Читать книгу Das Perfekte Haus - Блейк Пирс - Страница 10
KAPITEL FÜNF
ОглавлениеDas Betreten der NRD-Einheit war genau so, wie sie sich erinnerte. Nachdem sie die Erlaubnis erhalten hatte, den eingezäunten Krankenhauscampus durch ein Wachtor zu befahren, fuhr sie hinter das Hauptgebäude zu einem zweiten, kleineren, unscheinbaren Gebäude.
Es handelte sich um ein einstöckiges Gebäude aus Leichtbeton und Stahl in der Mitte eines unbefestigten Parkplatzes. Nur das Dach war hinter einem großen, grünmaschigen Stacheldrahtzaun sichtbar, der das ganze Grundstück umgab.
Sie fuhr durch ein zweites Tor, um Zugang zur NRD zu erhalten. Nachdem sie geparkt hatte ging sie zum Haupteingang und ignorierte die unzähligen Überwachungskameras, die ihr auf jedem Schritt folgten. Als sie an der Außentür ankam, wartete sie darauf, dass sie hineingelassen wird. Im Gegensatz zu ihrem ersten Besuch, wurde sie nun vom Personal erkannt und ihr wurde auf Anhieb Zutritt gewährt.
Aber das galt nur für die Außentür. Nachdem sie einen kleinen Innenhof passiert hatte, erreichte sie den Haupteingang der Anlage mit dicken, kugelsicheren Glastüren. Sie scannte ihre Karte, wodurch das Panel-Licht grün wurde. Dann öffnete ihr der Sicherheitsbeamte hinter dem Schreibtisch im Inneren, der auch den Farbwechsel sehen konnte, die Tür und beendete so den Eintrittsprozess.
Jessie stand in einem kleinen Vorraum und wartete darauf, dass sich die Außentür schloss. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass die innere Tür erst geöffnet werden konnte, sobald sich die äußere vollständig geschlossen hatte. Sobald sie hörbar verriegelt war, öffnete der Wachmann die Innentür.
Jessie trat ein, dort wartete ein zweiter bewaffneter Offizier auf sie. Er nahm ihr ihre persönlichen Gegenstände ab, allerdings hatte sie nicht wirklich viel dabei. Sie hatte im Laufe der Zeit gelernt, dass es besser ist, fast alles im Auto zu lassen, schließlich bestand keine Einbruchgefahr.
Die Wache tastete sie ab und deutete ihr dann an, durch den Scanner im Sicherheitsstil eines Flughafens zu gehen, der ihren gesamten Körper scannte. Nachdem sie den Scanner passiert hatte, wurden ihr ihre Gegenstände wortlos zurückgegeben. Es war der einzige Hinweis darauf, dass sie nun weitergehen konnte.
„Werde ich Offizier Gentry sehen?" fragte sie den Officer hinter dem Schreibtisch.
Die Frau blickte zu ihr auf, in ihrem Gesicht war ein Ausdruck völliger Desinteresse zu sehen. „Sie wird gleich hier sein. Warten Sie einfach an der Tür zum Übergangsbereich auf sie."
Jessie tat, was ihr befohlen wurde. Der Übergangsbereich war der Raum, in dem sich alle Besucher umziehen mussten, bevor sie mit einem Patienten interagierten. Sobald sie sich in dem Raum befanden, mussten sie sich graue Krankenhaus-ähnliche Kittel anziehen, jeglichen Schmuck entfernen und sich abschminken. Sie wurde gewarnt, schließlich bräuchten diese Männer keine zusätzliche Stimulation.
Einen Moment später kam Offizier Katherine "Kat" Gentry durch die Tür, um sie zu begrüßen. Sie war eine Augenweide. Obwohl sie bei ihrem ersten Treffen im vergangenen Sommer nicht gerade einen guten Start hatten, waren die beiden Frauen jetzt Freundinnen, verbunden durch ein gemeinsames Bewusstsein für die Dunkelheit in einigen Menschen. Jessie vertraute ihr mittlerweile so sehr, dass Kat eine von weniger als fünf Menschen auf der Welt war, die wussten, dass sie die Tochter des Henkers der Ozarks war.
Als Kat auf sie zuging, bemerkte Jessie erneut, welch respektvolle Sicherheitschefin der NRD sie doch war. Sie war körperlich imposant und obwohl sie 1,70 Meter groß war, bestand ihr 70 Kilo schwerer Körper fast ausschließlich aus Muskeln. Sie war eine ehemalige Soldatin, die zwei Einsätze in Afghanistan hatte, die Überreste jener Tage waren in ihrem Gesicht sichtbar, das von Verbrennungen geprägt war und eine lange Narbe aufwies, die direkt unter ihrem linken Auge begann und senkrecht über ihre Wange verlief. Ihre grauen Augen nahmen alles, was sie sahen, gründlich auf, um festzustellen, ob irgend etwas eine Bedrohung darstellte.
Sie hielt Jessie offensichtlich nicht für eine Bedrohung. Sie fing an zu grinsen und umarmte sie kräftig.
„Lange nicht gesehen, FBI-Lady", sagte sie begeistert.
Jessie schnappte während der engen Umarmung nach Luft und sprach erst, als sie ausgelassen worden war.
„Ich bin nicht beim FBI", erinnerte sie Kat. „Es war nur ein Trainingsprogramm. Ich bin immer noch beim LAPD."
„Wie auch immer", sagte Kat abweisend. „Du warst in Quantico, hast mit den Behörden in deinem Bereich zusammengearbeitet und ausgefallene FBI-Techniken gelernt. Wenn ich dich eine FBI-Lady nennen will, dann tue ich das."
„Wenn du mir nicht meine Wirbelsäule brichst, kannst du mich nennen, wie du willst."
„Apropos, ich glaube nicht, dass ich das noch schaffen würde", bemerkte Kat. „Du scheinst stärker zu sein als zuvor. Ich schätze, sie haben nicht nur dein Gehirn trainiert, während du da warst."
„Sechs Tage die Woche", sagte Jessie. „Lange Rennen, Hindernisparcours, Selbstverteidigung und Waffenübung. Sie haben meinen Hintern definitiv in eine halbwegs anständige Form gebracht."
„Sollte ich mir Sorgen machen?" fragte Kat mit vorgetäuschter Sorge, trat zurück und hob ihre Arme in eine defensive Haltung.
„Ich glaube nicht, dass ich eine Bedrohung für dich bin", gab Jessie zu. „Aber ich habe das Gefühl, dass ich mich vor einem Verdächtigen schützen könnte, was vorher definitiv nicht der Fall war. Rückblickend hatte ich wirklich Glück, einige meiner letzten Begegnungen überlebt zu haben."
„Das ist fantastisch, Jessie", sagte Kat. „Vielleicht sollten wir uns irgendwann mal für ein paar Runden treffen, nur um dich fit zu halten."
„Wenn du mit ein paar Runden ein paar Runden trinken meinst, bin ich dabei. Ansonsten mache ich vielleicht eine kleine Pause vom täglichen Laufen und so."
„Ich nehme alles zurück", sagte Kat. „Du bist immer noch dasselbe Weichei, das du immer schon warst."
„Das ist die Kat Gentry, die ich kennen und lieben gelernt habe. Ich wusste, dass es einen Grund gab, warum du die erste Person warst, die ich sehen wollte, wenn ich wieder in der Stadt bin."
„Ich fühle mich geschmeichelt", sagte Kat. „Aber ich glaube, wir beide wissen, dass ich nicht die Person bin, die du hier wirklich sehen willst. Sollen wir aufhören zu quatschen und reingehen?"
Jessie nickte und folgte Kat in den Übergangsbereich, wo die Sterilität und Stille die angenehme Stimmung des Besuchs beendete.
*
Fünfzehn Minuten später führte Kat Jessie zu der Tür, die den NRD-Sicherheitsbereich öffnete und damit die Tür zu einigen der gefährlichsten Menschen auf dem Planeten. Sie waren bereits in ihr Büro gegangen, um eine Nachbesprechung über die letzten Monate zu machen, die überraschend ereignislos verlaufen waren.
Kat informierte sie darüber, dass, nachdem Crutchfield ein bevorstehendes Treffen mit ihrem Vater angedroht hatte, die ohnehin schon strengen Sicherheitsvorkehrungen noch weiter erhöht worden waren. Die Einrichtung hatte zusätzliche Sicherheitskameras und eine noch bessere Identitätsprüfung für die Besucher installiert.
Es gab keine Beweise dafür, dass Xander Thurman versucht hatte, Crutchfield zu besuchen. Seine einzigen Gäste waren der Arzt, der jeden Monat kam, um seine Vitalwerte zu überprüfen, der Psychiater, mit dem er fast nie sprach, ein Detektiv des LAPD, der hoffte, Crutchfield würde ihm Informationen zu einem ungelösten Fall liefern und sein vom Gericht ernannter Anwalt, der nur auftauchte, um sicherzustellen, dass er nicht gefoltert wurde. Er hatte sich kaum mit einem von ihnen beschäftigt.
Laut Kat hatte er Jessie gegenüber dem Personal nicht erwähnt, nicht einmal gegenüber Ernie Cortez, dem unkomplizierten Offizier, der seine wöchentlichen Duschen überwachte. Es war, als würde sie nicht existieren. Sie fragte sich, ob er sauer auf sie war.
„Ich weiß, dass du dich daran erinnerst", sagte Kat, als sie an der Sicherheitstür standen. „Aber es ist schon ein paar Monate her, also lass uns die Sicherheitsvorschriften nochmals durchgehen. Nähere dich nicht dem Gefangenen. Berühre nicht die Glasbarriere. Ich weiß, dass das in deinem Falle hinfällig ist, aber offiziell darfst du keine persönlichen Informationen weitergeben. Verstanden?"
„Jep", sagte Jessie und freute sich über die Erinnerungen. Es war hilfreich, um sie in die richtige Stimmung zu bringen.
Kat scannte ihre Karte und nickte der Kamera über der Tür zu. Jemand von drinnen öffnete ihnen die Tür. Jessie war sofort überwältigt von der überraschenden Flut an Sicherheitsmaßnahmen. Anstelle der üblichen vier Sicherheitskräfte standen dort sechs. Außerdem gingen drei Männer in Uniformen mit verschiedenen technischen Ausrüstungen auf und ab.
„Was ist hier los?", fragte sie.
„Oh, ich habe vergessen zu erwähnen, dass wir zur Wochenmitte ein paar neue Bewohner bekommen. Alle zehn Zellen werden belegt sein. Also überprüfen wir die Überwachungseinrichtungen in den leeren Zellen, um sicherzustellen, dass alles funktioniert. Wir haben auch das Sicherheitspersonal in jeder Schicht von vier Offizieren auf sechs tagsüber und nachts von drei auf vier erhöht."
„Das klingt... riskant", sagte Jessie diplomatisch.
„Ich habe dagegen gekämpft", gab Kat zu. „Aber das Land hatte Bedarf und wir hatten verfügbare Zellen. Es war ein aussichtsloser Kampf."
Jessie nickte, als sie sich umsah. Die Umgebung schien die gleiche zu sein. Die Einheit war wie ein Rad mit einer Kommandozentrale in der Mitte und Speichen, die sich in alle Richtungen erstreckten und zu Insassenzellen führten, aufgebaut. Derzeit befanden sich sechs Offiziere in der engen Kommandozentrale, die wie eine äußerst belebte Station eines Krankenhauses aussah.
Einige der Gesichter waren neu für sie, aber die meisten waren vertraut, einschließlich Ernie Cortez. Ernie war ein massives Exemplar eines Mannes, etwa zwei Meter groß und 125 Kilo Muskeln pur. Er war in den Dreißigern und fing gerade erst an, in seinem kurzen schwarzen Haar graue Strähnen zu bekommen. Er grinste sehr, als er Jessie sah.
„Mode-Tussi", rief er ihr mit dem liebevollen Spitznamen zu, den er ihr bei ihrem ersten Treffen verpasst hatte. Damals hatte er versucht, sie anzugraben und ihr eingeredet, sie solle als Model arbeiten. Sie hatte ihm ziemlich schnell klargemacht, dass er nicht bei ihr landen konnte, aber er schien keinen Groll zu hegen.
„Wie geht es dir, Ernie?" fragte sie und lächelte zurück.
„Du weißt schon, wie immer. Sicherstellen, dass Pädophile, Vergewaltiger und Mörder sich anständig benehmen. Was gibt’s bei dir Neues?"
„Eigentlich nichts Neues", sagte sie und beschloss in Anwesenheit so vieler unbekannter Gesichter nicht auf ihre Unternehmungen in den letzten Monaten einzugehen.
„Jetzt, wo du ein paar Monate Zeit hattest, um über deine Scheidung hinwegzukommen, willst du ein wenig Zeit mit dem Ernst verbringen? Ich plane, dieses Wochenende nach Tijuana zu fahren."
„Ernst"? wiederholte Jessie, unfähig, sich selbst vom Kichern abzuhalten.
„Was?", sagte er defensiv. „Es ist ein Spitzname."
„Es tut mir leid, Ernst, aber ich habe dieses Wochenende bereits etwas vor. Aber dir viel Spaß auf der Jai-Alai-Bahn."
„Autsch", antwortete er und packte seine Brust, als hätte sie einen Pfeil in sein Herz geschossen. „Weißt du, große Jungs haben auch Gefühle. Wir sind eben auch, du weißt schon... große Jungs."
„In Ordnung, Cortez", mischte Kat sich ein, „genug davon. Du hast mich eben dazu gebracht, innerlich zu kotzen. Und Jessie hat Geschäftliches zu tun."
„Wie verletzend", murmelte Ernie, als er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Monitor vor ihm richtete. Trotz seiner Worte deutete sein Ton darauf hin, dass er nicht allzu verletzt war. Kat bewegte sich, damit Jessie ihr zu dem Gespräch in Crutchfields Zelle folgen konnte.
„Das wirst du brauchen", sagte sie und hielt den kleinen Schlüsselanhänger mit dem roten Knopf in der Mitte hoch. Es war der „Notfall“-Knopf. Jessie betrachtete es als eine Art digitale Sicherheitsdecke.
Wenn Crutchfield sich zu sehr in ihre Gedanken mischte und sie den Raum verlassen wollte, ohne ihn über seine Auswirkungen zu informieren, sollte sie den Knopf drücken, der in ihrer Hand versteckt war. Das würde Kat alarmieren, die sie aus irgendeinem offiziellen, erfundenen Grund aus dem Raum entfernen lassen könnte. Jessie war sich ziemlich sicher, dass Crutchfield das Gerät kannte, aber sie war froh, es trotzdem zu haben.
Sie packte den Schlüsselanhänger, nickte Kat zu, dass sie bereit war, einzutreten, und atmete tief durch. Kat öffnete die Tür und Jessie trat ein.
Anscheinend hatte Crutchfield ihre Ankunft erwartet. Er stand auf und war nur wenige Zentimeter von der Glaswand entfernt, die den Raum in zwei Hälften teilte. Er lächelte sie breit an.