Читать книгу Mein Haustier – ein Alpaka - Bernd Düsel - Страница 8

Alpakas – ein neues exotisches Tierabenteuer

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Der Mensch braucht immer Bewegung und etwas Neues, damit es nicht langweilig wird.

Um mich fit zu halten, fahre ich regelmäßig mit dem Fahrrad. Nachdem ich schon einmal mit dem Auto zufällig an dem kleinen Ort Wolteritz vorbeigefahren bin, haben wir nun zielgerichtet mit dem Fahrrad Wolteritz angesteuert. Dort gab es etwas Außergewöhnliches zu sehen. Ich konnte mich an die Autofahrt erinnern und hatte dort doch etwas seltsame Tiere gesehen. Während einer Fahrradtour wollten wir uns das mal genauer betrachten. So habe ich das erste Mal bewusst Alpakas gesehen. Die Besonderheit und das Aussehen der Tiere haben mich sofort beeindruckt und scheinbar in der Folgezeit nicht losgelassen. Denn ich bin immer wieder einmal hingefahren, habe mir diese Tiere angesehen und mich in diese Tiere verliebt. Sie gefielen mir vom ersten Augenblick an außerordentlich. Zu diesem Zeitpunkt habe ich aber noch keinen Gedanken daran verschwendet, mich doch einmal näher mit diesen Tieren zu beschäftigen. Sie sind mir aber trotzdem nicht aus dem Kopf gegangen.

Vor ca. 2 Jahren war es dann scheinbar soweit und der Wunsch wurde immer größer, auch solche Tiere zu haben.

Ich werde jetzt immer wieder einmal gefragt, wie ich auf diese Alpakas gekommen bin. Ja, wie kommen andere Leute auf Hunde, Katzen, Zierfische, Ziervögel oder andere Exoten? Bei mir war es sicher Liebe auf den ersten Blick. Diese Liebe musste aber erst reifen. Und nun war es scheinbar soweit.

Wenn man Alpakas halten will, muss man sich vorher mit seinem Partner einig sein und muss sich ausführlich über Lebensart und Lebensweise dieser Tiere informieren, um im Nachhinein nicht enttäuscht zu werden oder die Tiere gar zu quälen. Auch das Umfeld muss stimmen, der Lebensraum muss für die Tiere ausreichend sein.

Folglich war allerhand zu tun. Es war also noch lange nicht soweit, die Alpaka gleich anzuschaffen.

Nachdem ich mich mit meiner Frau verständigt hatte und sie mit meinem Plan einverstanden war, ging so richtig die Arbeit los. Nun mussten wir uns erst einmal sachkundig machen, was bei der Haltung von Alpakas alles zu beachten ist. Viele Fragen waren zu beantworten, z. B. wo kann man sich informieren? gibt es Sach- oder Fachbücher, mit deren Hilfe man sich schlau machen kann? Man darf dabei nicht vergessen, wir waren Stadtmenschen und hatten von Landwirtschaft oder Tierzucht keine Ahnung. Also doch schon ein bisschen ein kleines Wagnis. Aber wir wollten das unbedingt angehen. Dabei ist das Internet eine sehr große Hilfe. Zwei Fachbücher haben wir im Buchhandel gefunden und gekauft. Im Internet stand auch eine Menge zu lesen. Hier unsere ersten Erkenntnisse:

Das Alpaka ist eine kleine südamerikanische Kamelart, das zusammen mit den Lamas zu den Neuweltkameliden zählt. Die Ur- oder Wildform des Alpakas sind das Guanako und das Vicuna. Beim Alpaka sind zwei Rassen bekannt, das Huacaya und das Suri. Sie unterscheiden sich durch ihr Vlies (Wolle). Das Huacaya besitzt kürzere gekräuselte Wolle, während sie beim Suri lang und seitlich am Körper herunterhängt.

Alpakas sind intelligente, sanfte und liebenswerte Tiere. Jedes von ihnen hat einen eigenen Charakter (das sollte ich später noch ausführlich merken). Manche von ihnen sind sehr verschmust, andere eher schüchtern. Sie sind sehr wachsam. Bei Gefahr stoßen sie einen Warnpfiff aus, flüchten jedoch nicht sofort, sondern schätzen die Situation erst auf ihre Gefährlichkeit hin ein.

Die Heimat der Alpakas sind Chile, Peru und Bolivien in Südamerika. Sie leben in den Hochebenen der Anden unter extrem klimatischen Bedingungen. Damit kommen Alpakas mit dem Klima in Deutschland gut zurecht. Gegenwärtig werden sie neben Europa noch in Nordamerika, Australien und Neuseeland gezüchtete.

Gras im Sommer und Heu im Winter ist die Hauptnahrung für Alpakas. Durch die harten Bedingungen in ihrer Stammheimat sind sie ausgezeichnete Futterverwerter. Alpakas sind Herdentiere und dürfen nur in Gruppen von mindestens zwei Tieren gehalten werden. Auf Grund ihrer weichen gepolsterten Füße, sie sind Sohlengänger, verursachen sie damit im Gegensatz zu anderem Weidevieh wenig Trittschäden. Die Futteraufnahme erfolgt durch ihre äußerst beweglichen Lippen sehr behutsam, so dass die Pflanzenwurzeln geschont werden. Die Rasenfläche wird gleichmäßig kurz gehalten.

Die alten Indianerstämme der Anden haben die kleineren Tiere in höher gelegenen Gebirgsregionen auf den Wollertrag selektiert, so dass sich das stärker und fein bewollte Alpaka entwickelt hat. Die Alpakawolle zählt neben Kaschmir und Seide zu den edelsten Naturfasern. Weichheit, Feinheit und ein unbeschreiblicher Glanz haben sie so begehrt gemacht.

Eine Menge neuer Begriffe, Bezeichnungen und Informationen. Ich war ganz wirr im Kopf. Würden wir das wirklich packen? Na, nun war unser Ehrgeiz angestachelt.

Nach diesen Informationen konnte ich gar nicht mehr zurück, ich musste weitermachen. Als nächstes habe ich mich nach den Haltungsbedingungen vor Ort informiert.

Was ist alles zu machen, was ist vorzubereiten und vor allem, welche finanziellen Aufwendungen sind notwendig? Nachdem ich die ersten Kosten gehört und gelesen habe, bin ich doch ein wenig erschrocken. Das war ganz schön happig. Also kein Hobby, das man eben mal anfängt und dann gleich wieder sausen lässt. Das wollte alles wohl überlegt sein. Aber vor Schwierigkeiten haben wir noch nie kapituliert. Haben wir einmal „A“ gesagt, wollten wir auch „B“ sagen und nahmen das Projekt zielgerichtet in Angriff, denn ein recht umfangreiches Projekt sollte es werden. Es war also nicht einfach so wie einen Hund oder eine Katze anschaffen, obwohl man das ja auch vorher gründlich überlegen sollte.

Als nächstes haben wir uns Angebote eingeholt, denn wir wollten die Tiere auch finanzieren können und zwei Tiere mussten es am Anfang auch sein (siehe Haltungsbedingungen). Dann war eine Koppel anzulegen, die sollte groß genug sein, ein Unterstand zum Schutz der Tiere vor starkem Regen, Schnee oder auch übermäßiger Sonne waren erforderlich. Es wurde ein richtiges Bauprojekt. Wir haben uns gesagt: „Wer ein Haus baut, der kann auch so etwas bewältigen.“ Für die Koppel kam eine Streuobstwiese in Betracht, die unmittelbar an unserem Grundstück gelegen ist; also äußerst ideal. Die Streuobstwiese wurde bisher von der Gemeinde bewirtschaftet. Ich bin zur Bürgermeisterin und habe ihr mein Vorhaben erläutert und darum gebeten, einen Teil der Streuobstwiese pachten zu dürfen.

Wichtig war auch, dass wir für den Bedarfsfall einen Tierarzt oder eine Tierärztin haben, die nach unseren Alpakas sehen würde. Wir waren mit unseren Katzen bei Frau Dr. Grohmann in Behandlung. Sie haben wir gefragt, ob sie denn auch Alpakas behandeln würde? Ihre Reaktion war durchaus positiv, denn sie sagte: „Wenn Sie mir das zutrauen, dann selbstverständlich.“ Und wir haben ihr es zugetraut. Sie hat auch gleich ihre Tochter mit eingebunden und beide kümmern sich seither rührend um unsere Tiere. Das war also geklärt. Nun mussten wir noch die geplanten Alpakas bei dem Veterinäramt anmelden und die Zustimmung des Amtstierarztes einholen. Die Anmeldung war schnell erledigt. Nach einer Zeit kam dann tatsächlich der Amtstierarzt und hat unsere Koppel abgenommen und noch einige Ratschläge erteilt.

Nachdem ich allseitig die Zustimmung erhalten hatte, konnten wir uns nun um den Kauf unserer Wunschtiere kümmern. Was lag näher, als in Wolteritz nach dem Halter der Tiere zu suchen, die uns ja erst auf diese Fährte gebracht hatten. Im Internet wurden wir fündig, haben bei Eberhard und Christine Hügle angerufen und um ein Gespräch gebeten. In diesem ersten Gespräch sind wir fast handelseinig geworden und wollten zwei Junghengste kaufen. Da die ausgesuchten Tiere aber noch an der Mutter hingen und gesäugt wurden, hatten wir noch genügend Zeit, um das Umfeld vorzubereiten. Jungtiere sollen etwa 8 Monate gesäugt werden. Es war Mitte September 2005 und die Vorbereitungen sollten abgeschlossen sein, bevor der Winter kommt.

Erst habe ich das notwendige Gelände abgesteckt und den Platz für einen erforderlichen Unterstand ausgesucht. Für den Unterstand sahen wir einen Carport in den Maßen 3 x 5 Meter vor. Nun ging es auf den Baumarkt, um alles notwendige Baumaterial zu bestellen (Carport, Betonsteine für den Fußboden, Rasenkantensteine für die Einfassung, Holz für die Verkleidung des Carports, Zaunsäulen und Zaunmaterial für die Umzäunung des Geländes und Holz für eine Futterraufe). Dann begannen die Arbeiten: den Boden bereiten, die Rasenkantensteine setzen, Sand für den Unterbau einbringen, die Halterung für den Carport einbetonieren und den Fußboden pflastern. Der Carport konnte kommen und aufgestellt werden. Nachdem das geschehen war, brachte ich am Carport an drei und einer halben Seite die Verkleidung an. Jetzt war erst einmal der Schutz für die Alpakas bei schlechtem Wetter oder zu großer Hitze vorhanden. Anschließend habe ich die Gründungslöcher für die Zaunsäulen gebohrt und die Zaunsäulen einbetoniert. Der Zaun musste eine Länge von 100 Metern bekommen und unmittelbar an unser Grundstück anschließen. Dazu waren 36 Zaunsäulen erforderlich. Die Löcher mussten gebohrt werden, damit die Zaunsäulen auch einbetoniert werden konnten. Eine Menge Arbeit war zu bewältigen. Unser Grundstück wird durch eine große Hecke begrenzt. Diese Hecke sollte gleichzeitig die Koppel vom Grundstück abgrenzen. Danach habe ich den Spanndraht gezogen, den Maschendrahtzaun angebracht und am Spanndraht befestigt. Die Eingangstür und zwei Tore haben wir auch entsprechend vorgesehen. Nun musste noch eine Futterraufe her, damit die Alpakas als Ergänzung zum Gras auch Heu fressen konnten. Inzwischen war es November geworden. Wir konnten die notwendigen Arbeiten wie geplant vor dem Winter abschließen.

Die Alpakas konnten bald kommen. Aber, ach Gott, ich brauchte ja noch Heu und Futterrüben. Wo die nur so schnell hernehmen? Doch auch das war lösbar und in einer mächtigen Fuhre habe ich mit dem Auto und dem PKW-Anhänger einen Riesenballen Heu geholt. Bei dieser Fahrt habe ich vor Anstrengung und Aufregung mächtig geschwitzt. Ich war völlig fertig, als ich zu Hause angekommen bin. Das nächste Mal muss ich das anders organisieren. So einen Transport kann ich nicht noch einmal machen. Das Heu habe ich dann in einem Teil des Unterstandes deponiert.


Die Alpakas können kommen, der Unterstand ist fertig

Jetzt war die Spannung mächtig gestiegen, die Erwartungen waren riesengroß. Wir sind immer mal nach Wolteritz gefahren, um uns unsere künftigen Hengste anzuschauen. Bei diesen Besuchen haben wir immer etwas Brot zum Füttern mitgenommen, damit die Alpakas uns schon etwas kennen lernen. Endlich war es soweit. Der 11. Februar 2006 war in Sicht und die zwei ausgesuchten Hengste sollten gebracht werden.

Nun war der Tag gekommen, wir sind nach Wolteritz gefahren, um unsere zwei Hengste mit aufzuladen und nach Kyhna zu transportieren. Beide Hengste sind miteinander verwandt, sie sind sozusagen Halbbrüder, denn sie haben den gleichen Vater, aber unterschiedliche Mütter.


Nun wollen wir mal das neue Zuhause begutachten

So ist damit auch die unterschiedliche Statur der Tiere zu erklären. An diesem Tag lag leider noch Schnee. Die Alpakas wurden abgeladen und auf die Koppel gebracht.

Sie haben sich recht schnell eingewöhnt und ihr neues Zuhause in Besitz genommen. Wir hatten auch gleich einen Kotplatz eingerichtet, der von den Tieren sofort angenommen wurde. Alpakas benutzen nämlich eine „Toilette“ und gehen immer wieder zum selben Platz zurück, um ihre Notdurft zu verrichten.

Die erste Aufregung gab es in der ersten Nacht. Bei einer abendlichen Kontrolle waren die Tiere plötzlich verschwunden. Sie waren weder im freien Gelände noch in ihrem Unterstand zu finden. Was war da los???

Nach gründlicher Suche fanden wir sie im Unterstand für den PKW-Anhänger unter dem Anhänger liegend. Als wir hinkamen, sind sie auch gleich aufgestanden und haben den Weg zu ihrem vorgesehenen Platz in ihrem Unterstand gefunden und sich dort wieder hingelegt. Jetzt war ich erst einmal beruhigt, bin aber nach einer Stunde noch einmal nachsehen gegangen und was soll ich sagen, sie waren wieder weg. Diesmal haben wir sie gleich unter dem Anhänger gefunden. Nun ging die gleiche Prozedur los. Den Rest der Nacht sind sie aber an dem für sie vorgesehenen Platz geblieben. Am nächsten Tag habe ich den Unterstand für den Anhänger gleich verschlossen, um eine weitere solch aufregende Nacht zu vermeiden.

Jetzt verlief zunächst alles normal. Pablo und Pedro haben Gras gefressen und täglich ein Stück Futterrübe. Zeitweilig musste ich das Gras vom Schnee befreien. Die Alpakas haben das dankend angenommen. Das Heu wurde von ihnen am Anfang verschmäht. Als sie das erste Heu gefressen haben, war ich sehr froh, da ja nun alles in geregelten Bahnen lief.

Gleich vom ersten Tag an konnten wir die unterschiedlichen Charaktere der Tiere bemerken. Pablo, der größere der beiden Hengste, war sofort aufgeschlossen und Pedro ist unser kleines Sensibelchen. Und das ist er bis heute geblieben. Er hat sicher die Trennung von der Mutter nicht so schnell verkraftet, hat immerzu so vor sich hingegrummelt (Äh, äh, äh, äh …). Das macht Pedro auch heute noch, wenn ihm etwas nicht so richtig behagt. Aber sonst vertragen sich unsere zwei Hengste gut.


Ein friedliches Miteinander beim Heufressen

Am Anfang haben wir gedacht, die Tiere fühlen sich nicht wohl oder sind gar krank. Wir hatten ja noch keine richtige Erfahrung, wie sich solche Tiere gewöhnlich verhalten. Mit der Zeit hat sich das aber gegeben. Wir haben uns richtig aneinander gewöhnt. Ich habe mir dann immer gesagt, auf anderen Koppeln sind die Alpakas auch unbeobachtet und bewegen sich nach ihrem Befinden. Ich hatte am Anfang nur immer das Problem, dass ich die Tiere fortlaufend sehen konnte und mir so unnötige Gedanken gemacht habe. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt und mache mir nun nicht mehr so tolle Sorgen, wobei man die Alpakas trotzdem immer beobachten sollte, um sicher zu gehen, dass sie auch gesund sind. In der Zukunft hat sich das bei einigen Ereignissen als nützlich erwiesen. Jetzt ist die Eingewöhnungszeit vorüber und man kann sehen, dass die Tiere sich wohl fühlen. Ich musste mich eben auch erst an die Alpakas gewöhnen und sie sich nicht nur an mich.

Die ersten Sorgen begannen, als Pablo, verfressen wie er nun mal ist, wahrscheinlich ein zu großes Stück Rübe verschluckt hat. Dieses Stückchen ist in seiner Speiseröhre stecken geblieben. Er ist rumgerannt, hat sich hingeworfen und hatte Schaum vor dem Maul. Er hat sich nicht so verhalten, wie normal. Man konnte sehen, wie ihm das Atmen schwer fiel. Ich habe sofort die Tierärztin angerufen, als ich sah, wie er sich quält. Sie sagte gleich: „Da müssen wir etwas unternehmen, denn sonst besteht die Gefahr, dass Pablo erstickt.“ Sicherlich könnt ihr euch meine Aufregung vorstellen. Jetzt war ich gleich selber mit krank. Die Tierärztin hat den Schaden mit einem Schlauch beseitigt, den wir vorsichtig über das Maul in die Speiseröhre eingeführt haben. Damit haben wir den Fremdkörper ganz langsam in den Magen geschoben. Nach einer Weile sagte die Ärztin, nun müssen wir aber aufhören, sonst kommt der Schlauch hinten wieder raus. Sie hatte also bei der Angelegenheit immer noch Humor. Nach dieser Prozedur ging es Pablo bald wieder besser. Die Tierärztin hat am Abend noch einmal nach dem Patienten gesehen, ob auch alles in Ordnung war. Von jetzt an habe ich die Futterrüben in kleine Stücke zerschnitten, damit das nicht noch einmal passiert.

Jetzt konnten wir die nächsten Aktivitäten angehen. Die ersten vorbeugenden Impfungen waren fällig. Die beiden Hengste haben auch das gut überstanden.

Der Lernprozess war trotzdem sehr groß für uns. Wir hatten die Empfehlung, den Tieren Futtermais und Quetschhafer zusätzlich zum Heu zu verabreichen. Das lehnten die Alpakas ab. Sie haben in den ersten Tagen nur Gras gefressen.

Wichtig ist, dass man die Tiere täglich beobachtet, um ihre Charaktere, ihre Verhaltensweisen und auch Besonderheiten zu erfassen.

Nachdem das Problem mit der verstopften Speiseröhre behoben war und wieder Ruhe und Ordnung auf der Koppel eingezogen war, folgte die nächste Aufregung auf dem Fuße. Bei wem konnte denn schon wieder etwas passiert sein? Bei Pablo natürlich. Er hatte sich am Fußnagel verletzt. Der Fußnagel stand regelrecht quer am Fuß. Und wieder musste die Tierärztin zu Hilfe gerufen werden. Sie ist sehr nett und kommt auch gleich. Jetzt war eine kleine Operation auf der Koppel fällig, denn der querstehende Nagel musste entfernt werden. Mit einem Ruck war alles vorbei. Pablo hat ein wenig gezuckt. Danach wurde nur noch ein Verband angelegt, damit in die Wunde kein Schmutz gelangen konnte. Zur Desinfektion hat Frau Dr. Grohmann den Fuß noch mit einem heilenden Mittel eingesprüht und dann den Verband angelegt. Der sollte wenigstens zwei Stunden halten. Aber unser Pablo ist zwei Tage stolz mit seinem Verband rumgelaufen und als wir ihn entfernen wollten, da war er schon ab und lag im Gelände. Nun blieb mir nur noch übrig, den Verband zu entsorgen.

Wir hatten auch vor, mit den Alpakas irgendwann mal Trecking zu machen. Dazu mussten die Tiere vorher an das Halfter gewöhnt werden. Da haben wir uns aber etwas vorgenommen. Die Halfter haben wir noch anlegen können, aber damit laufen war schier ein Ding der Unmöglichkeit. Am heftigsten hat sich Pedro gebärdet. Er war wie ein störrischer Esel und hat sich einfach auf den Boden gelegt. Jetzt war überhaupt nichts mehr mit ihm anzufangen.

Zwei Hengste auf der Weide. Wer hat da das Sagen? Der Ältere (Pedro) oder der Größere (Pablo)? Die Rangordnung musste sich nun herausstellen, so dachten wir zumindest, als die Revierkämpfe begannen. Der größere Pablo springt auf den kleineren Pedro, versucht ihn zu Boden zu drücken und was macht der Kleine? Er versucht sich nach Kräften zu wehren, pfeift und quietscht und wenn das alles gar nichts hilft, denn spuckt er seinen Bruder voll. Zuerst habe ich mir Sorgen gemacht, weil mir der kleine Pedro leid getan hat, bis ich gemerkt habe, dass der ja den Großen auch anstachelt und sogar zu Boden wirft. Na, da war ich platt. Jetzt erst habe ich gemerkt, dass das Kampfspiele zwischen Jungen sind und keiner ernsthaft verletzt wird. Denn im Allgemeinen vertragen sich beide sehr gut. Nun kam meine Frau auf die glorreiche Idee, wir könnten uns doch noch eine Stute zulegen. Sie wollte sie mir zum 65. Geburtstag schenken. Na, so etwas kann man nicht als Überraschung einfach auf die Koppel stellen. Das muss schon gut überlegt und vorbereitet werden. Aber die Idee war gut und sollte doch in die Tat umgesetzt werden. Jetzt mussten wieder Angebote eingeholt werden, denn es sollte eine braune Stute sein und die Preise für so ein Tier gehen sehr, sehr weit auseinander. Am interessantesten fanden wir ein Angebot einer tragenden Stute aus Nasenberg. Also nichts wie hin und das Tier angesehen. Dort angekommen, sahen wir eine ganze Herde von schönen Tieren, darunter auch braune Jungstuten. Die tragende Stute war schon 7 Jahre alt. Gleich mit einer Geburt anfangen und dann noch der Preis!! Da sind wir doch stark ins Überlegen gekommen und haben uns letztlich für eine preiswertere braune Jungstute entschieden. Beim näheren Betrachten sahen wir, dass das eine wahre Schönheit ist.

Am 1. Mai 2006 war es soweit. Die Stute wurde gebracht und sogleich auf die Koppel gelassen. Nun war die Frage offen, wie wird sich die Neuangekommene auf der Koppel bzw. in der kleinen Herde einführen oder einfügen? Wird sie sich mit den beiden Hengsten vertragen? Die Spannung war riesengroß. Aber alles verlief besser als gedacht. Sie kam, sah und siegte. Die neue Stute, Coya, kam auf die Koppel, schaute sich um, beschnupperte die beiden Hengste und übernahm sofort das Kommando. Das hatten wir so nicht erwartet.

Sie war sofort die Chefin im Ring und bestimmte demzufolge auch, wo es langzugehen hat.

Bisher haben die beiden „Alten“ jede Nacht schön brav in ihrem Unterstand geschlafen. Damit war nun Schluss.

Die Dame hat bestimmt, wer was macht und wer wo schläft. Und da sie der Meinung war, es wird im Freien geschlafen, haben die beiden Hengste das natürlich auch gemacht. Die Vorherrschaft wird auch sichtbar, wenn es etwas Besonderes zu fressen gibt. Die Stute frisst am meisten, am schnellsten und bestimmt so, wer zu seinem Recht kommt oder nicht.

Ein weiterer Wunsch erfüllt. Wir hatten nicht nur zwei Hengste, sondern auch eine Stute. Die Alpakafamilie war komplett. Und das Wichtigste war, wir haben eine gute Wahl mit Coya getroffen. Sie ist ein wunderschönes Tier. Alle Leute, die an die Koppel kommen, bewundern sie und fragen nach ihr, wenn sie mal nicht gleich zu sehen ist. Sie ist so der allgemeine Liebling.


Ist das nicht ein schönes Tier, unsere Coya

Wir haben eine neue Attraktion eingeführt. Es gibt jeden Tag ein Leckerli, nämlich frische Äpfel. Das ist etwas für verwöhnte Gaumen. Wir verabreichen die Äpfel wohlweislich in drei getrennten Schüsseln. Die beiden Großen, Coya und Pablo, sind an ihren Schüsseln kaum zu halten. Nur unser Träumerli kommt immer etwas hinterher und wir müssen aufpassen, dass er seinen Teil auch abbekommt.

Coya scheint für mich eine besondere Sympathie zu entwickeln. Sobald ich auf der Koppel bin, kommt sie angerannt, manchmal in der Hoffnung, ein Leckerli zu bekommen, aber auch um mit mir zu schäkern. Wenn ich die Kotplätze sauber mache oder Unkraut entfernen will, kommt sie an um zu sehen, ob ich das auch richtig mache? Dann kommt sie ganz nah ran, steht meist hinter mir und zupft mich leicht an der Jacke oder der Hose. Sie hat mir sogar schon die Mütze vom Kopf gezupft, hat sie weggeworfen und ist dann weggerannt. Also, sie ist ein richtiger kleiner Schelm. Sonst gibt es keine besonderen Probleme. Alle fressen regelmäßig, Coya natürlich am meisten, dafür macht sie aber auch die größeren Haufen. Wie das so im richtigen Leben eben auch ist, oder? Insgesamt sind es sehr liebe Tiere und bereiten nur Freude. Der Aufwand an Pflege ist gering.

Letztlich überkam es mich plötzlich und ich wollte versuchen, Coya an das Halfter zu gewöhnen, denn die vorherige Besitzerin hat ja gesagt, dass Coya halftersicher sei. Und Coya hat es auch relativ leicht geschehen lassen, man muss sie nur zu fassen kriegen. Dann habe ich mit ihr den ersten Spaziergang außerhalb der Koppel unternommen. Sie ist sehr schön mitgelaufen und wollte alles sehen und beobachten. Alpakas sind eben neugierig. Manchmal musste ich sie auch beruhigen, wenn ihr Temperament mit ihr durchgehen wollte oder wenn sie sich durch irgendetwas erschreckt hatte. Alpakas sind sehr schreckhaft, wenn sie etwas bemerken, das ihnen unbekannt vorkommt. Ganz schlimm wird es, wenn ein Hund in die Nähe kommt. Sind sie allein auf der Koppel, dann begutachten sie ihn von weitem und bleiben ganz ruhig, denn bei Bedarf könnten sie ja weglaufen. Aber wenn sie am Halfter sind, überkommt sie die Panik. Wenn Coya bei dem Spaziergang bemerkt, dass wir der Heimat bzw. der Koppel näher kommen, dann wird sie immer schneller.

Wenn die beiden Hengste beobachten, dass ihre Coya weggeht, sind sie ganz aufgeregt und rennen wie wild auf der Koppel umher. Das nächste Mal versuche ich, alle drei mitzunehmen, mal sehen wie das klappt.

Die nächste Impfung war für Coya fällig und ich habe die Tierärztin gebeten, doch die Impfung durchzuführen. Sie kam auch zum vereinbarten Termin und wir wollten zu Coya auf die Koppel, aber das Mädchen war nirgends zu sehen. Weder auf dem Gelände noch im Unterstand. Na, da war gleich der große Schreck angesagt. Was war denn nun wieder passiert. Sie kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen. Auf einmal sagt die Tierärztin: „Sehen Sie doch einmal in den Garten, da läuft was Braunes rum.“ Und tatsächlich war das Coya, sie war durch die Hecke in den Garten gegangen, weil sie das Gras dort besser fand, nehme ich an oder um ihre Neugier zu befriedigen. Ich habe die Gartentür aufgemacht und Coya ist sofort wieder auf die Koppel gekommen. Nun konnte die Impfung erfolgen, die sie auch tapfer ertragen hat. Als Belohnung gab es dafür ein paar Apfelstückchen.

Die Hecke stellt ein besonderes Problem dar. Wir hatten sie als Begrenzung der Koppel angesehen, aber die Alpakas sehen sie als Futterquelle an. Dadurch ist die Hecke nur noch an der koppelabgewandten Seite bewachsen und auf der Koppelseite nur die Krone. Als Ergebnis ist sie etwas „durchgängiger“ geworden, was die Alpakas verleidet, ohne größere Schwierigkeiten in unseren Garten zu gelangen. Ich habe versucht, Abhilfe zu schaffen und habe in Laufhöhe Stricke und Absperrband gezogen, in der Hoffnung, dass das die Alpakas abhält. Zunächst hat das auch geklappt.

Eines Tages saßen wir beim Mittagessen, plötzlich war ein Jammern und Stöhnen zu hören. Ich bin gleich auf die Koppel geflitzt, weil ich dachte, mit Pablo ist wieder etwas passiert. Aber was soll ich sagen, der Pablo hat doch die Coya niedergeworfen und versucht sie zu decken. Bei dem Versuch ist es sicher geblieben, denn Hengste sind erst nach 2 bis 2,5 Jahren zeugungsfähig. Aber wir konnten es sehen, dass es Coya doch recht gut gefallen hat und damit gezeigt hat, dass sie paarungsbereit ist. Also Zeit, sie zum Decken zu bringen.

Wieder kam etwas Neues auf uns zu: der erste Schertermin sollte kommen, aber es dauerte noch. Der Termin wurde immer wieder verschoben. Da sollten unsere Drei „nackig“ gemacht werden und Coya sollte gleich bei Familie Hügle in Wolteritz bleiben, damit sie gedeckt werden kann. Wir wollen doch auch einmal ein Jungtier unmittelbar bekommen.

Nun fingen aber die nächsten Überlegungen an. Was passiert, wenn Coya tragend ist und die Tiere sich dann nicht mehr vertragen oder wie werden sich die Hengste auf Dauer verstehen? Wir wollten also eine Alternative haben, auf die wir im Bedarfsfall ausweichen können, wenn sich die Hengste nicht mehr vertragen. Daraus ergaben sich aber noch weitere Konsequenzen. Wenn wir aus welchem Grund auch immer die Tiere trennen, dann muss noch ein viertes Tier her, denn einen Hengst kastrieren kam für mich nicht in Frage. Also haben wir noch eine zweite Koppel angelegt. Dazu war das Gelände zwischen Herrn Rademacher und dem Gartenverein, also in unmittelbarer Nähe zu unserem Grundstück wie geschaffen. Mit dem Besitzer sind wir über die Nutzung erstaunlich schnell einig geworden. Das Grundstück war total verwahrlost.

Das Unkraut mannshoch, jede Menge Unrat und ein kaputter Zaun. Jetzt war wieder einmal viel Arbeit angesagt. Ich konnte mir am Anfang gar nicht so richtig vorstellen, auf was ich mich da eingelassen habe. Jeden Tag für die nächste Zeit habe ich auf der neuen Koppel verbracht. Meine Frau hat mir da auch tüchtig geholfen. Ich glaube, sonst hätte ich das auch gar nicht geschafft. Denn wenn auf diese Koppel einmal Tiere kommen sollten, dann sollen sie sich auch wohlfühlen und was besonders wichtig war, sie dürfen sich nicht verletzen, bei all dem Unrat, der dort zu finden war. Da war noch einmal viel Kraft und auch Geld zu investieren, denn ein Unterstand und eine Futterkrippe mussten auch wieder eingerichtet werden.

Ja, wie das so ist, wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen. Also ging es wieder los, das nächste Projekt musste bewältigt werden. Letztendlich haben wir auch das geschafft. Jetzt werde ich als Stadtmensch so langsam zum Landwirt. Insgesamt hat es Freude gemacht, weil man sehen konnte, was geschaffen worden ist. Alle Leute waren bass erstaunt, was aus dem verwahrlosten Grundstück geworden ist.


Das ist unsere Koppel 2, bereit zur Aufnahme von Alpakas

Mittlerweile klappt das Halftern auch bei den Hengsten. Wenn sie merken, dass Coya zum Ausgang bereit steht, kommen sie zur Tür und wollen mit. Dann ist also auch ihnen das Halfter umzulegen und es kann losgehen. So haben wir doch einige Spaziergänge gemeinsam unternommen. Dabei verlief alles recht ordentlich, wir konnten alle Drei gut bei der Stange bzw. an der Leine halten.

Nach vielen Verzögerungen war endlich der Schertermin gekommen, am 17. Juni 2006, einem Sonnabend, sollte es sein. Das war aber auch notwendig, denn es wurde schon ganz schön warm und die Tiere haben begonnen zu schwitzen. Dieser Termin wurde leider wieder verschoben und sollte nun am kommenden Sonnabend, dem 24. Juni 2006, sein. Zum Scheren haben wir die drei Alpakas nach Wolteritz gebracht. Der Scherer hat sehr gut gearbeitet. Am besten hat sich Coya dabei verhalten. Ich habe sie gehalten und sie ist ganz ruhig stehen geblieben. Etwas komplizierter war es da bei Pedro, der wollte einfach nicht ruhig stehen bleiben. Zu guter Letzt hat er sich wie ein störrischer Esel auf den Boden gelegt. Damit mussten wir aber fertig werden. Am wildesten hat sich Pablo gebärdet. Da musste ich schon ganz schön Kraft aufwenden, um ihn bei der Stange zu halten. Einen „K. O.“ Schlag mit dem Kopf musste ich abfangen und mit dem Fuß hat er mich auch ganz schön getreten. Aber Ende gut, alles gut. Die Wolle war im Sack und die Tiere nackig. Die beiden Hengste haben wir wieder nach Haus gebracht und Coya ist zum Decken dort geblieben. Sie hat also ihren „Liebesurlaub“ bekommen, wie meine Frau immer sagt.

Nach dem Scheren sahen die Alpakas wundersam aus. So hatten wir sie ja noch nie gesehen. Man konnte denken, es sind große Pudel mit dem Pony auf dem Kopf und den „Stiefelchen“ an den Beinen.

Jetzt mussten wir nur warten, dass die Wolle wieder nachwächst, damit im kommenden Winter ein schützendes Fell da ist.

Man hatte beim Abschied der Tiere den Eindruck, dass Pablo um seine Coya trauert. Der Trennungsschmerz dauerte aber zum Glück nicht all zu lange.


… sehen die nicht reizend aus, so nach der Schur?

Coya habe ich natürlich jeden Tag in ihrem „Liebesurlaub“ besucht und ihr Äpfel gebracht, damit sie mich nicht vergisst. Ich hatte gehofft, dass bei meinen täglichen Besuchen zu beobachten ist, wenn der Hengst „Capuccino“ sie deckt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber bei der Hoffnung ist es geblieben. Ich habe die täglichen Besuche zwei Wochen durchgehalten. Aber die Chemie zwischen Coya und Capuccino hat nicht gestimmt oder der war zu doof, um Coya zur Mutter zu machen. Sie haben sich kaum angeguckt. Coya war bei meinen Besuchen immer sehr anhänglich, ich glaube sie hatte Sehnsucht nach ihrer gewohnten Umgebung und nach ihren beiden Freunden. Wir haben nun mit Hügles beraten, was zu tun sei und Eberhard war der Meinung, wir sollten sie zu einem anderen Hengst bringen.

Wir haben dann letztendlich „Alex“ als neuen Deckhengst auserkoren. Das ist ein herrliches Tier und ich wollte ihn eigentlich von Anfang an. Also Coya das Halfter anlegen und auf eine neue Koppel führen. Auf dem Weg zu Alex mussten wir an einer Koppel vorbei, auf der der Hengst „Vincent“ steht, das ist übrigens der Vater von Pablo und Pedro.


Alex beim Deckversuch, leider aber nicht unsere Coya.

Als wir dort vorbei kamen, geschah etwas Seltsames. Unsere Coya zog die Nüstern hoch und wurde ganz unruhig. Das Gleiche war auch von Vincent zu beobachten. Wir haben uns angesehen und uns gegenseitig gefragt, was machen wir denn nun? Zum Schluss haben wir Coya doch zu Vincent auf die Koppel gelassen. Na, da ging aber ein „Gewitter“ los. Ich habe kaum die Führleine von Coyas Halfter abmachen können. Schon kam Vincent angestürmt und hat Coya über die Koppel gejagt, bis er sie zu fassen bekam. Dann hat er sie niedergeworfen und sich auf sie gestürzt. Eberhard sagt nur noch, typisch unser „Vergewaltiger“. Nach dieser „Vergewaltigung“ haben wir Coya noch eine Woche bei Vincent gelassen, um sicher zu sein, dass der Deckakt funktioniert hat. Ich habe natürlich weiterhin jeden Tag meinen Apfel zu Coya gebracht. Als eine Woche vergangen war, sagt Eberhard, wir könnten Coya zurückholen, sie ist gedeckt worden. Nun sind wir gespannt, was daraus geworden ist.

Als Coya in ihrem „Liebesurlaub“ war, haben unsere zwei Jungens recht brav wieder nachts in ihrem Unterstand geschlafen. Aber kaum war die Dame des Hauses wieder daheim, war es mit dieser Freiheit vorbei. Wieder wurde folgsam im Freien übernachtet. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass auch alles geklappt hat. Die Tragezeit dauert ca. 342 bis 350 Tage. Eine lange Zeit, wenn man ganz gespannt auf ein Ergebnis wartet. Da sind natürlich noch eine Menge Ungewissheiten im Spiel. Wird Coya die Geburt richtig machen, wird da alles gut gehen, wird das Neugeborene gesund sein, wird vor allem Coya das Baby auch annehmen und säugen, wird Coya eine gute Mutter sein??? Also zur Zeit noch alles unbeantwortete Fragen, die die Spannung steigen lassen. Die neugeborenen Alpakas werden übrigens „Crias“ genannt. Aber es wird schon gut gehen, denn unsere Tierärztin steht ja auch Gewehr bei Fuß und wird uns helfen. Sie hat die mögliche Geburtszeit schon in ihrem Kalender eingetragen. Sie hat übrigens mit einem kleinen Eingriff geprüft, ob Coya auch wirklich tragend ist und ist zu dem Schluss gekommen, dass alle Anzeichen einer Schwangerschaft zu erkennen sind, also alles in Ordnung sein müsste. Wir werden oft gefragt, ob denn Coya wirklich tragend ist, weil man nichts sieht und wann es soweit ist. Die Leute im Dorf und die Kleingärtner sind genau so gespannt wie wir. Oft wird auch die Frage gestellt, ob es Zwillinge werden können. Da muss ich antworten, dass das bei Alpakas äußerst selten vorkommt, wir also nicht damit rechnen. Alles andere wäre eine tolle Überraschung oder eine kleine Sensation.

Wir sind mit unserem „Dreigespann“ öfters mal auf Wanderschaft gegangen. Mal durch den Gartenverein, mal rund um den Wohnblock in der Nähe unserer Koppeln und manchmal sogar im Dorf bis zum Eiskaffee und haben Eis gegessen oder zu Bekannten im Ort. Es ist eigentlich immer alles gut gegangen, nur wenn etwas Unverhofftes für die Alpakas kommt, werden sie unruhig und für uns ist erhöhte Wachsamkeit angesagt. Besonders schlimm ist es, wenn auf der Strasse oder in einem Gehöft ein Hund zu sehen und zu hören ist. Da werden sie sehr, sehr unruhig und wir müssen alle Kraft aufwenden, um sie ruhig zu halten. Wenn sie auf ihrer Koppel sind und ein Hund vorbeigeführt wird, dann gucken sie ganz aufmerksam und verfolgen den Hund mit Augen und gehen ihm auch innerhalb der Koppel nach. Dort können sie aber auch die Flucht ergreifen, wenn die Gefahr größer werden sollte. Das ist am Halfter nicht so gut möglich, folglich ist die Aufregung wesentlich größer. Bislang haben wir das immer irgendwie gepackt, ohne dass die Tiere Schaden genommen haben.


Beim Spaziergang im Gartenverein

In unserer Absicht lag es, einmal Trecking mit den Tieren für Besucher oder Gäste zu machen. Meine Frau wollte die Alpakas auch zu Therapien für kranke Kinder nutzen. Ich glaube aber, da benötigt man mehr Erfahrung, als wir sie zurzeit haben. Da waren einmal Bekannte mit einem autistischen Kind bei uns, um einen Versuch mit den Tieren zu starten. Mir haben bei der ganzen Aktion die Tiere Leid getan. Alpakas sind relativ scheue Tiere und bei Unbekanntem wollen sie immer weg laufen. Vor dem kranken Mädchen sind sie auch auf der Weide davon gelaufen und das Mädchen rannte stupide hinterher. Die Alpakas haben sich gejagt gefühlt und die Unruhe stieg ständig. Das kranke Mädchen hat ja auch nicht auf unsere Rufe oder andere Kommandos gehört, immer nur hinter den „flüchtenden“ Alpakas hinterher. Wir haben dann das Mädchen abgefangen, denn die Alpakas taten mir Leid. Der Versuch ist also gescheitert.

Die Alpakas haben einen ausgesprochenen Freiheitswillen, vielleicht auch angesteuert durch ihren Appetit auf frisches Grün. Besonders unser Pablo. Er stellt mich immer wieder vor große und neue Probleme.

Am Anfang habe ich angenommen, die Hecke als Begrenzung der Koppel reicht aus. Nachdem die Alpakas aber auf der Seite der Koppel alles Grün abgefressen hatten, war scheinbar der Weg frei für einen Gang in unseren Garten, denn dort ist das Grün saftiger als auf der Weide. Von unserem Garten aus ist eigentlich der weitere Weg frei für einen unkontrollierten Ausflug, da unser Garten nicht weiter eingezäunt ist. Und ich habe nicht daran gedacht. Plötzlich klingelt Karle und sagt mir: „Du, Bernd, dein großer Alpakahengst läuft hier draußen herum.“ Na, ich nichts wie raus. Ich wusste vor Aufregung gar nicht, was ich gleich machen sollte. Und Pablo rannte ganz aufgeregt um die Koppel herum, er wollte ja wieder zu seinen Freunden, zu Coya und Pedro, fand aber den Weg nicht wieder zurück. Also mussten wir ihn wieder einfangen, was uns nach einigen Mühen auch gelang. Nun musste ich ergründen, welchen Weg er genommen hatte, um damit eine erneute Wanderschaft zu verhindern. Ich habe gedacht, wenn ich in der Hecke Stricke und ein farbiges Absperrband spanne, dann ist seinen Ausreißversuchen ein Ende gesetzt. Da hatte ich mich aber gründlich geirrt. Eines Tages war er wieder weg und alle vorherige Mühe war umsonst. Demnach musste er wieder eingefangen und ein neues Sicherheitssystem erdacht werden. Ich habe mir überlegt, wenn ich an der Hecke zusätzlich noch einen Zaun anbringe, dann habe ich endlich die erforderliche Sicherheit erreicht. Gesagt, getan, ich habe also erneut Zaunsäulen und Maschendraht gekauft und noch einen Zaun innerhalb der Koppel vor der Hecke angebracht. Jetzt war endlich alles sicher, oder? Na, ich habe nicht mit der Intelligenz von Pablo gerechnet. Fand er doch ein kleines Stück im Zaun, in dem am unteren Ende kein Spanndraht gezogen war. Also dachte sich Pablo, dem werde ich es schon zeigen. Damit hat er sicherlich mich gemeint. Was macht der Hengst also, er schiebt Kopf und Oberkörper unter dem Zaun hindurch, hebt den Maschendraht an und robbt durch den Zaun hindurch. Na, das habe ich ja nicht gleich gemerkt, dass da auch noch eine Möglichkeit zum Ausgang besteht. Und so komme ich wieder einmal eines Tages auf die Koppel, um den Alpakas wie üblich ihre Futterrüben zu bringen. Coya und Pedro kommen auch gleich auf mich zugestürzt. Und Pablo, der rennt so auffällig am Zaun lang und ich denke, na was macht denn dein Hengst wieder für Kapriolen. Auf einmal merke ich, dass Pablo nicht innerhalb der Koppel am Zaun lang läuft, sondern schon wieder außerhalb. Der Schreck hat mich für das Erste sprachlos gemacht. Was sollte ich denn bloß machen?

Nun war der Bengel schon wieder ausgerissen, wann hat das denn einmal ein Ende? Die größte Sorge war, dass er einmal noch weiter ausreist oder dass jemand mit einem Hund des Weges kommt, dann ist das Chaos perfekt. Denn bei einer solchen Begegnung würde Pablo in Panik verfallen und unkontrolliert davonrennen. Eine solche Situation ist kaum vorstellbar.


Das ist der ewige Ausreißer, hier im Garten an den Rosen.

Also wieder einfangen und das Schlupfloch suchen. Da Pablo wieder zu seinen Gefährten wollte, ging das Einfangen noch einigermaßen. Ich habe ihn langsam zur Tür getrieben. Das klappte ganz gut. Damit er aber auch auf die Koppel konnte, musste ich die Tür aufmachen, habe dabei aber nicht mit unserer Coya gerechnet. Die hat sich gedacht, jetzt musst du raus, um Pablo wieder hereinzuholen. Und so geschah es auch, Coya raus und Pablo wieder rein. Nun war guter Rat teuer. Coya wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Jetzt brauchte ich Hilfe, denn Coya wollte so einfach nicht wieder auf die Koppel. Zum Glück kam eine Frau und die habe ich gebeten, sich doch breitbeinig und mit ausgebreiteten Armen hinzustellen, damit Coya den Weg auf die Koppel findet. Zum Glück hat das geklappt. Nun waren alle drei wieder beisammen und die aufgekommene Aufregung konnte sich wieder legen.

Mit dem Ausreißen war es noch nicht genug. Nun hat Pablo, und immer nur Pablo, seinen Kopf unter dem Zaun hindurchgeschoben, um das Gras außerhalb der Koppel fressen zu können. Wieder begann die Sorge, dass er das zum wiederholten Male als Fluchtmöglichkeit nutzen könnte. „Was tun? sprach Zeus.“ Wieder musste ich mir etwas einfallen lassen und habe am Zaun einen Graben gezogen, das Tor festgebunden und noch einmal alles kontrolliert, ob denn nun die Sicherheit gegeben ist. Ich hoffe, jetzt gibt er Ruhe. Zudem kommt nun langsam der Frühling und das Gras wächst wieder stärker. Aber bei diesen Gedanken habe ich nicht mit dem Erfindungsreichtum der Alpakas gerechnet.

Sie sind nun ein Jahr auf der Koppel und die Bäume oder die Baumrinde waren bisher tabu. Ich konnte überhaupt nicht verstehen, dass das nun plötzlich anders sein soll. Es war aber anders. Jetzt ging es an die Apfelbäume ran. Ehe ich mich versehen hatte, war einer der Apfelbäume am Stamm total kahl gefressen.

Was blieb mir anderes übrig, als die Apfelbäume mit einem Verbissschutz zu versehen. Also wieder zum Baumarkt oder zum Gartenmarkt und nachgesehen, was es da Sinnvolles oder Günstiges zu kaufen gibt. Ich habe auch etwas Brauchbares gefunden und die Bäume damit ummantelt. Und wieder habe ich nicht mit der Intelligenz der Alpakas gerechnet. Der Schutz war für sie kein Hindernis, denn den konnte man ja abreißen und hatte so wieder Zugang zur Baumrinde. Jetzt war wieder einmal guter Rat teuer. Ich musste also etwas tun, damit der Verbissschutz von den Tieren nicht abgemacht werden konnte. Ich habe den Schutz noch zusätzlich mit Band umwickelt und verknotet. Was soll ich sagen, Coya hat mich dabei sehr intensiv beobachtet und als ich weg war, den Strick mit den Lippen so lange bearbeitet, bis er wieder runtergefallen war und sie so Zugang zur Rinde hatten. Das wurde nun zum Geduldsspiel, ich den Strick wieder angebunden und Coya abgezupft. Wer hatte nun die größere Ausdauer und die stabileren Nerven. Ich glaube, nach einer Weile habe ich gesiegt, so sieht es zumindest im Moment aus. Jetzt lassen sie die Bäume in Ruhe. Hoffentlich bleibt das auch so und hoffentlich haben die Bäume noch keinen größeren Schaden genommen. Denn Äpfel sollen ja noch wachsen, die schmecken doch soooo gut, auch den Alpakas.

Mit dem Fressen ist das so eine Sache. Coya frisst am schnellsten und am hastigsten. Da gibt es schon manchmal so richtigen Zoff. Ob Pablo oder Pedro, wenn sie vom Futter verdrängelt werden, dann quieken oder pfeifen sie schon mal. Aber in aller Regel setzt sich Coya durch und unser kleines Sensibelchen tritt daraufhin den Rückzug an. Pablo kann sich da schon eher etwas durchsetzen. Nun habe ich erfahren, dass das nichts Besonderes ist.

In einer Herde haben die Stuten das Vorrecht und die Hengste warten ab, bis die Stuten gefressen haben. Na, zum Glück ist das bei den Menschen nicht auch so. Da herrscht relative Gleichberechtigung.


Ist das nicht friedlich, jeder bekommt seine Schüssel

Wenn die Alpakas ihr Frühstück bekommen, das aus Mais, Quetschhafer, Möhren und einem Apfel besteht, habe ich drei verschiedenfarbige Schüsseln eingerichtet und jeder bekommt seine Portion oder seine Schüssel. Meistens bleibt es dann auch dabei, nur manchmal versucht Coya in den anderen Schüsseln zu naschen.

Da könnte ja etwas Anderes oder sogar Besseres drin sein.

Nach einer Weile sortieren sie sich aber ein und fressen friedlich miteinander. Wenn sie täglich so gegen Mittag ihre Futterrübe bekommen, ist das dann so ähnlich. Coya frisst ihre Rübe allein vom Boden und die beiden Hengste nehmen die Rübe aus der Hand. Aber wehe, Coya ist eher mit ihrer Ration fertig, dann verdrängelt sie schon mal einen der Hengste. Wenn einer den Rückzug angetreten hat, meistens ist das Pedro, dann kann ich machen was ich will, dann frisst der nichts mehr; er begnügt sich mit Gras oder Heu. Da tut er mir so richtig Leid und ich versuche, ihm auch zu seinem Recht zu verhelfen. Oftmals gelingt das auch. Und so kommt letztendlich jeder zu seinem Recht, denn verhungert sieht ja nun kein Tier aus.

Die Seele oder die Stimmung der Alpakas ist auch nicht jeden Tag gleich und sie versuchen manchmal, ihren Kopf durchzusetzen. So passiert es schon mal, dass sie ihre Schüssel im Unterstand überhaupt nicht ansehen. Stelle ich sie ins Freie, kommen sie doch noch zum Fressen. Oder sie bekommen am Nachmittag ein Vesper, welches aus jeweils zwei Äpfeln besteht. Die füttern wir in aller Regel aus der Hand. Dazu setzen wir uns auf die Bank in der Koppel, jeder hat seine Schüssel, wie beim Frühstück, damit auch einigermaßen alle ihren Anteil bekommen. Wenn die Alpakas mich mit den Schüsseln aus der Tür kommen sehen, laufen sie schon ganz allein zur Bank und sind ganz aufgeregt. Aber dann geht es los. So ein richtiges Wettfressen. Wer mit seiner Ration am ehesten fertig ist, kann ja eventuell noch etwas vom Nachbarn abbekommen. Und meistens ist Coya Siegerin. Pedro räumt dann das Feld, nur Pablo versucht mit seinen Tönen doch noch seine Ration zu verteidigen.

Und wenn sie gar keine Lust zum Fressen haben, drehen sie mir demonstrativ ihr Hinterteil zu und denken: „Der kann uns mal!“ Ich stehe dann völlig ratlos hinter meinen Lieblingen und kann die Äpfel allein essen.

Ich habe schon versucht, den Alpakas ganze Äpfel aus der Hand zu füttern, damit sie auch abbeißen. Leider habe ich aber nur zwei Hände. Wer bleibt demnach auf der Strecke? Natürlich wieder Pedro. Auch der Versuch, ihm dann einen Apfel extra zu füttern, misslingt. Coya ist auch hier wieder die Stärkere und verdrängt Pedro. So ist die Variante mit den Schüsseln doch die Beste. Da bekommen wenigsten alle so einigermaßen gleich ihren Teil ab.

Wir haben wie bereits erwähnt noch eine zweite Koppel eingerichtet, für den Fall, dass das mit Coya und den Hengsten nach dem Deckprozess nicht so richtig klappt. Aber das ist ja nicht so. Sie vertragen sich nach wie vor ausgezeichnet. Über eine längere Zeit besteht allerdings doch das Problem, dass die Hengste sich stärker bekämpfen und sich verletzen können, wenn sie ihre Geschlechtsreife erreicht haben. Dann müssten wir einen kastrieren lassen oder die Hengste ohnehin trennen. Das wollte ich aber doch nicht. Ich hätte mich nicht entscheiden können, welchen von unseren beiden „Söhnen“ ich ans Messer liefern soll. Also haben wir uns festgelegt, vielleicht doch noch eine Stute zu erwerben und jedem der Hengste eine Frau zur Seite zu stellen.

Sind das nicht schöne Aussichten? Nun ging es wieder los, wo bekommen wir eine passende Stute her. Coya und Pablo passen von der Größe und ihrer Entwicklung schon ganz gut zusammen. Demnach müssen wir nach einer passenden Partnerin für Pedro Ausschau halten. Und so haben wir einige Alpaka-Farmen aufgesucht und geguckt, wo etwas Passendes zu finden sei. Die neue Stute sollte ja zu Pedro passen und finanziell auch erschwinglich sein. Im schönen Erzgebirge bei der Familie Weiß sind wir dann im Sommer 2006 fündig geworden. Dort war eine kleine schwarze Jungstute. So richtig niedlich und geeignet für Pedro. Aber Familie Weiß wollte nicht verkaufen. Was war da nur zu machen?

Wir haben uns eine ganze Weile unterhalten, die Koppel und die Herde und Frau Weiß ganz lieb angesehen. Schließlich waren wir ihr doch sympathisch und sie versprach uns, den Familienrat einzuholen. Am Abend hat sie uns angerufen und uns mitgeteilt, dass wir die kleine „Steffi“ bekommen können. Da war natürlich die Freude groß. Nun mussten wiederum alle Vorbereitungen getroffen werden, damit „Steffi“ ordentlich empfangen werden konnte. Bis dahin sollten aber noch etwa 6 Monate vergehen. Es war also genug Zeit vorhanden.

Im Herbst haben wir die drei Alpakas doch schon einmal auf die neue Koppel umgesetzt, um zu sehen, wie sie sich dort einleben. Das hat gut geklappt. Nur zum Jahresende haben wir sie erst einmal wieder zurück genommen, aus Sorge wegen der Knallerei zu Silvester. Die Koppel hat ihre Bewährungsprobe bestanden. Ich habe in der Zwischenzeit noch eine Wasserleitung auf die neue Koppel gelegt, damit ich im Sommer die Tiere und natürlich die Koppel auch bequemer mit frischem Wasser versorgen kann.


Test auf der neuen Koppel

Dann war es irgendwann soweit. Am 24. Februar 2007 sollte Steffi ihre neue Heimat beziehen. Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen. Es konnte also losgehen. Und so haben wir am Morgen des 24. Februar Pedro schon auf die Koppel 2 geschafft, damit er seine neue Frau auch gebührend empfangen kann.

Wir hatten dabei nicht bedacht, dass Pablo und Pedro Brüder sind. Wir konnten uns vorher nicht vorstellen, dass der Trennungsschmerz zwischen den Tieren so groß sein kann. Sowohl Pablo als auch Pedro haben an den Zäunen ihrer Koppel gestanden und fortwährend einander zugerufen. Zu guter Letzt ist dann auch noch Coya in das Konzert mit eingefallen. Als dann Steffi kam, habe ich gedacht, dass sich das gibt, habe mich aber leider getäuscht. Auch Steffi hat in das Gejammer mit eingestimmt. Nun waren wir ratlos. Was sollten wir nur machen? Alle vier auf eine Koppel, das konnte auch nicht gut gehen. Steffi passte so schön auch in ihrer Größe zu Pedro. Nicht, dass die beiden sich nicht verstanden hätten.


Die schwarze Steffi mit ihrem Pedro

Steffi ist gleich zu Pedro hin, hat ihn beschnuppert und dann ihren Kopf auf seinen Hals gelegt. So, als wollte sie ihm sagen, nun sei doch lieb zu mir. Eigentlich haben die beiden sich gleich gut verstanden, aber der Trennungsschmerz der beiden Hengste war nicht zu übersehen.

In den ersten Tagen haben alle, außer Coya, schlechter gefressen. Das hat uns schon rechte Sorgen bereitet. Zum Glück hat sich das nach einigen Tagen gegeben. Jetzt benehmen sich alle vier auf ihren jeweiligen Koppeln wieder normal. Laufen zwar ab und zu noch zum Zaun, um zu sehen, ob die anderen auch noch da sind, aber sie jammern nicht mehr und fressen auch wieder normal. Wir hatten ja gehofft, dass Steffi, da sie ein Jahr jünger als Pedro ist, nicht so dominant ist. Das hat sich dann auch bestätigt. Sie fressen beide ganz friedlich, auch aus einer Schüssel. Aber Pedro lässt auch hier der Steffi den Vortritt. Na, das ist eben bei den Alpakas so, was soll man da machen. Nun können sie sich erst einmal so richtig aneinander gewöhnen und wenn Pedro seine Geschlechtsreife erreicht hat, wird er vielleicht die Steffi auch zur Mutter machen. Irgendwann im nächsten Jahr ist sie soweit, um gedeckt zu werden. Aber das lassen wir die Tiere entscheiden und wollen hier nicht steuernd eingreifen. Nun besteht unsere kleine Herde aus vier Tieren und vielleicht oder auch hoffentlich bald aus fünf, wenn nämlich unsere Coya ihren Nachwuchs bekommen hat.

Inzwischen haben sich die zwei Paare an ihr neues Leben gewöhnt, so scheint es zumindest. Der geregelte Tagesablauf ist wieder eingezogen, sie fressen entsprechend dem täglichen Appetit – mal mehr, mal weniger, aber sie zicken nicht mehr so rum. Ausgenommen, sie sind beleidigt, und das kann schnell mal passieren. So waren wir vor einigen Tagen den Tag über nicht zu Hause und die täglichen Fütterungen konnten von mir nicht ausgeführt werden. So habe ich den Nachbarn gebeten, doch nach meinen Tieren zu sehen und ihnen die gewohnten Rationen an Futterrüben und Äpfeln zu geben. Und schon war ein Problem da, denn die Alpakas wollten von ihm nicht so recht etwas annehmen. Am krassesten war es bei den zwei Kleinen. Die haben überhaupt nichts genommen. Als ich dann am nächsten Tag wieder da war, na da habe ich vielleicht gestaunt. Ich denke, ich sehe nicht recht. Komme ich doch auf die Koppel zu Pedro und Steffi und will das Futter bringen, da drehen sie sich rum und zeigen mir ihr wertes Hinterteil. So, als wollten sie sagen: „Wir sind aber toll beleidigt, weil du nicht da warst. Wie kannst du uns allein lassen, zur Strafe fressen wir jetzt nicht.“ Mit viel Geduld konnte ich sie überzeugen, doch das Frühstück anzunehmen. Da hat wohl dann doch der Appetit und der Hunger gezogen. Ich denke, wir haben uns nun wieder vertragen. Pedro hat dann beim Füttern ausführlich an meiner Hand geschnuppert und mir leicht, vielleicht sollte es auch liebevoll sein, in den Finger gebissen. Wenn die Alpakas mal ihre Ration nicht gleich auffressen, dann gebe ich den Rest in die Futterrinne im Unterstand. Dann fressen sie das im Laufe des Tages auf.

Die Spannung steigt. In der nächsten Zeit steht eine Reihe von Höhepunkten an. Zunächst ist der 2. Schertermin dran. Wir wollen das erste Mal unter eigener Regie auf unserer Farm die Alpakas scheren lassen. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Zuerst haben wir eine Steckfix-Horte gekauft, um die Tiere darin einfangen zu können. Diese Box haben wir mit der offenen Seite zur Gartentür im Garten aufgestellt, in der Hoffnung, Coya und Pablo gehen dort hinein und wir können sie leicht halftern, um sie dann zum Scheren führen zu können.

Für die Garageneinfahrt habe ich extra ein Gatter gebaut, damit soll die Garage versperrt werden, um ein mögliches Weglaufen der Tiere zu verhindern. In der Garage selbst habe ich unter der Decke eine Halterung für den Scherkopf angebracht, die Garage ausgeräumt und noch einmal richtig gesäubert. Nun konnte es eigentlich losgehen, brauchte nur noch der Schermeister zu kommen. Am Sonnabendnachmittag, dem 12. Mai 2007, war es dann soweit.

Zuerst wollten wir Pedro und Steffi scheren, die ließen sich am einfachsten halftern. So war es auch, aber insgesamt haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Pedro lief mit einigem Zögern zur Garage, aber Steffi ließ sich dazu überhaupt nicht bewegen. Sie hat sich eben einfach hingelegt und gedacht, nun macht mal. Um weiter voran zu kommen, haben wir Steffi zur Garage getragen. Wie das eben bei einer Prinzessin so üblich ist. Nun konnte der Scherprozess beginnen. Steffi sollte als erste dran sein. Sie hat sich aber einfach wieder nur hingelegt und scheintot gestellt. Und so mussten wir sie halt im Liegen scheren. Sie hat wunderschöne weiche Wolle. Es hat auch unter den gegebenen Umständen ganz gut geklappt.

Wir haben sicher einen Fehler gemacht, dass wir Pedro mit in der Garage hatten. So konnte er sich das Dilemma mit Steffi schon ansehen und hat entsprechend reagiert. Er hat sich nicht nur wie im letzten Jahr einfach hingelegt und den Prozess über sich ergehen lassen. Nein, er hat geschrieen, als würde er abgemurkst. Unsere Nachbarin hat gedacht, wir bohren mit einem Bohrer in Stein, so hat er gequiekt. Zu guter Letzt war er so im Stress, dass er noch in die Garage gepinkelt hat. Zum Glück hat aber auch er alles gut überstanden, haben wir ihm doch auch noch die Klauen verschnitten. Es war dringend erforderlich.

Dann sollten Coya und Pablo dran sein. Zuerst ging meine Theorie auch auf. Coya ging in das Gatter im Garten. Sie hoffte ja, etwas Besonderes zu fressen zu finden. Aber Pablo hat den Braten gerochen. Er ist eben doch ein vorsichtiger junger Mann und nicht so leicht zu überlisten. Als Coya merkte, dass Pablo nicht kam, ist sie natürlich prompt wieder aus dem Gatter herausgelaufen. Nun fing das Dilemma an. Beide Alpakas in das Gatter treiben, war ja nicht so einfach. Wir mussten alle Tricks und alle Mühen aufwenden, um das zu bewerkstelligen. Die beiden Schermeister mussten da tüchtig mit helfen. Aber zu guter Letzt konnten wir den Alpakas das Halfter anlegen. Mit mehr oder weniger Mühen und der erforderlichen Kraftanstrengung ist uns der gesamte Prozess doch noch gelungen.

Auch bei Coya und Pablo mussten die Klauen verschnitten werden. Auch das haben wir zum ersten Mal eigenständig gemacht. Und auch hier war zu sehen, ein Lernprozess ist unbedingt erforderlich. Dazu haben wir das „Alpaka – Kompendium“ gekauft, um zu lernen. Aber auch hier wieder der Fehler, beide Tiere zugleich am Scherplatz. Das muss ich im nächsten Jahr unbedingt anders organisieren. Ende gut, alles gut. Diese Aktion wurde trotz aller Mühen mit Bravour gemeistert. Das wird schon noch, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Das Wichtigste ist doch, dass die Tiere keinen Schaden nehmen.


So sieht man aus, wenn man frisch vom Friseur kommt

Das war nur einer der möglichen Höhepunkte. Die Niederkunft von Coya steht noch aus. Noch ca. drei Wochen, die Spannung steigt. Jetzt, wo sie geschoren ist, sieht man doch, dass der Bauch eine kleine Rundung hat. Jeder hat eine andere Meinung und weiß etwas Besonderes zu berichten, was zu beachten ist. Auch die Fachliteratur schreibt unterschiedliche Dinge. Wir wollen uns aber nun an das Kompendium halten. Dort hat eine erfahrene Trainerin geschrieben, wie man sich richtig verhält und meint, weniger ist mehr. Man sollte auch bei der Geburt der Natur den nötigen Raum lassen. Ich will bei aller Aufregung versuchen, mich danach zu halten. Einen Namen habe ich inzwischen schon herausgesucht. Wenn es ein Mädchen wird, soll es Cinja heißen und einen Jungen wollen wir Carlos nennen. Na, wie findet ihr das?

Auch unser Umfeld ist sehr gespannt auf das freudige Ereignis. Nun könnte es ja eigentlich losgehen, oder?

Pedro und Steffi verhalten sich wie immer, sehr reserviert. Also Freude zeigen und sich gleich auf das Futter stürzen, das ist überhaupt nicht drin. Erst müssen wir mal schauen und mal riechen und überhaupt, gefressen wird in aller Ruhe und vor allem allein. Und so muss ich letzten Endes das Futter im Unterstand in die Futterrinne geben. Dort wird es dann nach eigenem Ermessen gefressen. Aber wichtig ist, dass sie es überhaupt fressen und das tun sie. Und so bin auch ich zufrieden. Man muss eben das sensible Verhalten der beiden berücksichtigen. Sie sind noch nicht so kontaktfreudig wie Coya und Pablo. Das wird schon noch, habe ich mir doch vorgenommen, beide in aller Ruhe mit Hilfe des Kompendiums zu trainieren.


Pedro bei seinem ersten Versuch. Aller Anfang ist schwer

Bisher habe ich immer gedacht, Pedro kann kein Wässerchen trüben, aber weit gefehlt. Komme ich doch letztens zur Koppel und was sehe ich da. Pedro müht sich mit aller Intensität und mit ungeheurer Ausdauer, „Liebe“ zu machen und seine Steffi zu bespringen. Ihr scheint das aber auch gefallen zu haben, denn sie hat sich nicht sonderlich gewehrt. Seine Mühen kamen auch in besonderen Tönen zum Ausdruck, er war also ganz bei der Sache. Und seine Ausdauer hat immerhin ca. 45 Minuten angehalten, beachtlich, oder?

Das Verhalten von Pedro und Steffi hat sich mit der Zeit auch verbessert. Sie werden mir gegenüber allmählich etwas zutraulicher. Wenn sie gute Laune haben, dann fressen sie schon mal einen Teil ihres Frühstücks aus der Schüssel, die ich ihnen vorhalte. Beim Vesper, also wenn es Äpfel gibt, ist das genau so. In diesem Fall kommen sie schon auf mich zugelaufen, zwar nicht so rasant wie Coya und Pablo, aber immerhin, sie kommen und fressen ihre Äpfel aus der Schüssel. Wobei hier nicht so eine Dominanz wie bei den beiden Großen zu bemerken ist. Mal frisst Steffi noch von Pedro und ein anderes mal umgekehrt.

Wenn ich die Schüsseln mit den Äpfeln halte, passiert es schon mal, dass Pedro mich in den Daumen beißt, so ganz leicht, als wollte er sagen: „Du, ich hab dich auch lieb.“ Und Steffi geht langsam auch mehr aus sich heraus. Ich habe auf der Koppel drei Apelbäume gepflanzt, von denen sie sich später einmal laben sollen. Zum Schutz habe ich sie mit einem Gitter umzäunt. Das ist aber für Steffi kein Hindernis. Sie klettert eben mal an dem Zaun hoch, indem sie mit den Vorderfüßen in die Maschen steigt und so über den Zaun an die Blätter des jungen Baumes kommt. Und neuerdings geht Steffi auch baden. Wenn ich mit dem Wasserschlauch bei hohen Temperaturen die beiden Alpakas mal nass spritzen will, dann laufen sie davon. Ich habe eine größere Wanne aufgestellt und mit Wasser gefüllt, damit die Laufenten drin schwimmen können. Diese Wanne wird aber eher von Steffi genutzt. Sie steigt mit den Vorderbeinen hinein und taucht dann ihr Gesicht in das Wasser. Na, so wird die Wanne eben von ihr genutzt.

Coya trägt ihre werdende Mutterschaft mit Stolz aus. Sie ist die Ruhe in Person. Man merkt ihr so richtig keine Aufregung an. Sie setzt wie üblich ihre Dominanz gegenüber Pablo durch, wenn es ums Fressen geht. Ansonsten vertragen sich beide ausgezeichnet. Pablo will zwar schon öfter mal an Coya ran, aber sie spuckt ihn ab und wenn ich dann auf die Koppel komme, dann stellt sie sich hinter mich und meint sicher, ich solle sie beschützen. Wenn ich dann in aller Ruhe eindringlich mit Pablo rede, dann schnauft er zwar, lässt aber brav von Coya ab.

In Vorbereitung der Geburt unseres kleinen Nachwuchses haben wir viel Literatur gelesen, um auch auf die Niederkunft vorbereitet zu sein. Haben wir alles gut beobachtet, dann ist Coya am 8. Juli 2006 von Vincenc gedeckt worden. Da die Literatur zur Zeit der Trächtigkeit unterschiedliche Angaben macht, habe ich mich auf eine breite Zeitspanne eingerichtet. Die einen schreiben, es kann von 330 bis 370 Tage dauern, andere wiederum meinen, die Zeit liegt zwischen dem 342-ten und dem 350-ten Tag. Also habe ich mir einen Kalender aufgezeichnet und alle Tage vom 333-ten bis zum 365-ten Tag gekennzeichnet und kann so jeden Tag abstreichen, an dem noch nichts passiert ist. Wir haben uns auch auf die Möglichkeit eingerichtet, dass Coya das Baby nicht annimmt und wir es mit der Flasche aufziehen müssen. So habe ich bereits im Vorfeld zwei Nuckelflaschen und zwei Spritzen gekauft und sie entsprechend präpariert.

Die Spritzen, so schreibt eine erfahrene Autorin, soll man nehmen, um die erste Kolestralmilch vom Muttertier abzupumpen. Die benötigt man nämlich, um beim Jungtier die biologischen Abwehrstoffe aufzubauen. Und so rückte der 342-te Tag immer näher und die Freude stieg auf das zu erwartende Ereignis unermesslich. Es konnte ja eigentlich alles nur gut gehen. Die Fachliteratur schreibt, dass 95 % aller Geburten in Ordnung sind und nur 5 % Komplikationen bringen könnten. Warum sollte ich mit meiner Coya nun gerade bei den 5 % sein?

An dieser Stelle habe ich überlegt, ob ich weitererzählen soll oder die Geschichten beenden. Denn was ich jetzt berichten muss, ist nicht lustig oder erfreulich, aber das Leben ist ja auch nicht immer nur lustig und deshalb werde ich weitererzählen.

Der 15. Juni 2007 war herangekommen und damit für unsere Coya der 342-te Tag ihrer Schwangerschaft. Nun war es bald an der Zeit, dass sie ihr Baby bekommen musste. Wir hatten uns auch schon Namen ausgedacht, damit wir das Alpaka-Junge (ein Cria) auch beim richtigen Namen nennen können. Wie schon angedeutet, der Tag wird traurig enden.

Ich habe in der Erwartung der Geburt bereits früh um 6 Uhr nach Coya gesehen und noch alles in Ordnung befunden. So gegen 7 Uhr haben beide, Coya und Pablo, auf der anderen Weide natürlich auch Steffi und Pedro wie üblich ihr Frühstück bekommen. Alles war also in Ordnung. Sie haben wie immer gefressen. Nun habe ich gedacht, wenn es mit Coya losgeht, dann nicht vor 10 oder 11 Uhr, denn um 8 Uhr war ja auch noch alles in Ordnung.

Und so habe ich für den Trainings-Pen für Steffi und Pedro noch eine Besorgung gemacht und war so gegen 9 Uhr wieder vor Ort. Nachdem ich alles ausgeladen hatte, habe ich sogleich nach Coya gesehen und konnte zu diesem Zeitpunkt noch erfreut feststellen, dass die Geburt bei Coya gerade eingesetzt hatte. Es war so, wie in der Literatur beschrieben, zuerst war der Kopf und die beiden Vorderfüße zu sehen. Ich habe gleich meinen Nachbarn gerufen, weil ich ganz aufgeregt war. Er kam auch sogleich und das Alpaka-Junge lag schon auf dem Erdboden.

Also am Zeitablauf und vom Bewegungsablauf eine ganz normale Geburt. Aber nun fing das Drama an. Coya und Pablo sind ganz aufgeregt um das Kleine herumgelaufen und haben es intensiv beschnuppert. Wir sind auch gleich hin, um nach dem Rechten zu sehen. Da mir aber gleich alles so komisch vorkam, habe ich Frau Dr. Grohmann angerufen, denn der kleine Kerl, es war nämlich ein kleiner „Carlos“, hat nach der Geburt nur kurz geatmet, auch die Beinchen einmal kurz bewegt, aber dann lag er ganz still da. Nun bin ich laufend zwischen Telefon und Carlos hin und her gependelt, habe mir Ratschläge von Frau Dr. Grohmann geben lassen.

Ich sollte den kleinen Kerl kräftig an der Brust massieren, ihn trocken reiben und ihm kaltes Wasser über den Kopf gießen, damit er erschrickt und die Atmung richtig einsetzt. Ich habe noch große Handtücher geholt, um ihn darauf zu legen, damit er nicht im Schmutz auf der blanken Erde liegt. Erst mit Heu und dann mit Handtüchern habe ich ihn trocken gerieben. Und dann die ganze Zeit kräftig die Brust massiert. Diese Bemühungen haben wir so lange fortgesetzt, bis Frau Dr. Grohmann eingetroffen ist.

Und immer war Coya um uns herum, hat mich immer angestupst, so als wollte sie mir sagen: „Nun mach doch und bringe bitte, bitte mein Kind zum Leben.“ Sie hat die ganze Zeit gejammert und auch verzweifelt versucht, ihr Baby auf die Beine zu bringen. Auch Pablo war sehr aufgeregt und besorgt. Er hat wie Coya den kleinen Kerl immerfort beschnuppert und angestoßen. Mit Frau Dr. Grohmann haben wir dann noch Mund zu Mund Beatmung gemacht. Alle Bemühungen haben zu keinem Erfolg geführt. Frau Dr. Grohmann sagte noch: „Fassen Sie dem Kleinen an die Pupille und sehen, ob er das Augenlied schließt.“ Auch dabei keine Reaktion.

Unser kleiner Carlos wollte einfach nicht auf diese Welt. Ich war völlig verzweifelt und konnte in der Folgezeit meine Tränen nicht mehr zurückhalten, als Frau Dr. Grohmann mir beigebracht hat, dass Carlos nicht mehr lebt. An den Bemühungen von Coya habe ich gemerkt, dass sie eine sehr gute Mutter gewesen wäre. Ihr konnte man deutlich anmerken, wie verzweifelt sie war. Das Gleiche war auch von Pablo zu bemerken. Ich glaube, auch er wäre ein guter und besorgter Vater für Carlos gewesen.

Nun habe ich ein Jahr sehnsüchtig auf den Nachwuchs gewartet, er ist eigentlich auch pünktlich am 342-ten Tag gekommen, wollte aber nicht auf dieser Welt bleiben. Da haben auch alle Stoßgebete nichts genützt. Und dabei war er ein so hübscher kleiner Kerl. Es war alles dran, er war gut gewachsen, hatte ein helles Fell mit braunen Spitzen, aber es sollte eben nicht sein.

Nachdem alle Bemühungen vergebens waren, habe ich Carlos schön gerade auf ein großes Handtuch gelegt und habe nach Dr. Wittek (UNI Leipzig) telefoniert, um Carlos in die Pathologie zu bringen. Er hat mir eine Außenstelle der Staatlichen Untersuchungsanstalt in Wiederitzsch empfohlen. Dort habe ich dann einen Termin abgesprochen, denn ich wollte unbedingt wissen, woran Carlos gestorben war.

Nach der Terminabsprache habe ich das Auto vor die Tür der Koppel gestellt, um Carlos in ein Handtuch eingepackt im Auto zu verstauen. Auf dem Weg zum Auto ist Coya hinter mir hergelaufen.

Ihr konnte man anmerken, dass sie überhaupt nicht verstanden hat, dass ich ihr das Baby wegnehme und wegschaffe. Aber was sollte ich denn machen. Mir hat es ja selbst fast das Herz herausgerissen, als ich ihre Trauer bemerkt habe. Mir wäre es auch lieber gewesen, Carlos wäre am Leben geblieben. So ist nun mal das Leben. Ich kann nur hoffen, dass Coya ihre Trauer recht schnell überwindet.

Nachdem ich Carlos in der Pathologie abgegeben hatte, bin ich wieder nach Hause gefahren, um mich meiner Coya zu widmen. Ich wollte ihr doch bei ihrer Trauer beistehen. Und das war schwer genug. Sie hat mir sicher übelgenommen, dass ich ihr Baby weggenommen habe. Sonst ist sie immer angerannt gekommen, wenn ich zur Koppel kam. Jetzt hat sie nur geschaut und hat mich nicht weiter beachtet. Ich kann nur hoffen, dass sich das bald gibt.

Inzwischen habe ich die Nachgeburt weggeräumt und den Unterstand gesäubert, damit nichts mehr an Carlos erinnert und Coya recht bald alles überstanden hat.

Am Nachmittag hat mich dann der Pathologe angerufen und mir mitgeteilt, an was Carlos bzw. warum Carlos gestorben ist. Er hatte eine Fehlentwicklung am Zwerchfell, also einen Geburtsfehler. Im Zwerchfell war ein ca. 6 cm großes Loch. Die Ränder des Loches waren richtig ausgebildet, also nicht beim Geburtsvorgang etwa eingerissen. Dadurch konnten die inneren Organe in den Bauchraum eindringen und die Lunge konnte keinen Gegendruck erzeugen und damit war ein dauerhaftes Atmen nicht möglich. Es bestand also überhaupt keine Möglichkeit, dem kleinen Kerl zu helfen. Somit war er nicht lebensfähig. An eine solche Möglichkeit hatten wir im Vorfeld während der Tragezeit überhaupt nicht gedacht. Ich glaube, solch ein Vorfall ist auch noch nicht passiert.

Ich schreibe das alles gleich unmittelbar auf, weil es mir hilft, über diese Ereignisse hinwegzukommen. Darüber reden kann ich zurzeit nicht, dazu ist mir das Herz viel zu schwer. Mir ist, als hätte man mir ein Stück von mir selbst genommen.

Ich muss aber alle Sinne zusammennehmen und Coya trösten. Sie sucht und ruft immer noch nach ihrem Baby und kann es leider nicht finden. Ihr ist es sicher auch schwer um ihr Herz, denn Tiere haben ebenso eine Seele und Empfindungen. Das war ganz deutlich zu spüren, wie sie um ihr Kind besorgt war und es trotzdem nicht zum Leben bewegen konnte.

Coya frisst zwar wieder, aber mir gegenüber verhält sie sich noch etwas reserviert. Am Abend und auch einen Tag später, als sie auf der Koppel lag, habe ich sie am Hals gestreichelt und ganz ruhig mit ihr gesprochen. Ich hatte das Gefühl, sie versteht mich und ihr tut der Trost gut, denn so lange hatte sie sonst nicht still gehalten.

Ja, das war ganz bestimmt keine schöne Episode. Ich wollte damit aber zeigen, dass Tiere ebenso wie wir Menschen Empfindungen haben und trauern können und dass wir das entsprechend beachten müssen, auch wenn sie das nicht so ausdrücken können. Sie trauern eben auf ihre Art auch sehr intensiv.

Ich kann nur hoffen, dass Coya diesen Zustand recht schnell überwindet und für eine neue Partnerschaft, aber diesmal mit Pablo bereit ist. Dazu gehört natürlich auch noch, dass Pablo, er ist inzwischen zwei Jahre alt, für Coya schon zeugungsfähig ist. Dann können wir vielleicht in einem Jahr wieder froher Hoffnung sein und Coya kann beweisen, dass sie eine ausgezeichnete Mutter ist. Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass sie körperlich und seelisch alles gut übersteht. Ich will mit dem Ausspruch schließen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“.

Schade ist nur, dass in diesem kleinen Buch die traurigste Episode zum Schluss des ersten Kapitels kommt, aber das war nicht vorherzusehen, als ich mit dem Schreiben begonnen habe. Ich werde weiter über meine Alpakas berichten.

Mein Haustier – ein Alpaka

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