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Prolog

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Johannesburg 1965, Stellenanzeige in einer Tageszeitung:

`Gesucht wird eine junge Negerin, die fähig ist, rückwärts im Dunkeln eine Treppe hinunterzugehen´.

Übermütig sprang Princess aus ihrem neuen Bett, zwei weichen Matratzen, die neben der Feuerstelle auf dem kahlen Boden lagen. Ihre Gedanken kreisten um den heutigen Tag. Schnell wusch sie Gesicht und Körper mit frischem Wasser und zog ihre beste Kleidung an. Schwarze, glänzende Schuhe, saubere blaue Strümpfe, den dunklen Rock und die weiße Bluse mit dem gestärkten Kragen. Die Haare band sie zu einem Zopf zusammen, der von einer bunten Schleife gehalten wurde. Ihre Augen strahlten.

Voller Zuversicht las sie noch einmal die Stellenanzeige. Sie hatte geübt, tagelang, wochenlang. Immer wieder war sie rückwärts den Weg zum Brunnen gegangen, den Hügel rauf und runter. Einige Male war sie gestolpert, einmal hatte sie sich die Knie aufgeschlagen, aber nie hatte sie an sich gezweifelt. Niemand im Dorf konnte es im Rückwärtslaufen mit ihr aufnehmen. Sie wusste, sie würde den Test bestehen.

Princess nahm den ersten Bus in die Stadt. Es war früh am Morgen, und es war kalt. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, hatte ihr Vater immer gesagt, als er noch lebte und jeden Morgen zum Fischen hinausfuhr. Doch das war lange her, und jetzt gab es niemanden mehr, der sich um sie und ihre jüngeren Schwestern sorgte. Auch ihre Mutter war vor Monaten an der Krankheit gestorben, über die nicht gesprochen wurde. Doch Princess war gesund, ihre Geschwister waren gesund, und heute war ihr großer Tag.

Die Sonne lachte, als der Bus in der kleinen Seitenstraße hielt. Princess stieg aus und blickte zwischen farbenfrohen Häusern auf die belebte Geschäftsstraße. Sie träumte, dass sie wie all die anderen dort mit schicken, eleganten Einkaufstüten bummeln oder im Café sitzend dem bunten Treiben zusehen würde. Das Leben konnte so schön sein.

Sie erreichte das Theater, eine bunte Menschenmenge hatte sich am hinteren Eingang versammelt. Damit hatte sie nicht gerechnet. Das waren ja hunderte junger Frauen, die hier auf die Chance hofften, den begehrten Job zu erhalten. Ihre Zuversicht schwand. Bekümmert reihte sie sich ein und wartete. Endlos zog sich die Zeit dahin, und es war bereits später Nachmittag, als sie endlich aufgerufen wurde.

Ein junger Mann führte sie freundlich lächelnd den dunklen Gang hinauf. Die ausladenden Stufen waren mit einem dicken, weichen Teppich belegt, der alle Geräusche im Keim erstickte. Nur das Blut pochte laut durch ihre Adern. Bloß jetzt keinen Fehler machen, sagte sie sich, als ihr eine Taschenlampe gereicht wurde und sie ganz alleine, mit dem Rücken zur Bühne, die Stufen rückwärts hinunterschritt. Ihr Herz klopfte, Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn. Jetzt nur nicht versagen, nur nicht stolpern, das wäre das Ende aller Träume.

Von einer blutroten Abendsonne begleitet, fuhr Princess in ihr Dorf zurück. Überglücklich drehte sie immer wieder die kleine goldene Karte in ihren Händen. „Starlight Theatre“, stand hier in dicken schwarzen Lettern. Und etwas kleiner darunter: „For Whites only“.

(Es war Schwarzen und Farbigen untersagt, die Filme der Weißen zu sehen, auch nicht als Platzanweiser(in) in einem Kino/Theater).

Die Inseln der Piraten

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