Читать книгу Die Ölzieh-Kur - Birgit Frohn - Страница 4
ОглавлениеÖlziehen hat eine lange Tradition
Ölziehen kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken: Es wird bereits seit über einem Jahrtausend praktiziert. Die Methode hat mithin wahrlich eine lange Tradition, was allerdings genau genommen wenig erstaunt. Denn das Wissen darum, dass unser Körper von Schlacken und Giftstoffen regelmäßig entlastet werden sollte, ist keineswegs neu. Daher haben Entschlackungs- und Entgiftungsmaßnahmen seit Anbeginn der Medizingeschichte einen festen Platz im Behandlungskanon der Heilkundigen.
Dieses Buch möchte Sie ins Ölziehen einführen und Ihnen dabei mit Rat und Hilfe zur Seite stehen.
Seit Generationen bewährt
Um gesund zu bleiben, muss unser Körper nicht nur von außen, sondern auch von innen gesäubert werden – wie erwähnt, ist dies keine Erkenntnis der Moderne. Die Ärzte des alten Ägypten haben schon lange vor Beginn unserer Zeitrechnung spezielle Reinigungstherapien verordnet, beispielsweise durch Abführen oder Kräuterzubereitungen zur innerlichen Einnahme.
So ist es wenig verwunderlich, dass auch das Ölziehen so früh mit zum Repertoire der großen Medizintraditionen gehörte. Ölziehen galt als umfassend wirksame Methode zur Reinigung und Entgiftung, daher war es selbstverständlich in der Materia medica jener heilkundlichen Systeme vertreten, auf denen unsere heutige Medizin aufbaut. Dieses Fundament stammt aus Indien, China sowie den Mittelmeerländern. Die Gründerväter der alten gelehrten Medizinsysteme sind Charaka und Sushruta für den Ayurveda, der Gelbe Kaiser für die Traditionelle Chinesische Medizin und die Hippokratiker für die Heilkunde der griechischen und römischen Antike.
Die Mutter der Medizin und das Ölziehen
Eine ideale Medizin heilt nicht nur Krankheiten, sondern beugt ihnen wirksam und nachhaltig vor. Darin sind sich alle Medizintraditionen im asiatischen Raum einig. Deshalb stehen regelmäßige Reinigungsbehandlungen zur Gesundheitspflege bis heute fest auf dem Programm, ähnlich wie im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizin, in der das Ölziehen zur Vorbeugung wie auch zur Behandlung eine zentrale Stellung innehat.
Die Wurzeln des Ayurveda reichen bis in das dritte Jahrtausend vor Christus zurück. Der Name setzt sich zusammen aus ayus, leben, und veda, Wissen. Daraus ergibt sich Wissen vom Leben, was exakt den Prinzipien der traditionellen indischen Medizin entspricht: Nämlich medizinische Lehre und Lebenskunst in einem zu sein. Denn die Konzepte des Ayurveda erfassen alle Aspekte des täglichen Lebens – demgemäß finden sie an gesunden wie kranken Tagen gleichermaßen Anwendung.
Ayurveda bildet die Basis vieler Heilsysteme außerhalb Indiens, auch der Traditionellen Chinesischen Medizin. Unsere abendländische Medizin wurde ebenfalls ganz entscheidend vom ayurvedischen Wissensgut beeinflusst: So ist von den Ärzten der Hippokratischen Schule überliefert, dass sie in enger Anlehnung an die ayurvedische Lehre behandelten. Nicht umsonst wird Ayurveda die Mutter der Medizin genannt. Diese hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Nachdem die traditionelle Medizin des Subkontinents im Zuge der britischen Kolonialherrschaft lange Zeit unterdrückt worden war, ist sie heute wieder fester Bestandteil des indischen Gesundheitswesens. Mit dem wachsenden Interesse an natürlichen Heilmethoden bekam die Mutter der Medizin schließlich auch in unserem Kulturkreis mehr und mehr Bedeutung. Dabei werden viele der ayurvedischen Therapien inzwischen auch nach heutigen naturwissenschaftlichen Kriterien überprüft. Die Ergebnisse belegen, dass Ayurveda ein enormes Potenzial in sich birgt. Als moderne Ganzheitsmedizin ist er beispielsweise bei einer Reihe von Erkrankungen erfolgreich, bei deren Behandlung unserer westlichen Medizin bislang Grenzen gesetzt sind.
Dr. Fedor Karach
Möchte man mehr übers Ölziehen wissen und begibt sich zu diesem Zweck ins World Wide Web, begegnet man immer wieder einem Namen, nämlich Dr. Fedor Karach, ein Arzt aus der Ukraine. Er soll zahlreichen Quellen zufolge Ende der 1980er-Jahre auf einer Tagung des Allukrainischen Verbandes der Onkologen und Bakteriologen vor der Akademie der Wissenschaften der UDSSR einen Vortrag über das Ölziehen gehalten haben: „Eine von vielen Möglichkeiten, einem kranken oder nicht mehr so gesunden Körper Hilfestellung zu geben“, so der Titel seines Referates.
Die Resonanz darauf war überwältigend. Selbstverständlich fanden sich auch Kritiker, dennoch verhallte die Botschaft nicht ungehört. Bald kam auch im Westen diese Methode zur Gesundheitspflege an und fand immer mehr Anhänger. Dennoch: Der Ursprung des so lang bewährten Verfahrens liegt nicht in der russischen oder ukrainischen Volksmedizin. Ölziehen hat in diesen Ländern zwar ebenfalls eine jahrhundertealte Tradition, wurde jedoch von Indien und China übernommen. Insofern hat Dr. Karach mit seinem Vortrag einigen wieder ins Gedächtnis gerufen, was zwar schon lang bekannt, aber möglicherweise nicht mehr so geläufig war.
Fünf Elemente und drei Typen
Ayurveda basiert auf der Grundannahme, dass die gesamte Natur aus fünf Elementen – Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde – besteht. Angesichts dessen steht nach Auffassung der traditionellen Medizin Indiens auch alles in einer Wechselbeziehung miteinander. Demzufolge beschränkt sich die ayurvedische Diagnostik auch nicht nur auf die Untersuchung des Körpers, sondern schließt stets die psychische Verfassung, den Lebensstil und Beruf, die Ernährung und das klimatische Umfeld des Betreffenden mit ein.
Die zweite Säule, auf der das ayurvedische Konzept ruht, ist die Lehre von den drei Dosha Vata, Pitta und Kapha. Der Sanskrit-Begriff Dosha lässt sich übersetzen mit „Stütze“, was auch schon die Funktion verdeutlicht: Dosha können als biologische Prinzipien oder Bioenergien verstanden werden, die sämtliche Vorgänge im Organismus unterstützen und steuern. Da die Dosha von Geburt an bei jedem Menschen in einem individuellen Verhältnis angelegt sind, geht man im Ayurveda von unterschiedlichen Konstitutions-Typen aus. Diese ermöglichen Aussagen über die individuellen gesundheitlichen Schwächen und Stärken.
Fünf Handlungen zur Pflege der Gesundheit
Alle Behandlungen im Ayurveda zielen darauf ab, die Balance der eben genannten Stützen, der Dosha, zu erhalten oder wiederherzustellen. Dies geschieht zum einen durch pflanzliche Heilmittel. Die Phytotherapie spielt eine Schlüsselrolle im ayurvedischen Behandlungskanon. Die ayurvedischen Pflanzenheilmittel werden nach jahrhundertealten überlieferten Rezepten in traditionellen Verfahren hergestellt. Zum anderen sorgen Reinigungstherapien dafür, dass der Mensch gesund bleibt oder geheilt wird. Die größte Bedeutung haben dabei die Behandlungen des Panchakarma, zu Deutsch „fünf Handlungen“. Diese mittlerweile auch in Europa etablierten und anerkannten Maßnahmen bestehen aus einem fein aufeinander abgestimmten System von Reinigungsbehandlungen und Ölmassagen. Eine davon ist die Gandusha, das ayurvedische Ölziehen.
In der ayurvedischen Heilkunde spielen Kräuter und Öle eine wichtige Rolle in der spezifischen Behandlung.
Wie der Name schon sagt, gliedert sich Panchakarma in fünf Zyklen – jeweils unterteilt in Vorbereitungs- und Ausleitungsphase. Im Zuge der Anwendungen des Panchakarma werden Stoffwechselschlacken und Giftstoffe in den Geweben und Organen zunächst mobilisiert. Anschließend können sie vom Körper ausgeschieden oder abgebaut werden. Dieses „Großreinemachen“ wirkt sich auf allen Ebenen – körperlich, geistig und seelisch – enorm positiv aus. So erhöht sich durch die intensive Entschlackung und Ausleitung schädlicher Rückstände und Schlackenstoffe die Aktivität des Immunsystems. Zudem werden Nerven- und Hormonsystem wieder ausgeglichen. Weiterhin verbessert Panchakarma Kreislauf und Durchblutung und stärkt die Funktionen der Organe. Das sind nur einige der Gründe, weshalb sich diese Behandlungen schon so lange und so gut in der Vorbeugung und Behandlung zahlreicher Erkrankungen bewähren. Warum Therapien zur Entschlackung und Reinigung wie die des Panchakarma und das Ölziehen so gute Wirkungen auf die Gesundheit haben, wird auf den Seiten 19ff. näher ausgeführt.
Die Gandusha
Im Ayurveda wird für das Ölziehen in der Regel erwärmtes Sesamöl oder Ghee, gekochtes Butterschmalz, verwendet. Ayurvedisches Ölziehen unterscheidet sich im Grunde nicht vom Ölziehen, wie wir es hierzulande kennen. Allerdings rät die traditionelle indische Medizin zu einigen Vorbereitungsmaßnahmen. Vor der Gandusha sollte man etwas von dem Sesamöl oder Ghee auf die Handflächen geben und sanft auf Wangen, Nacken und Hals einreiben. Anschließend tränkt man ein kleines Handtuch mit warmem Wasser und nimmt damit das Öl oder Ghee wieder von der Haut ab. Dies bereitet den Organismus auf die Gandusha vor, die so ihre Wirkung voll entfalten kann.
Die Dauer des ayurvedischen Ölziehens kann individuell sehr unterschiedlich sein. Denn als Zeichen dafür, dass es seine Wirkung getan hat, gilt das Tränen der Augen und das leichte Laufen der Nase – das ist beim einen früher und beim anderen später der Fall.
Schlürfen für die Gesundheit
Das Ölschlürfen, wie das Ölziehen auch genannt wird, wird seit langer Zeit auch jenseits der Grenzen Indiens praktiziert. So unter anderem in Tibet, dem Dach der Welt. Auch im Reich der Mitte, um bei den Metaphern zu bleiben, ist diese Behandlung bereits seit vielen Jahrhunderten bekannt und in Gebrauch. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) setzt das Ölziehen bis heute – ähnlich wie im Ayurveda – zur Vorbeugung wie zur Behandlung ein.
Die ölige Gesundheitspflege fand auch in die russische Volksmedizin Eingang, vor allem in Weißrussland sowie der Ukraine war und ist sie sehr geschätzt. Was ganz typisch für die Heiltradition in diesen Regionen ist: Gerade in den endlosen Weiten Russlands waren die Menschen seit jeher darauf angewiesen, sich mit einfachen Mitteln zu helfen. Zugang zu Ärzten und Apotheken hatten nur wenige. Darüber hinaus war dieser „Luxus“ ohnehin nur für die Oberschicht erschwinglich. So machte man sich auf die Suche nach anderen Heilmethoden und -mitteln, wobei man darauf achtete, dass diese für jeden leicht zugänglich und erschwinglich waren. Fündig wurden die russischen Heilkundigen wie auch die medizinischen Laien im Volk vor allem in der Natur: im Reich der Flora, der Bienenzucht und der Landwirtschaft wie auch im Erdreich. Daneben nutzte man auch Wasser und Steine sowie Sonne und Luft als „Medizin“. Der Großteil der russischen Volksheilmittel stammt jedoch aus den Küchen. Auf der Basis dessen ist es naheliegend, dass Speiseöle zur Gesundheitspflege herangezogen wurden. Zum Ölziehen steht in der russischen Volksmedizin bis heute das Sonnenblumenöl ganz oben auf der Liste. Doch auch andere Öle eignen sich gut dazu. Mehr dazu lesen Sie ab Seite 40ff.