Читать книгу In Liebe, dein... - Billy Remie - Страница 4
Was nur uns gehört
ОглавлениеEs gab in meinem Leben nicht sehr viele Augenblicke, die mir unter die Haut gingen. Und wenn ich zurückblicke, haben diese Augenblicke meistens etwas mit dir zu tun.
Warum ich dir schreibe, weiß ich nicht, denn mir ist bewusst, dass du das hier niemals lesen wirst. Nicht lesen darfst. Dennoch habe ich manchmal das Bedürfnis, mit dir zu reden. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angelangt, da mir mein Wahnsinn gleich geworden ist. Ich schäme mich nicht dafür, vor anderen mit dir zu sprechen, obwohl du nicht da bist, mit dir zu streiten, obwohl wir nie wieder streiten werden, und dich zu necken, obwohl du dich nicht mehr aufregen kannst. Oder dir zu schreiben, obwohl ich den Brief gleich wieder verbrennen werde. Doch so sinnlos ich hier gerade Tinte verschwende, so groß ist auch die Sehnsucht danach, dir irgendwie noch einmal nahe zu sein.
Sei es nur symbolisch.
Es gab viele Momente mit dir, die mich nie mehr losgelassen haben. Abends, wenn ich allein in meinem großen Bett liege, die Seite leer und kalt, wo du hättest liegen sollen, hätten die Dinge besser um uns gestanden, dann erzähle ich dir davon. Dein Abbild liegt neben mir, jung und schön wie ich dich zuletzt sah, nackt und liebkost vom warmen Licht aus der Esse, das schwarze Haar offen, ich spiele damit, während du zuhörst wie ich rede und mich an unsere unzähligen Momente erinnere, an die friedlichen und die aufregenden, die Ruhe und das Feuer zwischen uns. Wir waren eine gute Ergänzung aus jungem Übermut und gelassener Erfahrung, im Kampf und auch im Bett.
Am meisten vermisse ich deine Augen. Das Jadegrün in ihnen, wie es loderte, wenn ich mich zu dir beugte, wie es zu leuchten anfing, wenn ich den Kopf zum Kuss schief legte und dich herausfordernd anlächelte.
Ich erinnere mich gern an diese Momente, die nur uns beiden gehören, die wir niemandem erzählen und nie mit jemandem teilen, nur mit uns, egal wie fern wir uns sind. Diese Momente werden immer nur uns beiden gehören, ganz gleich in welchem Bett du gerade liegen magst.
Momente wie dieser, als sich das erste Mal unsere Lippen berührten. Es war im Fluss unter Wasser. Momente wie am Bachufer, als du mich in deiner Gier umgeworfen hast und wir in den hohen, wogenden Gräsern keuchend und küssend verschwanden. Oder das erste Mal in der Scheune, als ich dich nur mit meinen streichelnden Händen dazu brachte, zum ersten Mal meinen Namen zu raunen. Heiser hast du geklungen, und mein Blut in Wallung gebracht. Aber auch Momente wie jener, als wir verfolgt und verängstigt in einem Erdloch ausharrten, nur wir zwei, eng umschlungen, der Rest der Welt war gegen uns. Oder der Augenblick in der Höhle, als du dich mir anvertrautest und ich dich dafür bewunderte, was du in deinem jungen Leben bereits alles durchgestanden, überlebt hast. Ganz allein, verlassen und immer wieder Objekt der Begierde ehrloser Männer.
Ich habe keinen einzigen Augenblick vergessen. Das ist, was ich dir gerne sagen würde. Vor allem habe ich nicht die Nacht vergessen, als ich dich das erste Mal nahm. Du hast dich gewehrt, nur ein wenig, nur um mit mir zu spielen. Ich hatte das Feuer in deinen Augen bemerkt, heller als deine Unsicherheit. Und als ich in dich drang, warst du nicht halb so versteift, wie du mir Glauben machen wolltest. Dein Körper bäumte sich auf, aber dein Muskel war weich und willig.
Ich werde nie vergessen, wie du dich angefühlt hast. Nie den Geschmack deiner blutjungen Haut vergessen, oder das Geräusch, das aus deiner Kehle kam, wenn ich jeden Zoll deines malerischen Kriegerkörpers mit meinen warmen Lippen bedeckte. Weich war mein Mund im Kontrast zu deinen harten aber schlanken Muskeln. Du hattest schon immer einen beneidenswert schön definierten Körper. Du warst fast noch ein Junge, als wir uns trafen, und doch so sehr Mann, dass ich dir im ersten Augenblick verfallen bin.
Es ist Jahre her, ich bin noch älter geworden, schwach und unansehnlich, mit ergrautem Haar und einem Altersfleck auf der Hand. Und doch, so alt mein Körper auch scheint, die Erinnerungen an dich erweckt jeden Nerv in meinem Leib, kitzelt und durchzuckt mich von der Zeh- bis in die Haarspitze. Auch mein Herz kann sich nicht verschließen, nicht dir gegenüber, es zieht und schreit und wütet, dass du zurückkommen musst.
Aber das geht nicht.
Ich überdecke die Sehnsucht nach deiner Berührung mit Erinnerungen, flüchte mich in die Vergangenheit. Wenn ich vor dem Kamin in meinen Gemächern sitze und die Augen schließe, sind wir wieder zusammen. Ich sehe dich deutlich vor mir, wie du mit der Schulter lässig am Kaminsims lehnst, die Beine überkreuzt, und wie dein stets wachsamer, argwöhnischer Blick die Flammen durchbohrt. Du trägst nur ein Hemd, keine Rüstung und keinen Umhang, der Stoff steht offen bis zum Hosenbund. Unter deiner Schnürung liegt eine leichte Wölbung, obwohl dein Glied schläft. Ich weiß, was du dort beherbergst, habe es schon oft erkundet, mit Zunge und Fingern, aber nie zur Genüge. Es kann nie genug sein. Nicht von dir.
Das Feuer, es spiegelt sich in deinen Augen und bringt deine Brustmuskeln zum Glänzen.
Du bist schön. Du warst immer schon schön. Und du weißt das auch.
Dein Blick zuckt zum Sessel und damit zu mir, und du lächelst verwegen. Niemand lächelt so wie du, leicht schief und immer nur mit einem Mundwinkel.
Ich kann nicht anders, ich lächle zurück.
Erinnerst du dich daran?
Du warst nie in meinen Gemächern, aber wir waren in diesem Gasthaus kurz vor dem Bergpass. Ein Schneesturm sperrte uns ein, vor dem Fenster sahen wir nichts als einen weißen Vorhang, selbst in der Nacht, wenn der Mond den Schnee mystisch leuchten ließ. Der Kamin pfiff stetig und die Flammen schlugen aus. Du hast dich mit dem Feuer abgemüht, während ich mich von einem Wolfsangriff erholte. Du hast mich versorgt und dich Tage lang um mich gekümmert. Ich habe dich gehalten, als dich die Angst um mich zittern ließ.
Wir waren uns so nahe, vor allem seelisch.
Dann war ich über den Berg, dank dir, wie so oft. Ich verdanke dir so viel, eigentlich alles.
Heute kehre ich dorthin zurück, zu dir in die Gaststube. Nur dort will ich jetzt sein. Mir ist warm, aber nicht vom Feuer, sondern von deinem Anblick.
Manchmal frage ich mich, wenn ich deinen blutjungen, durchtrainierten Körper betrachte, wieso du mich willst, so auch in diesem Moment. Ich bin ein Mensch, du ein Luzianer, ich altere schnell, du quälend langsam. Und doch werden deine Augen eine Spur dunkler, während ich dich begierig mustere. Unsere Blicke verhaken sich, wir wissen, was der andere denkt, wünscht, ersehnt …
Mein Herz klopft wild, das tut es immer, wenn ich mich auf deine Berührung freue – und darauf, deine Haut zu kosten.
Ich nenne dich mit einem neckenden Lächeln meinen jungen Wolf, und sage, das Feuer wird sich nicht von dir zähmen lassen, wenn du es durchweg böse anstarrst.
Das bringt dich zum Lächeln, doch es steht auch ein Hauch Ärgernis in deinem jungen Gesicht, so wie immer, wenn ich dich foppe.
Ich will, dass du zu mir kommst, verlange es mit dunkler Stimme. Du setzt dich in Bewegung, geschmeidig wie eine Raubkatze. Ich liebe es, wie das Licht auf deiner glatten Haut spielt, die straff gezogen über eisernen Muskelbergen spannt.
Ich greife nach deiner Hand und ziehe dich zu mir auf den Sessel, meine andere Hand umfängt deinen strammen Schenkel, der mich schon so oft umklammert hat. Ich liebe das Gefühl, wenn du dich rittlings auf mich setzt. Und in deinen Augen steht eine Dominanz, die meine Lenden zum Prickeln bringt. Niemand kann dich zähmen. Du bist wie das Feuer, das stetig von einem tosenden Wind zum Ausschlagen gebracht wird. Und doch gehörst du zu mir, weil du selbst so entschieden hast.
Ich bin der glücklichste Mann in dieser und jeder anderen Welt. Denn ich habe dich.
Meine Hand findet in deinen Nacken, er ist frisch geschoren unter dem kurzen Zopf, der dein schwarzes Deckhaar zusammenhielt, hinten hielt. Ich öffne den Knoten, spiele mit den wunderschönen, seidenen Strähnen, dann will ich dich an meinen Mund ziehen.
Nachsichtig lächelnd legst du den Kopf schief und drückst mich mit einer Hand in die gepolsterte Sessellehne. Du machst dir sorgen um meine Wunden.
Ich antworte rau, dass ich sie nicht spüre. Es ist nicht gelogen, alles, was ich spüre, bist du. Deine Schenkel, die über meinen liegen, die Wärme aus deinem Leib, dein würziger Duft in meiner Nase.
Fordernd strecke ich mich dir entgegen, während ich dich gleichzeitig zu mir ziehe.
Dein Mund ist heiß, als bestündest du aus purer Hitze, und feucht auf meinen Lippen. Ich fordere Einlass mit meiner Zunge, deine kommt mir spielerisch entgegen. Immer musst du kämpfen, selbst jetzt.
Aber deshalb bin ich dir verfallen. Du bist nicht einfach, das gefällt mir. Aber loyal und treu, ich kann mich auf dich verlassen. Das verleiht der wilden Leidenschaft, die wir einander schenken, auch blindes Vertrauen, trotz der Herausforderung, die wir oft genug für einander darstellen. Vor allem im Bett.
Bei dir bin ich ganz ich. Lass mich tragen von der Welle purer Begierde. Muss nichts zurückhalten, muss mich nicht anpassen, muss nur fühlen und gefühlt werden.
Mein Unterleib beginnt zu kribbeln, steht in Flammen, drängt nach Beachtung. Ich hebe dich hoch, du bist schwer, aber nicht zu schwer für mich.
Im Kuss verschlungen stolpern wir zum Bett, ich falle auf dich, begrabe dich unter mir. Ab da wissen wir nicht bewusst, was wir tun, wir lassen uns von unserer Gier nach Fleisch treiben. Dein Hecheln ist die schönste Melodie, die ich je hörte, deine sanften Bisse und dein gieriges Saugen lassen mich grollen und grunzen.
Wir sind Tiere. Ich genieße es.
Du willst dich nicht leicht hingeben, du willst, dass ich dich dränge, und spielst mit meiner Lust. Ich reize dich, mit meinen Lippen und meinem Bart, an den Knospen deiner Brustwarzen, bis du mir knurrend ins Haar packst und daran reißt. Deine Hände schieben mich an deinem Körper nach unten. Ich gebe nur bedingt nach, lass dich mich erst überall auf dir fühlen.
Ich liebe dich, mit meinem Herzen und meinem Körper. Mit Lippen, die dich stöhnen lassen, und Zungenschlägen, die dir den Verstand rauben. Mit zärtlichen Händen, die alles von dir ertasten.
Du lässt dich nicht drehen, willst mir in die Augen sehen. Deine Beine gleiten über meine Schultern, dein Gesicht ist irgendwo zwischen Lust und süßem Schmerz verzehrt. Du kneifst zusammen, weil du mich reizen willst. Darüber lache ich nur, lockere dich mit meinen Fingern, fordernd und unnachgiebig, bis du bereit für meinen Leib bist. Dann verschmelzen wir. Ich sehe deine Fänge, weil du die Lippen zurückziehst und fauchst.
Während ich dich nehme, willst du es härter. Schweiß bedeckt deinen Körper, ebenso wie meinen, er tropft von meiner Stirn auf deine angespannte Kehle. Dein schwarzes Haar liegt gefächert auf dem weißen Kissen, deine Wangen zeigen rote Flecken vor Anstrengung.
Und ich weiß in diesem Moment ohne jeden Zweifel, dass ich dir gehöre. Ich bin nicht wie Feuer, mich kann man zähmen. Und das hast du.
Ich gebe dir, was du willst. Wir sind im Einklang, fern jeder Vernunft. Was zählt ist die Reibung unserer Körper, unser vermischter Duft, die Laute aus unseren Kehlen, die zu einem einstimmigen Gesang zusammenwachsen.
Du zerreißt meine Verbände mit feurigem Eifer und leckst meine Wunden, während ich immer schneller, immer tiefer und immer härter in deinen heißen, engen Leib vorstoße und letztlich blind vor Lust den schönsten aller Tode sterbe, nur um danach in deinen Armen neugeboren zu werden, während du mir leise und dunkel ins Ohr kicherst, als wäre es dir ein unbeschreibliches Vergnügen, mir zuzusehen, wie ich die Beherrschung verliere.
Du sagst, wenn ich zum Höhepunkt komme, erinnere ich dich an einen wütenden Ochsen.
Wie immer nehme ich es als Kompliment.
Danach liegst du in meinen Armen, auf wohlige Art erschöpft und zufrieden lächelnd. Ich ergötze mich daran, wie wohl du dich fühlst. Du willst, dass ich singe, doch meine Kehle ist rau vom Stöhnen. Ich genieße deinen Kopf in meiner Achsel und dein seidiges Haar auf meiner Schulter und Brust. Ich bitte dich, mir zu erzählen. Irgendwas. Ich will deine dunkle Stimme hören. Du erzählst von deinen Tagen als Dieb, deine Augen sind geschlossen und deine Stimme wird immer müder, leiser. Ich lasse es mir nicht nehmen, dich erschöpft aber glücklich zu betrachten und dabei andächtig dein Haar zu streicheln.
Heute sagst du nichts mehr. Du bist nur noch eine Erinnerung. Dein wahres Ich läuft irgendwo durch die Wälder und kämpft ums Überleben und hasst mich aus tiefster Seele, weil ich dir nie sagen durfte, dass mein Herz dir gehört und immer dir gehören wird. Dass wir zusammengehören.
Wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten.
Und jetzt stehe ich von meinem Pult auf, werfe den Brief ins Feuer, steige in mein leeres Bett und stelle mir vor, wie du wieder, genau wie damals, mit dem Kopf in meiner Achsel liegst und ich deine schwarzen Strähnen streichle. Ich werde so tun, als ob ich meine Nase in deinem Haar vergabe und die Augen schließen, damit du wirklich hier bist. Meine wunderschöne schwarzhaarige Schönheit, die ich nie zähmen und nie besitzen durfte.