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Richtig gut drauf – mit den passenden Vergleichen

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Das haben Sie mit Sicherheit schon einmal erlebt: Da flattert Ihnen ein amtliches Papier ins Haus, Sie fühlen sich wie vor den Kopf gestoßen und sind der Meinung, das schlage dem Fass den Boden aus. Sofort schnüren Sie das Bündel, begeben sich flugs eiligen Schenkels zur Behörde, nehmen den Sachbearbeiter aufs Korn und rücken ihn zurecht, dass die Heide wackelt. Nachdem ihm endlich der Groschen gefallen ist, fühlt er sich auf den Schwanz getreten, ist sofort aus dem Häuschen, winkt mit dem Zaunpfahl und steckt Ihnen ein Licht auf. Das bringt Sie erst recht in Harnisch. Sie wittern Morgenluft, legen sich ins Zeug und reden den Griffelspitzer – wie der Schnabel gewachsen ist – in Grund und Boden …

Mehr als ein Dutzend Redensarten mit bildhaftem Vergleich aus völlig anderen Situationen sind in diesen wenigen Zeilen enthalten – ein klarer Beweis dafür, dass sie aus der gut gewürzten Alltagssprache nicht wegzudenken sind, auch wenn man sie normalerweise etwas zurückhaltender dosiert als in der Beispielgeschichte. Ohne Bilder, die sie mit einfachen Worten in den Köpfen erzeugt, kommt Sprache einfach nicht aus – weder in der Trivialliteratur noch in ernst gemeinten Sachtexten. Der Unterschied zwischen der nüchtern distanzierten Beschreibung eines Sachverhaltes und einem bildhaften sowie treffenden Vergleich ist, wie Mark Twain es einmal formulierte, ähnlich wie der zwischen einem Glühwürmchen und einem Blitzschlag. Bilder bzw. bildhafte Vergleiche verstärken die gesprochene oder geschriebene Botschaft, beleuchten Zusammenhänge aus einem anderen Blickwinkel, veranschaulichen buchstäblich und erleichtern den Zugang zum besseren Erfassen der Mitteilung, auch wenn sie die Gedanken zunächst einmal auf einen Nebenschauplatz lenken. Im Fachjargon der Sprachwissenschaft nennt man solche bildhaften Verständnisbrücken Metaphern oder spricht fallweise auch von Metaphorik oder Idiomatik. Fachleute unterscheiden dabei genauer zwischen formelhaften Vergleichen, Routineformeln, Redensarten, Sprichwörtern und Zitaten. Auf solche stilistischen Sektionsübungen werden wir hier verzichten. Der Umgang mit den Vergleichsbildern lockt allerdings gelegentlich auf spiegelglattes Eis und lässt erbarmungslos straucheln, wenn die Aussage allzu sehr in Schieflage gerät und deswegen grotesk wirkt („Der Schokoladenhase ist das Zugpferd der Osterartikel“). Eine gekonnte, wenngleich fallweise vielleicht etwas riskante Metaphorik liefert dagegen die nötigen Pfefferkörner zu einer gut gewürzten Speise („Sie lächelte wie ein verkatertes Girl aus der Margarinewerbung“).

Oft genug geht es bei den Redewendungen auch richtig tierisch zu. Sprachpuristen betonen übrigens, es müsse „tierlich“ heißen, weil man ja auch „pflanzlich“ bzw. „pilzlich“ sagt. Ebenso wie man selbst in betont vornehmen Kreisen bei der Kennzeichnung von Art- und Zeitgenossen gelegentliche heftige Anleihen bei Fauna („Du dumme Kuh“) und Flora („Du taube Nuss“) wahrnimmt, verwendet die um nachdrückliche Kraftwirkung bemühte gesprochene oder geschriebene Sprache nicht nur im Alltagsgebrauch bereitwillig und sehr gerne plastisch-bildhafte Vergleiche aus dem Pflanzen- oder Tierreich. Obwohl sie, genauer betrachtet, nicht selten ziemlich komisch, häufig genug auch recht derb, aber fast immer erfrischend saftig sind, wurden sie zu häufig zitierten Redewendungen bzw. sprichwörtlichen Redensarten. Damit dienen sie sozusagen als beliebte und gern genutzte, aber zugegebenermaßen nicht immer wörtlich zu verstehende Fertigbauteile für Sätze und Texte, weil sie eben durch ihre besondere Anschaulichkeit überzeugen. In fast allen Kommunikationssituationen – von der umgangssprachlichen Stammtischunterhaltung über die Trivialliteratur bis zur Festrede in den wohlgesetzten Worten der gehobenen Standardsprache – bieten sie als Stilmittel eine enorme Bereicherung unserer Ausdrucksfähigkeit. Auch wenn man ihren Gehalt und Mitteilungswert sofort versteht und eventuell sogar aus der eigenen Naturerfahrung ableiten kann („Stolz wie ein Pfau“, „Zittern wie Espenlaub“), ist ihre spezielle Botschaft oder die Sinnübertragung in anderen Fällen zwar sofort verständlich, aber aus den Einzelbegriffen nicht direkt zu erklären („Auf den Hund kommen“, „Das geht auf keine Kuhhaut“). Oft nämlich stecken in solchen Redewendungen bzw. Redensarten Hinweise oder Vergleiche aus längst verschütteten Horizonten unserer Kulturgeschichte, die man erst mühsam freilegen muss, um ihre ursprüngliche Bedeutung vor Augen zu haben. Die mittelalterliche Rechtspflege oder das Militär sind dabei ebenso vertreten wie die Handwerker- bzw. Berufsfachsprachen zurückliegender Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte.

Rund 250 naturkundlich basierten Redewendungen gehen wir hier auf den Grund, die überwiegend an heimische Pflanzen, Tiere und Pilze anknüpfen und damit eine biologisch breite Palette von Möglichkeiten anbieten, wenn es darum geht, die Sprache bildreich zu beleben und zu vertiefen. Diese Kuh holen wir jetzt einmal vom Eis!

Ins Bockshorn gejagt

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