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4.1. Die ästhetischen Theorien des Barock

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Wie bereits mehrfach betont, waren die Vetreter des Barock zum Unterschied von den Klassizisten mit theoretischen Reflexionen äußerst sparsam. »Den Barock begleitet keine Theorie wie die Renaissance.« Wo es solche Reflexionen gibt, drehen sie sich vorwiegend um zwei Themenkomplexe: Sie loten das geforderte Ausmaß an Klassizität im Sinne des Regelwerks aus und sie beschreiben die Rolle des Künstlersubjekts im Hinblick auf dessen Kreativität. Es war der klassizistische Code von Bellori, 1664 in der Akademie San Luca in Rom verkündet, dessen Normsetzung die Diskussion für das erste beendete.

Wölfflin 1888, 21

4.2.4.1.

Die Frage nach der Einhaltung der Regel war im Grunde genommen jene nach dem Ausmaß der Naturnachahmung. Mit Blick auf die beiden formalen Figuren, Klassizismus und »geschwungener Barock«, kann man den Unterschied folgendermaßen festmachen: Wurde im Spiel von Kraft und Gegenkraft, in der Ausbalancierung der Dynamik, ein Naturalismus im Klassizismus rational überformt, wurde er im »geschwungenen« Barock emotional übersteigert. Die Debattengrenze könnte man darin festmachen, dass diese emotionale Übersteigerung einem Cartesianismus dann widerspricht, wenn man mit diesem Klarheit der Form (clare et distincte) verbindet. So wurde dies von Hegel verstanden, wenn er das Schöne allein für menschliche Artefakte reserviert, weil nur dort die Natur durch den Begriff auf die Ebene der Vernunft gehoben wurde. Dieselbe Geschichte entspricht jedoch einem Cartesianismus, wenn man das kreative Subjekt (cogito ergo sum) im Auge behält, das mit Hilfe der Vernunft die Regeln bestimmt (oder eben auch bricht) und nicht mehr die Regeln das Subjekt determinieren. Ein Subjekt, das sich von vermeintlich vorgegebenen Regeln absetzt, liegt auf dem Weg zur Ästhetisierung der Kunst, also auf dem Weg zur Moderne. Die analoge Spannung von (moderner) Formulierung des Subjekts und (prämoderner) Formulierung des Systembegriffs wird uns in der philosophischen Konzeption Hegels begegnen. Seine Einordnung als Philosoph der Moderne ist dementsprechend umstritten.

VIII.5.3.2.2.

VIII.5.3.ff.

Von der Seite des sich befreienden Subjekts her gelesen, liegt darin eine Verschärfung des Geniebegriffs, den bereits Zuccaro und Lomazzo, die Theoretiker des Manierismus, formuliert hatten: Den göttlichen Ideen trat die menschliche Vernunft gleichberechtigt zur Seite. Auf der anderen Seite stand der universalistische und das Subjekt diskriminierende Vernunftbegriff des Rationalismus. Der empirische Anteil wurde sozusagen durch das System überformt. Der Streit zwischen Barock und Klassizismus ist einer um den Spielraum des Subjekts. Dieser Hintergrund scheint mir bei der Rekonstruktion einiger kunstphilosophischer Positionen fruchtbar zu sein.

Guarino Guarini, Angehöriger des Theatiner-Ordens in seiner Geburtsstadt Modena, war ein führender, vielleicht der wichtigste italienische Theoretiker des Barock. Von ihm stammt die »einzige italienische Architekturtheorie des 17. Jahrhunderts nach Scamozzi (1615), die wirklich diesen Namen verdient […].« Auch in der Philosophie war er bewandert, denn er war wie sein Bruder Eugenio Lektor für dieses Fach. Bei Studienaufenthalten in Rom lernte er die klassische Ausrichtung an Vitruv und Alberti ebenso kennen wie das Werk Borrominis. In Paris wurde er mit dem – nicht zuletzt im Licht des cartesianischen Rationalismus – freieren Umgang mit der Tradition konfrontiert. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit Guarinis als Architekt lag im frankophilen Turin, wo er mit Kuppelkonstruktionen – besonders spektakulär jene der Capella della Santissima Sindone – hervortrat. Möglicherweise bereiste Guarini auch Spanien. Dort könnte er jene islamischen Motive gefunden haben, die in seinen Bauten an verschiedenen Stellen auftauchen. In seinem Traktat Architettura civile (1737) rief er dazu auf, die Regeln der Antike zu korrigieren und neue zu erfinden. Der Bruch mit der Antike war zugleich ein Bruch mit den Harmonie-Regeln, damit mit der Renaissance und mit der Gleichsetzung von Architektur und Musik, insoweit diese als Harmonie interpretiert wurde. Diese Neuerfindungen samt einer mathematischen Rationalisierung mussten als ihren Bezugsrahmen zwar stets den alten Regelkanon haben, veränderten sich aber nach den Schönheitskonventionen der Zeit. Eine Haltung, die in der Betonung der Geometrie ähnlich jener Fréart de Chambrays war. Anders als der an der normativen Kraft der Antike hängende Chambray, relativierte Guarini allerdings die Antike. Trotz der Rolle der Mathematik, die er nicht zuletzt deshalb hoch schätzte, weil sie die Architektur zu einer Wissenschaft machte, wies er dem Urteil des Betrachters einen hohen Stellenwert zu: »Obwohl die Architektur von der Mathematik abhängig ist, ist sie trotzdem eine schmeichelnde Kunst, die keineswegs aus lauter Vernunft die Sinne enttäuschen will.«

Guarino Guarini

Kruft 1985, 117

Guarini, zit. nach Grönert Alexander in ATh, 130

Das markiert gleichsam seine Programmatik, mit der er die antiken Vorlagen ins Auge fasste. Anders als etwa Vincenzo Scamozzi, der geschwungene Linien für unnatürlich hielt, regte Guarini eine Befreiung von der Autorität Vitruvs an. Wie frei sich der Baumeister bewegte, zeigt eine Kommentierung von Werner Müller zu Guarinis Kombination der Säulenordnung mit den gebogenen Raummänteln von San Lorenzo in Turin: »Vom Standpunkt des Stilrigorismus aus grenzte diese Verwendung des Palladio-Motivs allerdings ans Zerrbildhafte.«

VI.8.3.

Müller W. 2002, 84

Von den sechs vitruvianischen Kategorien wählte er vier aus, die für ihn das Disegno, also den Entwurf, beschreiben: firmitas (Festigkeit), eurythmia (Ornament), simmetria (Proportion) und distribuzione. Im Begriff distribuzione versammelte er sein gesamtes Anliegen und verstand darunter die im Sinne ihrer Funktion richtige Anordnung der Räume. Das Ergebnis sollte sowohl Bequemlichkeit (comodità) als auch Schönheit (venustas) erzeugen. Das Ornament musste, wie es bereits Palladio gefordert hatte, in Übereinstimmung mit der Architektur stehen (eurythmia/guter Rhythmus) und dem Zweck Ausdruck verleihen. Diese Forderung tauchte immer wieder auf, etwa im dreibändigen Lehrbuch der Architektur des der antiken Formensprache verpflichteten Autodidakten Friedrich Weinbrenner. Weinbrenner, der fünf Jahre lang in Rom und Latium die Antike studierte, konnte einen ideal-klassizistischen Straßenzug und etliche Monumentalbauten in Karlsruhe realisieren. Er gründete ein privates Institut, dessen Lehrbücher er selbst verfasste, in denen er eine Verbindung von Kants Ästhetik mit dem Funktionalismus Durands versuchte. Als Lehrer bildete er eine ganze Generation von Architekten aus, darunter den dem Historismus zuneigenden Heinrich Hübsch.

Grönert Alexander in ATh, 130

Kat. 2015

Eine erstaunlich große Sympathie brachte Guarini der Gotik entgegen. Er erklärte sie sogar zu einer eigenständigen Ordnung und legte damit den Grundstein für ein späteres Gotik-Revival. Der Traktat Guarinis blieb zunächst unvollendet und wurde von den Theatinern unter kräftiger Mithilfe von Bernardo A. Vittone erst 1737 in zwei Bänden herausgebracht.

Bernardo Antonio Vittone war ein Turiner Architekt, der im Geiste Guarinis baute. Besonders in seiner Raumbehandlung blieb er dem Barock Guarinis verpflichtet. Die Zurückhaltung bei der Ornamentik entsprach dem Klassizismus und seine Traktate atmeten den Geist Vitruvs. Sein Hauptaugenmerk lag auf dem Bau von Kirchen. Er schrieb über die Säulenordnung und stellte spekulativ Zusammenhänge zwischen Zahlenverhältnissen, Menschlichem und Göttlichem her (Istruzioni elementari; 1760; Istruzione diverse; 1766). Auch er sah eine Parallele zwischen Architektur und Musik. Die Oktave entspreche der Göttlichkeit, die Quinte einer Verbindung von Göttlichem und Menschlichem. Als strenger Verfechter des Zentralbaus, der jede Kombination mit dem Langhaus ablehnte, berief er sich auf die von Juan Bautista Villalpando formulierte Geschichte einer unmittelbaren Einflussnahme Gottes auf den Bau des Jerusalemer Tempels.

Bernardo Antonio Vittone

VI.7.1.

Eine nicht minder wichtige Gestalt war der aus Messina stammende Filippo Juvarra, ein Schüler Carlo Fontanas und ein in Rom bekannter Bühnenbildner. Er wirkte vorwiegend in Turin, am Ende seines Lebens dann in Madrid. Juvarras Raumbehandlung orientierte sich an der Renaissance, aber er belebte seine klassizistische Grundform mit barocken Elementen. Sie erhält dadurch Kraft und Dynamik. Die trägen Mauermassen erscheinen geradezu schwerelos.

Filippo Juvarra

Zahllose Bauwerke stammen aus seiner Hand. Ausgedehnte Reisen quer durch Europa schlugen sich in eklektizistischen Zügen in seinem Werk nieder. Die drei, Guarini, Vittone und Juvarra, begründeten für einige Zeit die Vorherrschaft des Piemont im italienischen Barock. Juvarra, der von Guarini weniger stark abhängig war als Vittone, ist vor allem wegen dieser führenden Rolle als Architekt des Barock im Piemont zu erwähnen, theoretische Schriften finden sich kaum, obwohl er einige Jahre an der Accademia di San Luca in Rom unterrichtete. Aus dieser Zeit stammt ein Lehrbuchentwurf (Galleria Architectonica), in dem er neben der Säulenlehre etliche andere Fachgebiete (Geometrie, Perspektive und sogar eine Theorie der Schatten) beschrieb.

Ferdinando Galli Bibiena aus Bologna war Maler und wie sein Sohn, der bereits erwähnte Giuseppe, Bühnenbildner. In seiner Architettura civile (1711) beschrieb er ausführlich die Gesetze der Perspektive. Die Bühnenbildnerei war ein Genre, das dazu führte, dass wichtige Architekturtraktate von Malern geschrieben wurden. Bibiena bemühte sich um eine vereinfachte Darstellung der komplexen Theorie der Architektur (per le persone medrioce ingegno). Grundlagen bleiben Vitruv und – für die Säulenlehre – Vignola.

Ferdinando Galli Bibiena

Andrea Pozzo absolvierte in seiner Geburtsstadt Trient eine Malerlehre, trat in Mailand als Laienbruder in den Jesuitenorden ein, verbrachte dann die meiste Zeit seines Lebens in Rom. Hier entstanden seine Hauptwerke, das Deckenfresko von Sant’Ignazio, »the culmination of a tradition of illusionistic painted architectures begun by Mantegna« und der Grabaltar für den Ordensgründer Ignatius von Loyola in der Ordenskirche Il Gesù. 1703 gelang es Leopold I., den inzwischen begehrten Künstlerarchitekten nach Wien zu holen, wo er bis zu seinem Tod 1709 blieb. Er verfasste mit seiner Perspectiva pictorum et architectorum (1693) eine viel beachtete Schrift, deren ersten Teil er Leopold I., den zweiten dessen Sohn Joseph I. widmete. Neben lehrbuchartigen Inhalten und vielen in Kupferstichen dargestellten Entwürfen (Kirchen, Altäre, Theaterkulissen, Säulendetails, Kuppeln) beschrieb Pozzo die Perspektive im streng klassischen und wissenschaftlichen Sinn und beharrte gegenüber anderen Meinungen, etwa jener Annibale Carraccis, auf einem einzigen Fluchtpunkt. Es ging dabei nicht nur um eine Pluralisierung von Sehpunkten, es ging auch um Besucherführung. Der auf Schrägsicht berechnete Punkt leitet die Betrachterin dorthin, wo sie den natürlichen Betrachtungspunkt einnimmt. Diese scheinbar technische Aufgabe hatte eine erhebliche mediale Funktion. Es war ein bewusstes Spiel mit Regel und Regelverletzung und eine Bemühung um rhetorische Wirkung. »Die Perspektive, wesentliche Grundlage illusionistischer Wirkung, hatte im Kontext der barocken Wirkungsästhetik einen eminent rhetorischen Charakter.« Die rhetorische Regel der persuasio (Überredung), nach der – auch inhaltlich – die Bilder programmiert wurden, folgte dem klassischen Dreiklang von docere (belehren), delectare (erfreuen) und movere (innerlich bewegen). Pozzo, für den die »Täuschung des Augensinns« erklärte Absicht war, arbeitete auch als Bühnenbildner.

Andrea Pozzo


510 S. Ignazio, Deckengemälde von Andrea Pozzo; Rom

Kubovy 1986

4.2.2.

Büttner 2008, 359

Belting 2008, 213

In Sant’Ignazio ist der Standpunkt, von dem aus sich die Illusion der Deckenmalerei optimal erschließt, sogar markiert. »Der Standpunkt des Betrachters wurde zu einem Ort der Erkenntnis. Von diesem Punkt aus gesehen koinzidiert in S. Ignazio der Fluchtpunkt der illusionistischen Architektur mit dem ikonographischen Zentrum der allegorischen Darstellung, und gleichzeitig verschmilzt der reale Raum der Kirche mit dem überirdischen Raum des Deckenbildes zu einer Einheit.« Alexander Grönert unterstützt mit der Herausarbeitung des Aspekts eines anagogisch-ästhetischen Raums eher die Theorie eines barocken Gesamtkunstwerks. Neben dem Fluchtpunkt verhalf auch die Illusion eines natürlichen Lichteinfalls von oben zur Einheitlichkeit der dargestellten Szenerie. Dazu gilt es nicht zu übersehen, dass Pozzo mit seiner Strenge durchaus der klassizistischen Linie des Barock verbunden blieb, auch wenn er sich von den bizarren Entwürfen Francesco Borrominis angesprochen fühlte. Aber es war nichts anderes zu erwarten als eine Zustimmung zur klassizistischen Linie, denn der imaginäre Fluchtpunkt ist zugleich jener Punkt, der symbolisch für Gott steht – wie das seinerzeit bereits Nikolaus von Kues angedacht hatte. Die »Erkenntnis« des Betrachters vollendet sich sozusagen in einer gelungenen Einswerdung mit Gott selbst. Dieser Zauber wäre mit mehreren Fluchtpunkten zwangsläufig zerbrochen.

Grönert Alexander in ATh, 140

3.3./3.6.

VI.4.2.1.

Der Traktat Pozzos fand große Verbreitung und wurde in mehrere Sprachen übersetzt, 1737 sogar ins Chinesische. Er regte weitere theorieinteressierte Architekten zu Architekturbüchern an, wo bisweilen die Darstellungen wichtiger waren als die Ausführungen. Ein herausragendes Beispiel ist Der Fürstliche Baumeister von Paulus Decker, »eines der aufwendigsten Stichwerke, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts veröffentlicht wurden.« Der nach dem Tod Deckers 1713 erschienene zweite Teil erreichte durch ausklappbare Tafeln eine Breite von zwei Metern.

Kruft 1985, 202

Ebenso im Geiste Pozzos stand der vermutlich aus Nürnberg stammende Barockbaumeister Johann Jacob Schübler, der die Bedeutung der Perspektive verabsolutierte. Seine zweibändige Perspectiva, pes picturae (1719/20) ist eine Sammlung von perspektivisch perfekten Architekturdarstellungen.

Wie groß die Bedeutung von Pozzos Traktat für die Entwicklung der Deckenmalerei tatsächlich war, ist umstritten. Einerseits wurde die Illusionsmalerei im Deckenbild in Kirche und Festsaal – im erwähnten Sinn zu einer Einheit verschmolzen – mit Pozzo zu einem Höhepunkt geführt. Das Deckengemälde eroberte ganz Europa. Neue Armierungstechniken (Holzgewölbetechnik am Beginn des 18. Jh.s) ließen weite Ziegelgewölbe zu und schufen die Möglichkeit immer größerer Bildflächen mit einem Höhepunkt bei der 600 m2 großen Gewölbe-Malfläche in Balthasar Neumanns Würzburger Residenz. Allerdings bleibt im Hinblick auf die oben erwähnte Gesamtkunstwerk-Theorie die Frage offen, wie weit sich die hier vorliegende anagogische Funktion noch mit jener des Neuplatonismus in Byzanz vergleichen lässt. Zwar war die Apotheose im Anblick des geöffneten Himmelfensters (finestra aperta), das eine Schau in das reine göttliche Licht ermöglicht, ein zentrales Sakralthema des Barock. Aber ging es hier um Anagogie oder nicht eher um bloße Rhetorik? Verträgt sich dieser massive Einsatz einer anregenden Illusion in der Malerei mit echter Erhebung der Seele, die doch eine emotionslose Ruhe voraussetzt? Zwar ist die Anregung Pozzos für die Verbreitung der Deckengemälde kaum zu bestreiten, ganz gegen seine Absicht könnte man diese Kunstform jedoch eher als rhetorische Vereinigung von Kunstgenres sehen und weniger als Gesamtkunstwerk im strengen Sinn. In dem barocken Welttheater unterlag der Künstler keinem Nachahmungszwang mehr, sondern er schuf kreativ »wie die Natur«. Diese Frage führte bei der Überlegung zur spätbarocken Übersteigerung bereits zur These, dass damit eine verbindliche Stilform überschritten worden sei.

Büttner 2008, 357f

X.2.6.3.

Auch der Grazer Johann Bernhard Fischer von Erlach, der in Rom bei Carlo Fontana gelernt hatte und mit Gianlorenzo Bernini, Athanasius Kircher und Pietro Bellori Kontakte unterhielt, schrieb einen Entwurf einer Historischen Architektur in Abbildung unterschiedener berühmter Gebäude des Altertums und fremder Völker (1721). Dies war kein architekturtheoretischer Traktat, sondern eine erste (mit Stichen bebilderte) vergleichende Weltgeschichte der Architektur vom Tempel Salomos und den antiken Weltwundern über den arabischen Raum, Persien, Japan, China bis zum Vertrauten in Griechenland und Rom. Es galt weniger den Fachleuten, sondern sollte das »Auge der Liebhaber ergötzen«. Dabei leistete der Autor, dem Hanno-Walter Kruft ein »erstaunliches historisches Einfühlungsvermögen« attestiert – wie im Barock nicht unüblich – auch fiktive Rekonstruktionen und Ergänzungen. Das Mittelalter und seltsamerweise auch die Renaissance und der Barock (Ausnahme: Isola Bella der Grafen Borromeo im Lago Maggiore mit dem frühbarocken Palast und der terrassenförmigen Gartenanlage), blieben ausgespart. Seine eigenen Entwürfe fügte er an und reihte sie so in die von ihm beschriebene Geschichte ein. Das Verdienst des in mehrere Sprachen übersetzten Buches war der Blick über die europäische Tradition hinaus, ein zur damaligen Zeit ziemlich einmaliges Unterfangen, auch wenn es ihm um das vermeintlich Gemeinsame und gerade nicht um die Unterschiede ging.

3.6.

Johann Bernhard Fischer von Erlach

Kruft 1985, 206


511 Isola Bella im Lago Maggiore (17. Jh.)

Kunstphilosophie und Ästhetik

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