitzen.«

»Na und? Ist doch völlig egal, welches arme Schwein wir zuerst befreien. Egal, wen dieser übergeschnappte General hat einsperren lassen, ich bin mir ziemlich sicher, dass derjenige es nicht verdient hat.«

»Wie kannst du dir da so sicher sein? Manch einer ist auch einfach nur ein Verbrecher. Heeeyyyyy!?!«

Jörg spürte, wie er mit Macht nach hinten gerissen wurde. Instinktiv rollte er sich zusammen und entging auf diese Weise um Haaresbreite einem zuschnappenden Kiefer. Hektisch machte er zwei Schritte zur Seite, um sich Raum zu verschaffen. Aus dem Augenwinkel erkannte er, wer ihn da angegriffen hatte. Es waren Bernd und Hans, die beiden Wächter, die er und Sandra vor nicht einmal zehn Minuten erschossen hatten.

»Verdammt!«, fluchte Jörg, während er nur mit Mühe einem weiteren Angriff entging. »Wo kommen die denn her? Die waren doch tot, ich habe es kontrolliert!«

»Mir war klar, dass die wieder aufstehen würden«, erwiderte Sandra mit ernster Miene. »Nur dass es so schnell geschieht, verwundert mich ehrlich gesagt auch.«

Jörg grunzte etwas unverständliches, dann zog er seine P1 und legte den Sicherungshebel um. Doch bevor er die Pistole abfeuern konnte, wischte Hans’ Arm mit einer gezielten Bewegung durch die Luft und schlug sie ihm aus der Hand.

»Schieß!«, gellte Jörgs Schrei durch den Korridor. »Gleich haben sie mich!«

»Ich kann nicht!« Sandras Stimme war die Anspannung der jungen Frau deutlich anzuhören. »Das Scheißding hat Ladehemmung!«

Während Sandra verzweifelt an ihrer P90 herumfummelte, schaffte es Jörg, sich durch ein paar Tritte ein wenig Luft zu verschaffen.

»Verdammt, ich kenne mich mit der Knarre nicht gut genug aus!« Sandra riss mit all ihrer Kraft am Ladehebel, aber es rührte sich rein gar nichts. »Ich hätte doch lieber die P1 nehmen sollen, da weiß ich wenigstens, wo ich hinfassen muss.«

Sie schielte zu der Pistole, die jetzt am Boden lag. Allerdings musste sie sich in Reichweite der Untoten begeben, um sie zu fassen zu bekommen. Sandra focht einen inneren Kampf aus.

Jörg hatte es inzwischen geschafft, sich einen der Stühle zu schnappen, die auf dem Gang herumstanden. Mit wuchtigen Schlägen drosch er damit auf das Monstrum ein, das einmal auf den Namen Bernd gehört hatte. Für einen Moment sah es so aus, als würde er die Oberhand gewinnen, dann gelang es dem Hans-Zombie, ihn von den Beinen zu holen. Fast im gleichen Moment waren die beiden ehemaligen Wächter über ihm …

Herbst

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