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KAPITEL SIEBEN

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Riley saß in ihrem Auto auf dem Weg zurück nach Hause, als sie den Anruf von Bill bekam. Sie stellte ihr Telefon auf Lautsprecher.

"Was gibt's?" fragte sie.

"Wir haben eine weitere Leiche gefunden", sagte er. "In Delaware."

"War es Meara Keagan?" fragte Riley.

"Nein. Wir haben das Opfer noch nicht identifiziert. Sie sieht aus wie die anderen beiden, nur schlimmer."

Riley ließ diese Fakten auf sich wirken. Meara Keagan wurde noch immer gefangen gehalten. Der Mörder könnte auch noch andere Frauen festhalten. Es war so gut wie sicher, dass die Morde nicht aufhören würden. Niemand wusste, wie viele es noch geben würde.

Bills Stimme war aufgebracht.

"Riley, ich drehe hier durch", sagte er. "Ich weiß, dass ich nicht klar denken kann. Lucy ist eine große Hilfe, aber sie ist immer noch ein Frischling."

Riley verstand gut, wie er sich fühlte. Die Ironie war fast spürbar. Hier war sie und machte sich Vorwürfe wegen dem Larry Mullins Fall. Währenddessen war Bill in Delaware und hatte das Gefühl, als hätten seine vergangenen Verfehlungen das Leben einer dritten Frau gekostet.

Riley dachte an die Fahrt zu Bill, wo auch immer er gerade war. Es würde vermutlich knapp drei Stunden dauern, dort hinzukommen.

"Bist du fertig bei dir?" fragte Bill.

Riley hatte sowohl Bill, als auch Brent Meredith informiert, dass sie für die Anhörung in Maryland sein würde.

"Ja", sagte sie.

"Gut", erwiderte Bill. "Ich schicke einen Helikopter, um dich abzuholen."

"Bitte was?" fragte Riley mit einem Luftschnappen.

"In deiner Nähe ist ein privater Flugplatz. Ich texte dir die Adresse. Der Helikopter ist wahrscheinlich schon da. Ein Kadett ist an Bord, der dein Auto zurückfahren wird."

Ohne ein weiteres Wort beendete Bill seinen Anruf.

Riley fuhr schweigend weiter. Sie war erleichtert gewesen, nachdem die Anhörung am Morgen geendet hatte. Sie wollte zu Hause sein, wenn ihre Tochter aus der Schule kam. Gestern hatte es keine weiteren Streits gegeben, aber April hatte auch nicht viel gesagt. Heute Morgen war Riley losgefahren, bevor April aufgewacht war.

Aber die Entscheidung war offenbar für sie getroffen worden. Bereit oder nicht, sie würde an dem neuen Fall arbeiten. Das Gespräch mit April würde bis später warten müssen.

Aber sie musste nicht lange nachdenken, bevor es ihr richtig erschien. Sie drehte um und folgte den Anweisungen, die Bill ihr geschickt hatte. Die beste Heilung für ihr Gefühl des Versagens war es, einen anderen Mörder zur Strecke zu bringen.

Es war an der Zeit.

*

Riley starrte auf das tote Mädchen, das auf dem hölzernen Pavillonboden lag. Es war ein heller, kühler Morgen. Der Pavillon stand in der Mitte des Marktplatzes der Stadt, umgeben von ordentlich gepflegtem Rasen und Bäumen.

Das Opfer sah den Mädchen auf den anderen Fotos erschreckend ähnlich, die Riley von den ersten beiden Opfern gesehen hatte. Sie lag mit dem Gesicht nach oben und war so ausgemergelt, dass sie geradezu mumifiziert wirkte. Ihre dreckigen, zerrissenen Kleider hatten ihr vielleicht einmal gepasst, aber schienen nun auf groteske Weise zu groß zu sein. Sie hatte alte Narben und noch mehr neue Wunden, von etwas, das nach Peitschenschlägen aussah.

Riley nahm an, dass es sie etwa siebzehn Jahre alt war, das gleiche Alter der anderen beiden Opfer.

Oder vielleicht auch nicht, dachte sie.

Schließlich war Meara Keagan vierundzwanzig. Der Mörder könnte seine MO ändern. Das Mädchen war zu eingefallen, um das Alter mit Bestimmtheit sagen zu können.

Riley stand zwischen Bill und Lucy.

"Sie sieht aus, als wäre sie länger ausgehungert worden als die anderen beiden", bemerkte Bill. "Er muss sie deutlich länger behalten haben."

Riley hörte eine Welt von Selbstvorwürfen in Bills Worten. Sie sah ihren Partner an. Die Verbitterung zeigte sich auf seinem Gesicht. Riley wusste, was Bill dachte. Das Mädchen musste noch am Leben und gefangen gewesen sein, als er den Fall untersucht und keine Spuren hatte finden können. Er gab sich für ihren Tod die Schuld.

Riley wusste, dass er sich nicht die Schuld geben sollte. Gleichzeitig fiel ihr aber auch nichts ein, was sie sagen konnte, damit er sich besser fühlte. Ihre eigenen Vorwürfe wegen des Larry Mullins Falles hinterließen einen bitteren Nachgeschmack.

Riley drehte sich um und nahm ihre Umgebung in sich auf. Von hier aus war das einzige vollständig sichtbare Gebäude das Gerichtsgebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite – ein großes Backsteingebäude mit einem Uhrenturm. Redditch war eine charmante kleine Kolonialstadt. Riley war nicht überrascht, dass die Leiche mitten in der Nacht hergebracht werden konnte, ohne dass es jemand bemerkte. Die ganze Stadt hatte tief und fest geschlafen. Der Platz war von Bürgersteigen umgeben, also hatte der Mörder keine Fußspuren hinterlassen.

Die örtliche Polizei hatte den Platz abgesperrt und hielt Zuschauer ab. Aber Riley konnte sehen, dass sich an den Absperrbändern einige Reporter versammelt hatten.

Sie war besorgt. Bis jetzt hatte die Presse die ersten beiden Morde noch nicht mit Meara Keagans Verschwinden in Verbindung gebracht. Aber mit diesem neuen Mord konnte es nicht lange dauern, bis jemand eins und eins zusammenzählte. Die Öffentlichkeit würde es früher oder später erfahren. Das würde die Ermittlungen deutlich erschweren.

Neben ihnen stand der Polizeichef von Redditch, Aaron Pomeroy.

"Wie und wann wurde die Leiche gefunden?" fragte Riley ihn.

"Wir haben einen Straßenkehrer, der bei Tagesanbruch seine Arbeit beginnt. Er hat sie gefunden."

Pomeroy sah erschüttert aus. Er war ein übergewichtiger, alternder Mann. Riley war sich sicher, dass selbst in einer so kleinen Stadt, ein Polizist in seinem Alter ein bis zwei Morde in seiner Laufbahn hatte aufklären müssen. Aber er hatte vermutlich niemals mit etwas so Verstörendem zu tun gehabt.

Agentin Lucy Vargas hockte neben der Leiche und betrachtete sie aufmerksam.

"Unser Mörder ist erstaunlich selbstbewusst", sagte Lucy.

"Wieso meinst du das?" fragte Riley.

"Nun ja, er stellt die Leichen für alle zur Schau", sagte sie. "Metta Lunoe wurde in einem offenen Feld gefunden, Valerie Bruner neben einer Straße. Nur etwa die Hälfte aller Serienmörder bringt die Opfer weg vom Tatort. Von denen wiederum nur etwa die Hälfte sie versteckt. Und die meisten Leichen, die leicht auffindbar sind, wurden einfach entsorgt. Diese Art von Zurschaustellung legt nahe, dass er ziemlich eingebildet ist."

Riley war zufrieden, dass Lucy so gut aufgepasst hatte. Aber etwas sagte ihr, dass Arroganz zeigen nicht die Absicht des Mörders war. Er versuchte nicht anzugeben oder die Behörden zu verspotten. Er hatte etwas anderes vor. Riley wusste nur nicht genau, was.

Aber sie war sich sehr sicher, dass es etwas damit zu tun hatte, wie die Leichen drapiert wurden. Es wirkte sowohl unbeholfen, als auch absichtlich. Der linke Arm des Mädchens war gerade über ihrem Kopf ausgestreckt. Ihr rechter Arm war ebenfalls gerade, aber leicht zu einer Seite ihres Körpers geneigt. Selbst der Kopf, mit seinem gebrochenen Genick, war gerade gerückt worden, um so gut wie möglich auf einer Linie mit dem Körper zu sein.

Riley dachte an die Fotos der anderen Opfer. Sie bemerkte, dass Lucy ein Tablet in der Hand hielt.

Riley bat sie, "Lucy, kannst du die Fotos der anderen beiden Leichen aufrufen?"

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Lucy das Gewünschte gefunden hatte. Riley und Bill stellten sich neben Lucy, um sich die beiden Fotos anzusehen.

Bill zeigte und sagte, "Metta Lunoes Leiche ist das Spiegelbild von dieser hier – rechter Arm ausgestreckt nach oben, linker Arm ausgestreckt zur Seite. Valerie Bruners rechter Arm war ausgestreckt, aber ihr linker Arm war nach unten zeigend auf ihrem Körper."

Riley bückte sich nach unten, nahm das Handgelenk des Opfers und versuchte es zu bewegen. Der ganze Arm war unbeweglich. Die Totenstarre hatte voll eingesetzt. Sie würden den Gerichtsmediziner brauchen, um den exakten Todeszeitpunkt zu bestimmen, aber Riley war sich sicher, dass das Mädchen schon mindestens neun Stunden tot war. Und wie die anderen Mädchen, war sie kurz nach ihrem Tod an diesen Ort gebracht worden.

Je länger sie hinsah, desto mehr nagte etwas an Riley. Der Mörder hatte sich große Mühe gegeben, die Leiche genau so zu drapieren. Er hatte die Leiche über den Platz getragen, diese sechs Stufen hinauf, und hatte sie hier präzise abgelegt. Trotzdem ergab die Position keinen Sinn für sie.

Die Leiche war nicht auf einer Linie mit den Pavillonwänden. Sie stand in keiner Beziehung zu der Öffnung des Pavillons oder dem Gerichtsgebäude oder sonst etwas, das Riley sehen konnte. Sie schien in einem zufälligen Winkel abgelegt zu sein.

Aber dieser Typ geht nicht wahllos vor, dachte sie.

Riley spürte, dass der Killer versuchte, etwas mitzuteilen. Sie hatte nur keine Ahnung, was das sein könnte.

"Was hältst du von den Posen?" fragte Riley Lucy.

"Ich weiß es nicht", erwiderte Lucy. "Nicht viele Mörder positionieren ihre Opfer. Es ist seltsam."

Sie ist wirklich noch sehr neu in diesem Job, dachte Riley bei sich.

Lucy hatte noch nicht verstanden, dass diese seltsamen Fälle genau die waren, zu denen sie immer gerufen wurden. Für erfahrene Agenten, wie Riley und Bill, war das Ungewöhnliche mittlerweile betäubend normal.

Riley sagte, "Lucy, lass uns einen Blick auf die Karte werfen."

Lucy rief die Karte auf, die anzeigte, wo die anderen beiden Leichen gefunden worden waren.

"Die Leichen wurden in einem recht engen Umkreis abgelegt", sagte Lucy und zeigte auf das Tablet. "Valerie Bruner wurde weniger als zehn Meilen von Metta Lunoes Fundort entfernt entdeckt. Und dieser hier ist weniger als zehn Meilen von Valerie Bruners entfernt."

Riley konnte sehen, das Lucy Recht hatte. Allerdings war Meara Keagan einige Meilen weiter nördlich verschwunden, in Westree.

"Sieht jemand eine Verbindung zwischen den Orten?" fragte Riley Bill und Lucy.

"Nicht wirklich", sagte Lucy. "Metta Lunoes Leiche war in einem Feld vor Mowbray. Valerie Bruners neben einer Landstraße. Und diese hier ist mitten in einer Kleinstadt. Es ist fast so, als würde der Mörder nach Orten suchen, die nichts gemeinsam haben."

In dem Moment hörte Riley einen der Zuschauer rufen.

"Ich weiß, wer es war! Ich weiß, wer es war!"

Riley, Bill, und Lucy drehten sich gleichzeitig um. Ein junger Mann winkte und rief hinter der Absperrung.

"Ich weiß, wer es war!" rief er wieder.

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