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Kapitel 1: Die ersten 3 Monate

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in für mich, aus heutiger Sicht, sehr wichtiger und prägender Lebensabschnitt begann.

Am Morgen des 1. Juli 1975 setzte ich mich mit gepackten Klamotten und extremer Kurzhaarfrisur in mein Auto und fuhr nach Luttmersen, einem kleinen Ort nahe Hannover.

Luttmersen bestand aus ein paar Häusern, sowie einer riesigen Kaserne. Drumherum Heidelandschaft - so weit das Auge reichte.

Die Kaserne machte auf mich den Eindruck eines gewaltigen Bollwerkes. Zäune, nummerierte Blockgebäude, wehende Deutschlandfahnen und ein geschäftiges Gewusel von Soldaten in sauberen, adretten Uniformen. Die Soldaten hatten in der Regel eine auffallend gerade Körperhaltung und einen ernsten wichtigen Gesichtsausdruck.


Der Wachsoldat am Kasernentor wies mir den Weg zur Ausbildungskompanie der ABC-Abwehrtruppe und beschrieb mir den Parkplatz, auf dem ich mein Privatfahrzeug abzustellen hatte.

Er sagte nicht Auto oder Kraftfahrzeug, sondern »Privatfahrzeug«. Das war der erste militärische Ausdruck den ich kennenlernte.


Sehr schnell merkte ich auch, dass die Soldatensprache eine ganz besondere war, denn sie unterschied sich vehement von der mir bisher geläufigen deutschen Ausdrucksweise.

Die Soldatensprache war klar, zackig, eindeutig und bestand größtenteils aus Abkürzungen. Man erkannte an ihr ebenfalls, ohne dass man genaues Wissen über Dienstgradabzeichen und Hierarchie in der Bundeswehr hatte, ob ein Vorgesetzter mit einem Untergebenen sprach oder umgekehrt.

Wenn man z.B. hörte, dass ein locker aufgestellter Soldat zu einem anderen in erhöhter kehliger Lautstärke sagte: «Ich reiß Ihnen den Arsch bis zur Halskrause auf, Sie Senfgurke!«, handelte es sich mit Sicherheit um einen Vorgesetzen der dort das Wort führte.

Wenn aber ein Soldat, der den Eindruck machte, als hätte er gerade einen Besenstiel verschluckt, in zackiger Ausdrucksweise und mit an der Kopfbedeckung angelegten Grußhand, zu einem betont lässig wirkendem Gegenüber sagte: »Schütze Meyer meldet, Schuhputz ausgeführt!«, ... dann war der Wortführende mit Sicherheit ein Untergebener.


Nachdem ich mein Auto geparkt hatte, meldete ich mich auf der Schreibstube der ABC-Abwehrkompanie. Dort waren schon mehrere frische Rekruten angekommen.

Ich stütze mich leger auf den Empfangstresen und fragte: »Guten Tag, ist das hier die ABC-Abwehrkompanie 30?«

Prompt empfing ich meinen ersten Anschiss! Der Soldat, von dem ich annahm, dass es sich um einen einfachen Gefreiten handelte, weil er einen Haken auf seinen Schulterklappen trug, brüllte mich an: »Verbeulen Sie nicht meinen Tresen! Und stellen Sie sich gerade hin!«

Vor Schreck über das gewaltige Sprachorgan nahm ich unwillkürlich Haltung an.

»Wie heißen Sie!«

Ich stammelte: »Gölnitz«

»Schütze Gölnitz heißt das!« schallte es mir entgegen.

»Ääh … , Schütze Gölnitz, … ich soll mich hier melden.«

Zu erwähnen, dass ich nicht Schütze, sondern Obergefreiter war, traute ich mich nun garnicht mehr.

Der Soldat, so stellte sich später heraus, hatte den Dienstgrad »Feldwebel« und war einer der Rekrutenausbilder.

Er gab mir eine Art Laufzettel, auf dem exakt der weitere Ablauf festgeschrieben war. Dann nannte er mir die Stuben-Nummer meiner zukünftigen Unterkunft.

»In 15 Minuten ist vor dem Kompanieblock Antreten.«

»Wegtreten!!«

Übergangslos wandte er sich dem nächsten Rekruten in der Reihe zu, um auch diesem den ersten Anschiss zu verpassen.

»Oh man«, dachte ich mir, »bei dem Typen hab ich wohl schon nach zehn Minuten verschissen.«


Ich fand meine Stube und sah das bereits vom Eignungstest bekannte Innenleben. Meine zukünftigen Mitbewohner, beim Bund nennt man sie »Kameraden«, waren auch bereits eingetroffen und wir machten uns zögerlich bekannt.

Ich war anscheinend der einzige Zeitsoldat. Die anderen fünf waren Wehrpflichtige und mussten zwangsweise 18 Monate dienen.

Plötzlich schrie irgendeine gewaltige Stimme auf dem Flur:

»ABC-Abwehrzug - vor den Stuben Antreten!!«

Da wir annahmen, dass wir damit gemeint seien, schlenderten wir zur Tür der Stube hinaus, um mal zu sehen, was da so abgeht.


Am Anfang des ellenlangen Flures hatte sich ein Soldat breitbeinig aufgebaut, stützte seine Hände in die Hüften, und hatte einen ungläubigen Ausdruck im Gesicht.

Während wir langsam aus unseren Stuben schlenderten, veränderte sich seine Stimme in ein fast entschuldigendes Säuseln. »Ach, war ich vielleicht zu laut? Habe ich die Damen beim Mittagsschläfchen gestört?«

Dann nahm seine Stimme urplötzlich wieder diese orkanartige Lautstärke an. »Wenn ich Raustreten rufe, haben Sie im Tiefflug zu erscheinen und in Linie neben Ihrer Stube anzutreten! Aber es ist eine gute Gelegenheit das zu üben - in die Stuben WEGTRETEN!! MARSCH MARSCH! Wo kein Schnee liegt, darf gelaufen werden!«

Überrascht über diese Ansprache nahmen wir beim Verlassen des Flures etwas an Geschwindigkeit zu.

Aber kaum waren wir in unserer Stube, erschall es wieder: »ABC-Abwehrzug - vor den Stuben ANTRETEN!!«


Wir hechteten aus unserer Stube und stellten uns auf. Was hatte er bloß mit »Linie« gemeint. Doch wir hatten uns instinktiv richtig aufgestellt. Linie hieß demnach, nebeneinanderzustehen. Später wurde uns die zweite Möglichkeit, das Antreten in Reihe, also hintereinander, beigebracht.

Dennoch schien der Mensch am Ende des Flures nicht zufrieden zu sein. Und so wiederholte sich die Prozedur des Raustretens noch mehrere Male, ... bis wir die wohl geforderte Geschwindigkeit erreicht hatten.


Der Soldat stellte sich jetzt in forschem Ton vor.

»Mein Vorname ist HERR, mein Nachname STABSUNTEROFFIZIER. Und wenn ich jetzt »ABC-Abwehrzug vor der Kompanie Antreten« sage, bewegen Sie Ihren Arsch in einem angemessenen Tempo bis vor den Kompanieblock und stellen sich in 3er-Reihe auf ---

ABC-Abwehrzug vor der Kompanie ANTRETEN!!«

Unser Flur lag im ersten Stock des Gebäudes und wir überschlugen uns fast beim Hinunterrennen der Gebäudetreppe.


Mit verschwitzten Gesichtern versammelten wir uns in Reih und Glied vor dem Kompanieblock. Dort hatten sich bereits die restlichen Offiziere und Unteroffiziere der Kompanie eingefunden.

Anscheinend sagte auch diesen Herrschaften unsere mittlerweile gesteigerte Geschwindigkeit nicht zu.

»Vor die Stuben wegtreten! MARSCH MARSCH !!«

und anschließend,

»ABC-Abwehrzug vor der Kompanie ANTRETEN –

MARSCH MARSCH !!«


Auch diese Aktion wurde mehrere Male wiederholt.

Von da an, so stellte ich fest, gehörte jene Art der Körperertüchtigung, mehrmals am Tag, zum ganz normalen Ablauf. Egal wie schnell wir uns auch bewegten, ohne mehrmalige Wiederholung ging garnichts.


Anschließend zeigte man uns in einer Art Crash-Kurs, wie man sich akkurat aufstellt und wie sich Gruppen in gemeinsamer Formation durch das Kasernengelände zu bewegen hätten. Immer schön in Reihe hintereinander, den Blick ernst geradeaus. Angeführt von einem Gruppenführer - dem Ausbilder. Irgendwie kam mir das bereits bekannt vor. Das letzte Mal, dass ich mich in dieser Art fortbewegt hatte, war in meiner Grundschulzeit - bei Wandertagen oder Schulausflügen.


Nun wurden wir in Gruppen verschiedenen Ausbildern zugeteilt.

Mein Gruppenführer war der bereits erwähnte Herr Stabsunteroffizier. Kurze Zeit später erfuhren wir, dass dieser Herr auch noch über einen richtigen Nachnamen verfügte: Hoins, Stabsunteroffizier Hoins. Berüchtigt als die größte Kampfsau und dazu der übelste Schleifer der Kompanie.

Wer hätte damals gedacht, dass ich ihm diesen Rang eines Tages noch streitig machen würde.


Den Rest des Tages empfingen wir unsere Uniform- und Ausrüstungsgegenstände, richteten uns ein und erhielten diverse Anordnungen. Das ging so bis ca. 21:30 Uhr.

Danach hatten wir unsere Stube aufzuräumen und zu reinigen. Um Punkt 22 Uhr mussten alle im Bett liegen - Zapfenstreich!


Für die meisten von uns war das etwas gewöhnungsbedürftig, denn bis vor wenigen Tagen waren wir noch der Meinung gewesen, dass das Leben um diese Uhrzeit erst richtig anfangen würde.


Nur ein Mann pro Stube hatte im Schlafanzug im Raum zu stehen, den Blick auf die Tür gerichtet, um dem eintretenden UvD zu melden, dass die Stube gereinigt und gelüftet war - was der entsprechende Unteroffizier vom Dienst dann mit Hingabe kontrollierte.

Bei Entdeckung des geringsten Mangels wurden entsprechende erzieherische Maßnahmen ergriffen, z.B. wurden dann die gesamten Bewohner der Stube im Schlafdress um den Kompanieblock gejagt.

Was diese Aktionen allerdings zur Steigerung der Sauberkeit und der Ordnungsliebe beitrugen, blieb uns schleierhaft.

Wir waren so geschafft vom ersten Tag, dass wir nach Löschung des Lichts sofort in tiefen Schlaf fielen.

Am nächsten Morgen, um Punkt 6 Uhr, riss uns der Pfiff einer Trillerpfeife, gefolgt von dem Ruf »Kompanie - aufstehn!«, aus tiefem Schlaf. Die Pfeife muss extrem manipuliert gewesen sein. Und der rufende Unteroffizier hatte sicherlich lange dafür trainiert, sein Sprachorgan auf diese Lautstärke zu trimmen.


Jedenfalls standen wir fast senkrecht in unseren Betten, als kurze Zeit später die Tür unserer Stube aufgerissen wurde und der UvD sich aufbaute, um uns anzuschreien. »Hoffentlich bewegen Sie sofort Ihren Arsch in Richtung Waschraum. In 30 Minuten ist Antreten!«

Obwohl unsere Stube recht klein war, ca. 9 qm, hatte der gute Mann die Lautstärke seiner Stimme nicht im Geringsten reduziert, bzw. den Räumlichkeiten angepasst. Uns klingelten die Ohren.


Wir waren natürlich völlig verschüchtert und begaben uns in Eile zum Waschraum.

Der war gerammelt voll, … also erstmal anstehen.

Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte uns, dass die Zeit kaum ausreichen würde, um uns die Zähne zu putzen. Diejenigen, welche sich zu lange vor den Waschbecken aufhielten, zogen sich dadurch den Unmut der Anstehenden zu.


Anschließend schnell zurück in die Stube und die olivfarbene Uniform anziehen. Was allerdings etwas dauerte, denn wir hatten ja noch keine Erfahrung mit der vorgegebenen Anzugsordnung. Und während mancher noch seine Socken sortierte, schrie auf dem Flur jemand in bekannter Lautstärke: »ABC-Abwehrzug - vor den Stuben ANTRETEN!«

Wie gehabt dauerte das Ganze unserem Ausbilder abermals zu lange, denn Sekunden später flog die Tür auf. Schleifer Hoins stand da, mit hochrotem Kopf und geschwollener Halsschlagader und schrie: »Das kann doch wohl nicht wahr sein!! Ich gebe Ihnen jetzt genau zehn Sekunden, dann stehen Sie vor der Tür!!«


Wir gaben gezwungenermaßen Gas und schafften es in kurzer Zeit im Flur vor der Tür zu stehen.

Locker stellten wir uns nebeneinander in einer Linie auf.

Unser Anblick schraubte aber den Blutdruck von Gruppenführer Hoins in eine beachtliche Höhe. Er schrie und brüllte und brachte uns tatsächlich dazu, in einer einigermaßen ordentlichen Linie zu stehen. StUffz Hoins sah sich durch das gemächliche Treiben natürlich genötigt, das Antreten vor den Stuben abermals drillmäßig zu üben.

Also, in Lichtgeschwindigkeit auf die Stuben wegtreten.


Kaum hatten wir vor Schweiß triefend die Stubentür geschlossen, erschallte wieder der Ruf:

»ABC-Abwehrzug - vor den Stuben ANTRETEN!«

Wir sprinteten nochmals auf den Flur, richteten unsere Linie aus und standen stramm, mit dem Blick zu Hoins. Da ihm jedoch dieser Vorgang immer noch zu langsam erschien, wurde diese Prozedur sofort wiederholt. Naja, damit war auch nach unseren gestrigen Erfahrungen zu rechnen.


StUffz Hoins schien das alles sehr zu gefallen, denn er ließ uns noch 5- bis 6-mal Wegtreten und Raustreten.

Abschließend war es wohl doch möglich geworden ihm eine Freude zu machen. Denn nach dem letzten Versuch kam der Ausspruch: »Na also, warum nicht gleich so!«


Jetzt wurde die Anzugsordnung überprüft und Mängel wurden abgestellt. Die ohnehin glänzenden Schuhe wurden nochmals nachpoliert und dabei angeordnet, dass wir in Zukunft in der rechten Beintasche grundsätzlich eine Schuhbürste mit uns zu führen hatten; um jederzeit Unregelmäßigkeiten am Glanz unserer Kampfstiefel beseitigen zu können.

Und die anderen drei Gruppenführer verfuhren mit ihren Soldaten exakt auf die gleiche Weise.


Am Ende des Flures erschien gerade eine zusätzliche uniformierte Gestalt.

Hoins, der wohl Dienstgradälteste und Ranghöchste der Gruppenführer, rief markant »ACH-TUNG!«, was bedeutete, dass wir sofort Haltung anzunehmen hatten und unseren Blick auf die Erscheinung richten mussten.

Auch StUffz Hoins nahm Haltung an, legte die rechte Hand zum Gruß an die Schläfe und meldete:

»Herr Leutnant, ABC-Abwehrzug vor den Stuben angetreten!«

Der genannte Leutnant war unser Zugführer und hieß mit Nachnamen Bartels. Er war ebenfalls von Beruf »Kampfsau«, was bedeutete, dass er in Lautstärke und Auftreten dem seiner Unteroffiziere in nichts nachstand.

Nach einer kurzen Vorstellung (Vorname Leutnant, Nachname Bartels) befahl er in gewohnter Lautstärke:

»ABC-Abwehrzug - vor der Kompanie … ANTRETEN!«


Wir sprinteten los, um die am Flurende vorhandene breite Treppe zu bewältigen. Unter ständigem Gebrüll unserer Ausbilder hechteten wir also diese Treppe hinunter. Und obwohl unser Zug aus etwa 50 Rekruten bestand, kam erstaunlicherweise niemand in dem heillosen Gedränge zu Schaden.

Schwitzend und mit Schnapp-Atmung erreichten wir den freien Platz vor unserem Kompaniegebäude und versuchten uns aufzustellen.

Aber es war nur ein Versuch, denn leider waren wir mal wieder nicht schnell genug. Und wie bereits vor den Stuben, musste nun auch das Raustreten vor den Kompanieblock geübt werden.

Also, »Vor die Stuben wegtreten! MARSCH MARSCH!!«

Auch hier wurde diese Prozedur mehrmals wiederholt, egal wie schnell wir auch waren.


Nachdem wir dann endlich angetreten waren und man uns gezeigt hatte wie wir uns auszurichten hatten, um ein einheitliches militärisches Bild abzugeben, wurden wir in Marschformation zum Frühstück in die Mannschaftskantine geführt.

Auf dem Weg dorthin wurden dann etliche Umwege gemacht, um uns Anfängern einen einigermaßen akzeptablen Gleichschritt beizubringen.

Völlig kaputt kamen wir irgendwann doch in der Kantine an und empfingen unser Frühstück, was uns allerdings nicht mehr so richtig schmecken wollte. Innerhalb von zehn Minuten würgten wir unser Marmeladenbrot herunter - dann hieß es wieder:

»ABC-Abwehrzug - vor der Kantine ANTRETEN!«


So ging es von da an jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend.

Anschließend immer wieder antreten vor dem Block, dann Unterricht im »U-Raum«, oder Exerzieren und Geräteausbildung auf dem »Ex-Platz«.

Feierabend war meistens gegen 20 Uhr. Danach blieben uns vielleicht 45 Minuten, um uns etwas aus dem Mannschaftsheim zu besorgen (Cola, Zigaretten, etc.). Denn wir mussten ja noch unsere Ausrüstung reinigen, unsere Schuhe putzen und alles für den nächsten Tag vorbereiten.

Die Stube musste auf Vordermann gebracht werden. Und »bettfertig« sollten wir ja auch sein, damit wir pünktlich um 22:00 Uhr auf unseren Pritschen lagen.


Die ersten drei Wochen war grundsätzlich auch am Wochenende Ausbildung, so dass an Freizeit nicht zu denken war. Erst nach dieser Zeit durften wir die Kaserne am Freitag zu Dienstschluss verlassen, um nach Hause fahren zu können. Allerdings nur, wenn Spind und Stube in einem absolut keimfreien Zustand waren.

Und dieser Stubenappell wurde exzessiv durchgeführt.

Da warf der Gruppenführer schon mal sein »Schiffchen« (Kopfbedeckung) unter ein Bett und ließ es von einem Rekruten wieder hervorholen. Anfangs haftete natürlich etwas Staub daran, … also die komplette Stube nochmals reinigen.

So kam es, dass wir sogar die Schränke in die Mitte der Stube rückten, um auch wirklich jede Ecke des Raumes staub- und keimfrei zu machen.


Die Hemden und Unterhemden in den Spinden mussten exakt auf DIN-A4 gefaltet sein. Aus diesem Grund wurde beim Zusammenlegen der genannten Bekleidungsteile ein Blatt aus dem Schreibblock mit eingelegt und darauf geachtet, dass der sichtbare vordere Teil der Hemden eine schöne Rundung aufwies.

Die Feldflasche durfte keine Wasserflecken aufweisen, die ABC-Schutzmaske (wehe jemand sagte »Gasmaske«) wurde umgekrempelt und auf Staub, Flecken sowie Parasiten kontrolliert.

Die Gruppenführer gaben sich alle Mühe etwas zu finden, ... und sie fanden immer etwas. Zur Not wurde ein weißes Taschentuch vor das Schlüsselloch der Stubentür gehalten und von der anderen Seite in das Schlüsselloch gepustet.

Selbstverständlich war Staub auf dem Taschentuch. Also wurde versucht, das Schlüsselloch mithilfe einer alten Zahnbürste zu reinigen.

Daran zu denken sich zu beschweren; zu der Zeit völlig unmöglich. Hätte auch nichts gebracht, ausser dass der Druck auf uns noch weiter erhöht worden wäre.


So zog sich der Beginn des Dienstschlusses hin. Doch irgendwann gaben die Ausbilder Ruhe, und wir erhielten unseren Ausgangaschein.

Am Sonntagabend, um 22:00 Uhr, hatten wir dann wieder in unseren Kasernenbetten zu liegen. In Erwartung auf den Stubendurchgang und die übliche Schleiferei am Montagmorgen.




Das Schlimmste war allerdings die »Gefechtsausbildung«. Sie fand jeden Mittwoch statt. Manchmal wurden wir dann in der Nacht um 03:00 Uhr »gefechtsmäßig« geweckt (Alaaaarm!), was den Ausbildern anscheinend besonders gut gefiel. Jedenfalls hatte ich den Eindruck.

Dann mussten wir die Fenster mit Wolldecken verdunkeln, unsere gesamte Ausrüstung bei Kerzenlicht vorschriftsmäßig verpacken – und das Ganze in Rekordzeit.

Anschließend ab ins Gelände. Wiederum gefechtsmäßig - oft in tiefster Gangart - auf dem Bauch robbend durch jede Pfütze, durch jedes Schlammloch. Wenn wir dann auf dem Standortübungsplatz ankamen, sahen wir bereits aus wie die Schweine - verdreckt und durchnässt, aber der Umgebung angepasst. Der Feind würde uns garnicht entdecken können!


Die Gefechtsausbildung ging in der Regel bis 22:00 Uhr.

Zurück in der Kaserne, wurde noch eine Stunde Waffenreinigen und Pflege der Ausrüstung angesetzt.

Erst wenn wir alles wieder blitzblank sauber hatten, kamen wir ins Bett. Das war dann oft 01:00 Uhr nachts. Und während die Socken von den sechs Kameraden der Stube auf der Heizung trockneten und ihren typischen Geruch verbreiteten, schliefen wir tief und fest.


Bis ein paar Stunden später wiederum der Ruf

»Kompanie Aufstehen!« ertönte.



Mein Blut ist Bordeauxrot

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