Читать книгу Frida Kahlo – Basiswissen #07 - Bert Alexander Petzold - Страница 6
1. Kindheit und Jugend (1907–1925)
Оглавление„Ich male mich selbst, weil ich mich am besten kenne.“ So sagte es Frida Kahlo, die mit Abstand berühmteste Malerin Mexikos, wenn nicht ganz Lateinamerikas. So berühmt, dass die mexikanische Regierung nach ihrem Tod 1954 ihre Bilder zum „nationalen Kulturgut“ erklärte. Tatsächlich sind 55 von ihren 143 bekannten Bildern Selbstbildnisse. Eines ihrer berühmtesten Werke, ihr Selbstbildnis „Raíces“ – was so viel bedeutet wie „Wurzeln“ –, erzielte im Mai 2006 auf einer Versteigerung in New York einen Erlös von 5,6 Millionen US-Dollar. Damit gilt es als das bislang teuerste Bild eines lateinamerikanischen Künstlers.
Ihr Mythos als Künstlerin zehrte auch von ihrem bewegten Leben. Sie war zweimal mit demselben Mann verheiratet. Zu ihren Liebhabern zählten der Revolutionär Leo Trotzki ebenso wie die Tänzerin Josephine Baker. Nicht, dass sie die einzigen waren. Dazu kam die Ehe mit Diego Rivera, einem Mann mit vielen Affären. Und obwohl sie krank war und litt, war sie dennoch erfüllt von leidenschaftlichem Patriotismus, gepaart mit einem ungewöhnlichen revolutionären Eifer.
Geboren wurde sie am 6. Juli 1907, als drittes Kind des aus Pforzheim stammenden Carl Wilhelm Kahlo und seiner zweiten mexikanischen Ehefrau Matilde Calderón y Gonzáles, in Coyoacán, einem südlichen Stadtteil von Mexiko-Stadt. Carl Wilhelm, der bereits mit 18 Jahren aus Deutschland nach Mexiko ausgewandert war, änderte später seinen Namen in Guillermo Kahlo. Und er baute das „Blaue Haus“, in dem Frida geboren wurde und sogar starb. Heute ist dieses Blaue Haus sehr berühmt und beherbergt das Frida-Kahlo-Museum. Getauft wurde Frida auf den langen Namen Magdalena Carmen Frida Kahlo y Calderón.
11 Monate später wurde ihre Schwester Cristina geboren, zu der Frida zeitlebens eine intensive und recht enge Beziehung hatte. Als die ältere, später auch die erfolgreichere, war sie es, die in der geschwisterlichen Beziehung eine Führungsrolle übernahm.
In der Schulzeit entwickelte sich ihr Wunsch, einmal Medizin zu studieren. Zwar liebte sie Fächer wie Geschichte, Literatur oder Philosophie. Aber ihr wahres Interesse lag in der Zoologie und der Biologie. Besonders in der darin enthaltenen Anatomie. Nichts faszinierte sie mehr als die Lehre vom Aufbau des menschlichen Körpers. Doch wie so häufig hatte das Leben andere Pläne und führte sie überraschend in eine völlig andere Richtung, zur Kunst.
Jahre später änderte die ihr Leben lang politisch engagierte Frida ihr Geburtsjahr und datierte es auf 1910. Aber nicht, wie man vermuten könnte, um sich selbst zu verjüngen. Sondern weil das Jahr 1910 für sie einen wichtigen Symbolcharakter hatte. Es war der Beginn der „Mexikanischen Revolution“, einer politisch-gesellschaftlichen Umbruchphase Mexikos, in der der Revolutionär Emilio Zapata in blutigen Kämpfen mit aller Macht soziale Reformen durchsetzen wollte. Entgegen der Politik des umstrittenen Präsidenten und Diktators Porfírio Díaz wollte er mehr Rechte für Indígenos – die lateinamerikanischen Ureinwohner – und für unterdrückte Arbeiter. Und so sollte Fridas Leben gemeinsam mit einem neuen Mexiko beginnen. Statt ihren 110. Geburtstag feiert sie also 2020 ihren echten 113. Geburtstag.
Fridas Elternhaus in der Calle Londres 247 in Coyoacán war mit seinen auffällig gestalteten blauen Fassaden und seinem farbigen Erscheinungsbild so ungewöhnlich, dass es den Namen „Casa Azul“ (das blaue Haus) bekam. Hier wurde sie geboren. Hier sollte sie auch sterben. Bereits 5 Jahre nach ihrem Tod wurde aus ihm das berühmte Frida-Kahlo-Museum und es findet bis heute viele Freunde und Bewunderer aus aller Welt.
Im Blauen Haus lebte Frida zwischen 1929 bis zu ihrem Tod im Jahr 1954, unter anderem mit ihrem Mann Diego Rivera. Bei einem späteren Umbau fanden sich in einem Wandschrank über 180 Kleidungsstücke aus der Region Oaxaca – der Heimatregion ihrer Mutter –, deren Stil sich auf vielen Selbstportraits Fridas wiederfindet. Außerdem Ohrringe, angeblich von Picasso. Viele Accessoires wie Schals, indigener Schmuck und auch Schuhe. Diese Fundstücke wurden der Öffentlichkeit anlässlich einer Ausstellung zu ihrem 100. Geburtstag im Sommer 2007 präsentiert. Wie das Museum überhaupt einen Großteil ihres Besitzes zeigt und natürlich eine Vielzahl ihrer Gemälde.
Ihre künstlerische Prägung erfuhr Frida schon in früher Kindheit von ihrem Vater. In ihren Augen war er vor allem ein vornehmer Mensch, voller Ruhe, Tapferkeit und Klugheit. Er sei eine elegante Erscheinung gewesen und seine Bewegungen wirkten auf sie angenehm. Von ihm lernte sie genau hinzuschauen, die Natur wirklich wahrzunehmen, um diese Beobachtungen dann mittels der Fotografie in Bilder zu verwandeln. Dazu die Kunst, sie zu entwickeln und zu retuschieren.
Fridas Mutter konnte weder schreiben noch lesen. Nach ihren Erzählungen muss sie klein und zart gewesen sein, von dunkler Haut, mit wunderschönen Augen. Und obwohl sie Analphabetin war, machte es ihr wohl Freude, das Geld zu zählen, das ihr Mann nach Hause brachte. In ihrer Zartheit wirkte sie wie ein „Blümchen aus Oaxaca“.
Schon im Alter von 7 Jahren bekam Frida Kahlo gesundheitliche Probleme. Die auftretenden Beschwerden zwangen sie zum Teil sogar, lange Zeit im Bett zu verbringen. Eines ihrer Beine entwickelte sich nicht richtig und blieb ihr Leben lang dünner und kürzer als das andere. Sie humpelte und wurde zum Gespött der Kinder auf ihrer Straße. Zuerst vermuteten Ärzte eine Polio-Erkrankung. Dr. Leo Eloesser, ein Thorax-Chirurg aus San Francisco, diagnostizierte 1930 dann eine seit Geburt bestehende Fehlbildung der Wirbelsäule. Was sie nicht hinderte, aktiv Sport zu treiben, Rad zu fahren und zu schwimmen.
Ihr Wunsch, Medizinerin zu werden, ließ sie ab 1922 die renommierte Escuela Nacional Preparatoria in Mexiko besuchen, eine Schule, die auf das Medizinstudium vorbereitete. Sie gehörte zu den ersten Frauen, die überhaupt zugelassen wurden. Hier traf sie das erste Mal ihren späteren Mann, Diego Rivera (1886–1957), zu diesem Zeitpunkt schon 36 Jahre alt. Er hatte sich als Künstler bereits einen Namen gemacht. Als sie ihn kennenlernte, arbeitete er gerade an einem Wandgemälde für die Schulaula zum Thema „Schöpfung“.
Kaum auf der Schule, schloss sich Frida einer politisch engagierten Studentengruppe an, die sich „Cachuchas“ nannte. Der Name bezog sich auf ihre Kopfbedeckung, die einem militärischem Barrett ähnelte. Sie begann eine Beziehung mit dem Anführer der Gruppe, Alejandro Gómez Arias, den sie 1928 in einem Portrait verewigte.
Nach einem Jahr auf der „Preparatoria“ lernte sie die Revolutionärin, Schauspielerin und Fotografin Tina Modotti (1896–1942) kennen, der es gelang, die in ihr schlummernde künstlerische Neigung zum Leben zu erwecken. Vielleicht auch der Impuls zum Beginn einer Lehre, die Frida Kahlo 1925 bei einem Kollegen ihres Vaters begann, dem Grafiker Fernando Fernándesz.