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Kapitel 1 Die neue Heimat

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Der geheimnisvolle Unbekannte

„Danke, der Rest ist für sie“, bezahlte Hanna den Taxifahrer.

„Soll ich ihnen nicht noch helfen, mit dem vielen Gepäck?“, fragte er freundlich.

„Das geht schon. Eigentlich müsste schon jemand auf mich warten. Aber trotzdem danke.“

„Ok. Dann noch einen schönen Tag.“

„Gleichfalls“, lächelte sie zurück.

„Da bist du ja endlich“, öffnete ihre Freundin Katharina die Tür.

Sie stürmte die Treppenstufen hinunter und umarmte Hanna.

„Hey, Katharina. Das war eine lange, anstrengende Fahrt in mein neues Zuhause. Ich bin froh, endlich hier zu sein“, schaute sie sich um.

„Ich hoffe, es gefällt dir? Komm, ich helfe dir mit deinen Koffern. Ich bin so gespannt, was du zu der Wohnung sagst.“

„Auf den Bildern sah sie ja wirklich toll aus.“

„Das ist sie auch. Ist das alles, was du hast?“, schaute Katharina die Gepäckstücke an.

„Ja, dass ist alles was ich noch besitze“, nickte Hanna.

„Ok? Hat alles gut geklappt mit dem Nachmieter?“

„Ja. Er hat die Wohnung so übernommen, wie sie war, mit den ganzen Möbeln. Sogar das Geschirr hat er behalten. Zum Glück.“

„Prima, denn wir haben hier alles, was du dir nur denken kannst. Die Küche ist komplett eingerichtet. Es fehlt an nichts. Dein Zimmer haben wir nach deinen Wünschen eingerichtet. Es wird dir sicher gefallen. Aber, wenn nicht, ist es kein Problem, was zu ändern. Der Vermieter lässt uns freie Hand. Mathis hat alles geregelt.“

„Aha, Mathis. Schön. Ich bin so neugierig auf deine Bekannten. Du hast mir schon so viel von ihnen erzählt, dass ich es kaum erwarten kann, sie kennenzulernen. Vor allem Mathis“, lächelte Hanna.

„Das wirst du. Er ist nett. Wir verstehen uns gut. Ich kann mir gut vorstellen, dass meine Freunde demnächst hier auftauchen, denn sie sind auch auf dich neugierig“, nickte Katharina.

Nach ein paar Minuten hatten sie das ganze Gepäck in die Wohnung gebracht. Erst jetzt konnte sich Hanna richtig umsehen.

„Wow. Die Wohnung ist wirklich, wie auf den Fotos, wunderschön. Und die Küche ist fantastisch. Sie lässt keine Wünsche offen. Ich bin begeistert. Die Miete ist wirklich nicht höher?“, fragte sie erstaunt.

„Nein. Das war ein Glücksfall. Die Wohnung gehörte Mathis Freund Colin. Der musste beruflich umziehen und wollte die Wohnung so schnell wie möglich los werden. Eigentlich sollte sie ja verkauft werden, aber als Mathis ihm mitteilte, dass wir beide eine Wohnung suchen, ließ er sich überreden, sie nicht zu verkaufen. Wir können uns also bei Mathis bedanken. Mathis und er sind schon lange sehr gut befreundet, denn sonst hätte es wohl nicht geklappt.“

„Dann muss er ein wirklich netter, großzügiger Mensch sein. Er hätte viel mehr Miete verlangen können. Ist er denn nicht auf das Geld angewiesen, auf dass er jetzt verzichtet?“

„Anscheinend nicht. Er hat wohl einen sehr gut bezahlten Job, so wie ich gehört habe. Also denke ich, dass er es verkraften kann“, meinte Katharina.

„Ich bin wirklich positiv überrascht. Die Wohnung liegt zentral und wie ich sehe, hat sie auch noch eine wunderschöne Terrasse. Sie ist wirklich fantastisch.“

„Das ist sie wirklich. Wenn ich da an mein enges Zimmer denke, dass ich vorher bewohnt hatte, bin ich froh, dass das geklappt hat. Jetzt zeige ich dir aber mal dein Zimmer. Komm mit.“

Katharina öffnete die Tür und war auf die Reaktion von Hanna gespannt. Die drehte sich im Zimmer um und schaute sich alles genau an. Katharina hatte schon ein mulmiges Gefühl.

„Du sagst gar nix?“

„Es ist so, wie ich es mir in meinen Träumen vorgestellt habe. Das Zimmer ist wunderschön geworden. Ein paar Sachen werde ich noch umstellen. Darin werde ich mich richtig wohlfühlen. Ich muss mich wirklich bei euch bedanken“, umarmte sie ihre Freundin.

„Ich bin froh, dass es dir gefällt. Ich hatte schon ein paar Bedenken. Aber, dass ist noch nicht alles. Da wartet noch eine Überraschung auf dich“, nickte Katharina.

„Eine Überraschung?“

„Ja. Du wirst staunen.“

Katharina öffnete noch eine Tür, die von Hannas Zimmer ausging.

„Was ist dass denn? Ich habe noch ein kleines Zimmer? Ist das für mich allein?“

„Ja. Du hast deinen eigenen Bereich, wenn du allein sein willst. Schau, da ist noch was“, zeigte Katharina.

„Ein kleiner Balkon? Ich kann es nicht fassen.“

„Ich war auch überrascht, als mir Mathis das alles zeigte. Ich hatte mich ja für das andere Zimmer gleich entschieden, weil es von der Größe passte. Dieses Zimmer stand die ganze Zeit leer. Aber als der Vermieter erfuhr, dass ich es dir überließ, hat er es noch schnell für dich eingerichtet. Ist das nicht nett?“

„In der Tat. Ich bin überwältigt. Woher kennt er meinen Geschmack?“

„Keine Ahnung. Es war wahrscheinlich reiner Zufall. Ach und wenn dir etwas nicht gefällt, kannst du es durch andere Möbel ersetzen, dass ist alles kein Problem“, fügte Katharina noch hinzu.

„Das muss ich nicht. Ich habe ja nur ein paar Dekorationsgegenstände mitgenommen, die mir am Herzen lagen. Die bekomme ich hier noch unter. Muss ich denn die Möbel nicht bezahlen? Es ist eigenartig, dass er genau meinen Einrichtungsstil getroffen hat, obwohl er mich nicht kennt und nichts über mich weiß“, schüttelte Hanna überrascht den Kopf.

„Oh, einiges weiß er über dich. Ich habe Mathis von dir erzählt und er hat sehr wahrscheinlich mit ihm über dich gesprochen. Und bezahlen musst du sie nicht. Das ist ein Geschenk, hat Mathis gesagt. Also, wenn alles so bleiben kann, wie es ist, kann Mathis ihm ja Bescheid geben. Er wird sich sicher darüber freuen.“

„Ja, dass Zimmer ist fantastisch. Er kann ihm von mir danken. Was ist mit den Möbeln in der Wohnung? Sind die auch noch vom Vermieter?“, wollte Hanna wissen.

„Ich hab die Wohnung so übernommen, wie du sie hier vorfindest. Das sind alles seine Möbel.“

„Wow. Er hat einen sehr guten Geschmack. Und du musstest gar nichts renovieren, oder ändern, oder so?“

„Nein. Er hatte, vor nicht all zu langer Zeit, alles neu gestaltet, denn es war nicht geplant, von hier wegzugehen. Aber, dann kam der neue Job. Es fiel ihm anscheinend nicht leicht, von hier wegzuziehen, wie Mathis berichtete, denn er musste seine Freunde verlassen. Doch er hat sich für den neuen Job entschieden.“

„Hast du ihn eigentlich persönlich kennengelernt?“, fragte Hanna.

„Nein. Leider nicht“, schüttelte Katharina den Kopf.

„Wie hat ihn Mathis denn beschrieben? Wie ist er so? Du hast gesagt, dass sie sehr gut befreundet sind?“

„Ja, was soll ich sagen. Mathis hat ihn als einen sehr großzügigen, wunderbaren Menschen beschrieben, sonst wäre Mathis auch nicht mit ihm befreundet. Er ist schließlich sein allerbester Freund und das schon sehr lange. Dass er großzügig ist, sehen wir ja, denn er hätte auch eine viel höhere Miete verlangen können. Wir sollten uns darüber freuen“, lächelte Katharina.

„Das stimmt. Bei dieser Wohnung hätte ich es verstanden. Das war sehr großzügig von ihm“, stimmte Hanna ihrer Freundin zu.

„Nun lass uns aber mal deine Sachen auspacken. Heute Abend bestellen wir uns was beim Italiener, denn zum Kochen kommen wir wohl nicht mehr, wenn ich mir das hier so betrachte“, schaute Katharina sich die Gebäckstücke an.

„Einverstanden. Ich habe jetzt schon Hunger. Hab den ganzen Tag kaum was gegessen.“

„Du kannst gerne mal im Kühlschrank nachsehen. Da ist bestimmt was drin, was du gerne essen würdest“, schlug Katharina vor.

„Später vielleicht. Erst räume ich mal meine Sachen ein.“

„Freust du dich eigentlich schon auf deine neue Arbeit in dieser Schule?“, wollte Katharina wissen.

„Oh ja. Wenn das so gut läuft, wie mit dieser Wohnung, bin ich sehr zufrieden und glücklich“, lächelte Hanna.

Hanna und Katharina kannten sich seit dem Praktikum, dass sie vor vielen Jahren, während ihres Studiums, zufällig zusammen verbrachten. Seit dieser Zeit waren sie befreundet, auch wenn sie einige Kilometer auseinander wohnten, versuchten sie, sich so oft wie möglich zu sehen, was meistens nur am Wochenende, Ferien oder sonstigen freien Tagen geschah. Deshalb wollten sie nach dem Studium so schnell wie möglich zusammenziehen, was nicht ganz leicht war. Lange suchten sie nach einer gemeinsamen Wohnung und einer passenden Arbeitsstelle. Das alles hatten sie nun endlich gefunden. Katharina konnte schon früher bei ihrem neuen Arbeitgeber anfangen, und zog in ein kleines Zimmer ihres neuen Heimatortes. Von hier aus konnte sie sich so besser um eine passende Wohnung kümmern. Durch einen Zufall lernte sie Mathis kennen und somit kam sie auch zu dieser Wohnung. Beide hatten eine unschöne Zeit hinter sich. Katharina war lange mit David zusammen, der durch einen Autounfall ums Leben kam. Sie litt sehr darunter. Das lag jetzt schon vier Jahre zurück. Deshalb wollte sie unbedingt aus dem Ort, der sie an alles erinnerte, wegziehen. Hanna lernte, während ihres Praktikums, einen jungen Mann kennen, in den sie sich, schon vom ersten Augenblick an, verliebte. Sie verbrachten ein paar wunderschöne Monate miteinander und es sah so aus, als würde er das gleiche für Hanna empfinden, wie sie für ihn. Aber von einem auf den anderen Tag meldete er sich nicht mehr. Er war wie vom Erdboden verschwunden. Darüber kam sie nie hinweg, denn sie hatte ihm sein Herz geschenkt. Für sie gab es, seit dieser Zeit, keinen anderen Mann mehr. Hanna war so enttäuscht, dass sie keinem Mann mehr vertraute. Natürlich hatte sie einige Bekannte, mit denen sie sich auch gut verstand und auch ab und zu ausging, aber das war rein freundschaftlich. Hanna wollte sich nie wieder auf eine Beziehung einlassen. So blieb es nur bei Freundschaften, auch Jonathan musste dies akzeptieren. Hanna hatte ihm klargemacht, dass sie nur freundschaftliche Gefühle für ihn empfand. Sie hatte ihn auf der Hochzeit ihrer Schwester Judith kennengelernt. Er war ein Freund von Michael, dem Mann ihrer Schwester. Beide verstanden sich von Anfang sehr gut. Jonathan verliebte sich nach einiger Zeit in Hanna. Als er ihr seine Liebe gestand, blockte sie sofort ab. Er war enttäuscht, wollte aber ihre Freundschaft auf keinen Fall verlieren. So fand er sich mit dieser Situation ab. Denn er wusste, dass sie immer noch an ihrer großen Liebe hing, auch wenn sie nur selten mit ihm darüber sprach. Als sie ihm verkündete, dass sie eine neue Stelle angenommen und in eine andere Stadt ziehen würde, war er überrascht und enttäuscht. Zeigte es aber Hanna nicht. Er wollte trotzdem für sie da sein und versprach, sie bald, an ihrem neuen Wohnort, zu besuchen. Den Kontakt wollten beide aufrecht erhalten, dass war auch Hanna wichtig, denn auf Jonathan konnte sie sich immer verlassen. Er war der einzige, zu dem sie etwas Vertrauen hatte.

„Was hat eigentlich Jonathan zu dem ganzen gesagt?“, schaute Katharina sie fragend an.

„Er war schon enttäuscht, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Ich habe es trotzdem bemerkt. Es tut mir ja auch leid, aber ich denke, es ist besser so. Ich weiß ja, was er für mich empfindet. Wenn wir uns jetzt nicht mehr so häufig sehen, kommt er vielleicht schneller drüber weg und kann sich neu verlieben.“

„Du liebst ihn nicht? Bist du dir da ganz sicher?“

„Das bin ich. Ich mag ihn, sehr sogar. Aber mehr auch nicht.“

„Er muss ein wirklich guter Freund sein. Auch wenn er weiß, dass aus euch nie ein Paar wird, ist er für dich da. Ich hoffe, dass ich ihn bald mal kennenlerne“, wünschte sich Katharina.

„Das wirst du. Er will mich demnächst besuchen. Ich freue mich schon darauf“, lächelte Hanna.

„Ich verstehe nicht, warum du diesen Mann nicht liebst. Denkst du nicht, dass mehr daraus werden könnte?“, frage Katharina nochmal.

„Ich verstehe es selbst nicht. Jonathan ist wirklich ein wunderbarer Mann. Er sieht gut aus, ist unheimlich sympathisch, nett, liebevoll, charmant und aufmerksam. Eigentlich wünscht sich jede Frau so einen Mann.“

„Aber er ist nicht dein Traummann. Du denkst immer noch an I H N. Obwohl es schon Jahre her ist. Du kannst ihn nicht vergessen. Habe ich recht?“

„Ja. Ich weiß, dass ich bescheuert bin, aber was soll ich tun. Ich kann ihn mir ja nicht aus dem Herzen reißen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diesen Mann denke. Ich versuche ja, ihn zu vergessen, aber es gelingt mir nicht, obwohl schon so viel Zeit verstrichen ist. Das ist doch verrückt.“

„Das ist Liebe. Er war und ist immer noch deine große Liebe. Ich verstehe einfach nicht, warum er so plötzlich verschwunden ist. Denn, es sah auch für mich so aus, als wärst du seine große Liebe. Wenn er dich angeschaut hat, sah man in seinen Augen, wie sehr er dich liebte. Das ist selbst mir aufgefallen. Deshalb ist das alles nur schwer nachzuvollziehen“, schüttelte Katharina den Kopf.

„Ich weiß. Jeden Tag grübele ich darüber nach, ob ich etwas falsch gemacht habe. Doch mir fällt nichts ein.“

„Du hast nichts falsch gemacht. Es muss einen anderen Grund gegeben haben. Wir wissen es nicht. Eigentlich weißt du sehr wenig über ihn.“

„Das ist richtig. Ich kenne nur seinen Vornamen, sonst nichts. Es war mir nicht wichtig, mehr über ihn zu erfahren. Das war vielleicht ein Fehler. Denn hätte ich mehr über ihn gewusst, hätte ich ihn suchen und finden können. Aber so, war es aussichtslos.“

„Das stimmt. Aber man konnte ja auch nicht damit rechnen, dass er plötzlich verschwindet. Es ist schon eigenartig. Trotzdem musst du das alles endlich hinter dir lassen. Denk jetzt nur an deine Zukunft. Es gibt da draußen sicher einen Mann, der für dich der Richtige ist. Wenn es nicht Jonathan ist, dann vielleicht jemand anderes. Du wirst sehen. Auch du wirst dich neu verlieben. Er hat das sicher schon lange getan“, umarmte Katharina ihre Freundin.

„Ja, du hast recht, mit allem“, nickte Hanna.

„Wir sind fast fertig mit dem Einräumen, dann können wir uns was bestellen“, lenkte Katharina sie ab.

„Ja. Ich habe einen Riesenhunger“, lächelte Hanna.

Die beiden wollten gerade bestellen, als es an der Tür läutete. Katharina öffnete und schon strömten all ihre Freunde in die Wohnung, um die Neue zu begrüßen.

„Halt, langsam. Sie bekommt es ja mit der Angst zu tun“, lachte Katharina.

„Hey, Hanna. Schön, dass du endlich hier bist. Katharina hat uns schon so viel von dir erzählt. Wir sind befreundet. Ich bin Konstantin“, umarmte er sie als erster.

„Hey. Freut mich. Ich bin Dario und das ist meine Freundin Annie“, begrüßten sie die beiden.

„Ich bin Jenny“, schüttelte sie Hannas Hand.

„Ich bin Rick und das sind Mathis und Leni“, stellte er den Rest vor.

„Wow. Das sind viele Freunde, die du da hast, Katharina“, lachte Hanna.

„Stimmt. Nun kennst du sie alle.“

„Freut mich sehr, euch kennenzulernen. Aber all eure Namen kann ich mir im Moment gar nicht merken“, schüttelte Hanna lachend mit dem Kopf.

„Das macht nix. Das wird schon“, meinte Leni.

„Wir sind nicht mit leeren Händen gekommen“, strahlte Rick sie an.

„Da wir dachten, dass ihr bestimmt Hunger habt, haben wir für uns alle Pizza mitgebracht. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei“, zeigte Mathis auf die Pizzaschachteln.

„Da habt ihr aber Glück gehabt. Wir wollten gerade was bestellen“, lächelte Katharina ihn an.

Hanna war dabei nicht entgangen, welche Blicke die beiden sich zuwarfen.

„Das ist sozusagen unser Willkommensgeschenk“, meinte Jenny und lachte.

„Wir dachten, nach deiner langen Fahrt könntest du eine Stärkung gebrauchen“, fügte Annie hinzu.

„Mit der Pizza habt ihr genau ins Schwarze getroffen. Ich bin hungrig“, teilte Hanna mit.

„Dann haben wir ja alles richtig gemacht“, meldete sich Leni zu Wort.

„Getränke haben wir natürlich auch nicht vergessen“, hielt Dario einige Flaschen in die Höhe.

„Dann lasst uns mal anstoßen. Auf die neue Mitbewohnerin von Katharina“, hielt Konstantin sein Glas hoch.

„Auf Hanna“, riefen alle zusammen.

Die hätte nie mit einem so freundlichen, herzlichen Empfang gerechnet.

„Ich danke euch. Für alles. Es ist schön zu sehen, was für tolle Freunde Katharina hat.“

Es wurde ein feucht fröhlicher Abend. Hanna fiel todmüde ins Bett, als die Freunde gegangen waren. Die erste Hürde war geschafft. Katharina hatte viel von ihren Freunden erzählt und sie hatte mit allem recht. Es waren wirklich tolle Menschen. Das konnte Hanna nur bestätigen. Sie wurde in die Clique schon nach ein paar Minuten aufgenommen und fühlte sich wohl, bei ihren neuen Freunden. Sie schlief zufrieden und glücklich ein.


Am nächsten Morgen räumte Hanna noch ein paar Kleinigkeiten um, dann ging sie in die Küche.

„Ich möchte dir heute etwas von der Stadt zeigen. Bist du einverstanden?“, schaute Katharina sie fragend an.

„Klar. Dann kannst du mir auch gleich mal zeigen, wo die neue Schule ist.“

„Das werde ich. Wir arbeiten nicht weit entfernt von einander. Das ist deshalb so toll, weil wir den gleichen Weg haben und ihn zusammen zurücklegen können.“

„Ja, dass ist prima“, freute sich Hanna.

Beide frühstückten gemütlich zusammen. Hanna wollte bei dieser Gelegenheit mehr über die Freunde erfahren. Katharina erzählte einiges über sie und Hanna bekam einen Überblick, wer mit wem zusammen war und wer nicht.

„Was ist das zwischen dir und Mathis?“

„Wie? Was soll da sein? Wir sind befreundet, dass habe ich dir doch schon gesagt“, schaute Katharina sie überrascht an.

„Wirklich? Nur befreundet?“

„Ja. Mehr ist da nicht“, schüttelte Katharina den Kopf.

„Ok? Wenn du das sagst, wird es wohl so sein. Doch seine Blicke sagen was anderes. Aber, lassen wir das jetzt. Gehen wir. Ich bin so neugierig auf die Stadt“, freute sich Hanna.

Anscheinend wollte Katharina auch nicht mehr preisgeben. Vielleicht später. Hanna wollte nicht aufdringlich sein. Sie konnte es kaum noch erwarten, alles in Augenschein zu nehmen.

Die Kleinstadt, war genau das, was sie sich gewünscht hatte. Sie strahlte Gemütlichkeit aus, obwohl viele Leute unterwegs waren. Die Wege zu den Geschäften waren kurz und alles gut zu Fuß zu erreichen. Zuerst zeigte Katharina ihr das Bürogebäude, in dem sie arbeitete. Nur ein paar Minuten entfernt, befand sich die Schule, in der Hanna nun ihre neue Stelle, in den nächsten Tagen, antreten würde. Die Schule gefiel ihr. Die Gebäude waren neu und modern. Sie war nicht allzu groß und lag in einem ruhigen Viertel, aber doch zentral. Ebenso die Wohnung von Hanna und Katharina. Kleine Cafes und Restaurants lagen in der Nähe. Ein wunderschöner Park mit einem kleinen See lud zum Erholen und Entspannen ein. Hanna war begeistert.

„Und? Was sagst du?“, wollte Katharina wissen.

„Ich bin einfach begeistert. Alles hier gefällt mir. Es ist so, wie ich es mir immer vorgestellt habe. In meinen Träumen“, lächelte Hanna.

„Du kannst mir glauben, dass ich froh war, als ich vor ein paar Monaten diese Stelle hier angeboten bekommen habe. Und als es dann noch mit dieser Wohnung klappte, war ich richtig happy. Nur du hast mir noch gefehlt“, umarmte Katharina sie.

„Das war wirklich ein Glücksfall. Nicht nur, unsere neue Arbeit, nein, auch diese Wohnung, von der ich so begeistert bin. Ich hätte wirklich gerne unseren Vermieter mal kennengelernt und ihm persönlich gedankt.“

„Vielleicht werden wir das eines Tages“, nickte Katharina ihr zu.

„Aber hoffentlich nicht, wenn er es sich anders überlegt und die Wohnung doch verkaufen will“, schaute Hanna sie skeptisch an.

„Das denke ich nicht. Er hat es Mathis versprochen. Wir können so lange darin wohnen, wie wir wollen.“

„Was macht er eigentlich beruflich?“, fragte Hanna nach.

„Ich habe keine Ahnung. Es hat mich nicht interessiert. Mir war nur wichtig, dass wir diese Wohnung bekommen. Warum fragst du?“

„Nur so. Aber möchtest du nicht auch wissen, wer dieser Mann ist, der uns diese, so geschmackvoll eingerichtete Wohnung, zu dieser günstigen Miete überlassen und der zudem dieses kleine Zimmer extra für mich ausgestattet hat? Ich würde gerne wissen, wie er so ist und wie er aussieht.“

„Doch schon. Aber leider wohnt er etwas zu weit weg, um ihn einfach zu besuchen und ihm zu danken. Wir müssten schon zu ihm fliegen“, lächelte Katharina.

„Ja. Schade“, nickte Hanna nur.

„Wir können ihn ja irgendwann einmal einladen. Vielleicht kann er es einrichten und besucht uns. Nun komm, lass uns dort drüben einen Kaffee trinken, bevor wir wieder nach Hause gehen“, zeigte Katharina in Richtung eines kleinen Cafes.

Das Cafe lag direkt an dem herrlichen Park. Von der Terrasse konnte man auf einen kleinen See blicken.

„Ich glaube, dass wird mein Lieblingsplatz. Es ist wunderschön hier“, schwärmte Hanna.

„Das ist es. Es ist auch mein Lieblingsplatz. Hier habe ich Mathis kennengelernt.“

„Wirklich? Du magst ihn sehr. Habe ich recht?“, betrachtete Hanna sie aufmerksam.

„Ja. Er ist nett.“

„Nett?“

„Ja. Und er hat Humor. Ich habe ihm seinen Kaffee über sein Hemd geschüttet. Er aber hat mich nur angegrinst. Mathis war nicht sauer oder hat mich beschimpft. Im Gegenteil, er hat noch einen lustigen Witz darübergemacht“, lächelte Katharina verträumt.

„Wie ist dass denn passiert?“

„Ich saß am Nebentisch und beim Aufstehen bin ich gestolpert und gegen Mathis gefallen. Der hatte gerade seinen Kaffee in der Hand. Da ist es geschehen. Du hättest sein Hemd sehen müssen“, schüttelte Katharina lachend mit dem Kopf.

„Und er war nicht wütend?“

„Nein. Er sagte, dass ist heute mein Glückstag. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass mich eine so wunderschöne Frau auf diese Weise kennenlernen will und mir dabei auch noch dieses ungeliebte Hemd ruiniert. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was ich tun sollte. Dann musste ich lachen und er lud mich zum Abendessen ein. Eigentlich hätte ich ihn einladen müssen, als Entschuldigung, aber, dass ließ er nicht zu. So lernten wir uns kennen.“

„Das ist eine wirklich lustige Geschichte. Du hast sie mir noch nie erzählt.“

„Es gab noch keine Gelegenheit. Jetzt kennst du sie. Mathis ist ein sehr lieber Freund.“

„Du bist sicher, dass er nur ein lieber Freund ist?“, wollte Hanna wissen.

Sie bemerkte den verklärten Blick, als Katharina von Mathis sprach.

„Ich bin für mehr noch nicht bereit.“

„Und Mathis? Weiß er Bescheid?“

„Ja. Vor ein paar Tagen habe ich ihm alles über David erzählt.“

„Er liebt dich?“

„Ich weiß es nicht. Aber bevor er sich in mich verlieben sollte, habe ich ihm klar gemacht, dass ich noch keine neue Beziehung eingehen kann. Er kann es verstehen“, nickte Katharina.

„Hat er das gesagt?“

„Ja. Er sagte, dass er immer für mich da ist und ich mit ihm über alles reden kann.“

„Er liebt dich. Mathis lässt dir die Zeit, die du brauchst. Aber, lass ihn nicht zu lange warten. Er scheint ein wirklich toller Mann zu sein. Den solltest du festhalten“, meinte Hanna.

„Ja. Er ist ein fantastischer Mann“, lächelte Katharina.

„Oh, oh. Ich glaube, es hat dich doch erwischt“, umarmte Hanna ihre Freundin.

„Vielleicht. Aber ich möchte nichts überstürzen, denn David ist immer noch in meinen Gedanken und in meinem Herzen.“

„Das wird er auch immer bleiben. Dir geht es wie mir.“

„Du meinst, weil du auch immer noch an Liam denkst und ihn nicht aus deinem Kopf und Herzen bekommst?“

„Genau. Wir sind beide gleich, wenn wir uns verlieben, dann für immer. Wenn David diesen Unfall nicht gehabt hätte, käme für dich ein anderer Mann nie in Frage. Aber David ist nicht mehr da und er hätte nicht gewollt, dass du alleine bleibst. Ganz sicher nicht“, stellte Hanna klar.

„Ja. Er wollte immer, dass ich glücklich bin und, dass war ich mit ihm. Ob ich jemals wieder mit einem anderen Mann so glücklich sein kann?“, stellte Katharina die Frage.

„Das denke ich schon. Du fühlst doch mehr für Mathis, wie du dir eingestehen willst. Lass deine Gefühle zu. Du könntest mit Mathis wieder glücklich werden“, meinte Hanna.

„Möglicherweise hast du recht. Aber es ist nicht einfach. Ich habe das Gefühl, als würde ich David verraten“, schaute Katharina traurig.

„Das tust du nicht. Komm her“, umarmte Hanna ihre Freundin.

„Was ist mit dir? Wann verliebst du dich endlich wieder? Gibt es keinen Mann in deinem Leben? Vielleicht ist Jonathan ja doch der Richtige?“

„Nein, dass ist er nicht. Ich werde mich wohl nie wieder verlieben“, schüttelte Hanna den Kopf.

„Sag so was nicht. Das kannst du nicht wissen. Irgendwann läuft er dir über den Weg, dein Traummann.“

Einige Zeit saßen sie noch in diesem Cafe und redeten über vergangene Zeiten.

„Bist du aufgeregt?“, wollte Katharina am nächsten Tag wissen.

„Ja, schon. Ich bin gespannt, wie meine Kollegen und Kolleginnen sind. Und überhaupt.“

„Du machst dir unnötig Sorgen. Das wirst du schon machen. Du bist eine sehr gute Lehrerin und wenn sie dich erst einmal kennen gelernt haben, werden sie das sicher selbst bemerken. Außerdem bist du ein liebenswerter Mensch. Also, ich wüsste nicht, was dagegen spricht, dass sie dich nicht mögen.“

„Danke, dass du mich aufmunterst“, Katharina.

„Na, komm. Gehen wir? Du wirst sehen, es wird alles halb so schlimm.“

Katharina hatte recht. Sie musste nicht nervös sein. Als Hanna das Schulgebäude betrat, wurde sie freundlich begrüßt. Der Rektor der Schule hatte sogar einen kleinen Empfang für sie vorbereitet, was Hanna ganz besonders berührte. Viele nahmen daran teil und stellten sich vor. Dann zeigte eine Kollegin ihr ihre Klasse. Das Klassenzimmer war großzügig, lichtdurchflutet und modern eingerichtet. Man konnte durch die großen Fenster auf den großen Hof schauen und die Schüler beobachten. Hanna fühlte sich gleich wohl in ihrer Klasse. Ihre Kollegen und Kolleginnen machten einen sehr netten, sympathischen Eindruck und machten es ihr leicht. All die Aufregung und Nervosität war umsonst. Die Entscheidung, diese Stelle anzunehmen, war die richtige. Das war ihr sofort klar. Hanna wurde in alles eingewiesen und mit allem vertraut gemacht. So konnte sie bald mit ihrem Unterricht beginnen. Ab und zu hatte sie noch ein paar Fragen, aber die konnten bald geklärt werden.

„Na, wie war der erste Arbeitstag?“, wollte Katharina direkt wissen, als sie nach Hause kam.

„Es ist alles super gelaufen. Ich habe mich umsonst verrückt gemacht. Alle sind sehr nett. Die Arbeit wird mir Spaß machen, davon bin ich überzeugt. Ich habe es richtig vermisst, mit den jungen Menschen zu arbeiten.“

„Sie werden dich mögen. Davon bin ich überzeugt.“

„Wollen wir uns zum Abendessen später auf die Terrasse setzen? Es ist noch wunderbar warm?“, fragte Hanna.

„Auf jeden Fall.“

Beide probierten ein neues Rezept, dass Katharina entdeckt hatte, aus.

„Du kannst schon mal den Wein und Gläser mit nach draußen nehmen. Der Auflauf dauert nicht lange. In der Zeit kannst du mir noch mehr erzählen.“

„Ok?“

„Hoffentlich schmeckt der Auflauf auch“, meinte Katharina.

„Riechen tut es schon mal verlockend. Wenn es auch noch so schmeckt“, lächelte Hanna sie an.

Als sie auf der Terrasse war, schaute sich Hanna um.

„Ich kann mich nur nochmal wiederholen. Diese Wohnung ist einfach fantastisch. So gerne würde ich den Mann kennenlernen, dem diese tolle Wohnung gehört?“

„Das werden wir. Warum ist das dir jetzt so wichtig. Hauptsache ist doch, dass er uns die Wohnung überlassen hat“, meinte Katharina.

„Schon. Trotzdem interessiert er mich. Ich möchte einfach mehr über ihn erfahren. Es ist eigenartig, ich weiß, aber allein schon der Gedanke, dass er dieses Zimmer für mich eingerichtet hat, lässt mich nicht mehr los.“

„Wir werden ihn bestimmt einmal kennenlernen, Hanna“, nickte ihr Katharina zu.

Beide saßen noch lange zusammen und Hanna erzählte von ihrem ersten Tag.

Die erste Woche verging. Es war er letzte Arbeitstag vor dem Wochenende.

„Hast du Lust mit unseren Freunden etwas zu unternehmen?“, fragte Katharina sie.

„Klar. Warum nicht. Dann kann ich sie noch besser kennenlernen. Was ist denn geplant?“

„Annie hat was von Essen gehen gesagt. Danach wollen wir noch durch die Stadt bummeln und in ein oder der anderen Kneipe etwas trinken.“

„Hört sich gut an. Vielleicht kann ich mehr über unseren Vermieter Colin erfahren.“

„Sicher. Du kannst ihn wohl einfach nicht aus deinem Kopf bekommen. Ich verstehe gar nicht, wieso“, schüttelte Katharina den Kopf.

„Ich kann es dir auch nicht sagen, warum mich dieser Mann so fasziniert. Jetzt schwirren mir gleich zwei Männer im Kopf herum. Liam, der verschwunden ist und Colin, den ich noch nie gesehen habe und auch nicht kenne.“

„Du bist, wie du bist. Ich verstehe zwar nicht immer alles, aber das muss ich auch gar nicht. Du bist trotzdem meine allerbeste Freundin“, umarmte Katharina sie.

„Ich weiß. Manchmal verstehe ich mich selbst nicht. Also gehen wir los. Die Arbeit ruft.“

Beide machten sich auf den Weg. Hanna fühlte sich schon nach diesen Tagen richtig wohl. Sie hatte eine super nette Klasse und die Kollegen waren alle nett. Sie konnte sich wirklich nicht beklagen.

Am Abend trafen sie sich, wie vereinbart, in einem kleinen, hübschen Restaurant, ganz in der Nähe ihrer Wohnung. Konstantin fand Hanna schon vom ersten Augenblick sehr sympathisch. Er wollte mehr über sie erfahren. Deshalb nutzte er die Gelegenheit und setzte sich neben Hanna, um sich so besser mit ihr unterhalten zu können. Hanna aber wollte mehr über Colin erfahren und da Mathis ihr gegenüber saß, stellte sie ihm ein paar Fragen.

„Mathis, wo wohnt dein Freund jetzt eigentlich? Ich würde mich gerne für die tolle Wohnung bei ihm bedanken.“

„Das musst du nicht, Hanna. Er hat es gerne getan. Als er hörte, wer sich für die Wohnung interessierte, musste ich ihn nicht lange überreden, sie euch zu überlassen und die Miete herunterzusetzen“, lächelte Mathis.

„Wie meinst du dass? Er kennt uns doch gar nicht?“, staunte Hanna.

„Ich habe ihm einiges über euch erzählt. Außerdem bin ich mit Katharina sehr gut befreundet.“

„Aber du weißt kaum etwas über mich?“, fragte Hanna ihn.

„Katharina hat mir einiges über dich berichtet. Genug, um ihn zu überzeugen, dass ihr die Richtigen seid. Ich musste ihn nicht lange bitten“, nickte Mathis.

„Wirklich? Er kennt uns also nur durch deine Erzählungen?“

„Ja. Colin hat es gefreut, euch helfen zu können.“

„Nun möchte ich erst recht etwas über ihn erfahren“, bat Hanna.

„Was willst du wissen? Seinen Namen kennst du ja bereits. Colin ist der großzügigste, hilfsbereiteste Mensch, den ich kenne. Er ist mein bester Freund, ein richtiger Kumpel, mit dem man Pferde stehlen kann. Mehr gibt es auch nicht zu sagen.“

Mehr sagte Mathis nicht.

„Was macht er beruflich?“

„Er ist Ingenieur. Aber Colin macht kein Aufheben um seine Person. Du musst dich nicht bedanken. Er hat es wirklich gerne gemacht“, schüttelte Mathis den Kopf.

„Ich verstehe? Darf man nicht mehr über ihn erfahren?“

„Es gibt nicht mehr zu erzählen. Er bleibt lieber im Hintergrund. Ich kann ihm ja etwas ausrichten, wenn ich mit ihm telefoniere?“

„Ok. Sag ihm einfach danke, für alles. Vielleicht laufen wir uns ja mal über den Weg, dann kann ich es ihm auch noch selbst sagen“, nickte Hanna etwas enttäuscht mit dem Kopf.

„Das wird schwierig. Schließlich lebt er im Ausland“, schüttelte Mathis den Kopf.

„Ich bin begeistert von der Wohnung und von diesem kleinen Zimmer, dass er extra für mich eingerichtet hat. Sag ihm dass.“

„Ok? Ich werde es ihm ausrichten.“

„Findest du es nicht seltsam, dass er total meinen Geschmack getroffen hat, obwohl wir uns noch nie begegnet sind?“

Hanna gab nicht auf.

„Nein, eigentlich nicht. Colin kann sich sehr gut in einen Menschen hineinversetzen und als ich ihm von dir erzählt habe, hat er sich ein Bild von dir gemacht. So konnte er das Zimmer herrichten. Es war einfach ein Glücksfall, dass er genau deinen Geschmack getroffen hat“, meinte Mathis.

„Ja. Wahrscheinlich.“

Aber Hanna machte sich so ihre Gedanken über diesen Mann. Wie konnte er sich so in sie hineinversetzen? Das war schon eigenartig und befremdlich. Von Mathis konnte sie an diesem Abend nicht mehr erfahren. Gerne hätte sie diesen besonderen Mann kennengelernt, der ein Geheimnis um sich machte. Auch wenn sie ihn nicht kannte und wer er auch immer sein mochte, irgendetwas zog sie in seinen Bann.

Nun konnte Konstantin endlich ein Gespräch mit Hanna beginnen. Doch Hanna war immer noch mit ihren Gedanken bei Colin.

„Entschuldige, Konstantin. Ich musste gerade über etwas nachdenken.“

„Habe ich bemerkt. Ist schon in Ordnung.“

Konstantin wiederholte das Gesagte wieder und Hanna konzentrierte sich jetzt auf das Gespräch mit ihm. So kam doch noch eine nette, angeregte Unterhaltung in Gang. Nach dem Besuch im Restaurant machten sich alle auf den Weg durch die kleinen Gassen. In verschiedenen kleinen Bars machten sie Halt, tranken etwas und Hanna erzählte einiges aus ihrer Vergangenheit. Aber sie schwieg über die Sache mit Liam. Es war ein lustiger Abend. So verging die Zeit wie im Flug.

„Wir sollten nach Hause gehen. Es ist schon sehr spät“, meinte Hanna zu Katharina, als sie auf ihre Uhr sah.

„Du hast recht. Ich bin echt müde.“

Die Freunde begleiteten die beiden zu ihrer Wohnung und verabschiedeten sich. Mathis umarmte Katharina und gab ihr, zum ersten mal, einen flüchtigen Kuss. Katharina war erstaunt. Sie hatte damit nicht gerechnet.

„Gute Nacht, Mathis. Träum was schönes“, lächelte sie ihn an.

„Gute Nacht, Katharina. Du auch.“

Katharina und Hanna betraten ihre Wohnung und nach ein paar Minuten waren sie eingeschlafen.

„Guten Morgen, Katharina“, begrüßte Hanna sie grinsend.

„Guten Morgen. Warum grinst du so?“

„Mathis hat dich geküsst. Er ist verliebt in dich.“

„Das war ein rein freundschaftlicher, flüchtiger Kuss“, wehrte Katharina ab.

„Ach ja? So sah es nicht aus. Du hast dich auch in ihn verliebt. Ich sehe es in deinen Augen.“

„Unsinn.“

„Warum wehrst du dich so dagegen. Mathis ist ein toller Mann und er passt zu dir. Gib ihm eine Chance.“

„Meinst du?“

„Ja. Du siehst glücklich aus, wenn er in deiner Nähe ist. Halt es fest, dein Glück“, gab ihr Hanna den Rat.

„Und du, Hanna? Was ist mit deinem Glück?“

„Ich weiß es nicht. Irgendwann werde ich Liam finden. Nur mit ihm kann ich glücklich sein.“

„Und wenn er inzwischen verheiratet ist und Kinder hat? Was ist dann? Du denkst doch nicht wirklich, dass er sich nicht wieder verliebt hat? Und du wirst doch sicher keine Ehe zerstören?“

„Nein. Niemals. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine andere Frau in seinem Leben gibt. Ich weiß, dass er mich geliebt hat. Vielleicht tut er es immer noch.“

„Er hat dich geliebt, Hanna. Doch das ist Jahre her. Es kann doch sein, dass er sich inzwischen damit abgefunden hat, dass ihr euch nie wieder seht. Vielleicht hat er dich auch wirklich vergessen. Er hat bestimmt ein neues Leben begonnen, mit einer anderen. Es gab damals bestimmt schon ein anderes Mädchen, denn warum ging er ohne ein Wort. Das kann doch nur etwas mit einer anderen Frau zu tun gehabt haben. So kann es nur gewesen sein.“

„Das kann ich nicht glauben. Es muss einen anderen Grund gegeben haben, einen Grund über den er nicht reden konnte. Davon bin ich überzeugt. Ich denke nicht, dass er mich betrogen hat.“

„Das kann ja alles sein. Doch er hätte mit dir reden müssen. Liam musste doch wissen, dass er dich verletzt, wenn er einfach verschwindet. Das nehme ich ihm übel“, schüttelte Katharina den Kopf.

Kurze Zeit redete niemand. Jeder dachte darüber nach, was Liam bewogen hatte, einfach zu verschwinden.

„Lass uns jetzt nicht mehr über Liam reden, sondern über dich und Mathis. Das ist wichtiger“, umarmte Hanna ihre Freundin.

„Da gibt es im Moment nichts weiter zu sagen. Ich lasse es einfach auf mich zukommen. Ob ich ihn liebe, weiß ich nicht. Nur eins weiß ich, dass ich gerne mit ihm zusammen bin. Ich genieße jede Minute mit ihm.“

„Dann solltest du dich auch mal öfter mit Mathis treffen. Allein. Warum unternimmst du nicht heute was mit ihm?“, schlug Hanna vor.

„Und du? Was wird aus dir?“

„Ich setze mich an diesen herrlichen See. Du musst dir keine Gedanken um mich machen“, nickte Hanna ihr zu.

„Ok? Ich werde Mathis anrufen. Du bist nicht böse?“

„Unsinn. Ruf ihn an.“

Das tat Katharina auch und sie verabredeten sich im nahegelegenen Park.

Hanna hingegen ging zum See. Zu diesem herrlichen Platz, den sie mit Katharina entdeckt hatte und setzte sich ins Gras. Ihre Gedanken gingen zu dem unbekannten Mann, von dem sie nur den Namen wusste. Und auch zu Liam, der sie so verletzt hatte. Ganz in Gedanken versunken schaute sie auf den, in der Sonne glitzernden, See.

„Von wem träumst du gerade?“, riss sie jemand aus ihren Träumen.

Hanna schaute zur Seite und sah in die Augen von Konstantin.

„Hoffentlich habe ich dich jetzt nicht dabei gestört?“

„Nein. Was machst du hier?“

„Ich bin zufällig hier vorbeigelaufen und da hab ich dich gesehen. Ist wirklich alles in Ordnung?“

„Klar. Warum fragst du?“

„Nun, du schaust so traurig. Hat dich jemand verletzt?“, schaute er sie verunsichert an.

„Das ist schon lange her. Aber manchmal kommen die Gedanken daran wieder. Nur diesmal beschäftigte mich auch noch etwas anderes.“

„Willst du darüber reden?“

„Nein. Eigentlich nicht. Du läufst also nicht immer hier vorbei?“, wollte Hanna wissen.

„Selten. Obwohl es wunderschön hier ist. Aber manchmal sind etwas zu viel Leute unterwegs. Ich laufe lieber, wo ich nur selten jemandem begegne.“

„Verstehe. Wie oft läufst du so in der Woche?“

„Kommt darauf an, wie es meine Zeit erlaubt. Aber ich versuche jeden Tag zu laufen, auch wenn es nur ein paar Minuten sind. Das macht den Kopf frei“, lächelte Konstantin sie an.

Dann sollte ich es auch mal versuchen“, nickte Hanna.

„Wenn du willst, laufen wir zusammen. Hast du morgen Zeit und Lust?“

„Warum nicht. Aber du musst bedenken, dass ich schon lange nicht mehr gejoggt bin. In meiner Studienzeit hab ich es mal eine zeit lang getan, dass liegt schon ein paar Jahre zurück. Willst du dir das wirklich antun?“

„Wir werden ganz langsam beginnen. Du schaffst das.“

„Also gut. Wann?“

„Morgen früh, so gegen 8.00 Uhr. Bist du dann auch schon munter?“, zwinkerte er ihr zu.

„Klar. Geht in Ordnung. Kommst du bei mir vorbei?“

„Ja. Dann laufen wir um diesen wunderschönen, kleinen See. Also bis morgen.“

„Bis dann. Machs gut, Konstantin“, winkte sie ihm noch hinterher.

Hanna freute sich darauf. Konstantin war ein netter Mann. Warum sollte sie nicht mit ihm etwas Zeit verbringen. Als sie nach einer Weile den Platz am See verlassen wollte, hielt sie kurz inne. Hatte sie gerade geträumt, oder kam ihr diese Person, die gerade eilig das Cafe verlassen hatte, bekannt vor? Das konnte nicht sein. Hanna schüttelte über sich selbst den Kopf. Sah sie plötzlich Gespenster? Sie machte sich auf den Heimweg und beobachtete alles, was um sie herum geschah. Aber sie sah diese Person nicht mehr. Sie musste sich geirrt haben.

Katharina kam spät zurück. Hanna saß noch auf ihrem kleinen Balkon, als sie die Tür hörte.

„Ich bin hier, Katharina.“

„Hey, Hanna. Entschuldige, dass ich so lange weg war. Aber Mathis und ich waren noch….“

„Du musst dich nicht entschuldigen, Katharina. Das ist schon in Ordnung. Ich war am See und habe dort Konstantin getroffen. Wir haben uns für morgen früh zum Laufen verabredet.“

„Wow. Du und Konstantin? Und du willst wirklich mit ihm laufen? Der läuft mehrere Kilometer in der Woche“, schaute sie skeptisch.

„Er hat es mir angeboten und mir versprochen, es langsam angehen zu lassen.“

„Na dann. Freut mich, wenn ihr euch so gut versteht. Er ist ein wirklich netter Kerl“, lächelte Katharina sie an.

„Hat er eigentlich eine Freundin?“, wollte Hanna wissen.

„Im Moment nicht. Die letzte Freundin ging ins Ausland. Die Fernbeziehung hat nicht gehalten. Es war nicht Konstantins Schuld. Sie hat dort einen anderen kennengelernt. Das liegt jetzt ein paar Monate zurück.“

„Das tut mir leid für ihn. Ich weiß, wie weh es tun kann, wenn man jemanden verliert, den man liebt“, nickte Hanna.

„Oh ja. Da können wir beide mitfühlen, aber ich glaube, dass er es langsam akzeptiert hat. Es wäre schön, wenn er wieder mehr Freude an allem hätte“, meinte Katharina.

„Es hat ihm also viel ausgemacht?“

„Schon. Sie waren sechs Jahre zusammen. Hoffentlich verrennt er sich jetzt nicht in etwas.“

„Was meinst du?“, schaute Hanna sie fragend an.

„Du gefällst ihm. Das habe ich schon beim ersten mal bemerkt, als ihr euch begegnet seid.“

„Unsinn. Er ist einfach nur nett zu mir. Es ist doch nichts dabei, wenn wir uns zum Laufen treffen.“

„Nein, dass nicht. Doch Konstantin könnte sich in dich verlieben. Ich glaube, er ist auf dem besten Weg dazu. Und ich kenne dich, du hängst immer noch an Liam.“

„Liam“, wiederholte Hanna seinen Namen.

„Hanna? Du sagst das so eigenartig. Was ist los?“

„Heute Mittag dachte ich, dass ich ihn gesehen hätte.“

„Wen? Liam?“, war Katharina überrascht.

„Ja. Verrückt, oder? Bin ich jetzt völlig übergeschnappt?“

„Das kann doch gar nicht sein. Du warst mit deinen Gedanken wohl gerade bei ihm. Da kann man einen Traum manchmal mit der Wirklichkeit verwechseln. Du hast dir gewünscht, dass er hier wäre.“

„Wahrscheinlich war das so. Ich vermisse ihn.“

„Das weiß ich doch. Aber du musst ihn ein für allemal vergessen. Du wirst ihn nie wiedersehen, Hanna.“

„Ich versuche ja, ihn zu vergessen. Aber es gelingt mir nicht.“

Katharina nahm sie in den Arm und tröstete sie. Beide mussten endlich vergessen und die Vergangenheit hinter sich lassen.

Punkt 8.00 Uhr klingelte Konstantin an der Wohnungstür. Katharina öffnete ihm.

„Hey, Konstantin. Hanna kommt sofort“, begrüßte sie ihn mit einer Umarmung.

„Hey, Katharina. Willst du nicht mal mitkommen?“, fragte er.

„Vergiss es. Ich hasse Laufen. Aber es ist schön, dass du Hanna dazu überreden konntest. Das wird ihr gut tun und sie ablenken. Sie ist während ihres Studiums oft gelaufen.“

„Sie hat es erwähnt. Aber von was ablenken? Hat sie Probleme oder Sorgen?“

„Ein andermal. Da kommt Hanna schon. Viel Spaß euch beiden, beim Laufen“, zwinkerte sie Hanna zu.

„Werden wir haben“, schüttelte Hanna den Kopf und kniff die Augenbrauen zusammen.

Was sollte diese Anspielung?, dachte sie.

„Guten Morgen, Konstantin.“

„Guten Morgen, Hanna. Bist du bereit?“

„Klar. Denk daran. Ich bin eine Anfängerin“, lachte sie ihn an.

„Ich weiß. Nur keine Sorge. Wir lassen es langsam angehen.“

So war es auch. Konstantin machte das ganz hervorragend. Es machte Hanna richtig Spaß und als sie wieder zu Hause ankamen, fühlte sie sich irgendwie befreiter.

„Na, wie war es für dich?“, wollte Konstantin wissen.

„Es war gut. Besser, als ich gedacht hatte. Ja, es hat mir richtig gut getan.“

„Würdest du wieder mit mir eine Runde drehen? Auch wenn wir unterwegs kaum geredet haben.“

„Jeder Zeit. Sag einfach wann. Und schweigend neben dir herzulaufen, finde ich nicht schlimm, denn ich hätte auch kaum Puste gehabt“, lächelte sie ihn an.

„Konntest du dich etwas ablenken? Von deinen Gedanken befreien und einiges hinter dir lassen?“, schaute Konstantin sie fragend an.

„Was meinst du? Wieso fragst du?“

„Nun, mir hat das Laufen damals sehr viel gebracht, als ich in einer Krise steckte.“

„Wirklich? Ich freue mich, dass du sie überwunden hast. Aber wieso denkst du, dass ich in einer Krise stecke? Hat Katharina geplaudert?“

„Nein. Sie hat nur eine Andeutung gemacht. Irgendetwas beschäftigt dich anscheinend. Mehr hat sie nicht verraten. Hoffentlich bekommt sie jetzt keinen Ärger?“

„Nein. Sie meint es ja nur gut. Aber, es ist alles in Ordnung“, schüttelte Hanna den Kopf.

„Ist das so? Wenn du reden willst? Ich bin ein guter Zuhörer“, bot sich Konstantin an.

„Ich sagte doch. Es ist alles in Ordnung. Das ganze liegt auch schon viele Jahre zurück. Ich bin darüber hinweg.“

„Ok. Hab es nur gut gemeint. Also sehen wir uns wieder?“

„Aber ja. Vielleicht übermorgen, nach der Arbeit?“

„Super. Ich bin gegen 19.00 Uhr da. Hab noch einen schönen Tag, Hanna. Tschau.“

„Tschau, Konstantin. Danke, den wünsch ich dir auch.“

„Na, wie war es?“, grinste Katharina sie an.

„Was ist eigentlich mit dir los? Was willst du denn hören?“

„Nichts. Konstantin ist nett, oder?“

„Ja. Das heißt aber nicht, dass ich ihm gleich um den Hals falle. Ich bin nicht verliebt in ihn, wenn du das annimmst.“

„Nein. Natürlich nicht. Aber, es wäre schön, wenn du dich wieder verlieben könntest. Du kannst auch nicht ewig allein bleiben und Konstantin ist ein toller Mann“, schaute Katharina sie mitfühlend an.

„Ich weiß. Aber der Richtige ist noch nicht gekommen.“

„Da gibt es Jonathan, ein wundervoller Mann, und da ist dieser faszinierende Mann Konstantin, den du gerade erst kennenlernst und mit dem du dich doch anscheinend gut verstehst. Also zwei Männer, denen du auch nicht egal bist. Da ist keiner dabei, der dein Herz berührt?“

„Ich mag sie, beide. Doch ich bin in keinen der beiden verliebt.“

„Also ist der Funke nicht übergesprungen, wie man so schön sagt? Das ist echt schade. Ich kenne Jonathan nicht, aber dafür Konstantin und er hätte es verdient, wieder glücklich zu sein“, versuchte es Katharina wieder.

„Tut mir leid für ihn. Er wird schon noch die passende Frau finden. Ist denn bei dir der Funke übergesprungen, Katharina? Lass mir einfach noch Zeit.“

„Wie lange noch? Wie lange trauerst du Liam noch hinterher?“

„Keine Ahnung. Und wie lange trauerst du noch um David? Du siehst, ich könnte dich dasselbe fragen.“

Hanna ging unter die Dusche. Sie wollte dieses Gespräch nicht mehr weiterführen. Es führte zu nichts.

„Du hast recht, Hanna. Ich werde nie wieder davon anfangen“, entschuldigte sich Katharina, als Hanna vom duschen zurückkam.

„Ist schon in Ordnung. Ich weiß ja, dass du es nur gut meinst. Aber, dieses Thema sollten wir im Moment so schnell nicht wieder ansprechen. Du weißt, was ich für Liam empfinde. Ich kann meine Gefühle nicht einfach abstellen, auch wenn es schon Jahre her ist. Er ist einfach der Mann, den ich liebe, der ständig in meinen Träumen erscheint und mit dem ich mein Leben teilen möchte.“

„Ich weiß. Tut mir leid“, nahm Katharina sie in den Arm.

„ Hast du noch was geplant für heute?“, wollte Hanna von ihr wissen.

„Nein, nichts bestimmtes. Aber wenn du willst, könnten wir wieder zu diesem Cafe am See gehen?“

„Gute Idee. Es ist so herrliches Wetter. Das sollten wir noch ausnutzen“, stimmte Hanna zu.

Im gleichen Moment, als die beiden aufbrechen wollten, meldeten sich die Freunde. Als sie hörten, dass die beiden zum See gehen wollten, entschlossen sie sich kurzfristig mitzukommen. So traf man sich vor dem Cafe. Zuerst schlenderte man um den See herum, trank eine Kleinigkeit im Cafe und setzte sich später ins warme Gras, nahe des Wassers.

„Ich soll dir von Colin ausrichten, dass er sich freut, dass dir die Wohnung und vor allem dieses Zimmer gefällt. Es ist ihm sehr wichtig, dass du dich wohlfühlst“, berichtete Mathis Hanna.

„Wirklich? Wieso ich? Katharina wohnt ja auch dort?“, staunte Hanna.

„Das weiß er ja. Ihr habe ich schon einen lieben Gruß ausgerichtet. Doch Colin hat mich gebeten, dir mitzuteilen, dass ihm sehr daran liegt, dass du dich auch hier zu Hause fühlst. Ich finde es schön, dass er sich so um euch sorgt. Ich wäre nur froh, dass sich auch jemand so um Colin sorgt. Er hätte etwas Glück verdient. Ich glaube, du würdest ihm gefallen“, nickte Mathis.

„Woher willst du das wissen? Ich meine, dass ich ihm gefallen würde?“

„Er ist mein Freund, auch wenn wir uns ein paar Jahre zwischendrin nicht gesehen haben, kenne ich seinen Geschmack. Der hat sich nicht verändert“, lächelte Mathis.

„Wirklich? Bist du dir da so sicher? Dieser Mann kommt mir etwas geheimnisvoll vor. Er kennt meinen Geschmack, richtet extra für mich ein Zimmer ein und sorgt sich darum, dass ich mich, ich meine natürlich wir uns hier wohlfühlen. Findest du das nicht auch merkwürdig?“

„Nein, eigentlich nicht. Ich kenne ihn schon ewig und weiß, dass er sich immer schon um andere gesorgt und gekümmert hat. Also, warum nicht auch um euch. Kann sein, dass es bei dir nochmal ein bisschen anderes ist, weil du ja auch in seiner Wohnung lebst. Er möchte einfach, dass du dich wohl fühlst, deshalb macht er sich solche Gedanken um dich. Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Colin erzählt mir alles. Wenn es da was gäbe, würde ich es wissen. Also, er ist nicht so geheimnisvoll, wie du annimmst. Aber ich werde ihn fragen, wenn ich ihn demnächst wiedersehe.“

„Ihr trefft euch?“, horchte Hanna auf.

„Ja. Ich werde ihn besuchen.“

„Wann?“

„In ein paar Wochen. Den genauen Termin wissen wir noch nicht“, schüttelte Mathis mit dem Kopf.

„Könntest du nicht dafür sorgen, dass er hierher kommt? Ich möchte ihn so gerne kennenlernen“, bat Hanna.

„Versuchen kann ich es, aber ich denke, dass er es ablehnen wird.“

„Warum? Will er uns nicht auch mal persönlich kennenlernen?“

„Ich denke nicht, dass er das nicht will, aber Colin lebte, seit er nach Jahren wieder zurückkam, nur für seine Arbeit. Er hatte immer viel zu tun und wenig Zeit für privates. Der neue Job nimmt ihn sehr in Beschlag. Seitdem hat er gar kein Privatleben mehr. Colin lebt sehr zurückgezogen. Früher war das mal anders. Wenn ich so darüber nachdenke, hat er sich vielleicht doch in der Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben, verändert“, legte Mathis die Stirn in Falten.

„Er war also früher anders?“

„Schon. Er war fröhlicher, lustiger. Jetzt kommt er mir manchmal traurig vor. Colin war noch nie jemand, der ständig auf Partys herum hing, aber er hat schon ab und zu mit uns gefeiert. Du hast recht, Hanna, er sollte euch kennenlernen. Ich werde ihn fragen, ob er es nicht einrichten kann. Ist das ok für dich? Ihm wird es sicherlich auch gut tun, mal etwas anderes zu sehen, als nur seine Zeichnungen und Pläne.“

„Danke, Mathis.“

Ja, Hanna wollte unbedingt mehr über Colin erfahren. Vielleicht kam er doch hierher, um nachzusehen, wie es ihr und Katharina in seiner Wohnung geht? Es interessierte ihn doch, ob sie sich wohlfühlten. Er könnte ja auch mal anrufen, um mit ihnen zu reden? Warum hatte er sich so zurückgezogen? Das war alles sehr merkwürdig. Konstantin bemerkte, dass Hanna sich Gedanken darüber machte.

„Du denkst über Colin nach?“, fragte er sie einfach.

„Ja. Entschuldige bitte. Aber, ich verstehe sein Verhalten nicht. Kennst du ihn näher?“

„Ja, ganz gut. Er war mehr mit Mathis unterwegs, als mit uns. Aber ab und zu machten auch wir ein paar Ausflüge. Zum Beispiel segelten wir manchmal zusammen. Ansonsten lebte er sehr zurückgezogen. Auf mich wirkte er immer etwas verschlossen. Er sah oft traurig aus. So, als würde ihn etwas belasten. Wie gesagt, wenn er was unternahm, dann eher mit Mathis. Warum er so war? Keine Ahnung. Ich denke, dass müsste Mathis eher wissen. Der kennt ihn schon lange. Länger als wir. Sie waren ja früher schon befreundet.“

Konstantin schaute Hanna ganz genau an, als sie über Colin sprachen. Warum interessierte sie sich so für diesen Mann?

„Ich habe Mathis schon gefragt. Vielleicht weiß er nicht alles über Colin. Oder er erzählt es nicht. Ich werde es noch herausfinden“, meinte sie.

Hanna machte sich plötzlich Sorgen um Colin. Es musste doch einen Grund geben, warum er so war. Selbst Konstantin war aufgefallen, dass er traurig wirkte. Eine zeit lang saß sie still neben ihren Freunden.

„He, Hanna, jetzt vergiss doch mal Colin. Du wirst ihn irgendwann bestimmt treffen und dann wirst du feststellen, dass er gar nicht so geheimnisvoll ist“, legte Katharina den Arm um sie.

„Vielleicht.“

„Komm mit“, nahm Katharina Hanna an der Hand und lief mit ihr zum Wasser. Obwohl man keine Badesachen dabei hatte, gingen einige von ihnen mit den Füßen in den See. Manche kamen danach nass wieder heraus. Zum Glück war es richtig warm, so trocknete die Kleidung schnell wieder. Auch Hanna, Konstantin, Katharina und Mathis liefen durch das Wasser und bespritzten sich damit.

Der geheimnisvolle Unbekannte

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