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Kapitel 1 – Die Warschauer Strasse

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Wolfgang Richter stand am Fenster und blickte in den gegenüberliegenden Hausflur von Nummer 71. Dort richteten sich gerade drei Obdachlose ihr Nachtlager her. Mit Isomatten, Schlafsäcken, Kartons und Decken, versuchten sie der Kälte zu trotzen. Wolfgang schaute ihnen schon drei Tage zu und meinte zu seiner Frau Renate: „Das sind arme Schweine. Wir haben zwar auch nicht viel mehr wie die Berber da draußen, aber wir haben wenigstens ein Dach über dem Kopf und müssen nicht frieren.“ Renate ging zu ihm und sah nun auch aus dem Fenster. Sie antwortete: „Da hast du Recht. Für alles ist Geld da, nur nicht für Schlafplätze von Obdachlosen. Jeder Araber der zu uns kommt bekommt Geld, Essen und ein Bett. Es ist eine Schande wie unser Staat seine Leute behandelt.“ Wolfgang: „Sie werden schon ihre Quittung dafür bekommen, unsere Herren da oben. Lange schaut sich das Volk dies nicht mehr an. Irgendwann kommen die Rechten ans Ruder und dann wird der Saustall erst einmal richtig ausgemistet. So ein kleiner Adolf müsste Mal wieder her und wenn es nur für ein Jahr wäre.“ Renate: „Und was machen die dann? Glaubst du, da würde sich etwas ändern?“ Wolfgang: „Zumindest würden die wenigstens keinen Moslem ins Land lassen, das wäre doch schon einmal ein Anfang.“ Renate: „Da hast du Recht, mein Schatz. Aber trotzdem sind mir die Turnschuhträger lieber, als Springerstiefel. Wir wissen doch alle was die damals angerichtet haben. Einen Weltkrieg angezettelt, Millionen von Menschen in Gaskammern geschickt und die hatten nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei. Skrupellos waren die. Und sowas will ich nicht erleben.“ Wolfgang: „Das wird nicht wieder passieren. Die Moslems rotten sich schon selbst aus, dazu brauchen sie keine Ungläubigen Christen.“ Renate: „Stimmt, die sprengen sich selbst in die Luft und finden das noch toll. Solche Idioten.“ Wolfgang: „Und warum tun sie das? Nur wegen den 72 Jungfrauen, die sie angeblich im Himmel erwarten.“ Renate: „Ich sag doch, Idioten. Glaubst du etwa, unser Herrgott macht ein Puff aus dem Paradies? Wenn die wo hinkommen, dann in die Hölle. Wer unschuldige Menschen tötet, ist immer noch ein Mörder und kein Märtyrer. Und Mörder kommen nun einmal nicht in den Himmel, sondern in die Hölle.“ Wolfgang: „Dann wird sich Luzifer aber freuen und alle Hände voll zu tun haben.“ Renate: „Warum das denn? Ich dachte immer die sitzen rund ums Fegefeuer und werden langsam gegrillt.“ Wolfgang: „Das ist vielleicht auch so, aber überlege doch einmal wer alles in der Hölle sitzt. Da ist zum Beispiel Adolf und seine Schergen, Bin Laden und seine Gesellen. Glaubst du, dass die da unten friedlich sind, zumal die Moslems gemerkt haben, nix Paradies und nix Jungfrauen. Da herrscht Frust pur. Und wenn sie da unten ankommen, steht Adolf, Himmler und Dr. Mengele da und sortieren erst einmal aus. Rechts, rechts, links, rechts, und noch einmal links. Die rechten kommen ins Fegefeuer und die linken müssen bedienen. Und was Adolf mit den Moslems macht, dürfte wohl klar sein.“ Renate: „Deine Fantasie möchte ich nicht haben. Du redest schon wie ein kleiner Nazi.“ Wolfgang fing zuerst an zu lachen und dann zu husten. Renate: „Leg dich lieber wieder hin und höre auf dich aufzuregen, sonst wirst du nie gesund. Hast du schon deine Tabletten genommen?“ Wolfgang brummte so etwas wie: „Die helfen ja doch nicht. Dieser Quacksalber von Arzt hat mich ja nicht einmal richtig untersucht. Morgen gehe ich wieder Flaschen sammeln, frische Luft hat noch niemanden geschadet.“ Renate: „Von wegen, du bleibst mit deinem Hintern zu Hause und kurierst dich richtig aus. Erst wenn du Beschwerdefrei bist, lass ich dich wieder auf die Strasse. Auch wenn es dir nicht paßt, drehe ich jetzt wieder die Heizung hoch, 15°ist einfach zu wenig.“ Widerwillig nahm er seine Tablette und legte sich auf die Couch. Renate packte ihn mit einer Decke ein und meinte: „Du schläft jetzt ein wenig und ich richte das Essen. Bis in einer Stunde bin ich fertig und dann gibt es ein Hühnersüppchen. Danach gehe ich noch einmal für zwei Stunden Flaschen sammeln.“ Wolfgang: „Bist du sicher, dass ich nicht mitgehen soll? Es ist doch bald Weihnachten und da brauchen wir doch jeden Cent, wenn wir uns ein Festtagsmenü über die Tage gönnen wollen.“ Renate: „Mach dir keinen Kopf, wir schaffen das.“ Wolfgang: „Wenn du meinst, meine Liebe. Ausgerechnet jetzt muss ich krank werden, es ist doch zum kotzen.“ Renate: „Wie sagt der Kölner: Es küt, wie es küt. Und nun schlaf ein wenig.“ Wolfgang fügte sich in sein Schicksal und schloss die Augen. Renate und Wolfgang waren immerhin schon 35 Jahre verheiratet. Kinder hatten sie keine, weil es nie passte. Immer stand die Arbeit im Vordergrund. Und, was hat es genützt? Beide waren seid Jahren arbeitslos und Hartz IV Bezieher. Sie waren noch zu jung, um in Frührente zu gehen. Wolfgang war 62 und seine holde Gattin 61 Jahre alt. Er würde nächstes Jahr vom Amt auch Zwangsverrentet und sie ein Jahr später, was nichts anderes bedeutet, dass die Rente der beiden um einiges weniger ausfallen wird. Trotzdem würde es mehr sein als Hartz IV, was schon einmal positiv war. Aber fast 30 % weniger Rente ist schon ein Hammer und das nur, weil Vater Staat beschlossen hat, Hartz IV-ler die 35 Jahre Rentenanwartschaft voll haben, einfach in Rente zu schicken. So schönt man Statistiken und spart obendrein noch viel Geld. Der Bürger wird nicht gefragt, er ist quasi entmündigt. Eines von vielen Gesetzen die sehr zweifelhaft sind und eventuell gegen die Verfassung verstoßen. Das die zwei arbeitslos wurden, war nicht einmal ihr verschulden. Da Wolfgang über 40 Jahre als Gipser auf dem Bau gearbeitet hatte, machten irgendwann seine Knie nicht mehr mit. So wurde er mehrfach an seinen Menisken operiert, was zur Folge hatte, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Nach 13 Monaten Krankheit, wurde er schließlich von seinem Betrieb ausgemustert. Und Renate traf es genauso hart. Zwar hatte sie keine körperlichen Gebrechen, aber das nütze ihr nichts, weil ihr Betrieb von heute auf morgen Pleite ging. Pech gehabt. Renate bereitete das Essen zu und Wolfgang schlief noch ein wenig, sofern ihn nicht wieder Hustenanfälle aus dem Schlaf rissen. Heimlich maß er Fieber und musste feststellen, dass er 38,5° Temperatur hatte. Seine Lunge fühlte sich nicht gut an, schmerzen im Rücken plagten ihn und ein rasseln beim atmen war zu hören. Das Fieber konnte er vor Renate noch verschweigen, aber das rasseln nicht. Wie Renate von dem Flaschen sammeln zurückkam, merkte sie sofort, dass mit Wolfgang etwas nicht stimmte. Das rasseln der Lunge und das Fieber veranlasste sie, sofort ihren Arzt anzurufen, der auch wenig später kam. Seine Diagnose wahr eindeutig, Lungenentzündung. Wolfgang musste sofort ins Krankenhaus. Obwohl er das nicht wollte, setzte sich Renate durch. Und so kam es, dass Wolfgang Weihnachten im Krankenhaus verbringen musste. Erst kurz vor Sylvester wurde er wieder entlassen. Mit dem Bus fuhr er nach Hause, wo ihn schon Renate erwartete. Sie war natürlich heilfroh, dass ihr Göttergatte wieder gesund war. Extra für ihn hatte sie die Heizung auf stattliche 22° hochgedreht. Wolfgang: „Bin ich froh, dass ich das Krankenhaus nicht mehr sehen muss, überall riecht es nach Desinfektionsmittel. Aber das Schlimmste war das Essen. Grauenhaft, Renate. Von wegen Weihnachtsganz, Haferschleim und Süppchen hat es über die Feiertage gegeben. Und dafür muss ich jetzt noch 10.- Euro pro Tag selbst bezahlen. Es tut mir leid, dass ich mit 120.- Euro ein Loch in unsere Kasse reiße, dafür gehe ich morgen gleich wieder Flaschen sammeln.“ Renate nahm ihren Mann in den Arm und sagte leise: „Das ist lieb von dir, aber nicht nötig. Du wirst erst einmal ganz gesund. Dieses Jahr gehst du mir nicht mehr auf die Strasse und wenn, dann nur wenn du dich sehr warm anziehst. War das Essen wirklich so scheußlich?“ Wolfgang: „Scheußlich wäre noch geprahlt. Aber das liegt auch wahrscheinlich daran, dass du so gut kochst.“ Sie führte ihn zur Couch, die sie schon für ihn gerichtet hatte. Renate: „Setz dich erst einmal hin, denn ich habe noch eine Überraschung für dich.“ Sie lief zum Wohnzimmerschrank und holte etwas aus einer Schublade und streckte es Wolfgang hin. Renate: „Ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk für dich.“ Wolfgang: „Du beschämst mich, denn ich habe nichts für dich.“ Renate: „Das du wieder hier bist und mich nicht alleine gelassen hast, ist Geschenk genug. Verlasse mich ja nicht, hörst du? Ich würde noch gerne einige Jahre mit dir verbringen, wenn es geht, sehr viele. Und wenn wir sterben, dann nur zusammen. Uns gibt es nur im Doppelpack.“ Wolfgangs Augen waren feucht. Er nahm Renate in den Arm und gab ihr einen Kuss. Dann meinte er: „Nur im Doppelpack, meine Liebe. Aber bis dahin ist noch viel Zeit.“ Er nahm den weihnachtlichen Umschlag und öffnete ihn. Darin lagen verschiedene Geldscheine. Er dachte er sieht nicht Recht und fragte ungläubig: „Wo haste den die her? Das sind doch mindestens 100.- Euro.“ Renate: „145.- Euro, um genau zu sein. Während du im Krankenhaus warst, habe ich Doppelschichten, bei den Stadien und an den Kirchen gemacht.“ Wolfgang: „Du hast an den Kirchen Flaschen gesammelt? Da gibt es doch so gut wie keine.“ Renate: „Nicht gesammelt, sondern gebettelt.“ Wolfgang: „Wir hatten doch ausgemacht, betteln ist tabu.“ Renate: „Mein lieber Schatz, ich würde noch ganz andere Dinge tun, um nicht hungern oder frieren zu müssen. Was ist schon dabei, wenn ich jemanden um einen oder zwei Euro Bitte, damit wir über die Runden kommen. Schau uns doch an, wie weit wir es gebracht haben. Ein Leben lang gearbeitet und was ist der Dank dafür? Hartz IV, zum leben zu wenig und zum sterben zu viel. Die Herren da oben machen es sich einfach, sie beschließen irgendeinen Mist und wir müssen es ausbaden. Denen ist es doch egal wie lange du den Staat mitfinanziert hast, wenn du alt bist und nicht mehr kannst, dann schieben sie dich in die Ecke. Wo bleibt denn da die Menschenwürde? Nein Wolfgang, uns hilft keiner, wenn wir es nicht selbst tun. Und ich werde in Zukunft wieder betteln, soll die feine Gesellschaft doch sehen, was sie mit ihren schwachsinnigen Gesetzen angerichtet haben. Sie sollen alle merken, was die Politik angerichtet hat.“Wolfgang sah sie entsetzt an und antwortete: „Aber Renatchen, seid wann bist du unter die Revoluzzer gegangen? So kenne ich dich überhaupt nicht.“ Ihre Antwort kam postwendend: „Seid dem du im Krankenhaus warst. Ich habe mir bei den Behörden und der Krankenkasse die Hacken wund gelaufen, um zu versuchen, dass wir die Zuzahlung für das Krankenhaus nicht bezahlen müssen. Aber die Herren waren auf diesem Ohr alle taub. Die haben doch glatt gemeint, wenn du nicht zu Hause bist, bräuchten wir weniger Strom, weniger Essen, Heizung und andere Sachen. Und wenn ich das ersparte zusammen reche, dann wäre das Geld wieder locker drin. Du glaubst nicht, was für ein Hals ich hatte, als ich das gehört habe. Und da habe ich beschlossen, betteln zu gehen, um so einen kleinen Ausgleich für unsere Demütigung zu bekommen. Eine Schande ist das, wie man mit uns umgeht.“ Renate war jetzt in Rage. Wolfgang kannte sie und versuchte sie zu beruhigen: „Ist ja gut, meine Liebe, ist ja gut. Dann gehen wir neben dem Flaschensammeln, eben noch betteln. Aber bitte nicht in unserem Viertel, es muss ja nicht jeder mitbekommen.“ Er nahm sie in den Arm und tröstete sie. Nach fünf Minuten antwortete sie: „Natürlich nicht hier im Viertel, die haben doch auch kein Geld. Möchtest du nicht wissen was es zu essen gibt?“ Wolfgang: „Lass mich überlegen. Eintopf oder Pellkartoffeln?“ Renate: „Nein, mein Schatz, es gibt heute das Weihnachtsmenü.“ Wolfgang: „Ja, hast du dir das nicht schon zu Weihnachten gemacht?“ Renate: „Ohne dich? Ich dachte, wenn du wieder zu Hause bist, dann schmeckt der Schweinebraten doppelt so gut. Was ist denn das für ein Lärm da draußen?“ Wolfgang stand auf und lief zum Fenster. Dort sah er wie Herr Lehmann von gegenüber wild gestikulierend, sich mit den drei Obdachlosen angelegt hatte. Sie verstanden nur Wortfetzen, wie: „Faules Pack, geht arbeiten, dann könnt ihr euch auch eine Wohnung leisten.“ Oder: „Alles verlottert, beim Adolf hätte es das nicht gegeben. Bei uns fehlt es eben an Zucht und Ordnung.“ Renate stand nun neben ihm und beide schüttelten abwechselnd mit ihren Köpfen. Wolfgang meinte zum Schluss: „Dieser Beamtenarsch. Der hat jahrelang nur in der Verwaltung gesessen, Bleistifte gespitzt und Bescheide verschickt. Jetzt macht er einen auf Blockwart.“ Renate: „Und dafür bekommt er auch noch eine dicke Rente.“ Wolfgang: „Pension, meine Liebe. Das gemeine Volk bekommt Rente und die Herren Beamten bekommen Pension. Wenn wir genauso lange in einer Firma gearbeitet hätten, wie die in ihrem Amt, dann bekämen wir trotzdem, weniger Rente wie ein Beamter.“ Renate: „Augen auf, bei der Berufswahl. Was ich nicht verstehe, warum müssen alle die beim Staat in der Verwaltung arbeiten, Beamte sein? Oder Lehrer?“ Wolfgang: „Damit alles reibungslos funktioniert. Bedenke, die müssen immer arbeiten und dürfen nicht streiken.“ Renate: „Das machen Angestellte bestimmt auch, da braucht man keine Beamte. Zahlen keinen Cent in die Rentenkasse ein und kassieren die fette Pension. Wo bleibt da die soziale Gerechtigkeit? Und du legst dich noch ein wenig hin und ich bereite derweil das Festtagsmenü zu.“ Wolfgang: „Kommt gar nicht in Frage. Ich bin über eine Woche im Bett gelegen, es wird Zeit, dass ich wieder etwas tue. Ich helfe dir in der Küche und keine Widerrede.“ Renate: „Wenn du meinst du schaffst das, meinetwegen. Aber nicht das du mir beim Essen vor Erschöpfung einschläfst.“ Wolfgang: „Keine Angst, der Hunger hält mich wach.“

Gegenüber in der Nummer 71 war wieder Ruhe eingekehrt. Die drei „Berber“, wie das Volk Obdachlose nennt, packten sich in ihre Schlafsäcke. Sie unterhielten sich noch ein wenig, bevor sie einschliefen. Keine zwei Stunden später wurden sie unsanft geweckt. Zwei Polizeibeamte standen vor ihnen und einer meinte: „Guten Abend meine Herren, allgemeine Personenkontrolle. Wenn ich um ihre Ausweise bitten dürfte.“ Einer nach dem anderen schälte sich aus seinem Schlafsack und kramte in den Taschen nach dem Personalausweis. Einer der drei fragte: „Warum werden wir kontrolliert, wir haben niemanden etwas getan?“ Ein Beamter sammelte die Ausweise ein und ging zum Streifenwagen, der andere antwortete: „Ein Mieter im Haus hat sich darüber beschwert, dass sie ohne Genehmigung, hier im Hausflur nächtigen. Deshalb müssen wir sie auffordern, den Hausflur zu verlassen. Kommen sie der Aufforderung nicht nach, müssen sie mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch rechnen. Also meine Herren, wenn ich sie nun bitten dürfte, den Hausflur zu verlassen.“ Frank, so hieß einer der Obdachlosen, fragte den Beamten: „Und wo sollen wir jetzt hin? Wir finden doch um diese Uhrzeit keinen Schlafplatz mehr. Morgen früh räumen wir geräuschlos das Feld, versprochen. Und wenn das nicht geht, werden sie mich wohl für eine Nacht in die Ausnüchterung sperren müssen.“ Der andere Beamte kam zurück und gab die Ausweise zurück. Es lag nichts gegen die drei vor. Der erste Polizist meinte: „Ich kann sie nicht auf die Wache mitnehmen, dass wissen sie ganz genau, wir sind schließlich kein Obdachlosenheim. Probieren sie es in der Gerberstrasse, das ist doch gleich um die Ecke. Fragen sie Herrn Seibold, vielleicht hat der noch etwas frei. Bitte räumen sie die Hofeinfahrt, sonst bekommen sie nur Ärger. Wir kommen in einer Stunde wieder vorbei und überprüfen das.“ Frank: „Bei Seibold waren wir schon, der hatte aber kein Bett mehr frei. Genauso wie in der Leipziger- und der Herrmannstrasse. Warum stellt die Stadt im Winter keine Container für uns zur Verfügung? Jeder Asylant hat einen warmen Arsch, nur für uns Deutsche ist kein Platz.“ Polizist: „Sagen sie das den Politikern und nicht mir. Ich kann auch nichts dafür, dass es so ist. Wir machen nur unseren Job. In einer Stunde sind sie weg. Probieren sie es doch einmal in der alten Fabrik, da steht immer eine seitliche Tür auf.“ Frank verstand den Hinweis und sagte zu seinen Kumpels: „Komm wir räumen das Feld, sonst haben wir eine Anzeige an der Backe und das kostet uns gleich wieder einige hundert Euro.“ Paul und Zecke maulten zwar noch ein wenig, fingen aber an ihre sieben Sachen in die Taschen und Einkaufswagen zu räumen. Zwanzig Minuten später hatten sie die Hofeinfahrt verlassen und begaben sich auf den Weg zur alten Fabrik. Nach einer Stunde Fußmarsch erreichten sie ihr Ziel. Und wie der Polizist sagte, war tatsächlich eine Seitentür nicht verschlossen. Nun hatten sie eine Bleibe, die trocken und Wetterfest war. Nur die Heizung fehlte noch, dann wären es fast paradiesische Zustände für die drei gewesen. Am nächsten Morgen inspizierten sie die Fabrik. Sie interessierten sich nicht für die großen Hallen, sondern eher die kleinen Büroräume. In einer von ihnen stand noch ein alter Werkstattofen, der sogar noch funktionstüchtig war. Und an Brennmaterial mangelte es in dem alten Gemäuer nicht. Überall lagen alte Holzpaletten, Balken und andere Dinge herum, die sich wunderbar zum einheizen eigneten. Unter tags brauchte ja nicht geheizt werden, weil sie da unterwegs waren um Geld zu verdienen. Ja, sie haben richtig gehört. Alle drei bemühten sich jeden morgen in aller früh, an der Jobbörse um Arbeit. Die Jobbörse vermittelt jeden Tag für Interessierte, kurze Jobs, die gleich nach getaner Arbeit entlohnt wurden. So verdienten sie in der Woche zwischen 100.- und 150.- Euro, was zu leben nicht reicht. Vom Amt bekamen sie deswegen noch einmal 75.- Euro die Woche, die sie selbst abholen mussten. So wie den dreien geht es rund 375.000 Menschen in Deutschland. Ich schätze, dass die Zahl noch wesentlich höher liegt, weil viele Obdachlose den Weg zum Amt scheuen. Teils aus Scham oder weil sie bei Verwandten oder Freunden gemeldet sind. Und das sind nicht nur Erwachsene, sondern auch um die 20.000 Jugendliche. Gehen wir einmal grob geschätzt von einer halben Million Obdachlose in Deutschland aus. Und die sind nicht obdachlos, nur weil es so romantisch oder ein Männerding ist, nein der Grund ist schlicht und einfach, weil sie aus ihrer alten Wohnung geflogen sind und leider keine neue, bezahlbare gefunden haben. Rechnet man noch Familien und Einzelpersonen dazu, die auch eine Wohnung suchen, so kommen wir auf eine Zahl von 5,5 bis 7 Millionen Wohnungen die in Deutschland fehlen. Und das nicht erst seid ein paar Monaten, sondern schon seid vielen Jahren. Die Politik hat diesen Sektor schon lange vernachlässigt. Erst jetzt, da so viele Asylsuchende und Flüchtlinge gekommen sind, sehen es die Politiker ein, dass Wohnraum dringend gebaut werden muss. Und wie das in der freien Marktwirtschaft so ist, schnellen dann die Mieten in die Höhe. Und was macht die Politik? Sie schaut seelenruhig zu, ach nein, sie bringt in aller Regelmäßigkeit neue Mietgesetze heraus, die im Endeffekt doch nicht greifen und für den Arsch sind, wie ein Nachbar immer zu sagen pflegt. Der ist nämlich auch schon seid zwei Jahren auf Wohnungssuche, findet aber keine. Entweder sind sie viel zu teuer, oder es sind die letzten Bruchbuden. Das wollte ich nur am Rande erwähnen.

Renate und Wolfgang machten sich an den Abwasch. Er trocknete ab und fragte sie dabei: „Gibt es etwas Neues im Viertel, schließlich war ich fast zwei Wochen nicht hier?“ Renate: „Eigentlich nicht. Das heißt doch. Im alten Laden von Frau Huber, kommt ein Gemeindezentrum herein. Es sollen sich drei Sozialarbeiter, um die Belange der Einwohner des Viertels kümmern.“ Wolfgang: „Du meinst den Lebensmittelladen, der schon drei Jahre leer steht?“ Sie nickte und antwortete: „Genau der.“ Er fragte weiter: „Und um was kümmern die sich dann? Muss man jetzt bei denen den Hartz IV Antrag ausfüllen und abgeben?“ Renate: „Keine Ahnung, aber im Flur habe ich noch den Flyer liegen, den mir einer der Sozialarbeiter in die Hand gedrückt hat.“ Wolfgang: „Wurde auch Zeit, dass die vom Rathaus etwas unternehmen, schließlich sind wir wie Neukölln und Kreuzberg auch ein Problemviertel. Ich glaube aber nicht, dass die Sozial fuzzis was erreichen. Die haben schon einmal vor Jahren das Gleiche versucht und sechs Monate später, war der Spuk vorbei. Wie viele haben sie dieses Mal abgestellt?“ Renate: „Es waren zwei Männer und eine Frau, alle so um die Mitte dreißig. Aber ich muss sagen, sie waren sehr freundlich. Mitte Januar eröffnen sie das Gemeindezentrum offiziell. Wenn du aber etwas wissen willst, kannst jetzt schon telefonisch nachfragen. Das steht aber alles auf dem Flyer.“ Wolfgang: „Gibt es bei der Eröffnung auch was zu futtern?“ Renate: „Du denkst auch nur ans essen, frag lieber einmal nach, wer die 120.- Euro Zuzahlung fürs Krankenhaus übernimmt.“ Wolfgang: „Ich dachte du warst schon beim Amt und bei der Kasse?“ Renate: „Versuch es einfach, vielleicht kennen die eine Möglichkeit, dass wir nicht bezahlen müssen. Probieren geht bekanntlich über studieren.“ An der Haustür klingelte es. Wolfgang fragte: „Erwartest du noch jemand?“ Renate: „Ich habe keinen eingeladen. Das wird bestimmt wieder Inge sein. Sie geht jeden Tag einkaufen, aber immer vergisst sie etwas.“ Wolfgang legte das Geschirrhandtuch beiseite und ging zur Haustür. Wie er öffnete, riefen auf einmal vier Nachbarn ganz laut: „Überraschung.“ Jeder streckte ihm etwas entgegen. Es waren Wein, Sekt und einen selbstgebackenen Kuchen. Inge hatte noch Kaffee mitgebracht und meinte: „Schön, das du wieder zu Hause bist. Was ist, sollen wir da draußen in der Kälte Wurzeln schlagen? Oder glaubst du, du könntest mit Renate zusammen, alles allein futtern und trinken?“ Wolfgang antwortete: „Ich weiß jetzt gar nicht was ich sagen soll, am Besten, ihr kommt erst einmal herein.“Wie alle im Wohnzimmer standen, kam Renate aus der Küche und Inge sagte zu ihr: „Wir haben uns gedacht, wir überraschen Wolfgang mit einer Überraschungsparty.“ Renate: „Und aus welchem Grund, er hat weder Geburts- noch Namenstag?“ Inge: „Na, weil er wieder gesund und munter unter uns weilt. Gott sei Dank war es nicht so schlimm. Bringst du bitte Tassen und Teller, den Kuchen habe ich selbst gebacken.“An diesem Abend gab es reichlich Kaffee, Kuchen und Sekt. Und die Freude darüber, dass Wolfgang wieder gesund aus der Klinik entlassen wurde, war echt und nicht gespielt. So einfach geht Mitgefühl und Nachbarschaft, wenn man es will. Aber viele Mitmenschen können gar keine Gefühle mehr zeigen. Teils liegt es daran, weil sie schon zu oft enttäuscht wurden, oder schlicht und einfach abgestumpft sind. In unserer Zeit ist das schon fast Normalität geworden. Jeder für sich, die anderen sind mir egal. Hauptsache ich und davon viel und reichlich. Geld regiert die Welt, da stören Gefühle nur. Oft bleibt da, die Ehrlich- und Menschlichkeit auf der Strecke.Renate hielt Wort. Sie ließ Wolfgang erst eine Woche später wieder auf die Strasse. Irgendwann am Nachmittag trennten sich ihre Wege. Wolfgang brache die gesammelten Flaschen zu verschiedenen Discountern und löste diese ein, während sich Renate vor ein renommiertes Bankhaus setzte, ihr Schild und einen Pappbecher auspackte. Still saß sie da und harrte der Dinge. Das brauchte sie auch, weil auf dem Schild stand: „Ich bin ein Opfer des Systems. Ich suche verzweifelt nach Arbeit, aber niemand stellt mich ein.“ Viele die aus der Bank kamen, nahmen nicht einmal Notiz von ihr. Hier und da blieb ein Kunde stehen und warf ihr ein paar Cent in den Becher. Nach drei Stunden packte sie alles zusammen und zog Bilanz. 10,45 Euro hatte sie erbettelt, was immerhin mehr war, als sie beim Flaschensammeln bekommen hätte. Am Abend kamen noch einmal 6,75 Euro von Wolfgang dazu. So hatten die beiden 17,20 Euro verdient, Geld das sie gut gebrauchen konnten, wie viele in der Warschauer Strasse. Zum Beispiel Familie Schröder, die nur drei Häuser weiter wohnte. Es ist eine vierköpfige Familie. Vater Karsten, 49 Jahre, Mutter Ute, 47 Jahre, sowie die beiden Kinder Uwe und Stefan mit 14 und 16 Jahren. Sie wohnten bereits seid 10 Jahren hier und hatten auch schon bessere Zeiten erlebt. Denn Vater Schröder, war inzwischen seid 13 Monaten arbeitslos und erhielt somit die Grundversorgung, sprich Hartz IV Leistungen vom Vater Staat. Vorher hatte er einen guten Job als Filialleiter einer Supermarktkette. Er verlor seinen Job, weil die Filiale wegrationalisiert wurde. Zu wenig Umsatz, besser gesagt, zu wenig Gewinn. So fielen dieser Maßnahme fünf weitere Arbeitsplätze zum Opfer. Nur die beiden Azubis kamen in einer anderen Filiale unter. War ja auch klar, erstens sind Azubis arbeitsrechtlich besonders geschützt und zweitens, sind es billige Arbeitskräfte. Trotz vieler Bewerbungen, bekam Karsten keine neue Arbeit. Und Ute ging es nicht besser. Sie hatte zuletzt vor 16 Jahren gearbeitet, aber wie ihre ältester Sohn Uwe auf die Welt kam und kurz danach Stefan, war an arbeiten nicht mehr zu denken. Mutter Ute führte den Haushalt und Papa Karsten schaffte die Kohle ran. Diese Rollenverteilung passte auch in Kartens politische Einstellung, war er doch stockkonservativ eingestellt und ein leidenschaftlicher Fan der Kanzlerin. Nur in letzter Zeit verstand er die Welt nicht mehr. Seine geliebte Kanzlerin tat etwas, was seine Grundfeste erschütterte. Sie ließ, aus welchen Gründen auch immer, in kürzester Zeit, eine Million Flüchtlinge ins Land. Und nicht nur das, es waren fast alle Moslems. Das hatte in seinen Augen, nichts mehr mit seiner Weltanschauung zu tun. Seiner Meinung nach, hatte seine Kanzlerin gegen geltende Gesetze verstoßen. Denn nach Artikel 16 Absatz 2, durften die Flüchtlinge gar nicht in Deutschland einreisen, weil sie aus sicheren Drittstaaten kamen. Aber egal wen er darauf aufmerksam machte, keiner wollte es hören. Bis auf ein einige Leute, die dem rechten Flügel angehörten. Sie waren durchweg derselben Meinung und schimpften bei jeder Gelegenheit, über die Kanzlerin. Markus spielte sogar mit dem Gedanken, der Kanzlerin bei der nächsten Wahl, die Stimme zu verweigern. Aber das alles, löste nicht das Problem mit seiner Arbeitslosigkeit. Der Frust saß tief. Lästern und schimpfen über die Politik der Regierung, wurde zur Manie. Das ging solange, bis er von der Arbeitsagentur, ein Stellenangebot bekam. Er sollte sich schnellstmöglich, bei einer Firma Scholz vorstellen, die suchten für diverse Baustellen in Berlin noch dringend Bauhelfer. Markus hatte alles andere als Fachwissen. Er konnte zwar einen Hammer von einer Zange unterscheiden, aber das war es dann schon. Aber in der Not frisst der Teufel Fliegen und bei klammer Kasse, war er für jeden Job zu haben. Beim Vorstellungsgespräch, sagte er dies auch wahrheitsgemäß, wies aber daraufhin, dass er die Arbeit dringend brauchte und er lernwillig ist. Herr Scholz hatte ein einsehen mit seiner Lage und stellte ihn als Bauhelfer ein. Aber nicht zum tariflichen Mindestlohn von 11,30 Euro, sondern zum gesetzlichen Mindestlohn, von 8,80 Euro. Und für den Fall, dass eine Kontrolle vom Zoll käme, sollte er sagen, er wäre der Fahrer und würde nur aushelfen für diesen einen Tag. Markus sollte gleich am nächsten Tag anfangen. Wie er mit der freudigen Nachricht nach Hause kam, rechnete seine Frau Ute einmal nach, wieviel Markus verdienen würde. Die Bilanz war mehr als enttäuschend. Mit den Normalstunden würde er gerade einmal um die 1000.- Euro Netto verdienen, also weniger, wie mit Hartz IV. Würde er den Baumindestlohn bekommen, wären das immerhin fast 400.- Euro Netto mehr. Aber das würde immer noch nicht reichen, um seine Familie zu ernähren und die Fixkosten zu bestreiten. Die Fixkosten, Miete, Strom Heizung, Telefon und Versicherungen, betrugen alleine 1200.- Euro. Er müsste auf jeden Fall aufstocken und das bei einer Vollzeitstelle auf dem Bau. Ute und Markus führten an diesem Abend noch ein sehr langes Gespräch. Ute: „Dieser feine Herr Scholz, will dich von der ersten Minute an ausbeuten. Er betrügt dich um Mindestens 400.- Euro im Monat. Geld, das wir wieder auf dem Amt beantragen müssen. Wir kommen nicht darum herum, aufzustocken. Selbst wenn er den regulären Lohn bezahlen würde, müssen wir das, weil unsere Fixkosten zu hoch sind. Ich würde ja gerne auch arbeiten, aber wer will schon eine 47 jährige, die seid 16 Jahren nicht mehr gearbeitet hat. Nicht einmal bei Leihfirmen habe ich eine Chance. Nein, mein lieber Mann, wir müssen diesem Scholz dazu bringen, dass er dir den gesetzlichen Tariflohn bezahlt. Tut er das nicht, werden wir vor Gericht gehen, dort werden wir schon Recht bekommen.“ Karsten: „Dann wirft er mich hinaus und ich habe wieder keinen Job.“ Ute: „Besser keinen Job, als betrogen zu werden. Willst du vielleicht bis zur Rente, unter Wert arbeiten? Was glaubst du, wie dann deine Rente aussieht?“ Karsten: „Und wie soll ich das anstellen, dass ich den gerechten Lohn bekomme? Soll ich etwa zu ihm hingehen und mehr Lohn einfordern?“ Ute: „Nein, das brauchst du doch nicht. Lies was in deinem Arbeitsvertrag steht.“ Sie zeigte auf eine Stelle, wo „Entlohnung“ stand. Dann fuhr sie fort: „Du änderst einfach die Zahlen und trägst den tariflichen Mindestlohn ein und nur den unterschreibst du. Wenn er nicht damit einverstanden ist, gehen wir vor das Arbeitsgericht mit ihm. Sag ihm das morgen früh vor Arbeitsbeginn. Ist er damit einverstanden, gehst du zu deiner Arbeit, wenn nicht, gleich aufs Gericht. Aber lass dir auf keinen Fall den Arbeitsvertrag wegnehmen, dass ist nämlich der einzige Beweis dafür, dass er dich bescheißen wollte.“

Da waren sie wieder, die Ritter. Zuerst waren sie ganz klein und galoppierten aus der Steckdose neben dem Fernseher, danach wurden sie immer größer. Es sind immer drei Stück, zwei unscheinbare, mit grauglänzenden Metallrüstungen. Und einer, der war eine Lichtgestalt. Dieser war ganz weiß und ritt auf einem schwarzen Rappen. In der linken Hand hielt er die Zügel und in der anderen, eine lange, imposante weiße Lanze. Langsam wuchsen die drei und wurden immer größer. Oskar sah diese Gestalten in letzter Zeit immer öfter und entsprechend wuchs seine Angst in ihm. Wie sie in voller Größe erschienen, ritten sie direkt auf Oskar zu. Er sah, dass die Lanze des weißen Ritters, vorne voll Blut war, welches förmlich herunter tropfte. Das klappern der Hufe wurde immer lauter und die Ritter kamen immer näher. Oskar ergab sich in sein Schicksal. Zitternd hob er seine Hände schützend vor seinen Körper. Er erwartete jedem Moment das eindringen der Lanze in seinen Körper, aber die Ritter sprangen einfach durch ihn hindurch und verschwanden genau so schnell wieder, wie sie gekommen waren. Jedes Mal wenn dies geschah, lag Oskar zitternd am Boden. Sein ganzer Körper schmerzte. Es fühlte sich an, als wenn seine Organe mit einem glühenden Eisen durchbohrt wurden. Oskar kannte dieses Gefühl und wusste sofort, was jetzt nur noch half. Bier, Schnaps oder Wein, Hauptsache Alkohol. Was Oskar da ereilt hatte, würde man im Volksmund mit „Affen“ bezeichnen. Er war schlicht und einfach unter seinem üblichen Alkoholspiegel gekommen, denn er war Spiegeltrinker. Wenn er über einen längeren Zeitraum keinen Alkohol bekam, hatte er diesen Tremor. Oskar kroch zum Kühlschrank und holte eine Flasche billigen Korn heraus. Zitternd schraube er den Verschluss herunter und setzte die Flasche mit beiden Händen an. Er trank dann jedes Mal die halbe Flasche aus und fühlte sich nach zehn Minuten wieder besser und trank nach und nach die ganze Flasche leer. Nun hatte er wieder etwa acht Stunden Ruhe, bevor das gleiche Spiel wieder von vorne losging. Er wusste, dass dies nicht mehr lange gut gehen würde, denn irgendwann würde seine Leber oder sein Herz versagen. Dabei hat er fast sein ganzes Leben keinen Alkohol angerührt. Aber das hat er in den letzten drei Jahren gründlich nachgeholt. Die Sucht fing ganz harmlos an. Ein Bierchen nach Feierabend, dann einen Schnaps dazu. Zu Hause einen Absacker und beim Abendessen einen Wein. Es gab ja niemanden, der ihn kontrollierte. Oskar war nie verheiratet und hatte auch keine Kinder. Bis auf einige Liebschaften, die kurzfristig bei ihm einzogen, war er sein Lebtag alleine. Dann verlor er seinen Job in der Spedition, dass war vor zwei Jahren. Und als 58 jähriger Speditionskaufmann, findet man in dieser Republik, keinen Job mehr. Inzwischen war er 60 geworden und dem Tod näher, als je zuvor in seinem Leben. Seine ehemaligen Stammtischbrüder haben ihn noch ab und zu besucht und ihn gewarnt, wenn er nicht die Finger vom Alkohol ließe, dann würde es noch ein böses Erwachen geben. Und heute schien es so, als wenn es soweit wäre. Die Körperschmerzen ließen zwar nach, aber das Stechen in der Brust hörte nicht auf. Im Gegenteil, es wurde von Stunde zu Stunde heftiger. Mit letzter Kraft schleppte er sich ins Treppenhaus, wo er leblos zusammenbrach. Ein Nachbarskind fand ihn am späten Nachmittag und die Rettung brachte ihn ins Krankenhaus. Erst eine Bypass- Operation brachte ihn wieder ins Leben zurück. In der Warschauer Strasse wurde dies zwar zur Kenntnis genommen, war aber schon am nächsten Tag kein Gesprächsthema mehr. So ist eben unsere Gesellschaft von heute. Immer schneller, weiter und höher, würde man im Sport sagen, aber es gibt nichts Schlimmeres, als Nachrichten von gestern. Wen interessiert es schon, wenn ein Säufer einen Herzinfarkt bekommt? Hat eben Pech gehabt und hätte nicht soviel saufen sollen. Aber so einfach ist das nicht. Hinter jedem Schicksal steckt nun einmal eine Geschichte die da lautet, warum. Warum hat derjenige dies oder das getan? Warum ist es soweit gekommen? Hätte man es verhindern können? Wer hat Schuld? Fragen, die die Gesellschaft nur mit einem Schulterzucken beantwortet und dann wieder zur Tagesordnung übergeht. Gleichgültigkeit und Ignoranz sind die Ursachen, gepaart mit einem Spritzer Egoismus und Narzissmus. Es trifft einen ja nicht persönlich. Können sie sich noch erinnern wie ein gewisser Gerhard Schröder, Helmut Kohl als Kanzler abgelöst hat? Die ganze Nation war voller Hoffnung und Vertrauen in die neue Regierung. SPD und ÖKO Partei, was soll da schon schiefgehen? Die Folgen dieser Regierung sind heute noch zu spüren. Sozialer Kahlschlag wurde gemacht und keiner der Herren Politiker unternahm oder unternimmt etwas dagegen. Mit der Agenda 2010 wurde ein Instrument geschaffen, das sozialen Abbau schaffte. Hartz IV und Rentenkürzungen sind nur einige Beispiele unter der wir heute noch zu leiden haben. Ganz zu schweigen von den Billiglohn Jobs und der Zeitarbeit. Schröder war eben der Genosse der Bosse. Kein Kanzler hat den Reichen und Mächtigen mehr Geschenke gemacht, wie er. Und ganz nebenbei, hat er die Grundlage dafür geschaffen, dass es zu den verheerenden Folgen in Deutschland, beim Finanz Crash 2008 gekommen ist. Dies nur ganz nebenbei, damit sie auch verstehen, warum wir heute so viele Arme und so viele Reiche in Deutschland haben, wie nie zuvor. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander und keine Regierung der letzten Jahre unternimmt etwas dagegen, auch wenn das einige anders sehen. Das sind meist Lobbyisten, die eine bestimmte Interessengruppe vertreten. Und die sorgen dann, oder versuchen es zumindest, dass alles so bleibt wie es ist, nur damit die Gewinne auch weiterhin kräftig sprudeln. Sie interessiert es herzlich wenig, wenn 12,5 Millionen Menschen und davon 2,5 Millionen Kinder in Armut aufwachen. Auch das es 7 Millionen Hartz IV Empfänger gibt, ist ihnen vollkommen piepegal. Sie sind es aber auch, die dann über den Fachkräftemangel klagen. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Million Arbeitskräfte aus dem Heer der Hartz IV Empfänger und der 2,8 Millionen Arbeitslosen haben, um diese angebliche Lücke stopfen zu können. Aber wo kein Wille ist, da ist bekanntlich auch kein Weg. In Wirklichkeit will man nur billige Arbeitskräfte haben, die weit unter dem Tariflohn arbeiten, um die Wertschöpfung zu maximieren. Gewinne um jeden Preis, schließlich muss man ja die Aktionäre zufrieden stellen. Und was ist mit den fälligen Steuern? Da finden die Herren immer wieder Steuerspar-Modelle und Gesetzeslücken, um Geld zu sparen. Ich finde das einfach asozial und kriminell. Und ich stehe mit dieser Meinung nicht alleine da. 65 % der Deutschen denken ähnlich. Aber das nur am Rande. Renate und Wolfgang hatten den Jahreswechsel mit einigen Nachbarn gebührend mit Bowle und Punsch gefeiert. Man legte zusammen und feierte bei den beiden. Wolfgang durfte erst wieder zum Flaschensammeln, als er wieder ganz fit war. Insgesamt vier Wochen war er nicht mehr im Einsatz. Renate hatte ihm extra eine gebrauchte Winterjacke, von der Kleiderkammer vom Roten Kreuz geholt. Sie war zwar nicht mehr die modernste, aber dafür war sie warm und hatte keine Löcher oder Risse. Sie fuhren wie gewohnt, ihre Stammplätze ab und sammelten eifrig Pfandflaschen. Bei einem Supermarkt, der auf ihrer Strecke lag, lösten sie die Flaschen ein. Und das ging so sechs Stunden, weil das Wetter mit knapp 12° mitspielte. Renate verabschiedete sich in Richtung Fußgängerzone, wollte sie doch noch ein paar Euro zusammenschnorren. Wie sie vor an einer Bank Platz nahm und ihr Schild und den Becher aufstellte sah sie, dass auf der gegenüberliegenden Seite ein junges Mädchen auch bettelte. Renate wusste, dass es nicht lange ging, bis das Ordnungsamt oder die Polizei einschreiten würde. Denn laut Verordnung des Senates in Berlin, ist es seid dem 23. Juni 2015, Kindern oder Erwachsenen mit Kinder, das Betteln untersagt, also verboten. Es wird sogar mit bis zu 500.- Euro bestraft. Sie überlegte schon, ob sie die Lokalität wechseln sollte, da beobachtete sie, wie ein Mann mittleren Alters, das Geld von dem Mädchen einsammelte und in seine Tasche steckte. Dies ging so schnell, dass man es fast nicht sah. Der Mann lief 50 Meter weiter, wo ein weiteres Mädchen saß und auch bettelte. Dort tat er das Gleiche, leerer Becher hinstellen und den vollen mit dem Geld mitnehmen. Renates Vermutung war, dass hier eine ganze Bande am Werk ist. Sie stand auf und folgte ihm mit gebührendem Abstand. Fast eine Stunde tat sie dies, bis er dann in einen PKW stieg und wegfuhr. Insgesamt hatte er neun Kinder, fünf Mädchen und vier Jungs, um ihr Geld erleichtert. Renate tat aus ihrer Warte das einzige Richtige. Sie notierte sich die Nummer des Wagens und rief die Polizei. Da sie anonym bleiben wollte, sagte sie ihren Namen nicht und gab dem Beamten nur die Fakten durch. Sie wartete noch eine halbe Stunde und sah, wie Männer und Frauen in Zivil, die Kinder einsammelte und in zwei Transportern verfrachtete. Sie war sichtlich erleichtert, wie die Kinder weg waren. Erstens, weil skrupellose Erwachsene die Kinder nur für ihren Zweck ausbeuteten und zweitens, war die lästige Konkurrenz weg. Nun konnte sie in aller Ruhe sich den besten Platz aussuchen, um ihrem „Geschäft“, dem betteln nachzugehen. Mitleid mit der Bande hatte sie nicht, denn wie sich später herausstellte, war es eine Bande aus Bulgarien, die quer durch Deutschland reiste, um die jugendlichen gezielt zum betteln einzusetzen. Da sie viel Zeit verloren hatte, war das Ergebnis auch entsprechend mager. Ganze 14,30 Euro hatte sie eingenommen, aber mit den Flaschen zusammen, waren es trotzdem an diesem Tag 26,70 Euro von Wolfgang und ihr. Abends saßen sie beim Abendessen, es gab Bohneneintopf. Sie hatte ihm gerade von der Bettlerbande und ihrem Anruf bei der Polizei berichtet. Wolfgang: „Glaubst du, dass es richtig war, die Polizei zu holen? Immerhin sind das arme Kinder oder Jugendliche, die im Endeffekt noch weniger haben wie wir.“ Renate: „Auf welchem Planeten lebst denn du eigentlich? Von wegen, die haben weniger wie wir. Die Banden betteln sich innerhalb kürzester Zeit ein Vermögen zusammen und dass noch Steuerfrei. Erst letzend kam ein Bericht im Fernsehen, wie das bei diesen Banden läuft. Da sammelt einer alle Kinder aus einem Dorf zusammen und fährt hier nach Deutschland. Dort stellt er sich irgendwo zwei alte Wohnwagen hin, wo die Jugendlichen dann wohnen. Jeden Morgen karrt er sie dann in die Innenstadt und dort müssen sie dann bis zu 12 Stunden betteln und das bei jedem Wetter. Und da kommt schon einiges zusammen. Bis zu 200.- Euro am Tag und das pro Kind. Und wenn du das auf den Monat umlegst, bei 10 Kindern, da kommen da locker 50- 60.000 Euro im Monat zusammen. Rechnet man die Unkosten ab, bleiben immer noch 40.000 Euro übrig. Und das ist ja nicht nur eine Bande, sondern gleich mehrere. Die einen betteln und die anderen begehen Taschendiebstahl oder verticken Drogen. Wir haben selbst genug Gauner und Spitzbuben, da brauchen wir nicht noch welche aus dem Ausland.“ Wolfgang: „Macht das denn einen Unterschied, ob ich jetzt von einem Ausländer beklaut werde, oder von einem Deutschen?“ Renate: „Im Prinzip ist es egal, aber wenn ein Ausländer dich beklaut, dann ist alles, mit ziemlicher Sicherheit weg. Und einen Deutschen, kann man auf Schadensersatz und Widergutmachung verklagen. Der Ausländer sitzt, wenn überhaupt kurz ein und wird dann abgeschoben. Wir haben ja auch nicht viel, aber klauen wir deswegen? Oder setzen wir Kinder zum Flaschensammeln und betteln ein?“ Wolfgang überlegte kurz und meinte dann: „Na ja, irgendwie hast du Recht. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es in anderen Ländern der EU auch Not und Elend gibt. Und dafür sollte man auch Verständnis haben.“ Renate: „Mir geht die EU und der Rest der Welt am Hintern vorbei. Wir in Deutschland haben genug soziale Probleme. Um die sollten sich die Herren Politiker erst einmal kümmern, bevor man der halben Welt Asyl gibt und Milliarden hinterher wirft. Alle leben sie auf unsere Kosten und wenn wir etwas haben wollen, sind die EU und der Rest der Welt dagegen. Nein Wolfgang, bei uns liegt es sozial schon lange im Argen. Seid dieser Medienkanzler mit seinen Ökospinnern dran war, ist alles viel Schlimmer geworden. Ich kann mich noch daran erinnern, wie er auf einer Aussichtsplattform gestanden ist und sagte: Das ist die Politik der ruhigen Hand. Da habe ich gleich gedacht, na klar, wenn man die Hände in die Tasche steckt, kann man nichts bewegen. Ein Blender war er, sonst nichts. Er hat uns am Nasenring durch die Manege geführt.“ Wolfgang: „Aber es war nicht alles schlecht, was er gemacht hat. Er ist zum Beispiel nicht mit den Amis in den Krieg, gegen den Irak gegangen.“ Renate: „Hätte er auch nicht gekonnt, weil das laut unserer Verfassung gar nicht erlaubt ist. Wir dürfen uns nur verteidigen und in keinem Angriffskrieg mitmachen.“ Ihm gingen so langsam die Argumente aus. Er kannte seine bessere Hälfte und wusste, dass er in politischen Themen, keine gute Figur machte. Wolfgang stand auf und schnitt sich noch ein Stück Brot herunter, welches er zum Eintopf aß. Renate kratzte aus dem Topf den letzten Rest der Bohnen und fragte dabei: „Und wie ist deine neue Jacke? Ist sie warm genug?“ Wolfgang: „Sie ist soweit in Ordnung. Aber erst wenn es richtig kalt ist, kann ich dir sagen, ob sie auch warm hält. Für morgen haben sie Regen angesagt, da bleiben wir zu Hause und legen die Füße hoch.“ Renate: „Dann kannst du ja ins neue Gemeindezentrum gehen und das mit der Zuzahlung regeln. Mal sehen, was die neuen Sozialarbeiter so drauf haben.“ Wolfgang: „Aber wir haben doch schon alles bezahlt, was soll ich da noch regeln?“ Renate: „Ist ja gut, ich gehe mit dir mit, sonst wird das nichts.“

Am Ende der Warschauer Strasse in Nummer 142, hatten sich die die sogenannten „Intellektuellen “ einquartiert. Dort hausten seit Jahren mehre Wohngemeinschaften mit ehemaligen Studenten. Es waren insgesamt drei WGs, mit je vier Bewohnern und im Erdgeschoss wohnte Harald Koslowski, mit Gattin Johanna. Harald war alles andere als entzückt über die Wohngemeinschaften. Für ihn waren es nur abgewrackte Hippies und Gammler, deren Eltern ihnen kein Anstand und Disziplin beigebracht hatten. Er ließ kein gutes Haar an ihnen und brachte das auch immer, lautstark zum Ausdruck. Nach Alfred Tetzlaffs Manier nannte er sie immer „die Sozis“ oder „linke Zecken“, während seine politische Heimat sehr braun ist. Und nun können sie sich ja vorstellen, was täglich in diesem ehrenwerten Haus los war. Schräg gegenüber, in der Nummer 139 wohnten vier Familien, die noch reguläre Arbeit hatten. Sie hatten ein gutes Einkommen, was man auch an ihren Autos sah. Gehobene Mittelklassewagen standen abends vor der Haustür, natürlich mit Anwohnerparkplatz. Das war in Haus Nummer 135 ganz anders. Hier wohnten Familien, die teilweise drei Jobs hatten, nur um über die Runden zu kommen, aber trotz allem noch Mietzuschuss beantragen mussten. Eine verrückte Welt ist das. Da hat man Arbeit und kann nicht davon leben. Das war vor zwanzig oder dreißig Jahren noch anders. Da konnte ein Familienvater mit zwei Kindern, seine Familie als Alleinverdiener ernähren. Kein Wunder. Sie brauchen doch nur einmal die Mieten und die Strompreise von damals, mit denen von heute vergleichen. Über Gas, Wasser und Benzin will ich erst gar nicht reden, sonst bekomme ich noch einen dicken Hals. Und dann steht unsere herzallerliebste Kanzlerin auf dem Podium und erklärt uns, dass jeder Deutsche im Schnitt 3.000.- Euro Netto verdient. Da frage ich mich doch, wer hat dieser Frau, diesen Schwachsinn erzählt? Aber wie heißt es doch so schön, traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Glauben sie mir, ich habe einen sehr großen Bekanntenkreis, aber kein Normalo von ihnen verdient diese 3.000.- Netto. Da liegt das Einkommen im Schnitt zwischen 1.800.- und 2.300.- Euro Netto. Von denen die weit mehr verdient haben, sind viele zum Hartz IV Empfänger geworden. Aber zurück zur Warschauer Strasse. Es ist sehr bunt hier. Insgesamt wohnen hier Menschen aus 16 Nationen und das nicht nur erst seid ein oder zwei Jahren. Viele von ihnen sind schon zehn, fünfzehn und mehr Jahre hier. Drei Generationen sind häufig unter einem Dach vereint. Da stellt sich nun die Frage, wie klappt das mit der Verständigung, wie redet man miteinander. Deutsch sprach fast keiner von ihnen und wenn dann nur gebrochen. Die Lernwilligkeit hält sich in Grenzen. Man lernt eben nur das, was einem von Nutzen ist, ansonsten wurstelt man sich durch. Irgendeiner wird sich schon bereit erklären, das Formular auszufüllen, den Weg zeigen oder zum Arzt zu bringen. Die Behörden sind ja meistens mit Dolmetscher ausgestattet, so dass es nicht nötig ist, weiter die fremde Sprache zu lernen. In Kanada, Australien oder Amerika ist das anders. Wer die Sprache nicht spricht oder lernt, muss eben wieder gehen oder darf erst gar nicht ins Land. So einfach gestalten andere Länder ihre Einwanderungspolitik. Entsprechend sieht es dann auch mit der Integration aus. Aber darauf möchte ich jetzt nicht eingehen, schließlich geht es in diesem Buch um soziale Missstände. Es wohnen auch viele alte Menschen in der Strasse, so auch in der Nummer 65, Erna Wittemeyer. Sie ist stolze 80 Jahre alt und für ihr Alter noch sehr rüstig. Nur vergisst sie manchmal Dinge, die sie noch tun oder besorgen wollte. Fürsorglich ist sie deshalb zu ihrem Hausarzt gegangen und hat sich untersuchen lassen. Der meinte aber nur, dass dies in ihrem Alter normal ist und sie sich keine Sorgen machen sollte. Über ihr wohnte Ilona Gerber, eine ehemalige Krankenschwester. Sie war 65 Jahre und seid ein paar Monaten in Rente. Ilona war froh darüber, hatte sie doch nur mit sehr viel Mühe noch ihren Dienst im Krankenhaus geschafft. Ihre Hüfte war das Problem. Sie hätte schon vor einem Jahr eine Hüftprothese implantiert bekommen sollen, aber sie weigerte sich strikt dagegen, weil sie Angst vor einer Frühverrentung hatte. Ilona kümmerte sich um Erna, wann immer es ihr zeitlich möglich war. Sie war es auch, die sie zur Untersuchung zum Hausarzt geschickt hatte. Die beiden saßen nun jeden Tag beisammen. Entweder kochten sie, oder tranken Kaffee miteinander. Unten im Erdgeschoss war vor kurzem ein junges Pärchen eingezogen. Sie hieß Ellen Kramer war 26 Jahre alt und arbeitete für 1200.- Euro Netto, als Auffüllkraft in einem großen Kaufhaus. Ihr Mann Jonas, 27 Jahre, war auf dem Bau als Zimmermann beschäftigt. Sein Verdienst lag bei knapp 1900.- Euro Netto. Sie gehörten somit zu den Spitzenverdienern in der Strasse. Sie hatten zwei Autos, fuhren einmal im Jahr in Urlaub und hatten eine komfortable Wohnungseinrichtung. Eigentlich alles was man sich wünscht. Nicht ganz. Ellen hatte seid geraumer Zeit darüber nachgedacht, ob sie nicht ein Kind bekommen sollte. Als sie ihren Wunsch Jonas gegenüber äußerte, war dieser alles andere als erfreut. Jonas: „Ich dachte, wir sind uns einig, dass wir erst in ein paar Jahren ein Kind wollen. Woher kommt bei dir der plötzliche Sinneswandel?“ Ellen: „Ich werde nicht jünger und meine biologische Uhr tickt. Noch bin ich jung und ein Kind braucht nun einmal eine junge und gesunde Mutter. Zudem haben alle meine Freundinnen schon ein oder zwei Kinder.“ Jonas: „Nur weil andere Frauen Kinder haben, müssen wir noch lange nicht welche zeugen. Ich dachte immer, wir schaffen uns erst eine eigene Wohnung oder ein Häuschen an. Viele meiner Freunde haben gebaut, oder eine Eigentumswohnung. Ich bin der Meinung, wir sollten noch mindestens fünf Jahre mit dem Kind warten. Wir haben dann bis dahin genug gespart, dass wir uns zumindest eine Wohnung kaufen können.“ Ellen: „In fünf Jahren bin ich über dreißig, wer garantiert mir, dass ich dann noch Kinder bekommen kann? Nein, das ist mir zu gefährlich. Und wenn es doch klappt, ist die Gefahr ein behindertes Kind zu bekommen, doch um einiges größer.“Jonas: „Hast du dir auch einmal über die finanziellen Seite Gedanken gemacht? Weißt du, auf was wir alles verzichten müssen, wenn ein Kind da ist? Wir hätten nur noch ein Einkommen und bei den heutigen Preisen von Strom, Gas, Miete und Sprit, wird dieses Geld gerade reichen, um nicht in Armut zu versinken.“ Ellen: „Jetzt übertreibe Mal nicht. Wir bekämen immerhin auch Kindergeld und steuerliche Entlastungen.“ Jonas: „Diese Entlastungen würden wir auch bekommen, wenn wir bauen. Und ganz ehrlich, ist mir eine Eigentumswohnung oder ein Haus lieber, als ein schreiendes Kind.“ Ellen: „Ach, daher weht der Wind, du kannst Kinder nicht leiden, sag das doch gleich.“ Jonas: „Das habe ich doch überhaupt nicht gesagt. Ich wollte einfach nur zum Ausdruck bringen, dass ein Kind uns finanziell sehr einschränken würde. Überlege doch einmal ganz sachlich wie unser Kind aufwächst. Wir haben im Augenblick 3100.- Euro zur Verfügung. Mit allen Fixkosten wie Miete, Versicherungen, Handy, Strom, Nebenkosten und Sparvertrag, bleiben uns noch 1000.- Euro übrig. Also weniger, wie du verdienst. Und wenn ein Kind da ist, kannst du zumindest im ersten Jahr nicht mehr arbeiten. So, und nach einem Jahr brauchen wir einen Kitaplatz. Die aktuelle Wartezeit dafür beträgt aber zwei Jahre, für einen freien Platz, das heißt wir müssten unser Kind jetzt schon anmelden, obwohl es noch nicht gezeugt und geboren ist. Da das nicht geht, verlieren wir ein weiteres Jahr. Und da die Kita Kleinkinder nur bis 14:00 Uhr beaufsichtigt, käme nur ein Halbtagsjob für dich in Frage.“ Ellen: „Kinder plant man nicht nach dem Geldbeutel, sondern sind ein Produkt der Liebe.“ Jonas: „Wir haben uns bisher auch ohne Kind geliebt, ich sehe nicht ein, warum wir das ändern sollen. Und wie geht es danach weiter? Wir bräuchten eine größere Wohnung, was bei der derzeitigen Wohnungslage sowieso sehr schwierig ist. Wenn wir mit viel Glück eine bezahlbare finden, dann wird es nur außerhalb von Berlin sein. Dies bedeutet, dass einer von uns auf seinen Wagen verzichten müsste, weil unser Einkommen nicht reicht.“ Ellen: „Und in fünf Jahren ist das alles anders?“ Jonas: „Dann bräuchten wir wenigstens keine Miete mehr bezahlen.“ Und diese Diskussion ging bis tief in die Nacht. Als Ellen dann noch sagte, dass sie am liebsten ganz zu Hause bleiben würde, um sich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern, war für Jonas Schicht im Schacht. Jonas: „Habe ich das gerade richtig verstanden, Kinder und Haushalt? Bist du irre? Zuerst nur ein Kind und nun gleich zwei? Du glaubst doch nicht, dass ich zehn bis fünfzehn Jahre lang auf Hartz IV Niveau lebe, nur weil es dir in den Kram paßt. Liebe ist ja schön und gut, aber so nicht, meine Liebe Ellen. Sag mir einen vernünftigen Grund, warum ich mir das antun soll?“ Ellen: „Vielleicht, weil wir uns lieben?“ Jonas wusste nur eine passende Antwort für sich, aus dem Schlafzimmer ausziehen um auf der Couch zu schlafen. Damit hing für Wochen, der Haussegen schief. Aber so, oder so ähnlich, geht es vielen Paaren in Deutschland. Sie stehen im Konflikt, entweder Kinder oder vernünftig leben. Das ist auch ein Grund dafür, warum immer weniger Deutsche Ehepaare sich für Kinder entscheiden. Und warum ist das so? Betrachten sie sich doch einmal nur die Mieten, Nebenkosten, so wie Strom, Gas und so weiter. Während die Löhne in den letzten 15 Jahren nur gering stiegen, kletterten die Preise für Mieten und Strom bis zu 60% in die Höhe. Allein die Mieten, rissen ein großes Loch in die Haushaltskasse. Hier ein Beispiel. Mein direkter Nachbar bezahlte noch vor 25 Jahren 400.- DM, für eine 78 m² Wohnung. Heute muss sein Nachmieter 600.- Euro dafür berappen. Wären die Löhne auch so gestiegen, dann müsste mein Nachbar von anfänglichen 15.- DM, heute 22,50.- Euro verdienen, er hat aber nur 16.- Euro Stundenlohn. Und bei den Strompreisen ist es ähnlich. So kostete ein Kilowatt 1990 noch 0,30 DM und heute etwa 0,30 Euro. Und so lässt sich die Liste beliebig erweitern mit Gas, Wasser, Benzin und anderen Heizmitteln. Für einen Ster Holz bezahlte man vor zehn Jahren 38.- Euro und inzwischen liegt er bei 76.- bis 120.- Euro. Das ist auch ein Grund mit dafür, warum Paare auf ein Kind verzichten. Mit einem Kind könnte man sich noch arrangieren, aber mit zwei Kindern geht das nicht mehr. Und das hat zur Folge, dass Deutschland seit Jahren schrumpft, wir werden immer weniger. Da liegt der Hase im Pfeffer. Während wir immer weniger werden, leben wir auch noch länger. Wie gemein ist das denn. Dies hat zur Folge, dass immer weniger Beitragszahler für unsere Rente aufkommen müssen. Und wie löst man das Problem? Beiträge erhöhen? Nein das kommt gar nicht in Frage, weil das Millionen von Arbeitsplätzen kosten würde. Also setzt man das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahren hoch und senkt gleichzeitig das Rentenniveau auf 46% ab. Wow, dass ist eine politische Spitzenleistung. Da ist doch schon eine Welle von Altersarmut programmiert. Wann wachen unsere Politiker endlich auf. Mit Mindestlöhnen zwischen 6,50 und 8,85 Euro ist kaum eine hohe Rente zu erwarten, da ist Altersarmut schon programmiert. Mit so geringen Löhnen, subventionieren wir indirekt die hohen Gewinne der Arbeitgeber und das langfristig. Und die andere Alternative ist, man holt jedes Jahr zwischen 300- und 400.000 Facharbeiter aus dem Ausland nach Deutschland. Na ja, es müssen ja nicht alle Fachkräfte sein, da könnte man doch auch Flüchtlinge und Asylanten einsetzen. Das würde Kosten senken und die hätten wenigstens eine Beschäftigung, oder nicht? Meine Damen und Herren aus Berlin, ihr habt den Knall auch nicht gehört. Billige Löhne, heißt auch weniger Beiträge zur Rentenversicherung. Damit stopft man keine Löcher, sondern verschärft die Lage der Rentenkasse nur noch mehr.

Ende Dezember betraten die drei Sozialarbeiter ihre neue Wirkungsstätte. Noch sollten sie keinen Dienst an der Bevölkerung machen, sondern ihre Büros einrichten und die Lage sondieren. Und vor allem sollten sich die drei erst einmal richtig kennenlernen. Sie arbeiteten zwar alle im Sozialreferat, aber in verschiedenen Abteilungen und Stadtteilen. So kam es, dass sie sich nur dem Namen nach kannten. Ihr Chef Dr. Walter, hatte sie gestern nur kurz miteinander bekannt gemacht und ihnen dabei ihren neuen Job mitgeteilt. Chef des neuen Gemeindezentrumswurde Frau Andrea Vogler. Sie war 36 Jahre alt und arbeitete bereits seid 18 Jahren im Sozialreferat. Sie hatte die meiste Erfahrung, was Familienangelegenheiten betraf. Ihr Stellvertreter wurde der Streetworker Sascha Brams. Er ist 33 Jahre alt und für die Jugend zuständig. Und der dritte im Bunde ist Streetworker Ole Harmsen. Ole ist mit seinen 30 Jahren der Jüngste und sein Fachgebiet waren Integrationsmaßnahmen für Migranten und Flüchtlinge. Alle hatten zwei Dinge gemeinsam, sie waren nicht verheiratet und reine Workaholicer. Privatleben kannten sie nicht und waren quasi rund um die Uhr im Dienst. Das war auch der Grund dafür, dass sie keine Partner hatten. Welcher Mann oder Frau macht das lange mit, das man dauernd versetzt oder vertröstet wurde. Nach der Begrüßung betraten sie zum ersten Mal ihr gemeinsames neues Büro. Die Bodenleger und die Maler räumten gerade ihren letzten Müll weg, da kam auch schon die Spedition, die diverse Möbel vom Lager brachten. Schränke, Schreibtische, Sessel und Stühle, sowie des technische Equipment. Sie erklärten den Möbelpackern, wo sie alles hinstellen sollten und am Abend war alles an Ort und Stelle. Jeder von ihnen hatte sein eigenes Büro, die mit Fenster versehen waren. So konnte man immer sehen, was gerade im Büro geschah. Und im Eingangsbereich, hatten sie noch ein großes Gemeinschaftsbüro, in dem sie außerhalb der Öffnungszeiten noch sitzen und beraten konnten. Am nächsten Tag richteten sie alles ein. Ordner, Akten, Formulare und Broschüren, eben alles was ein Gemeindezentrum so braucht. Zwei Tage später nahmen sie inoffiziell ihren Dienst auf. Gemeinsam gingen sie durch ihr Viertel und sprachen mit den Leuten. Dabei verteilten sie Flyer, die sie jedem der Interesse hatte, in die Hand drückten. In einem kleinen Imbiss kehrten sie ein und bestellten sich Kaffee. Der Besitzer war Türke und lebte schon 35 Jahre in dem Viertel. Er hieß Ali Özhan und fragte die drei: „Sie sind neu hier, was machen sie hier? Sie haben das alte Lebensmittelgeschäft von Frau Huber gemietet, eröffnen sie auch ein Lokal?“ Andrea Vogler antwortete: „Keine Angst, wir machen ihnen keine Konkurrenz. Wir betreuen das neue Gemeindezentrum, das am 2.1. eröffnet wird. Ich bin Andrea Vogler und das sind meine Kollegen, Sascha Brams und Ole Harmsen.“ Ali gab jedem die Hand und fragte weiter: „Gemeindezentrum? Für was? Wir haben doch das Sozialamt und das Arbeitsamt, da gehen alle hin, wenn sie was wollen.“ Andrea klärte Ali auf: „Unsere Aufgabe ist es, den Bürgern dieses Viertels mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wenn es zum Beispiel Probleme innerhalb der Familie, oder wenn es Schwierigkeiten mit dem Vermieter oder Arbeitgeber gibt, so in etwa. Immer wenn sie Probleme haben, sind wir dafür da, um ihnen zu sagen was ihre rechtlichen und gesetzlichen Möglichkeiten sind. Wir wollen aufklären und beraten und das alles kostenlos.“ Ali: „Dann bekommen wir bei ihnen Wohnungen und Arbeit?“ Ole antwortete: „Nein, weder Arbeit, Geld, noch Wohnungen. Wir helfen lediglich wenn es einmal Probleme gibt. Auch bei Deutschkursen und andere Integrationsmaßnahmen sind wir behilflich. Hier ist eine Broschüre, da steht alles drin. Ist auch auf Türkisch und Arabisch übersetzt.“ Andrea: „Dürfen wir einige der Broschüren hier bei ihnen auf der Theke auslegen?“ Ali nahm die Broschüre und blätterte darin, nach einer Weile meinte er: „Lassen sie die Hefte hier, isst ja kein Brot. Aber ich glaube nicht, dass sie sehr viel zu tun haben. Wir im Viertel lösen unsere Probleme lieber selbst, dann müssen wir auch nicht Danke sagen und vor allem, kennt keiner unsere Probleme.“ Andrea: „Egal wer zu uns kommt, keiner erfährt worüber wir gesprochen haben. Darauf haben sie unser Ehrenwort, wir haben nämlich eine Schweigepflicht.“ Ali: „Wie bei Anwalt?“ Sascha: „Nicht ganz so, aber in etwa. Wenn wir von einer schweren Straftat erfahren, müssen wir sie zur Anzeige bringen. So will es nun einmal unser Gesetz, das gilt für alle Bürger dieses Landes. Das Grundgesetz ist für jeden bindend, auch für uns. Das ist in der Türkei auch nicht anders.“ Ali: „Mit Bakschisch lässt sich bei uns vieles Regeln.“ Andrea: „Das ist Bestechung oder Korruption und das ist auch in der Türkei strafbar. Wir sind nicht bestechlich, denn Recht muss Recht bleiben.“ Ole meldete sich nun und sagte: „Ich glaube wir müssen dann wieder los, wir haben noch ein großes Pensum vor unserem Urlaub vor uns. Ab 2. Januar sind wir für alle hier im Viertel da. Wir möchten bezahlen.“ Ali: „Nein, sie waren meine Gäste, oder ist das schon Bestechung?“ Andrea: „Vielen Dank, Herr Özhan. Ein Kaffee ist noch keine Bestechung. Das nächste Mal, geben wir ihnen einen Tee aus. Bitte machen sie etwas Werbung für unser Gemeindezentrum, wir können jede Hilfe gebrauchen. Auf gute Zusammenarbeit.“ Sie verließen den Imbiss und Andrea zog eine Liste aus ihrer Tasche. Auf der waren alle Geschäfte, Firmen und Lokale aufgeführt, die es in diesem Viertel gab. Andrea: „Es sind noch 24 Lokalitäten und Firmen die wir informieren müssen. Wir haben nur noch drei Tage Zeit, bis zum Urlaub. Ich denke, wir teilen uns auf, dann sind wir schneller fertig. Wer macht was?“ Sie drückte ihre Kollegen je eine Kopie in die Hand und Ole meinte: „Ich klappere alle Lokale ab und danach die Geschäfte.“ Sascha: „Dann kümmere ich mich um die Institutionen, Kindergärten und Schulen.“ Andrea: „OK, dann besuche ich alle Firmen und deren Nachbarschaft. Wir treffen uns um 16:30 Uhr im Büro. Bis bald.“ Und so machte sich jeder auf den Weg. Es war wichtig, dass alle Einwohner des Viertels über die bevorstehende Eröffnung zu unterrichten. Am sinnvollsten ging das nun einmal über die Geschäfte und Lokale, weil die doch am meisten frequentiert wurden. Denn Mundpropaganda ist immer noch die beste Werbung, für etwas was nichts kostet.

Inzwischen war es Anfang Februar. Es war nicht mehr so kalt und die Sonne schien auch schon länger. Das Ehepaar Kramer hatte sich zwar wieder vertragen, aber es war nichts mehr so wie es einmal war. Misstrauen herrschte bei Jonas, der nun Angst hatte, dass seine Frau Ellen die Pille absetzen würde. Akribisch notierte er sich wann er Sex mit ihr hatte und wann sie ihre Regel bekam. Er wollte somit verhindern, dass sie schwanger wurde. Ellen merkte dies daran, weil ihr Mann während den fruchtbaren Tagen, plötzlich keine Lust mehr verspürte mit ihr in die Kiste zu springen. Das Verhältnis der beiden wurde immer schlechter, was immer öfter zum Streit führte. Ellen wollte unbedingt ein Kind und das in Kürze, er erst in einigen Jahren. Die Gräben wurden immer tiefer, besonders an diesen Abend. In ihrer Wut über die Unnachgiebigkeit ihres Mannes, äußerte sie den folgenschweren Satz: „Ich werde schwanger, oder wir trennen uns.“ Jonas: „Sag mal, bist du irre? Du willst tatsächlich unsere Ehe aufs Spiel setzen und das nur wegen einem Kind? Wir können uns das nicht leisten. Vor ein paar Monaten war das noch kein Gesprächsthema. Was ist mit dir geschehen? Vielleicht sind es deine Hormone die verrückt spielen, ich weiß es nicht. Vielleicht solltest du einmal zu einem Arzt gehen.“ Ellen: „Von dir höre ich immer nur Geld. Zu einer Ehe gehören nun einmal Kinder, oder warum heiratet man denn? Ich will doch nur eine Familie, was ist so schlimm daran?“ Jonas: „Wenn erst ein Kind da ist, kannst du nicht mehr arbeiten, was nichts anderes bedeutet, wir müssen uns finanziell gewaltig einschränken. Wir bräuchten eine größere Wohnung, den Zweitwagen müssten wir verkaufen. Die Erstausstattung fürs Kind ist auch nicht gerade billig. Eine neue Wohnung bedeutet auch mehr Miete und das bei einem Verdienst.“ Ellen: „Aber es gibt doch Eltern- und Kindergeld. Und nach zwei Jahren kommt unser Kind in die Kita, dann kann ich ja wieder halbtags arbeiten. Und wenn alle Stricke reißen, dann mache ich eben arbeitslos für ein Jahr, dann ist unser Kind schon drei Jahre.“ Jonas: „Und dann? Was ist nach drei Jahren? Hartz IV ist nicht drin, weil ich genau soviel verdiene wie der Satz ist. Du redest so, als wenn alle Institutionen grade auf uns warten. Weißt du, wie schwer es ist, einen Kitaplatz zu bekommen? Wartezeiten von zwei bis drei Jahren sind da keine Seltenheit. Rein theoretisch müssten wir jetzt schon unser ungeborenes Kind anmelden und nur deswegen, dass es im Alter von drei Jahren einen Kitaplatz hat. Und was ist wenn es zur Schule geht? Keine Markenklamotten, sondern Billigware vom Discounter. Keine Klassenfahrten und keine üppigen Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke. Urlaub ist auch nicht drin. Wir stehen vor dem nichts. Unser erspartes für die Wohnung müssten wir aufbrauchen, bis alles weg ist. Aus der Traum von einer Eigentumswohnung oder einem kleinen Häuschen. Lass uns doch um Himmels willen, noch ein paar Jahre warten. Dann ist ein Kind kein Problem. Die eingesparte Miete, ist dann wie ein zweites Einkommen.“ Ellen wusste, dass Jonas Recht hatte, was das finanzielle betraf. Aber muss man denn immer materiell denken? Wo bleiben denn Gefühle und die persönlichen Wünsche zur Lebensplanung? Muss man alles wegen dem schnöden Mammon unterordnen? Wie es aussieht, ja. Denn ohne Moos, nix los. Vor einigen Jahrzehnten war dies noch anders. Die Mieten waren niedrig, Strom und Benzin erschwinglich. Auch bekam man noch Zinsen auf der Bank, für sein sauer Erspartes. Und heute? Niente, Nadas, nichts, Nothing. Ja seid der Ära Kohl, unseren „Bimbes“ Kanzler, hat sich Deutschland verändert. Er hat, wenn man das salopp sagen darf, die Ellenbogengesellschaft kreiert. Und das nur wegen den vielen Arbeitslosen und dem Wechsel in der Industrie. Alles wurde digitalisiert, Roboter statt Menschen. Sozialleistungen wurden rigoros gekürzt oder gar gestrichen. Der Arbeitssuchende musste auf einmal flexibel sein. Und hat es etwas gebracht? Aber natürlich. Die Gewinne der Unternehmen steigerten sich und die Reichen wurden noch reicher. Daran hat sich auch nichts bis zur rot/grünen Regierung geändert. Erst ab dann wurde es noch schlimmer, für das gemeine Volk. Sozialleistungen wurden eingestampft und an dessen Stelle wurde Hartz IV geboren. Meines Erachtens eines der unsozialsten Gesetze, die in Deutschland je eingeführt wurden. Die Ärmsten wurden jetzt noch ärmer und die Reichen wurden dafür noch reicher. Dort wurden über 120 Milliarden an die Industrie verschenkt, was auch dankend angenommen wurde. Die Erbschaftssteuer wurde gesenkt und die Vermögenssteuer ganz abgeschafft. Und das alles zum Wohle des Volkes. Hat dies alles etwas gebracht? Ich meine, nein. Die Arbeitslosenzahlen sanken nicht wirklich, weil es plötzlich zwei arbeitslosen Statistiken gab und heute noch gibt. Fake News sind das, aber darüber regt sich niemand auf. Ich frage mich nur, warum dürfen Politiker ungestraft Unwahrheiten in die Welt setzen. Wenn jemand nun aus Jux eine „Zeitungsente“, denn so hieß das früher einmal, in den sozialen Medien schreibt, droht man ihm gleich mit einer Strafe. Laut Grundgesetz ist das aber verboten, denn da heißt es in Artikel 5: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Da wird wieder einmal mit zweierlei Maß gemessen. Und warum, frage ich sie? Hat man eventuell Angst davor, dass jemand die nackte Wahrheit schreibt und daraufhin keine etablierte Partei mehr wählt? Genau so muss es sein. Man hat Angst, dass die AfD noch mehr Stimmen bekommt. Und warum hat denn die AfD so einen immensen Zulauf? Ganz einfach. Es gibt nun einmal Dinge im Leben, die sieht der Bundesbürger anders als wie die Damen und Herren Politiker. Beispiel gefällig? Die Einführung des Euros, die Mehrheit der Deutschen war dagegen. Flüchtlingszahlen. 65 % wollen inzwischen keinen unbegrenzten Einlass von Flüchtlingen. TTipp, über 60 % wollen das Freihandelsabkommen nicht. Fast das gleiche Ergebnis gab es auch für das Abkommen Ceta mit Canada. Auch bei der Osterweiterung der EU war die Mehrheit dagegen. Kernkraftwerke wollten über die Hälfte nicht. Können sie sich noch an den Nato Doppelbeschluss erinnern? Auch da waren es über 60 % die dagegen waren. So lässt sich die Liste beliebig fortsetzen. Aber ein Fake News muss ich noch loswerden. „Bimbes“ Kanzler Kohl: „Die Wiedervereinigung wir nichts kosten, blühende Landschaften und so weiter. Und das Schlimme daran war, die Leute haben das geglaubt. Den roten Oskar hat man ausgelacht, wie er sagte: „Die Wiedervereinigung wird 1,5 Billionen kosten.“ Die Geschichte hat ihm Recht gegeben. Mein Rat: Glauben sie den Politikern nicht alles. Recherchieren sie im Internet, oder fragen sie einen Abgeordneten ihrer Wahl. Falls er antwortet und er hat gelogen, dann können sie ihn öffentlich an den Pranger stellen. An einen der ersten Fake News im Westen kann ich mich noch genau erinnern, es war Norbert Blüm, der im Bundestag behauptete: „Die Rente ist sicher.“ Und im Osten der Republik war es Walter Ulbricht der öffentlich meinte: „Niemand beabsichtigt eine Mauer zu bauen.“ Und wie sie wissen, ist noch nie ein Politiker für solche Fake News bestraft worden, selbst wenn sie wissentlich gelogen haben.

Die drei Obdachlosen, Frank, Paul und Zecke hatten es sich einigermaßen gemütlich in der alten Fabrikhalle gemacht. Jeder von ihnen besaß inzwischen eine Matratze und mehrere Decken. Das Heizmaterial in der Fabrik neigte sich dem Ende zu, denn alle Gegenstände aus Holz waren verfeuert worden. Da jeder der drei einen Einkaufswagen hatte, konnten sie sich immer wieder Holz oder alte Kataloge besorgen. Wie sie abends vor dem Ofen saßen, fragte Frank: „Wo warst du heute Morgen, Zecke?“ Der antwortete: „Auf dem Soziamt. Ich habe wegen einer Wohnung nachgefragt.“ Paul: „Und, haben sie dir eine Villa vermittelt, so mit Pool, Sauna und Garten?“ Zecke: „Ja selbstverständlich, sogar mit Golfplatz und eigener Jagd.“ Paul: „Hör auf mich zu verarschen.“ Zecke: „Wer hat denn damit angefangen? Seid zwei Jahren stehe ich schon auf der Warteliste. Bei denen da oben musst du entweder arabisch, türkisch oder russisch reden, dann bekommst du eine Wohnung, aber auch nur dann, wenn du mindestens 10 Kinder und drei Frauen hast.“ Gelächter. Frank: „Wir sind doch die Arschlöcher der Nation. Bekommen keine Grundsicherung, keine richtige Krankenversicherung und was das Allerschlimmste ist, keinen Job. Denn um einen Job zu bekommen, musst du erst einmal einen festen Wohnsitz haben. Und um eine Wohnung zu bekommen, brauchst du die Grundsicherung.“ Zecke: „Das war doch alles schon einmal da. Wie heißt der Typ noch einmal der in Uniform das Rathaus gestürmt und die Kasse geklaut hat? Das war doch hier in Berlin.“ Frank: „Das war zur Kaiserzeit und der Typ nannte sich Hauptmann von Köpenick. In Wirklichkeit hieß er aber Wilhelm Voigt und war Schuster.“ Zecke: „Das sollte man auch einmal machen. Auf einen Schlag eine kleine schnuckelige Wohnung, einen super Job und gut versichert. Alles andere kommt von alleine.“ Frank: „Träumt ruhig weiter. Nee Jungs, dazu hängt uns der Arsch viel zu tief. Wer einmal in unserer Lage ist, der bekommt nur ganz selten ein zweite Chance.“ Paul legte vorsichtig noch einen alten Otto Katalog in den Ofen, damit das Feuer nicht ausging, dann sagte er: „Ich stehe auch schon 18 Monate darauf, rühren tut sich nichts. Ins Männerwohnheim, mit drei anderen auf der Bude wollten sie mich stecken. Nee du, dann mach ich lieber einen auf Platte.“ Frank: „Kann ich verstehen, schon allein wegen der Privatsphäre.“ Zecke: „Die darf jeder haben, nur wir nicht. Manchmal habe ich die Nase so voll, da könnte ich einen Strick nehmen und mich aufhängen. Was machen wir denn falsch? Wir drei machen doch schon jeden beschissenen Job den wir kriegen können und haben keinerlei Rechte. Wenn man überlegt wie viele es sich ohne Arbeit, in der sozialen Hängematte gemütlich machen, könnte ich kotzen. Vor allem die Türken, Rumänen und Bulgaren. Die bekommen sogar noch Kindergeld für ihre Gören, obwohl die gar nicht hier sind. In Deutschland ist einiges nicht so, wie es sein sollte. Für Fremde gibt es Wohnungen und Kohle, aber die eigenen Leute lässt man erfrieren und verhungern, oder habt ihr schon einmal einen Asylanten auf der Strasse erlebt? Und damit meine ich nicht die Verbrecher Banden die ihre Kinder und Frauen zum Betteln hinausjagen.“ Frank und Paul stimmten ihm zu. Er hatte Recht, das aber verbesserte seine Lage auch nicht. Zecke drehte sich noch eine Zigarette und zündete sie an. Nach einer Weile, meinte er: „Ich habe den Professor schon lange nicht mehr gesehen, was der wohl macht?“ Paul: „Der wird sich eine reiche Lady angelacht haben und sitzt jetzt in der Karibik auf einer Insel mit ihr und schlürft Cocktails.“ Alle in der Runde lachten. Frank: „Zutrauen würde ich ihm das schon, schließlich hat er studiert und war einmal Professor. Neben ihm sind wir nur kleine Lichter.“ Zecke: „Wie ist denn der auf die Strasse gekommen?“ Frank: „Mir hat er einmal erzählt, dass seine Ehe nur noch auf dem Papier bestand hatte. Und wie es kommen musste, ließ sie sich scheiden und er musste kräftig bluten. Selbst seine Rente ging fast zur Hälfte an seine Frau. Zum Schluss war ihm dann alles egal, hat gesoffen und ist aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen.“ Paul öffnete eine Büchse Wurst und schnitt eine Scheibe Brot herunter. Zecke nahm noch einen Schluck von seinem Feierabendbier und eine Stunde später schliefen sie auch schon, weil sie am frühen Morgen wieder nach Arbeit, bei der Jobbörse anstehen wollten. Und so taten sie es aus. In aller früh standen sie bei der Jobbörse auf der Matte und versuchten einen lukrativen Job zu ergattern. Und die drei hatten tatsächlich Glück. Ein Gartenbauunternehmen suchte noch mehrere Mitarbeiter, die halfen, Pflaster aus einer großen Einfahrt zu entfernen. Wer das schon einmal gemacht hat, weiß dass dies kein Zuckerlecken ist. Die alten Steinplatten herausnehmen, die Schubkarre füllen und auf einen LKW zu verladen. Nach acht Stunden waren sie fertig und der Chef bezahlte sie gleich. Der Lohn dafür war 56.- Euro, Netto pro Nase, bar auf die Kralle. Der Gartenbauunternehmer nahm sie noch mit nach Berlin zurück. Unterwegs meinte er: „Ihr habt einen guten Job gemacht. Ich habe einen Bekannten, der sucht laufend Leute die Baureinigung machen. Habt ihr Lust dazu?“ Franke: „Für Kohle tun wir alles. Und was zahlt er?“ Der Landschaftsbauer: „50.- Euro pro Tag. Sieben Stunden, dreimal die Woche. Abends gibt es immer bares.“ Frank: „Also schwarz?“ Landschaftsbauer: „Wenn du keine Kohle brauchst, dein Problem. Na, was ist?“ Und so kamen die Drei für einen Monat, zu einem Job. Wenn auch illegal, aber wen juckt das schon. Wo kein Kläger, da gibt es auch keinen Richter. Das verdiente Geld investierten die drei in neue Klamotten, Schuhe und regenfestem Equipment. Gut angelegtes Geld, da sie vermutlich auch noch in absehbarer Zeit, keine feste Bleibe bekommen würden. Für sie ist Schwarzarbeit reine Notwehr und Rache am System. Um sie kümmert sich ja eh keiner, sie sind nur lästig und unbequem. Einer der Obdachlosen hat einmal zu mir gesagt: „Wenn es so richtig kalt wird, sollte man die Heizung im Bundestag abstellen, um den Politikern zu zeigen, wie wir frieren müssen. Und das für so lange, bis wir eine vernünftige Bleibe hätten. Wetten, dass wir schon nach zwei Tagen untergebracht wären?“ Ich stimmte ihm sofort zu. Nach vier Wochen fuhren sie wieder in die Jobbörse. Dort trafen sie einen alten Bekannten aus Dresden. Heinz war schon seid sechs Jahren obdachlos, mit der Tendenz bald eine 1,5 Zimmerwohnung zu bekommen. Heinz war sichtlich erfreut über diesen Umstand. Er musste am Nachmittag aufs Sozialamt kommen um den Mietvertrag und den Antrag auf Hartz IV zu unterschreiben. Heinz: „Ich habe schon gar nicht mehr daran geglaubt, dass ich eine richtige Wohnung bekomme. Ihr glaubt gar nicht, wie glücklich ich bin endlich von der Strasse zu kommen. Lange hätte ich das gesundheitlich nicht mehr gepackt.“ Zecke: „Du bist ja ein wahrer Glückspilz. Jetzt fehlt dir nur noch eine Arbeit und dann eine Frau.“ Heinz: „Zuerst muss ich wieder gesund und fit werden. Und was die Arbeit betrifft, mache ich mir keine Hoffnung, einen Job zu bekommen. Wer nimmt schon einen 56 - jährigen, der sieben Jahre arbeitslos war.“ Dazu muss man wissen, dass er in den 70er Jahren Kunststoffschlosser gelernt hatte. Einen Beruf der nicht so häufig vorkam. Aber er dachte sich, Fenster und Türen werden immer gebraucht. Doch es kam anders. Die heutige Produktion von Kunststoff Fenstern und Türen, übernehmen riesige Firmen, die am Tag einmal locker 500 und mehr Fenster produzieren. Alles vollautomatisch und meist im Ausland. Heinz: „Habt ihr das schon vom Professor gehört? Schrecklich.“ Da die Drei von nichts wussten, fragten sie natürlich nach, was er meinte. Heinz: „Sag Mal, lest ihr denn keine Zeitung? Das ging doch durch alle Medien. Der Professor hat sich vor die S-Bahn geworfen. Er hat zwar noch einen Tag gelebt, aber ist dann an seinen schweren Verletzungen gestorben.“ Frank: „Das gibt es doch nicht. Erst vor ein paar Tagen noch, haben wir uns gefragt, was er so macht, weil wir ihn schon lange nicht mehr gesehen hatten. Und du bist sicher, dass er es war?“ Heinz nickte nur und meinte: „So leid es mir tut, aber es stimmt. Er war ein feiner Mann, ehrlich, gebildet und immer freundlich. Wenn du ihn was gefragt hast, wusste er immer einen Rat. Ich denke, der hatte einfach die Schnauze voll, von der Obdachlosigkeit.“ Zecke: „Wieder einer, der sich das Leben genommen hat. Das ist jetzt schon der vierte, den wir gekannt haben.“ Und mit diesen Erfahrungen stehen sie nicht alleine da. Ich bin mir sicher, dass jeder von uns jemanden kennt, der sich das Leben genommen hat. In meinem Leben habe ich fünf Bekannte die diesen Weg genommen haben. Und wenn ich noch die dazu zähle, die sich vor meinem Zug geworfen haben, kommen in 15 Jahren Bahnfahrt, noch einmal zehn Menschen dazu. Auch ein dunkles Kapitel, über das die Politik nicht gerne redet. Warum auch, denn letztendlich ist das eine rein persönliche Entscheidung, die jeder für sich getroffen hat. Aber man muss sich doch fragen, warum treibt es einen Menschen in den Selbstmord. Laut Statistik wählen jedes Jahr über 10.000 Menschen den Freitod und 2000 davon, das sind immerhin 20%, sind arbeits- oder obdachlos. Zufall? Bestimmt nicht. Es ist pure Verzweiflung, der diese Menschen in den Tod treibt. Jetzt werden viele sagen, die sind doch selbst an ihrem Schicksal Schuld, aber so einfach ist das nicht. Wenn man Menschen die z.B. arbeits- oder obdachlos sind, aus dem gesellschaftlichen Leben ausschließt, dann werden viele depressiv. Die Zahl der Depressionen in Deutschland nimmt jedes Jahr zu, Besserung ist nicht in Sicht. Und das hängt auch damit zusammen, dass die Politik solche Gesetze, wie Hartz IV beschließt. Schröder und die Grünen haben dieses Gesetz geschaffen und haben somit viel Schuld auf sich geladen. Sie haben dafür gesorgt, dass Menschen stigmatisiert und ausgegrenzt werden. Dieses Gesetz ist das unmenschlichste und unwürdigste, das je im Bundestag verabschiedet wurde. Alle Politiker wissen das, aber ändern nichts daran, weil es ja Milliarden kosten würde. Und wiedergeht es um das liebe Geld, das nicht vorhanden ist. Soll ich ihnen einmal aufzählen, für was kein Geld in der Haushaltskasse ist? Ich nenne ihnen nur einige Beispiele. Erhöhung der Hartz IV Leistungen. Kita Plätze für 120.000 Erzieherinnen und Erzieher. Rentenerhöhungen auf mindestens 55% oder eine Mindest Rente von 900.- Euro monatlich. Geld für den sozialen Wohnungsbau von 5,5 Millionen Wohnungen. 10.000 Polizeibeamte für mehr Sicherheit. Rund 35 Milliarden für die Sanierung aller Schulen in Deutschland. Etwa 5000 Altenpflegerinnen und Pfleger, sowie etwa 1000 bezahlbare Alten- und Pflegeheime. Bei unserem kranken Gesundheitswesen fehlen Schwestern, Ärzte und Pfleger. Und so lässt sich die Liste beliebig fortführen. Aber unsere Kanzlerin ist immer noch der Meinung, uns geht es gut und wir schaffen das. Da fragt man sich doch, wen meint sie damit? Die Reichen? Muss wohl so sein, denn die Armen von Deutschland kann sie nicht damit gemeint haben. Etwa 20 – 25 Millionen Menschen in Deutschland geht es salopp gesagt, beschissen. Die vergisst man einfach und lässt sie außen vor. Und dann wundern sie sich, dass die AfD so einen Zulauf bekommt. Sie hat nur so viel Erfolg, weil die Bürgerinnen und Bürger sie aus Protest oder Wut, gegen die etablierten Parteien wählen. Das hatten wir doch schon einmal, oder nicht? 1933 war es genau so, ein gefährliches Spiel was die Politik da treibt. Warum kann man nicht auf die Bevölkerung eingehen? Warum fragt man nicht nach, welche Wünsche oder Bedürfnisse sie haben? Und dieser Frust den viele von uns haben, führt bei vielen zu Depressionen und letztendlich manchmal zum Suizid. Wie sie sehen, greift so ein Rädchen ins andere. Wir alle müssen wieder aufeinander mehr Rücksicht nehmen und sich respektieren. Aber zurück zu unseren drei Obdachlosen. Sie waren von dieser Nachricht tief bestürzt und legten spontan, eine Gedenkminute für den Professor ein.

Am Anfang der Warschauer Strasse, in Haus Nummer 4, wohnen sechs Familien, deren politische Gesinnung die ganze Strasse beunruhigte. Beunruhigte ist vielleicht das falsche Wort, eher schockierte. Während die meisten Bewohner der Strasse eher eine konservative, ökologische oder soziale Einstellung hatten, waren die Bewohner der Nummer vier sehr weit Rechts politisch angesiedelt. Und damit das auch jeder gleich wusste, hing auf jedem Briefkasten im Haus der Spruch „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Alle die das Haus betreten mussten empfanden dies als ausländerfeindliche Provokation, aber unternahmen nichts dagegen, weil sie Angst vor der „Rechten Szene“ hatten. Und da Herr Fritz Danner der Eigentümer des Hauses war, konnte man wegen der Sprüche, nichts polizeilich gegen ihn unternehmen. Privateigentum ist nämlich durch das Grundgesetz geschützt, my Home ist my Castle. Dort darf man nämlich sagen und machen was man will, soweit es nicht ungesetzlich ist. Fritz Danner hatte das Haus vor einigen Jahren von seinem Vater geerbt und danach alle Mieter, die nicht „arisch“ waren, hinausgeekelt oder mit fiesen Tricks heraus geklagt. Und nun wohnen nur noch gleichgesinnte, in dem ehrenwerten Haus. Bis auf einen, das ist Familienvater Rolf Dieterle. Er hat keinen leichten Stand bei seiner Frau Erika und den beiden fast erwachsenen Söhnen Sigi und Waldi, die normal Siegfried und Waldemar hießen. Erika hatte ihr die Vornamen gegeben, um ihnen einen arischen Hauch zu geben. Sie hasste nämlich alles was jüdisch oder türkisch klang. Und nicht nur das, sie hasste alle nichtdeutschen. Im Erdgeschoss des Hauses, thronte die Familie Danner mit seiner Mischpoke, daneben die Familie seines besten Freundes, Kurt Hesse. Von den beiden und Erika Dieterle, gingen die meisten Aktionen aus, die in der Warschauer Strasse abgingen. Demos, Flugblattaktionen und andere Dinge, gingen meist auf ihr Konto. Die ganze Strasse wusste das, aber keiner sagte, oder unternahm etwas dagegen. Man hatte schlichtweg Angst vor ihnen, oder tolerierte deren Meinung. Im Haus daneben, der Nummer 6, hatte man sich schon daran gewöhnt, das die Jungs aus der Nummer 4 nachts grölend nach Hause kamen. Nicht selten sangen sie alte Nazilieder oder Parolen. Nur einer hielt dagegen, das war Ulf Skiskibowsky. Er war Sohn polnischer Einwanderer, die es nach dem Krieg hierher verschlagen hatte. Dazu muss man auch sagen, dass seine Eltern aus dem Sudetenland vertrieben wurden, was bei der Rechten Szene für Respekt sorgte. Ulf hatte sich schon das ein oder andere Mal, die Söhne von Danner vorgenommen und ihnen klar gemacht, dass sie nicht alleine in dieser Strasse wohnten. Vater Danner sagte dann immer, wenn sie blutende Nase hatten: „Was für Schlappschwänze habe ich da groß gezogen. Seid ihr Männer oder Memmen. Ein Deutscher heult nicht, sondern schlägt zurück. Ein Deutscher ist flink wie ein Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl, merkt euch das.“ Ausdrücke, die jeder von uns schon einmal, in einem anderen Zusammenhang gehört hat und nicht tot zu kriegen sind. Wie dem auch sei, von Haus Nummer vier ging immer wieder Gefahr aus. Das sollte in den nächsten Monaten noch schlimmer werden. Wir werden noch im Laufe der Zeit, noch einiges von ihnen hören. Helle Aufregung, gab es Anfang März in der Warschauer Strasse. Vor den drei leer stehenden Gebäuden Nummer 112, 114 und 116, hielten plötzlich mehrere LKWs und Transporter. Eine Gerüstbaufirma lud Gerüste ab und stellte sie über die drei Gebäude hinweg auf. Überall standen Container, in denen alte Türen und Fenster flogen. Auch Teppichböden und alte Küchenteile wurden entfernt. Und zum Schluss, flogen von oben alte Toilettenschüsseln samt Spülungen aus den Fenstern. Krach und Staub machte sich breit und das ging vier Wochen so. Dann kehrte wieder Ruhe ein. Zuerst dachten alle Bewohner, die Stadt würde die drei Häuser einreißen, aber dem war nicht so. Im Gegenteil, sie wurden saniert. Keiner wusste, wem plötzlich die alten, baufälligen Häuser gehörten und wer die Sanierung beschlossen hatte. Die wildesten Gerüchte schossen ins Kraut. Einmal war es ein Hedge Fonds, der alles gekaut hatte, ein anderes Mal waren es die Türken oder Russen, die sich alles einverleibt hätten. Selbst im Gemeindezentrum wusste man nicht wer die Baumaßnahmen angeordnet hatte. Ein Mantel des Schweigens lag auf dieser Aktion. Alle in der Strasse gingen davon aus, dass hier neue Wohnungen entstehen würden, so zumindest hatte es den Anschein. Dagegen hatte ja keiner etwas einzuwenden, denn neuer Wohnraum war immer Willkommen. Doch dem war nicht so. Am Dienstagmorgen gegen 8:15 Uhr betrat Dr. Walter das Büro des Gemeindezentrums. Die drei Sozialarbeiter waren sichtlich überrascht und nach der Begrüßung fragte die Leiterin Andrea Vogler: „Was führt sie zu uns, Herr Dr. Walter? Liegen irgendwelche Beschwerden gegen uns vor?“ Dr. Walter bat sie alle drei in Andreas Büro und schloss die Tür hinter sich. Dann meinte er mit ernster Miene: „Was ich ihnen jetzt erzähle, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, jedenfalls im Augenblick noch nicht.“ Dabei sah er jeden Einzelnen nacheinander an und fuhr fort: „Sie wissen ja das in den Häusern 112, 114 und 116 umfangreiche Sanierungsmaßnamen vorgenommen werden. Auch wird in den nächsten Tagen noch die Nummer 124 umgebaut. Der Berliner Senat hat beschlossen, dass in diesen Räumlichkeiten, Asylunterkünfte und ein Islamisches Zentrum erstellt werden. Insgesamt gibt es Unterkünfte für 180 Flüchtlinge und Asylbewerber.“ Ungläubig sahen sie Dr. Walter an. Andrea fragte: „Das ist nicht ihr Ernst?“ Dr. Walter nickte nur und antwortete: „Leider, doch. Ich habe es erst gestern Abend erfahren.“ Andrea: „Deshalb hat man auch das Gemeindezentrum gegründet, wir sollen uns bestimmt um die Asylanten kümmern und nicht explizit, um die Bewohner des Frankfurter Viertels.“ Dr. Walter: „Sie sind Beamte und müssen das tun, was ihr Dienstherr von ihnen verlangt. Und wenn sie nicht bereit dazu sind, dann stecke ich sie ins Archiv und lasse sie bis an ihr Lebensende Akten sortieren. Ich denke, das wollen sie doch nicht wirklich?“ Ole Harmsen fragte: „Haben die Herren da oben auch daran gedacht, was dieses Asylantenheim auslösen kann? Wir haben in der Strasse sehr viele Rechtsradikale, die vor nichts zurückschrecken.“ Dr. Walter: „Deshalb muss alles so lange wie möglich unter Verschluss bleiben. Wenn erst einmal die Leute eingezogen sind, dann sind sie eben da. Ein paar Tage später haben sich alle daran gewöhnt und alles ist in Ordnung.“ Sascha bemerkte: „Wenn sie sich da Mal nicht täuschen. Sie kennen die Leute im Viertel nicht. So schnell geben die nicht klein bei. Sie sollten schon einmal einen Notfallplan erstellen, für den Fall, dass es zu Ausschreitungen kommt.“ Dr. Walter: „Soweit wird es nicht kommen. Und dafür werden sie sorgen. Mit Umsicht und Fingerspitzengefühl, lässt sich einiges verhindern.“ Andrea: „Ich finde es nicht richtig, was der Senat hier macht. In der Strasse wohnen gerade einmal etwas mehr wie 120 Menschen und sie setzten ihnen 180 Asylanten vor die Nase. Da ist doch Krawall vorprogrammiert. Die Bewohner fühlen sich hintergangen und werden das nicht so einfach hinnehmen. Sie werden sich Wohl oder Übel, auf Gewalt einstellen müssen.“ Dr. Walter: „Das sehe ich anders. So lange niemand von den Unterkünften weiß, so lange ist es auch friedlich im Viertel. Bedenken sie, es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Sind die Flüchtlinge erst einmal eingezogen, dann lässt es sich sowieso nicht mehr ändern. Und nun ist Schluss mit der Diskussion. Herr Harmsen, sie organisieren Kitaplätze und die Einschulungen für die Kinder. Für die Erwachsenen, Deutschkurse. Herr Brams, sie sorgen dafür, dass für die Jugendlichen entsprechende Freizeitaktivitäten vorhanden sind. Frau Vogler, sie kümmern sich um das leibliche Befinden der Leute. Ich werde ihnen noch die entsprechenden Unterlagen zukommen lassen. Es sind ja noch sechs Wochen Zeit, bis zum Einzug. So, und nun muss ich wieder zurück ins Büro, da wartet noch jede Menge Arbeit auf mich. Und wie gesagt, es darf nichts an die Öffentlichkeit kommen. Ich denke, sie haben mich verstanden. Na denn, frohes schaffen. Auf Wiedersehen.“ Er gab jedem noch die Hand und verschwand so schnell wie er gekommen war. Die drei Sozialarbeiter sahen sich nur an und schüttelten mit ihren Köpfen. Sascha: „Der ist doch bekloppt. Was glaubt er denn, was hier los ist, wenn das bekannt wird. Spätestens in drei Wochen, wissen die Bewohner des Viertels, was hier abgeht. Das lässt sich doch nicht so einfach verheimlichen.“ Andrea: „180 Leute, dass ist doch Wahnsinn. Wie sollen wir das alles organisieren?“ Ole: „Bevor man Asylbewerber integrieren kann, müssen sie erst einmal deutsch können. Bei Kindern geht das lernen schneller, aber bei den Erwachsenen ist das nicht so einfach.“ Sascha: „Wir haben ja nicht einmal Kitaplätze für alle deutschen Kinder, wo sollen wir da Plätze für Flüchtlinge herzaubern. Die Herren da oben machen es sich einfach, sie beschließen und wir sollen liefern.“ Andrea: „Kopf hoch, Jungs. Wie sagt doch unsere Kanzlerin immer: „Wir schaffen das.“ Alle lachten, weil Andrea bei dem Satz auch noch die berühmte Raute mit den Händen machte. Sascha: „Ich kann jetzt schon sagen, wir schaffen das nicht. Sobald die Rechte Szene davon Wind bekommt, wird hier die Hölle los sein und wir werden dafür den Kopf hinhalten müssen. Da werden nicht nur Fäuste fliegen, sondern auch Steine.“ Andrea: „Wie wollen wir vorgehen? Hat jemand einen Plan?“ Ratlos sahen sie sich an und Ole wollte erst noch abwarten, bis sie alle Unterlagen aus dem Sozialreferates hatten. Erst dann konnte man konkret planen. Renate und Wolfgang merkten natürlich, dass sie in letzter Zeit mächtige Konkurrenz bekommen hatten. Es waren Flüchtlinge und Asylbewerber, die diese Einnahmequelle auch für sich entdeckt hatten. Wolfgang: „Meine Liebe, das sammeln rentiert sich doch nicht mehr. Wir haben einen Tag zu zweit gesammelt und haben gerade einmal 2,45 Euro verdient.“ Renate sah in ihren Geldbeutel und zählte alles zusammen. Dann meinte sie: „Du hast Recht. Wir haben gerade einmal soviel Geld zusammen, um bei der Tafel zwei Tüten mit Lebensmittel zu kaufen.“ Wolfgang: „Dann müssen wir aber schon um 6:00 Uhr dort sein, sonst haben die nichts mehr. Letzte Woche hatten sie nur noch gammliges Obst und Gemüse und darauf kann ich verzichten. Ich bin doch kein Mülleimer, der alles schluckt.“ Renate nickte nur zustimmend und meinte: „Wenn alle Stricke reißen, müssen wir eben nur noch betteln.“ Deshalb beschlossen sie, ab dem nächsten Tag nur noch drei Mal in der Woche, schnorren zu gehen. Frustriert hatten sie ihre letzten Flaschen abgegeben und machten sich auf den Heimweg. Da Renates Rad hinten einen Platten hatte, schoben sie ihre Räder bis in die Warschauer Strasse. Dabei kamen sie unweigerlich an der Baustelle von den Häusern 112-116 vorbei. Renate war es, die zu Wolfgang sagte: „Warte einmal, da entstehen neue Wohnungen, vielleicht ist da noch eine frei, die billiger ist wie unsere. Ich gehe einmal hinein und erkundige mich, wem die Wohnungen gehören und ob noch eine frei ist.“ Wolfgang: „Das ist doch zwecklos. Neu renovierte und sanierte Wohnungen in dem Viertel, sind immer teurer wie unsere alte Bude.“ Aber Renate ließ sich nicht beirren, drückte Wolfgang ihr Rad in die Hand und lief schnurstracks in eines der Häuser. Wenige Augenblicke vor ihr, waren gerade drei Herren und eine Frau hineingegangen. Sie nahm an, dass es auch Interessenten für die Wohnungen waren und lief ihnen einfach hinterher. In der ersten Etage, bogen sie dann in die linke Wohnung ein und einer der Herren sagte: „Frau Bürg, den Plan bitte.“ Die Frau, die vor ihr stand, zog ein Plan aus einem Ordner und überreichte ihn dem Mann. Der entfaltete ihn und fuhr fort: „So, da haben wir die Aufteilung. Wie sie sehen, sind in jedem Zimmer vier Betten, zwei große Schränke, ein Tisch und vier Stühle. Und die Aufteilung ist in allen drei Gebäuden gleich. Nur in Nummer 124 nicht, da kommen Gebetsäume und Unterrichtszimmer hinein. Ganz oben sind es lediglich 12 Betten für Frauen.“ Nun heftete er den Plan mit Reißzwecken an die Wand. Renate hatte keine Ahnung, was auf dem Plan stand. Sie sah nur den Dreck auf dem Boden und meinte dann trocken: „Hier gehört auch wieder einmal geputzt. Wie sieht das denn aus, wenn jemand hier einziehen will und alles ist schmutzig.“ Der Mann drehte sich um und meinte nur: „Ab nächster Woche, können sie hier schalten und walten wie sie wollen. Einmal Grundreinigung, inklusive Bäder und WCs, schließlich wollen wir den Flüchtlingen saubere Zimmer übergeben. So, gehen wir noch ins Dachgeschoss, hoffentlich sind die Trockenbauer und Maler fertig.“ Die ganze Delegation folgte dem Mann, bis die Frau stehen blieb und zu Renate sagte: „Denken sie doch bitte an die Unterlagen der Berufsgenossenschaft und der Krankenkasse. Wir dulden keine Schwarzarbeit.“ Renate hatte im ersten Moment keine Ahnung was die Frau meinte und antwortete: „Ich denke an nichts anderes mehr.“ Innerlich dachte sie sich: Egal was du von mir willst, du kannst mich Mal. Sie ging natürlich nicht mit nach oben ins Dachgeschoss, sondern lief wieder ins Freie, wo Wolfgang mit den beiden Rädern stand. Der fragte gleich: „Und, ist noch etwas frei?“ Renate überlegte einen Augenblick und antwortete dann: „Da ist nichts mehr frei. Und wenn doch, würde ich da bestimmt nicht einziehen wollen.“ Wolfgang: „Wie so, sind die Wohnungen denn so schäbig?“ Renate: „Schäbig ist kein Ausdruck, oder würdest du mit drei Fremden ein Zimmer teilen wollen?“ Wolfgang blieb stehen und fragte nach: „Wie meinst du denn das, wovon redest du überhaupt?“ Renate: „Wenn ich das gerade richtig verstanden habe, kommen da Asylanten und Flüchtlinge herein. Vier Stück pro Zimmer, so hat es einer der Herren gesagt und so soll es auf dem Plan stehen.“ Wolfgang: „Was für ein Plan? Kannst du dich etwas verständlicher ausdrücken?“ Renate: „Gib mir dein Handy. Ich mach ein Foto von dem Plan, dann kannst du dir selbst ein Bild davon machen.“ Wolfgang gab ihr sein Handy und Renate lief wieder ins Haus zurück. Nach kurzer Zeit kam sie wieder und sie zeigte ihm das Foto von dem Plan. Wolfgang sah ihn sich genau an und meinte dann: „Jetzt verstehe ich, was du gemeint hast. Und das wollen die in allen drei Häusern machen?“ Renate: „Wie es scheint. Und in 124 sollen Gebets- und Unterrichtsräume reinkommen.“ Wolfgang zählte die Betten undrechnete in etwa aus, wieviel es sind. Nach einer Weile meinte er: „Wenn das stimmt, setzen die uns mindestens 150 Flüchtlinge hier herein. Wenn das die Strasse erfährt, dann steppt der Bär.“ Renate: „Und für 20.000 Obdachlose in Berlin, ist kein Platz.“ Wolfgang: „Schon wieder haben sie über 30 Wohnungen platt gemacht. Wir dürfen das nicht tatenlos hinnehmen. Komm, wir gehen nach Hause, da überlegen wir in aller Ruhe, was wir unternehmen können, um diesen Wahnsinn zu stoppen.“



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