Читать книгу Ich will Coach werden - Brigitte Wolter - Страница 8
Оглавление[11] Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
Meister Eckhart (um 1260-1328), Theologe und Philosoph
Andere brauchen Sie
Zu diesem Buch haben mich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Coaching-Ausbildung inspiriert – sie haben fast ausnahmslos davon berichtet, wie mühsam und zeitraubend es anfangs für sie war, sich im Informationswirrwarr des Coaching-Marktes zurechtzufinden. Es wird Zeit, das zu ändern. So hoffe ich, dass Sie nach der Lektüre dieses Buches einen roten Faden im Dschungel der Informationen und Angebote gefunden haben, damit Sie direkt damit beginnen können, die nächsten Schritte auf Ihrem Weg zum Coach zu realisieren. Darüber hinaus möchte ich meine Erfahrungen aus über zehnjähriger Coaching-Praxis mit allen Lesern teilen, die aus verschiedenen Gründen praxisnahe und kompakte Informationen rund um das Thema Coaching wünschen.
Stehen wir vor einer Coaching-Blase oder am Beginn einer Zeit, in der es nicht genug Coaches geben kann, um den wachsenden Bedarf an Coaching zu befriedigen?
Immer mehr Menschen suchen bei beruflichen und privaten Problemen die Unterstützung eines Coachs. Tendenz steigend. Von einem Boom ist die Rede, obwohl Experten zur Vorsicht im Umgang mit solchen Superlativen mahnen (https://www.coaching-report.de/coaching-markt.html).
[12] Andererseits mehren sich die Stimmen, dass künftig kein Unternehmen mehr an Coaching vorbeikommen wird. Erst recht gilt dies für den Privatbereich: Die immense Nachfrage nach Lebensberatung lässt Beratungsdienste unterschiedlichster Couleur wie Pilze aus dem Boden schießen: Vom lösungsorientierten Coaching über spirituelle oder philosophische Lebenshilfe bis hin zur esoterisch-astrologischen Lebensberatung ist alles vertreten, was sich unter „Coaching“ vermarkten lässt.
Hier stoßen wir auf ein typisches Merkmal der Beratungsbranche: Sie ist artenreich wie ein Dschungel mit einem unüberschaubaren Angebot an Beratungsformaten und -inhalten. Jeder kann sich Berater oder Coach nennen, eine Beratungsnische besetzen und Geld damit verdienen.
Stellt sich die Frage: Woran erkenne ich einen seriösen Coach? Und: Was ist Coaching eigentlich? Vor allem: Was ist professionelles Coaching? Es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass ich zuvor das Wort „Beratung“ synonym zu „Coaching“ verwendet habe. Hier ist sich selbst die Coaching-Welt nicht einig. Einerseits wird Coaching von Beratung scharf abgegrenzt, andererseits ist von Coaching als einer speziellen Form der Beratung für Management und Organisationen die Rede. Sie ahnen es schon: Es gibt nicht die eine Definition von Coaching, es gibt Hunderte. Aber es hat sich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte ein einheitliches Verständnis für professionelles Coaching herausgebildet, und das möchte ich Ihnen in diesem Buch, vor allem im ersten Kapitel, vermitteln. Dabei orientiere ich mich an den Professionsstandards namhafter Berufsverbände wie zum Beispiel denen des Deutschen Bundesverbands Coaching e.V., der der Branche mit der Herausgabe eines Kompendiums mit Leitlinien und Empfehlungen für die Entwicklung von Coaching als Profession einen wertvollen Dienst erwiesen hat.
Was sind das für Menschen, die sich mit viel Herzblut und einer großen Mission auf den Weg machen, Coach zu werden? Idealisten? Altruisten? Sinnsuchende? Nach Weiterentwicklung Strebende? Wir werden in Kapitel zwei sehen, [13] aus welchem Holz gute Coaches geschnitzt sind und was sie antreibt, andere Menschen weiterzubringen. Aber sind alle, die sich berufen fühlen, auch befähigt? Überprüfen Sie es selbst, wenn es in Kapitel drei um das Anforderungsprofil eines Coachs geht. Eines schon vorweg: Coach ist man mit seiner ganzen Persönlichkeit. Diese Tätigkeit erfordert Handwerk und Haltung. Das eine geht nicht ohne das andere.
Was erwartet Sie, wenn Sie sich für diesen Beruf entscheiden? In erster Linie eine große Herausforderung. Bevor ich Ihnen sage, warum, erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick auf die eigene Geschichte: Meine „Coach-Werdung“ begann während meiner Zeit als Unternehmenssprecherin in einem Pharmakonzern. Mit Anfang 40 kam ich – inspiriert durch meine Führungsfunktion – auf die Idee, mich für Coaching zu interessieren, und fand immer mehr Gefallen an dem Gedanken, Coach zu werden. Etwas mulmig war mir schon dabei, denn niemand konnte mir sagen, wie man zu einem erfolgreichen Coach wird und damit auch seinen Lebensunterhalt bestreitet.
Die heute unerschöpfliche Informationsquelle Internet sprudelte damals noch spärlich. Zur Erinnerung: Google ging erst 1998 an den Start. Coaching-Verbände, die ich hätte fragen können, gab es Ende der 90er-Jahre in Deutschland noch nicht, geschweige denn Literatur zu den Themen „Beruf Coach“ oder „Marketing für Coaches“. Zum Thema Coaching allgemein und Management Coaching hatten immerhin einige Pioniere wie Looss (1986 und 1991), Geissler und Günther (1986), Hauser (1987) sowie Böning (1989) Artikel oder Bücher veröffentlicht, die die Idee des Coachings erstmals interessierten Fachkreisen und Unternehmen zugänglich machten. Coaching-Ausbildungen wurden in Deutschland erst seit 1989 angeboten. Die Coaches der ersten Stunde waren daher keine „ausgebildeten“ Coaches. Es waren psychologisch geschulte und berufserfahrene Menschen, die mit ihrer neuen Art der personenbezogenen Beratung – im Gegensatz zu der bis dahin geläufigen sach- und [14] fachbezogenen Beratung – eine Nische besetzten. Eine Nische, die sich durch die umwälzenden Veränderungen in der Wirtschaft und der Gesellschaft aufgetan hatte.
Trotz aller Unwägbarkeiten entschloss ich mich 2002 zu einer einjährigen Fortbildung zum „Coach der Wirtschaft IHK“. Die Rückkehr in eine abhängige Beschäftigung kam für mich danach nicht mehr infrage. 2003 wagte ich den Schritt in die Selbstständigkeit als Coach. Rückblickend betrachtet, markiert diese Phase eine Zäsur von immenser Tragweite mit Strahlkraft bis in meine Gegenwart hinein. Andererseits waren die Erfahrungen aus meiner 20-jährigen Zeit als Angestellte und meine Lebenserfahrung eine unabdingbare Voraussetzung für meine Tätigkeit als Coach. Da haben sich einige Kreise geschlossen …
Wenn Interessierte heute mit den Begriffen „Coach“, „Coaching“ oder „Coaching-Ausbildung“ auf die Suche gehen, können sie durch Tausende von Internetseiten mit unzähligen Angeboten surfen und auf umfangreiche Fachliteratur zurückgreifen. Parallel zum expandierenden Coaching-Markt ist zudem seit 1994 eine Beratergilde herangewachsen, die auf die Profilierung und Vermarktung von Beratern, Trainern und Coaches spezialisiert ist.
Geradezu paradiesische Zeiten für Coaches in spe, sollte man annehmen. Doch der Schein trügt. Wenn Sie heute Coach werden wollen, haben Sie nicht das Problem, dass Sie zu wenige Informationen finden, sondern dass Sie von Informationen überschwemmt werden, die zum Teil widersprüchliche Aussagen beinhalten. Und Sie stehen vor der Herausforderung, gegen eine wachsende Zahl von Konkurrenten auf dem Beratungsmarkt anzutreten. Das heißt schätzungsweise in Deutschland gegen eine Anzahl von circa 30.000 Coaches, Beratern und Trainern – die genaue Zahl kennt niemand.
Der Coaching-Markt ist kein Platz für Träumer, Aussteiger oder für solche, die das schnelle Geld machen wollen. Als Coach müssen Sie wie ein Unternehmer auftreten, Ihr Geschäft solide – und auf mehreren Säulen – aufbauen und ein [15] effektives Marketing betreiben, um langfristig erfolgreich zu sein. Das schaffen Sie nur mit einer glasklaren Vision, Kreativität, einem Mindestmaß an Marketingwissen, enormem Einsatz sowie Durchhaltevermögen. In Kapitel vier und sechs erfahren Sie, was es zu beachten gilt, um von Anfang an als kompetenter Coach wahrgenommen und gebucht zu werden.
Viele Coaches berichten, dass sie sich ein halbes Jahr und länger durch das Internet gequält haben, um aus der Vielzahl der Angebote die passende Ausbildung herauszufinden. Um die Sache abzukürzen, empfiehlt es sich, anhand von Auswahlkriterien passende Angebote herauszufiltern und erst danach mit Ausbildungsanbietern Kontakt aufzunehmen. In Kapitel fünf werde ich die wichtigsten Auswahlkriterien erläutern und Ihnen am Ende des Buches eine Checkliste zur Orientierung an die Hand geben, mit der Sie zu Ihrer Coaching-Ausbildung finden.
Auch als Coach brauchen Sie eine berufliche Heimat, abgesehen davon, dass das Leben als Einzelkämpfer – und das sind die meisten Coaches – sehr einsam sein kann. Zum Schluss möchte ich Ihnen deshalb das Für und Wider einer Verbandsmitgliedschaft erläutern, sodass Sie sich auch dazu eine Meinung bilden können.
Nun haben Sie eine erste Vorstellung davon, was Sie in diesem Buch erwartet. Es ist vor allem an Personen gerichtet, die eine Tätigkeit als Coach anstreben und kompakte, fundierte Informationen dazu wünschen, ohne monatelang im Internet recherchieren zu müssen. Dabei habe ich versucht, das überaus komplexe Thema Coaching zu verdichten und das herauszufiltern, was Sie als angehender Coach meiner Erfahrung nach an Beratung vor allem brauchen. Wenn Sie sich darüber hinaus zu den Themen der einzelnen Kapitel vertieft informieren möchten, finden Sie am Ende des Buches eine Liste mit weiterführender Literatur.
[16] Noch eine Bemerkung:
Ich bitte die Leserinnen um Verständnis, dass ich zur Erleichterung des Leseflusses überwiegend die männliche Form von Substantiven verwendet habe. Und wenn ich von „Coach“ spreche, meine ich damit die weibliche und männliche Form. Ob Mann oder Frau, seien Sie gewiss, dass Sie meine volle Wertschätzung haben.