Synnöve Solbakken: Erzählung

Synnöve Solbakken: Erzählung
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Bjørnstjerne Bjørnson. Synnöve Solbakken: Erzählung

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Die Kirche steht in den Gedanken des Bauern auf einer hohen Stelle und ganz für sich, weihevoll, die Feierlichkeit der Gräber ringsumher, den lebendigen Gottesdienst drinnen. Es ist das einzige Haus im ganzen Tal, worauf er Pracht verwandt hat, und ihr Turm ragt deswegen auch etwas höher empor, als er zu ragen scheint. Ihre Glocken begrüßen ihn schon aus der Ferne auf seinem Gange durch den klaren Sonntagmorgen, und er lüftet immer die Mütze, wenn er sie hört, als wollte er sagen: »Dank für das letztemal!« Es besteht ein Bündnis zwischen ihm und ihnen, das niemand kennt. In frühester Kindheit stand er wohl in der offnen Tür und lauschte ihrem Klang, während die Kirchgänger in stillem Zuge unten auf dem Wege vorübergingen; der Vater schloß sich ihnen an, aber er selbst war noch zu klein. Er verband damals mancherlei Vorstellungen mit diesem schweren, vollen Ton, der eine oder auch zwei Stunden die Herrschaft zwischen den Bergen hatte und von einer Felswand zur andern widerhallte; eins aber war unzertrennlich von diesem Getön: reine, neue Kleider, geschmückte Frauen, geputzte Pferde mit blitzendem Geschirr.

Und wenn sie dann eines Sonntags über seinem eignen Glück läuten und er selber in funkelnagelneuen, aber viel zu großen Kleidern gesetzt an der Seite des Vaters einhergeht und das erstemal dahin soll – ja, dann liegt Freude und Jubel in ihrem Klange. Da öffnen sie ihm die Türen zu alledem, was er nun zu sehn bekommen soll! Und auf dem Heimwege, wenn sie über seinem Haupte dröhnen, das noch schwer und wirr ist von dem Gesang, der Messe, den Worten der Predigt, die auf ihn eingedrungen und wieder verdrängt worden sind von alledem, was das Auge zugleich aufgenommen hat: die Altartafel, die Trachten, alle die Menschen – da wölben sie sich ein für allemal über alle diese Eindrücke und geben der kleinern Kirche, die er fortan in seinem Innern trägt, die rechte Weihe.

.....

Ingrid sah voller Erwartung der Heimkehr entgegen, und er erzählte ihr und der Mutter, wie es ihm ergangen wäre. – »Siehst du wohl!« sagte die Mutter. Ingrid aber sagte nichts. Doch von nun an gaben sie und die Mutter acht auf ihn, sobald er prahlte oder fluchte. Ingrid und er gerieten sich indessen eines Tages darüber in die Haare, ob der Ausdruck: »Der Hund fahre in mich!« als Fluch zu betrachten sei oder nicht. Ingrid bekam Prügel, und nun sagte er den ganzen Tag: »Der Hund fahre in mich!« Am Abend aber hörte der Vater es. – »Ja, er soll in dich fahren!« sagte er und versetzte ihm eine Ohrfeige, daß er zu Boden taumelte. Thorbjörn schämte sich am meisten vor Ingrid; aber nach einer Weile kam sie zu ihm hin und streichelte ihn.

Als ein paar Monate vergangen waren, gingen sie beide nach Solbakken hinüber; dann kam Synnöve zu ihnen, und sie waren wieder bei ihr, und so ging es während der ganzen Zeit, daß sie heranwuchsen. Thorbjörn und Synnöve lernten um die Wette; sie gingen in dieselbe Schule, und er machte schließlich größre Fortschritte; so gute Fortschritte machte er, daß sich der Pfarrer seiner annahm. Mit Ingrid ging es nicht so gut, und die beiden andern halfen ihr. Sie und Synnöve wurden so unzertrennlich, daß die Leute sie die Schneehühner nannten, weil sie immer beieinander flatterten, und weil sie beide so blond waren.

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