Читать книгу Berufs- und Arbeitspädagogik - Dr. Lothar Semper, Bernhard Gress - Страница 16
1.2.2.4 Berufsbildungsgesetz
ОглавлениеDas Berufsbildungsgesetz verfolgt das Ziel, eine umfassende bundeseinheitliche Regelung für die berufliche Bildung in der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. Es bildet den rechtlichen Rahmen für das duale Ausbildungssystem sowie für die Qualität der beruflichen Aus- und Fortbildung und trägt zur Sicherung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft und zur Verbesserung der Ausbildungschancen der Jugend bei.
Im Rahmen des dualen Systems – Ausbildung in Betrieb und Berufsschule – regelt es den Bereich der betrieblichen Ausbildung, und zwar grundsätzlich in allen Berufs- und Wirtschaftszweigen. Um die gesetzestechnische und inhaltliche Einheit der Handwerksordnung zu gewährleisten und im Interesse der Rechtsklarheit und Transparenz der Regelungen zur Berufsbildung in Handwerksberufen sind aber Teile des Berufsbildungsrechts für das Handwerk in der Handwerksordnung geregelt. Die Regelungsbereiche sind in >> Abschnitt 1.2.2.5 aufgeführt.
Nach dem Berufsbildungsgesetz umfasst Berufsbildung als Oberbegriff der beruflichen Bildung folgende Bereiche:
Berufsausbildungsvorbereitung
Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen. Sie eröffnet besonderen Personengruppen, für die aufgrund persönlicher oder sozialer Gegebenheiten (z. B. lernbeeinträchtigte oder sozial benachteiligte Personen) eine Berufsausbildung noch nicht in Betracht zu ziehen ist, die Möglichkeit, schrittweise die Voraussetzungen hierfür zu schaffen.
Berufsausbildung
Berufsausbildung ist das Kernstück des Berufsbildungsgesetzes. Sie hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem gesonderten Ausbildungsgang zu vermitteln. Mit den Begriffen „Fähigkeiten“ und „berufliche Handlungsfähigkeit“ entspricht das Berufsbildungsgesetz in seiner Terminologie den Anforderungen eines modernen Berufsbildungssystems.
Die Berufsausbildung hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.
Berufliche Fortbildung
Die berufliche Fortbildung soll die Möglichkeit schaffen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen. Man unterscheidet zwischen Anpassungsfortbildung und Aufstiegsfortbildung. Die Anpassungsfortbildung hat die berufliche Handlungsfähigkeit an die geänderten Erfordernisse der Arbeitswelt anzupassen. Die Aufstiegsfortbildung soll es ermöglichen, die berufliche Handlungsfähigkeit im Blick auf qualitativ höherwertige Berufstätigkeiten zu erweitern und beruflich aufzusteigen.
Berufliche Umschulung
Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen, bisher nicht erlernten Berufstätigkeit befähigen.
Lernorte der Berufsbildung
Nach dem Berufsbildungsgesetz wird Berufsbildung durchgeführt
> in Betrieben der Wirtschaft und in vergleichbaren Einrichtungen außerhalb der Wirtschaft wie z. B. freien Berufen (betriebliche Berufsbildung),
> in berufsbildenden Schulen (schulische Berufsbildung) und
> in sonstigen Bildungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsausbildung (außerbetriebliche Berufsbildung).
Diese Lernorte wirken bei der Durchführung der Berufsbildung zusammen (Lernkooperation). Das duale System der Berufsausbildung beruht auf den Säulen der betrieblichen und betriebsergänzenden überbetrieblichen Ausbildung sowie der schulischen Ausbildung. Der Erfolg der Berufsausbildung hängt entscheidend von der Wirksamkeit der Kooperation der Lernorte ab. Zur Bedeutung der Kooperation der Lernorte sowie der Möglichkeiten, die Lernkooperation zu intensivieren, hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung Empfehlungen gegeben. (Quelle: Bundesanzeiger Nr. 9 vom 15. 01. 1998)
Teile der Berufsausbildung können auch im Ausland durchgeführt werden, wenn dies dem Ausbildungsziel dient. Die näheren Erläuterungen hierzu >> Abschnitt 2.6.
Inhalt des Berufsbildungsgesetzes
Für die Berufsbildung in allen Berufen der Handwerksordnung gelten die §§ 4 bis 9, 27 bis 49, 53 bis 70, 76 bis 80 sowie 102 nicht. Insoweit gilt die Handwerksordnung. Die Regelungsinhalte des Berufsbildungsgesetzes sind, soweit sie für das Handwerk gelten, in diesem Band 4 der Handwerker-Fibel in den jeweiligen Handlungsfeldern, Lernsituationen und deren untergliederten Abschnitten, zu denen sie vom Sachzusammenhang her gehören, berücksichtigt und dargestellt.
Aus systematischen Gründen werden die Vorschriften über die Landesausschüsse für Berufsbildung, die Berufsbildungsforschung, Planung und Statistik und das Bundesinstitut für Berufsbildung nachfolgend dargestellt.
Landesausschüsse für Berufsbildung
Bei der Landesregierung besteht ein Landesausschuss für Berufsbildung, der sich aus einer gleichen Zahl von Beauftragten der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der obersten Landesbehörden zusammensetzt.
An den Sitzungen des Landesausschusses und seiner Unterausschüsse können Vertreter der beteiligten obersten Landesbehörden, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der Agentur für Arbeit teilnehmen.
Der Landesausschuss hat folgende wesentlichen Aufgaben:
> die Landesregierung in den Fragen der beruflichen Bildung zu beraten,
> auf eine stetige Entwicklung der Qualität der beruflichen Bildung hinzuwirken,
> bei der Neuordnung und Weiterentwicklung des Schulwesens mitzuwirken,
> Empfehlungen zur Stärkung der regionalen Ausbildungs- und Beschäftigungssituation und zur inhaltlichen und organisatorischen Abstimmung und zur Verbesserung der Ausbildungsangebote abzugeben.
Berufsbildungsforschung
Die Berufsbildungsforschung hat insbesondere die Ziele:
> Grundlagen der Berufsbildung zu klären,
> inländische und internationale Entwicklungen zu beobachten,
> Anforderungen, Inhalte und Ziele der Berufsbildung zu ermitteln, > Weiterentwicklungen vorzubereiten,
> Instrumente und Verfahren der Vermittlung von Berufsbildung sowie den Wissens- und Technologietransfer zu fördern.
Berufsbildungsplanung
Die Berufsbildungsplanung hat insbesondere dazu beizutragen, dass die Ausbildungsstätten nach Art, Zahl, Größe und Standort ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an beruflichen Ausbildungsplätzen gewährleisten.
Berufsbildungsstatistik
Für Zwecke der Planung und Ordnung der Berufsbildung wird eine Bundesstatistik insbesondere über Auszubildende, Ausbilder, Prüfungsteilnehmer, Ausbildungsberater und Teilnehmer an Berufsausbildungsvorbereitungsmaßnahmen geführt.
Berufsbildungsbericht
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat bis zum 1. April jeden Jahres der Bundesregierung einen Berufsbildungsbericht vorzulegen, in dem Stand und voraussichtliche Weiterentwicklungen der Berufsbildung dargestellt sind.
Schwerpunkt sind u. a. die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse, der nicht besetzten Ausbildungsplätze, der ausbildungsplatzsuchenden Personen und das zu erwartende Angebot an Ausbildungsplätzen.
Bundesinstitut für Berufsbildung
Zur Durchführung von bestimmten Aufgaben der Berufsbildung im Rahmen der Bildungspolitik der Bundesregierung besteht ein Bundesinstitut für Berufsbildung.
Das Institut hat u. a. folgende wichtige Aufgaben:
> Durchführung von Berufsbildungsforschung
> Mitwirkung an der Vorbereitung von Ausbildungsordnungen und sonstigen Rechtsverordnungen nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung
> Mitwirkung an der Vorbereitung des Berufsbildungsberichts und an der Durchführung der Berufsbildungsstatistik
> Förderung von Modellversuchen
> Mitwirkung an der internationalen Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung
> Übernahme von Verwaltungsaufgaben zur Förderung der Berufsbildung
> Unterstützung der Planung, Errichtung und Weiterentwicklung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten
> Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten
> Führung und Veröffentlichung des Verzeichnisses über die anerkannten Ausbildungsberufe
> Prüfung, Anerkennung und Förderung des berufsbildenden Fernunterrichts.
Alle natürlichen und juristischen Personen sowie Behörden, die Berufsbildung durchführen, sind gegenüber dem Bundesinstitut für Berufsbildung auskunftspflichtig.
In diesem Rahmen müssen auch notwendige Unterlagen vorgelegt und Besichtigungen der Betriebsräume, der Betriebseinrichtungen und der Aus- und Weiterbildungsplätze gestattet werden. Die Auskünfte müssen grundsätzlich unentgeltlich gegeben werden.