Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 481 - Burt Frederick - Страница 6

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Der Geschützdonner klang ihnen noch immer in den Ohren und war wie ein rollendes Echo, das nicht enden wollte.

Die Männer an Bord der Kriegsgaleone „San Sebastian“ standen wie erstarrt. Im Einzelfeuer hatten sie die zehn Backbord-Culverinen eingesetzt, wie ihr Capitán es befohlen hatte. Jedes Geschoß hatte ein Stück mehr aus der Felswand dort oben geschlagen. Und der dreiundzwanzigste Schuß hatte das ausgelöst, was beabsichtigt gewesen war.

Doch niemand in der Schatzbucht hatte sich das Grauen vorstellen können, das nun seinen Einzug hielt.

„Heilige Madonna!“ flüsterte Mario Sangiovese, einer von der Geschützmannschaft, die eben jenen letzten Schuß abgefeuert hatte. „Der Himmel sei diesen armen Seelen gnädig!“

Enrique Carrizo, der den Genuesen noch aus der gemeinsamen Garnisonszeit in Barcelona kannte, schüttelte verständnislos den Kopf.

„Wozu das Mitleid, Amigo? Diese Kerle gehen an ihrer eigenen Gier zugrunde. Die Lumpenhunde kriegen haargenau das, was ihnen zusteht.“

Sangiovese schloß entnervt die Augen. Nichts mehr sehen müssen! Aus der Höhle unter dem Wasserfall tönten schrille Schreie und markerschütterndes Gebrüll. Die Todesangst schien die Stimmen buchstäblich höher und höher zu peitschen, bis sie nichts Menschliches mehr hatten.

Der schlanke schwarzhaarige Genuese öffnete wieder die Augen und starrte hinauf zu dem mächtigen Felsbrocken, der den Höhleneingang blockierte. Er, Mario Sangiovese, war mitverantwortlich für jenen letzten Schuß, der den Brocken aus dem Überhang geschmettert hatte und den Wasserfall nun senkrecht an der Felswand hinunterrauschen ließ. Ein Teil des Wassers strömte gurgelnd in die Schatzhöhle.

„Sollen sie ersaufen wie die Ratten“, sagte Carrizo knurrend. Er stemmte sich auf den Rohrwischer, den er noch nicht benutzt hatte, da vom Achterdeck der Befehl „Feuer einstellen“ erfolgt war.

„Versündige dich nicht“, entgegnete Sangiovese in ungewöhnlich scharfem Ton. Er, der sonst zurückhaltend und schweigsam war, schien regelrecht außer sich zu geraten.

Carrizo, sein bester Freund an Bord, wandte sich erstaunt zu ihm um. Nun gut, Mario hatte die Lunte gezündet und damit den entscheidenden Schuß ausgelöst. Aber gerichtet hatte die Culverine der Stückmeister. Die Belobigung für die erfolgreiche Visierung im Steilschuß konnte allein er einheimsen.

Carrizo, ein breitschultriger, bulliger Mann, der aus Barcelona stammte, wußte, daß sein italienischer Amigo ein rührseliger Bursche sein konnte. Wenn er in einer lauen Mondnacht auf der Back hockte, in die Saiten seiner Laute griff und diese hinreißenden italienischen Lieder von Liebesglück und Liebesschmerz sang, dann standen ihm manchmal die Tränen in den Augen. Die anderen, die ja nur des Spanischen mächtig waren, verstanden zwar bestenfalls die Hälfte, aber sie konnten sich doch dafür begeistern, wie Mario in seinen Liedern aufging. Er sang sie nicht einfach, nein, er fühlte sie mit jeder Silbe mit.

Vielleicht, so dachte Carrizo, stellte er sich jetzt vor, was die schreienden Strolche dort oben in der Höhle durchlebten. Und das machte ihn restlos fertig. Aber konnte er sich denn nicht in einen stillen Winkel verziehen, um seine besondere Art von Trübsal zu blasen?

„Verhol dich“, sagte Carrizo mitfühlend und wollte ihm den Luntenstock abnehmen. „Es ist alles erledigt. Wenn du’s nicht mit anhören kannst, dann geh unter Deck, kriech in die Koje und zieh dir die Decke über den Kopf.“

Sangioveses Reaktion ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken.

Der Genuese ruckte herum. Sein Gesicht verzerrte sich in jäher Wut, und bevor Carrizo auch nur den Ansatz einer Bewegung erkennen konnte, zuckten Sangioveses Fäuste vor und packten ihn an den Armöffnungen seines Brustpanzers.

„Du Mistkerl!“ schrie der Genuese mit sich überschlagender Stimme. „Du bist auch so ein verdammter Mistkerl. Dich läßt es kalt wie eine Hundeschnauze, wenn andere Menschen leiden! Kannst du denn nicht nachfühlen, wie es denen da oben geht?“ Anklagend wies er mit der Linken zur Höhle und zum Wasserfall hoch. „Was immer sie getan haben – es sind Menschen!“

Carrizo wollte die rechte Hand Sangioveses von seinem Brustpanzer stoßen. Doch es gelang ihm nicht, sosehr er sich auch anstrengte. Erstaunt sah er den Genuesen an. In seiner rätselhaften, unerklärlichen Wut entwickelte er wahre Bärenkräfte.

Aus der Höhle schrillten noch immer die Stimmen. Es klang wahrhaftig so, als schrien tausend arme Seelen gegen das Höllenfeuer an, in das sie soeben geworfen worden waren. Es ging in der Tat jedem an Bord der „San Sebastian“ durch Mark und Bein.

„Mario“, knurrte Carrizo, „nimm jetzt Vernunft an. Laß mich los, bevor ich grob werde. Verdammt, was ist denn in dich gefahren!“

Auch die anderen waren aufmerksam geworden. Ungläubig sahen sie den schlanken Mann aus Italien an, der sonst so unauffällig war und eher dazu neigte, sich schwermütig in einen Winkel zu verkriechen.

Sangiovese packte erneut mit beiden Händen zu und schüttelte seinen spanischen Freund regelrecht durch. Carrizo konnte nichts dagegen tun, daß sein Kopf in der Öffnung über dem Panzer hin und her wippte. Er sah dabei aus wie eine leblose Gliederpuppe, denn der Genuese legte in der Tat unglaubliche Kräfte an den Tag.

„Nein!“ schrie er. „Es gibt keine Vernunft! Wo, in aller Welt, gibt es denn noch Vernunft? Weshalb soll dann ausgerechnet ich vernünftig sein? Ich will es nicht! Ich kann es nicht! Menschen sterben, und wir hören tatenlos zu, ergötzen uns daran! Wo bleibt da die Vernunft?“

Auch der Capitán und die Offiziere auf dem Achterdeck waren mittlerweile aufmerksam geworden.

Sangioveses Geschrei übertönte das Rauschen des Wasserfalls und das Gebrüll der in der Höhle Eingeschlossenen.

„Decksältester!“ brüllte Capitán Gaspar de Mello. „Sorgen Sie für Ruhe, verdammt noch mal!“

„Jawohl, Capitán!“ rief der Decksälteste zurück, ein gutmütig aussehender, stämmig gebauter Mann. Seinen Rang in der Schiffsmannschaft hatte er dadurch erworben, daß er schnell und wirkungsvoll zuschlagen konnte, wenn es angebracht war. Kein Hitzkopf, der schneller mit den Fäusten war als mit dem Mund. Nein, für den Rang des Decksältesten brauchte eine Schiffsführung einen besonnenen Mann, der zudem noch das Vertrauen der gesamten Crew genießen mußte.

In diesem Fall verhielt es sich so. Alle auf der Kuhl nickten zustimmend, als sie den Befehl des Kapitäns vernahmen. Sangiovese mußte durchgedreht sein. Vielleicht hatte ihm die Sonne das Hirn unter dem Helm zum Kochen gebracht, und das Ergebnis war dieses krause Zeug, das ihm aus dem Mund sprudelte.

„Zum letzten Mal, Mario“, sagte Enrique Carrizo. „Nimm die Hände weg. Oder du lernst mich von einer Seite kennen …“

„Du?“ unterbrach ihn Sangiovese schrill. „Ausgerechnet du? Du, der du behauptet hast, mein Freund zu sein – du willst mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe? Du, der du genauso niederträchtig und menschenverachtend bist wie alle anderen?“

„Mario, um Himmels willen!“ brüllte Carrizo und versuchte abermals die klammernden Hände von seinem Brustpanzer loszureißen. „Hör endlich auf mit dem Blödsinn! Warum, zum Teufel, hast du dann das Geschütz gezündet? Warum hast du nicht den Befehl verweigert, wenn dir so viel an den ach so bedauernswerten Kerlen da oben liegt? He, warum hast du das nicht getan?“

Sangioveses Blick wurde plötzlich starr. Seine ganze Haltung verkrampfte sich. Die Augen schienen ihm aus den Höhlen quellen zu wollen.

Carrizo mühte sich vergebens ab. Er hatte den Eindruck, daß Marios Klammerfäuste aus Eisen waren. Es schien fast so, als müßte man ihm die Knochen brechen, wenn man sie überhaupt lösen wollte.

„Sangiovese“, sagte der Decksälteste ruhig. Er war hinter die Männer bei der Culverine getreten. „Nimm Vernunft an. Bewahre Ruhe und belästige deinen Kameraden nicht.“

Auch der Teniente, dem die Seesoldaten unmittelbar unterstanden, hatte sich genähert. In Belange der Borddisziplin, soweit sie nicht militärische Aspekte betrafen, wollte er sich jedoch nicht unbedingt einmischen.

Der Genuese stand steif wie ein Brett.

Carrizos Zorn war in Besorgnis umgeschlagen. Es hatte den Anschein, als würde seinem Amigo gleich der Schädel platzen. Da schien irgend etwas im Inneren seines Kopfes zu sein, das sich ausdehnte und mit aller Macht gegen die Augen und die Adern drückte. Denn sie traten hervor, als würden sie die gebräunte Haut des schlanken Mannes sprengen.

„Sangiovese“, wiederholte der Decksälteste, energischer jetzt. „Ich fordere dich zum letztenmal auf, meinen Befehl zu befolgen. Bei Nichtgehorsam muß ich Gewalt anw…“

Die letzten Silben blieben ihm im Hals stecken.

Sangiovese zerrte seinen spanischen Freund herum, so urplötzlich, daß Carrizo zu überrascht war, um sich wirksam zu wehren. Überdies waren die Kräfte des Genuesen wahrhaft verblüffend. Er trieb Carrizo gegen den Decksältesten, bevor auch dieser überhaupt reagieren konnte.

Der Decksälteste taumelte unter dem Anprall zurück und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Der Teniente, der ihm zu Hilfe eilen wollte, schlug mit ihm auf die Planken. Carrizo stürzte als dritter obendrauf, und ein Knäuel aus um sich schlagenden Armen und Beinen entstand.

Sangiovese begann unterdessen, sich wie ein Kreisel zu drehen. Die Hände hatte er dabei flach auf den Brustpanzer gelegt.

„Ihr Schweine!“ schrie er in schrillem Diskant. „Ihr seid alle Schweine! Menschenleben kümmern euch nicht! Ihr tötet und tötet und haltet euch in eurer Selbstherrlichkeit auch noch für gerecht! O mein Gott, wann wird auf dieser Welt endlich Frieden herrschen? Wann werdet ihr Schweine endlich begreifen, daß ihr es seid, die immer wieder den Tod und das Verderben unter die Menschheit bringen!“

Capitán de Mello und die Offiziere standen mittlerweile an der Querbalustrade. Einen Moment waren auch sie von dem rätselhaften Verhalten des Genuesen in Fassungslosigkeit geraten.

„Festnehmen!“ befahl de Mello jetzt schneidend, indem er eine Atempause des sich drehenden Mannes nutzte. „Alle verfügbaren Kräfte – nehmt den Mann fest!“

De Mello hatte Sangioveses Zustand sehr richtig eingeschätzt. Sechs Mann, die von zwei benachbarten Geschützen losstürmten, reichten gerade aus, um ihn zu überwältigen. Nur mit äußerster Mühe konnten sie ihn halten, wie er sich in ihrem Griff wand und versuchte, mit den Stiefeln nach ihnen zu treten.

Carrizo, der Decksälteste und der Teniente hatten sich inzwischen wieder aufgerappelt.

Carrizo umrundete eilends den kleinen Pulk von Männern. Als er vor seinem Amigo stand, erschrak er. Schaum hing in Sangioveses Mundwinkeln, seine Augen waren gerötet und blutunterlaufen.

„Mario“, hauchte er, „um Himmels willen, was ist mit dir?“

Der Blick des Genuesen begann zu flackern. Es schien, als hätten ihn die besorgten Worte seines Freundes in die Wirklichkeit zurückgeholt. Einen Moment hatte es den Anschein, als wollte Sangiovese versuchen, sich zu räuspern, um ein vernünftiges Wort an den Spanier zu richten. Doch unvermittelt verdrehte er die Augen und sank kraftlos im harten Griff der Männer zusammen.

„Der Feldscher soll sich um ihn kümmern!“ ordnete de Mello an. „Ich erwarte einen sofortigen Bericht.“

„Jawohl, Capitán“, antwortete der Decksälteste und gab den Männern einen Wink, den Ohnmächtigen zum Vorschiff zu tragen.

„Señor Carrizo, zu mir?“ rief der Kapitän.

Der Spanier eilte zum Steuerbordniedergang, nahm Haltung an und salutierte.

„Capitán?“

„Wie ich verstanden habe, sind Sie mit Sangiovese befreundet. Haben Sie eine Erklärung für sein sonderbares Verhalten?“

„Nein, Capitán. Es tut mir leid, aber ich kann es selbst nicht begreifen. So etwas hat sich Mario Sangiovese noch nie geleistet. Manchmal ist er ein bißchen still. Er redet sowieso nicht gern und ist eigentlich genau das Gegenteil von dem, wie er sich eben gebärdet hat.“

„Er ist Italiener, nicht wahr?“

„Ja, Capitán. Sein Vater ist ein Kaufmann aus Genua, der sich in Barcelona niedergelassen hat. Deshalb kam Mario in unser Land. Wir wurden gemeinsam Soldat. Manchmal glaube ich, daß er in seinem Herzen immer noch Italiener ist, obwohl er sich alle Mühe gibt, sich anzupassen.“

„Hat er öfter Heimweh gehabt?“

„Ich glaube schon, Capitán, wenn er es auch nicht ausgesprochen hat.“

De Mello nickte.

„Gut. Lassen Sie sich von Ihrem Teniente freistellen und kümmern Sie sich um Ihren Freund. Berichten Sie mir, sobald Sie etwas Ungewöhnliches an ihm bemerken.“

Carrizo salutierte abermals.

„Darf ich mir noch eine Frage erlauben, Capitán?“ sagte er vorsichtig.

„Nur zu“, entgegnete de Mello mit dem Anflug eines Lächelns.

Carrizo preßte die Lippen aufeinander und zögerte. Dann gab er sich einen Ruck.

„Ist zu befürchten, daß er – daß er besessen ist, Capitán?“

Sekundenlang schwiegen der Kapitän und die Offiziere. Das Rauschen des Wasserfalls und das Gebrüll der Eingeschlossenen waren zur unveränderlich scheinenden Geräuschkulisse geworden. Die Offiziere wechselten Blicke. Die Bemerkung Carrizos konnte ernsthafte Folgen haben. Gerüchte, besonders wenn ihnen etwas Sensationelles anhaftete, breiteten sich auf dem begrenzten Raum eines Kriegsschiffs schnell aus. Und sie pflanzten sich fort, sobald das Schiff den nächsten Hafen anlief. Dann blieb auch nicht aus, daß kirchliche Organe von diesen Gerüchten erfuhren.

Die Kirche hatte die Macht, ein Schiff in einem solchen Fall an die Kette legen zu lassen.

Irgendein Priester, dem man besondere Fähigkeiten nachsagte, würde gerufen werden, damit er die heilige Handlung des Exorzismus durchführte – die Austreibung der Dämonen und Plagegeister, die einen Menschen befallen konnten.

Ein solcher Exorzismus konnte an einem Tag erledigt sein, konnte aber auch Wochen oder gar Monate dauern – je nach Belieben des hochwürdigen Exorzisten, in dessen alleiniger Macht es stand, die Schwere eines Falles von Besessenheit einzustufen. Diesem Urteil fügten sich nach aller Erfahrung selbst die höchsten kirchlichen Würdenträger.

De Mello winkte Carrizo einen Schritt näher heran.

„Carrizo“, sagte er halblaut. „Ihre Befürchtung ist völlig unbegründet. Bereiten Sie sich keine Sorgen. Besessenheit äußert sich ganz anders.“

„Wirklich, Señor Capitán?“

Gaspar de Mello wußte, daß seine Worte unbedingt überzeugend klingen mußten. Er hatte noch nicht die leiseste Ahnung, wie es nach den blutigen Geschehnissen in der Schatzbucht weitergehen sollte. Aber welchen Hafen er auch immer anlaufen würde – ein Zwangsaufenthalt aus irgendwelchen aberwitzigen Gründen war das letzte, was er sich wünschte.

„Wenn jemand besessen ist“, sagte de Mello daher, „dann merkt man es zuerst an seinem Atem. Er stinkt ganz abscheulich, nach Schwefel und anderem verbrannten Zeug. Ich hatte vor Jahren einen solchen Fall in Cartagena, und ich hatte seinerzeit Gelegenheit, mit dem exorzierenden Priester zu sprechen.“

Carrizos Augen wurden weit, und er kriegte den Mund nicht wieder zu. Wie alle einfachen Menschen seines Landes glaubte er fest an all jene mystischen Dinge, die einem einen Schauer über den Rücken jagten und die man sich nur hinter vorgehaltener Hand erzählte.

„Stinkender Atem, Schwefelgeruch“, sagte de Mello noch einmal und fuhr dann fort: „Weitere Merkmale sind eine deutliche Veränderung der Stimme, eine Veränderung des Gesichtsausdrucks und eine Rötung der Augen. Die Stimme ist die des jeweiligen Dämons, der gerade aus dem armen Opfer spricht. Manchmal kann es sich auch um die Stimme des Satans persönlich handeln. Achten Sie also genau auf Ihren Freund, Carrizo. Wenn er eins der genannten Merkmale zeigt, sollten Sie mich alarmieren. Wenn nicht, können Sie beruhigt sein. Er ist dann in Ordnung. Haben Sie alles behalten?“

„Jawohl, Señor Capitán“, erwiderte Carrizo hastig und begann aufzuzählen: „Stinkender Atem, Schwefelgeruch, veränderte Stimme, veränderter Gesichtsausdruck, rote Augen. Bei der Stimme handelt es sich entweder um die eines Dämons oder …“

Capitán de Mello winkte ab.

„Schon gut. Im übrigen können sich auch verschiedene Dämonen miteinander unterhalten. Das klingt dann, als ob der Besessene aus mehreren Personen besteht, jedenfalls der Stimme nach. Haben Sie alles verstanden?“

„Ja, Capitán.“

„Gut. Dann wissen Sie, was Sie zu tun haben.“

Carrizo salutierte, vollführte eine Kehrtwendung und eilte zur Krankenkammer.

Der Kapitän und die Offiziere konnten sich ein Lächeln nicht verkneifen. Rodrigez Vanetto, schlank, dunkeläugig, schnauzbärtig und Erster Offizier der „San Sebastian“, sah den Capitán etwas vorwurfsvoll an.

„Mußten Sie den armen Kerl mit solchen Schauergeschichten belasten, Señor Capitán?“

De Mello lächelte hintergründig.

„Ich hoffe, er hat einen gehörigen Schreck gekriegt. Wenn meine Rechnung aufgeht, wird er begriffen haben, daß die Besessenheit viel, viel schlimmer ist, als er sich vorgestellt hat. Folglich wird er keins der Symptome an seinem Freund feststellen und auch nichts in dieser Richtung herumerzählen. Was letzteres bedeuten würde, brauche ich Ihnen wohl nicht erst auseinanderzusetzen, Vanetto.“

Der Erste zog die Augenbrauen hoch. Er mußte zugeben, daß de Mello wieder einmal weitblickender gewesen war als alle zusammen. Auch die übrigen Offiziere nickten verstehend. Sie wußten nur zu gut, wie leicht man in eine langwierige und zermürbende Untersuchung verwickelt werden konnte.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 481

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