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3. Lenin wandelt sich zum Marxisten (1892–1894)

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Lenin beschäftigte sich bereits in jungen Jahren mit verschiedenen politischen Theorien – eine direkte, unmittelbare Beeinflussung als Jugendlicher und Agitation durch seinen Bruder Alexander kann jedoch ausgeschlossen werden. Anders als es später die stalinistische Propaganda schilderte, war Lenin bis zum Tod seines Bruders ein relativ unpolitischer Mensch, der das religiöse Familienleben, welches sein Vater bestimmte, liebte. Ab 1892 schließlich, als er nach Samara zurückgekehrt war, sympathisierte er anfangs mit den volkstümlichen und radikalen Bauernsozialisten, die „Narodniki“ genannt wurden, und analysierte deren Vorstellungen vom Sozialismus. Alsbald erarbeitete Lenin eigene theoretische Grundlagen, wie die Lebensverhältnisse der russischen Landbevölkerung verbessert werden können, ganz im Sinne der Thesen von Karl Marx, die er bereits gründlich im Selbststudium für die russischen Verhältnisse interpretiert hatte.

Lenin hielt das Russland um 1892 für wirtschaftlich und sozial weiter entwickelt, als es tatsächlich der Fall war. Die Zahl der Industriearbeiter in den Städten war kontinuierlich angestiegen, einhergehend mit schlechten Lebensverhältnissen und großer Not, und daher glaubte Lenin an eine baldige Gelegenheit zur proletarischen Revolution. Einige seiner revolutionären Mitstreiter fanden, dass Lenins Marxismus-Interpretationen zu sehr die Ansichten der Narodniki widerspiegelten, die auch Terror als legitimes Mittel zur Machtübernahme in Betracht zogen und die notfalls bereit waren, die gesamte Zarenfamilie zu töten. Diese radikalen Vorstellungen wurden von vielen Sozialisten abgelehnt und heftig diskutiert.

Anfang des Jahres 1893 nahm der 22-jährige Lenin in Samara regelmäßig an Sitzungen eines marxistischen Zirkels teil und gehörte bald zur Gruppe der Organisationsleitung – offiziell arbeitete er als Rechtsanwaltsgehilfe. Besonderen Einfluss auf Lenin hatten die Revolutionäre Tkatschew und Netschajew, die immer wieder betonten, wie wichtig es sei, dass eine revolutionäre Minderheit die Macht übernimmt, sichert und ausbaut.

Im Spätsommer 1893 ging Lenin zurück nach St. Petersburg. Die Hauptstadt schien ihm bessere Möglichkeiten zu bieten, um an seinen philosophischen Schriften weiterzuarbeiten. Bald war er einer der bekanntesten Marxisten in der Stadt, in der er 1894 auch zum ersten Mal seine spätere Frau traf. Mehrere Monate lang reiste er zu Freunden nach Deutschland, Frankreich und in die Schweiz, um Erkenntnisse darüber zu sammeln, wie sich die Sozialisten in diesen Ländern bisher organisiert hatten. Er war Mitbegründer des Bundes für die Befreiung der Arbeiterklasse in Deutschland und weilte länger in Berlin, wo er die preußischen Bibliotheken für seine Ausarbeitungen nutzte.

Wladimir Iljitsch Lenin – Basiswissen #09

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