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Eine zweite Chance
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„Kannst du mir nicht verzeihen? Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Wieder einmal. Bitte. Das werde ich dir nie wieder antun. Ich verspreche es. Ich bin ein Idiot.“
„Oh ja. Das bist du. Hast du einmal an mich und vor allem an die Kinder gedacht? Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vorgeht. Ich kann es einfach nicht verstehen. Du wirst dich nie ändern. Das Ganze hatten wir schon vor ein paar Jahren. Nie hätte ich gedacht, dass du wieder eine Affäre anfängst. War unsere Ehe ein Fehler? Was habe ich falsch gemacht. Du warst für mich immer die große Liebe. Nie habe ich mich für einen anderen Mann interessiert. Ich gehörte zu dir und ich dachte, dass du es genauso siehst.“
Julie hatte Tränen in den Augen.
„Ich habe immer an euch gedacht. Das ist wahrscheinlich schwer zu verstehen, aber es ist so. Für mich bedeuteten diese Frauengeschichten nichts, denn ich liebe euch. Julie, ich liebe dich, über alles. Du bist mein Leben. Unsere Kinder sind die Erfüllung unserer Liebe. Ihr seid mein Leben. Nie wollte ich euch verlassen. Es war einfach ein Ausrutscher. Ich habe nicht nachgedacht. Ach, ich weiß auch nicht. Verstehe es selbst nicht.“
„Ein Ausrutscher, Rae? Das soll ich dir glauben? Es geht doch schon seit mehreren Wochen. Was vermisst du in unserer Ehe, dass du es bei anderen Frauen suchst? Ich war fest davon überzeugt, dass unsere Ehe wieder intakt ist, nach deinem ersten Fehltritt. Es war immer wunderschön mit dir und ich dachte, dass du es auch so empfindest. Doch in letzter Zeit warst du anders, du hattest dich verändert und ich wusste nicht warum. Jetzt ist es mir klar.“
„Unser Ehe bedeutet mir alles. Glaub mir. Du bist alles für mich. Ich vermisse nichts. Vom ersten Augenblick, als ich dich sah und in meinen Armen hielt, war ich verliebt in dich. Das hat sich nicht geändert. Vielleicht habe ich es als selbstverständlich angesehen, dass du immer für mich da warst. Du bist für mich die wundervollste, hübscheste, zärtlichste und leidenschaftlichste Frau der Welt. Das habe ich dir viel zu selten gesagt. Es tut mir leid, Julie.“
Rae wollte sie in die Arme nehmen, aber Julie wich zurück.
„Alles was du sagst, kann ich nicht glauben, denn sonst wäre es nicht so weit gekommen. Anscheinend genüge ich dir nicht. Ich kann dir nicht das geben, was du suchst.Du hast mich in letzter Zeit kaum angesehen. Stimmt, ich war immer da, habe Tag und Nacht auf dich gewartet und mich nach dir gesehnt, während du nichts besseres zu tun hattest, als dich mit anderen Frauen zu amüsieren. Ich war wirklich dumm. Eigentlich hatte ich es schon die ganze Zeit geahnt, dass etwas nicht stimmt, wollte es nur nicht wahrhaben. Es war wie damals. Ich hätte es spüren müssen, aber ich war so blind vor Liebe, dass ich es ignorierte. Ich wollte es einfach nicht glauben. Auch wenn du mal wieder spät nach Hause kamst, oder ständig auf Geschäftsreisen warst. Wenn ich manchmal das Parfüm einer anderen Frau gerochen habe, ertrug ich es, ohne dich darauf anzusprechen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass du mich wieder betrügen würdest. Ist das nicht zum Lachen? Sicher hast du über mich gelacht, weil ich so naiv war. Also versuch nicht, es so hinzustellen, als wäre es nur einmal passiert. Das geht schon Wochen so mit dieser anderen Frau. Wahrscheinlich wussten es alle in deiner Firma, nur ich nicht. Du hast mich verletzt und diesmal ist endgültig Schluss. Ich will und kann nicht mehr. Denkst du nicht, dass ich was besseres verdient habe? Ich war dir immer treu. Du hast meine Liebe mit Füssen getreten. Nie werde ich dir verzeihen. Also, was willst du noch hier? Geh einfach. Geh zu ihr. Sie wartete bestimmt schon auf dich. Sie kann dich haben.“
„Tu das nicht, Julie. Du hast ja in allem recht. Ich habe dich gar nicht verdient. Aber ich habe nie über dich gelacht. Wie kann ich es wieder gut machen. Ich will dich nicht verlieren, dass wollte ich nie, dass war immer meine größte Angst. Ist es jetzt wirklich geschehen? Das könnte ich nicht wieder ertragen. Du brichst mir das Herz. Was ich getan habe, kann ich nicht mehr rückgängig machen und ich fühle mich mies, wenn ich daran denke, was ich dir angetan habe. Aber ich kann nur immer wieder sagen, dass ich dich liebe. Ja, ich war unfair zu dir und ich habe dich eigentlich nicht verdient, dass alles ist mir jetzt erst so richtig bewusst geworden. Bitte, Julie, verlass mich nicht. Schick mich nicht weg. Lass mich bitte hier, bei euch. Ich werde mich ändern, ich kann es. Das verspreche ich dir. Was werden die Kinder sagen, wenn ich nicht mehr hier bin?“
Rae fiel vor ihr auf die Knie und flehte sie an.
„Du fragst jetzt nach den Kindern? Das ist zum Lachen.Ich werde es ihnen erklären, wie immer. Du warst ja sehr oft nicht zu Hause. Entweder warst du auf Geschäftsreisen oder bei dieser Frau. Sie werden es gar nicht bemerken. Spät fällt es dir auf, dass du unsere Familie zerstört hast und lass es, mit deinen Versprechen, die du sowieso nicht halten kannst. Es ist zu spät. Diesmal ist es endgültig aus. Steh auf, Rae, du machst dich lächerlich.“
Rae stand auf, kam näher und legte seine Hände auf ihre Schultern.
„Sieh mich an, Julie. Soll das wirklich alles gewesen sein?“
„Was soll das werden, Rae? Denkst du, dass ich wieder schwach werde, wenn du mich berührst und mir in die Augen schaust. Ich habe dich geliebt, Rae. Sehr sogar. Du warst mein Leben und nie hätte ich gedacht, dass es so enden würde“, schüttelte sie mit Tränen in den Augen den Kopf.
„Du willst also wirklich, dass ich gehe? Bitte Julie, lass es so nicht enden.“
„Ja, geh. Sofort. Bevor die Kinder kommen.“
„Also ist es aus? Ist unsere Ehe endgültig gescheitert? Darf ich noch nicht einmal mehr die Kinder sehen?“
„Was erwartest du? Soll ich zuschauen, wie du dich mit anderen Frauen amüsierst? Du hast dabei nie an unsere Kinder gedacht? Oder wie es mir dabei geht? Wie ich mich fühle? Nein, warum auch.“
„Es tut mir wirklich leid. Ich wollte das alles nicht. Auch wenn ich mich wiederhole, es ist einfach so passiert. Du weißt, dass ich meine Kinder liebe und dich. Das hat sich nicht geändert“, wehrte sich Rae.
„Klar. Wenn du mal zu Hause warst. Aber, wie oft warst du denn zu Hause? Hast du mich in letzter Zeit denn bemerkt. Ich war einfach nur da. Hielt alles am Laufen. Für dich war ich nichts weiter als ein Gegenstand, den man ab und zu benutzte. Findest du mich noch hübsch oder anziehend? Wann hast du es mir in letzter Zeit gesagt?“
Bei diesen Worten drehte sie sich um und schaute ihn wütend an.
„Du bist wunderschön, attraktiv und anziehend. Es stimmt, ich habe es in der letzten Zeit nicht zu dir gesagt. Aber es ist so. Auch jetzt würde ich dich gerne in meine Arme nehmen und mit dir wunderschöne Stunden verbringen, dass weißt du doch genau. Für mich war es immer die Erfüllung. Glaube mir. Du hast mir alles gegeben, was ich mir wünsche. Warum ich dir das immer wieder antue? Ich kann es dir nicht sagen, doch es liegt nicht an dir. Ich weiß auch, dass ich zu viel arbeite und wenig Zeit für euch habe. Das werde ich ändern“, versprach er wieder.
„Du siehst mich doch gar nicht mehr, Rae. Wie oft hast du deine Versprechen schon gebrochen? Ich weiß es nicht. Vielleicht gab es ja noch mehrere Frauen, von denen ich gar nichts weiß? Du warst ständig unterwegs. Jetzt ist mir auch klar, warum. Das war nicht beruflich. Es waren deine Frauengeschichten. Die wievielte war es denn? Das halte ich einfach nicht mehr aus. Es ist nicht allein deine Arbeit und vielen Geschäftsreisen. Dafür hatte ich immer Verständnis. Aber du hast Familie, Rae. Auch da hattest du versprochen, kürzer zu treten. Nichts ist passiert.“
„Lass es uns nochmal versuchen, bitte? Ich werde mich ändern.“
„Vergiss es. Jetzt geh endlich, bevor die Kinder zurück sind.“
„Darf ich mich nicht noch verabschieden?“
„Nein. Ich werde ihnen sagen, dass du mal wieder auf Geschäftsreise bist. Das kennen sie ja schon“, senkte Julie den Kopf.
„Ok. Ich werde jetzt gehen. Aber ich werde um dich und um unsere Kinder kämpfen. So einfach gebe ich nicht auf. Du bist meine Frau und es sind auch meine Kinder. Eine Bitte hätte ich noch, lass mich die Kinder besuchen. Versprich es mir. Ich werde dir beweisen, dass ich diesmal mein Versprechen halten kann. Ich will nur euch.“
„Geh einfach. Versprich mir nichts, was du nicht halten kannst. Wir kommen gut allein zurecht. Geh dort hin, wo du die letzten Nächte warst.“
Julie starrte aus dem Fenster. Sie konnte ihm nicht mehr ins Gesicht sehen. Warum hatte er ihr das angetan? Rae versuchte es wieder.
„Aber, sie werden bemerken, dass ich nicht mehr hier wohne? Sie sind ja nicht dumm. Meine Sachen sind weg.“
„Da fällt mir schon noch was ein. Im Moment ist es besser, wenn sie es noch nicht wissen. Sie werden ja nicht den Kleiderschrank durchsuchen. Ich werde sie langsam darauf vorbereiten.“
„Das kannst du doch nicht tun“, bat er sie.
„Nimm deine Koffer und verschwinde. Ich kann dich nicht mehr ertragen.“
Rae ging mit hängenden Armen und seinen Koffern zu seinem Wagen. Er drehte sich noch einmal um, bevor er einstieg. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Jetzt war es wirklich soweit, er hatte sie verloren. Davor hatte er immer Angst. Geschah es jetzt gerade. Rae fuhr davon. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich ein Hotelzimmer zu nehmen, bis er eine andere Bleibe gefunden hatte. Vielleicht kam er auch bei einem Freund unter. Aber, dann würden sie Fragen stellen. Wie sollte er es ihnen erklären. Also beschloss er doch in ein Hotel zu gehen, bis er Julie davon überzeugt hatte, dass dies nicht wieder vorkam und sie ihm doch verzieh.
„Warum war ich so blöd? Warum habe ich das getan und sie so verletzt. Werde ich meine Kinder noch sehen? Alles habe ich kaputt gemacht“, sagte er zu sich selbst.
Rae war selbst schuld. Er hatte vor mehreren Wochen eine Affäre mit einer Mitarbeiterin der Firma angefangen. Julie sah beide zufällig auf der Straße, als sie in ihrer Mittagspause etwas besorgen wollte. Zuerst dachte sie sich nichts dabei. Es sah so aus, als würde Rae eine gute Bekannte umarmen und auf die Wange küssen. Sie redete nicht mit ihm darüber, Julie hatte es vergessen. Aber als sie beide vor einem Cafe wiedersah und eine Zeit lang beobachtete, sah sie, dass diese Frau Rae küsste. Rae wies sie nicht zurück. Im Gegenteil. Sie standen lange, eng umschlungen und diesmal küsste Rae diese Frau leidenschaftlich. Für Julie brach eine Welt zusammen, sie war am Boden zerstört. Wieder geschah es, er betrog sie. Es war ja nicht das erste mal. Aber sie hatte ihm damals verziehen und eine zweite Chance gegeben, weil er versprach, dass so etwas nie wieder passieren würde. Sie glaubte ihm und dachte, dass sie nun eine intakte, glückliche Ehe führen würden, aber da hatte sie sich getäuscht. Als sie Rae zur Rede stellte, gab er es zu. Für ihn war es nichts ernstes, genau wie das letzte mal, so sagte er wenigstens. Doch für Julie hatte ihre Liebe einen Riss bekommen. Ihr Herz schmerzte. Er hatte sie das zweite mal betrogen. Jetzt reichte es ihr. Sie konnte nicht mehr, auch wenn sie ihn immer noch liebte. Diesmal konnte sie ihm nicht verzeihen. Sie würde sich von ihm trennen. Es war besser so. Aber was sollte sie ihren Kindern sagen? Das ihr Vater eine andere Frau hatte und jetzt mit ihr zusammen ist? Sie nicht mehr liebte und nicht mehr bei ihnen lebte? Wie werden sie es auffassen? Würden sie es verstehen? Sie liebten Rae. Würden sie ihm dies jemals verzeihen? Julie stand immer noch am Fenster und starrte dem Wagen nach. Es war endgültig vorbei. Die Trennung war für Julie beschlossene Sache. Ihre Ehe war nach acht Jahren gescheitert.
Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie Rae kennenlernte. Es war auf einer Party ihrer besten Freundin. Sie hatten endlich ihr Examen in der Tasche. Damals waren so viele Leute da, die man gar nicht alle kennen konnte. Jeder brachte noch einen Bekannten mit, so dass es ein riesiges Fest war. Zum Glück besaßen die Eltern von Vicky einen großen Garten. Die Stimmung war super. All ihre Freunde, die sie von der Schule und Uni kannten, waren gekommen. Sie tanzten, lachten, scherzten und alberten herum. In dem Garten befand sich ein großer Pool. Als die Stimmung auf dem Höhepunkt war, tanzten alle um den Pool herum. In diesem Augenblick stieß Julie mit einem wild tanzenden, jungen Mann zusammen. Dabei stolperte sie und fiel in den Pool. Der junge Mann fühlte sich schuldig und sprang sofort hinterher. Er half ihr aus dem Wasser und trug sie zu einer in der Nähe stehenden Liege, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Dabei sahen sie sich zum ersten mal in die Augen. Sofort funkte es zwischen ihnen. Sein Name war Rae. Er entschuldigte sich mehrmals und ließ sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus den Augen. Vicky stellte Julie ein trockenes Kleid zur Verfügung. Als Julie zur Party zurückkam, steuerte Rae auf sie zu. Er nahm sie bei der Hand und sie tanzten den ganzen Abend zusammen. An diesem Abend küsste er sie zum ersten mal. Am frühen Morgen begleitete er Julie nach Hause und bat sie um ein Wiedersehen. Ab diesem Zeitpunkt waren sie unzertrennlich. Jeder der sie kannte, wusste, dass die beiden zusammengehörten und hörten schon die Hochzeitsglocken läuten.
Julie erinnerte sich an alles. Nichts hatte sie vergessen. Sie war sehr verliebt in Rae und er auch in sie. Nach zwei Jahren, war es dann tatsächlich so weit. Sie heirateten. Das war der schönste Tag in ihrem Leben und sie wusste, dass es Rae genau so ging. Sie war glücklich mit Rae. All ihre Freunde waren bei der Hochzeit dabei und jeder sah in ihnen das Traumpaar. Julie konnte sich noch gut daran erinnern, dass alle sagten, dass diese Ehe ewig halten würde und sie das Glück in ihren Gesichtern sehen könnten. Als bald darauf Jason zur Welt kam, waren sie überglücklich. Und nach der Geburt von Charlott, war ihr Glück vollkommen. Julie lächelte, wenn sie an diese Zeit dachte. Das sollte jetzt vorbei sein? Tränen rannen über ihre Wangen. Julie konnte nicht verstehen, wie es so weit kommen konnte, wie er ihr das antun konnte.
Auch Rae dachte, auf der Fahrt in ein Hotel, an die Zeit damals. Seit langer Zeit fühlte er, wie sein Schmerz über den tragischen Verlust immer weniger wurde. Er hatte die Frau seiner Träume gefunden und geheiratet. Er liebte sie über alles. Doch gleichzeitig spürte er wieder diese Angst. Die Angst einen geliebten Menschen zu verlieren. Immer hatte er diese Unruhe in sich. Die Geburt der Kinder ließ ihn eine zeit lang ruhiger werden. Aber nach einer gewissen Zeit, kam die Unruhe wieder zurück. Er wusste selbst nicht, was mit ihm los war. Warum kam er nicht Zur Ruhe, dachte er bei sich, als er vor einem Hotel anhielt.
Schnell wischte sich Julie die Tränen ab, denn jeden Moment mussten Jason und Carlott nach Hause kommen. Sie sollten sie nicht weinend vorfinden. Schon läutete es an der Tür. Julie öffnete.
„Hallo, ihr Süßen. Wie war es in der Schule?“
„Hey, Mama. Alles gut“, nickte Jason.
„Und bei dir Charlott? Sind alle nett zu dir?“
„Ja, Mama. Ich habe schon ganz viele Freundinnen.“
„Das freut mich.“
Charlott war vor ein paar Wochen erst in die Schule gekommen.
„Wann kommt Papa“, wollte Jason wissen.
„Ja, wo ist er? Kann er nicht mal länger zu Hause bleiben?“
„Tut mir leid, aber euer Vater musste mal wieder auf Geschäftsreise“, schwindelte Julie.
„Schon wieder?“, blickte Jason traurig.
Die Kinder taten ihr leid. Wie sollte sie es ihnen beibringen? Auf keinen Fall wollte sie, dass sie schlecht über ihren Vater dachten. Lange konnte sie die Lüge nicht aufrecht erhalten. Auch eine Geschäftsreise ging irgendwann einmal zu ende.
„Was wollt ihr heute noch unternehmen?“, fragte sie ihre Kinder.
„Können wir später auf den Spielplatz gehen? Einige meiner Freunde sind dort“, wollte Jason wissen.
„Gute Idee. Bist du damit einverstanden, Charlott?“, fragte Julie.
„Aber ja. Da sind bestimmt auch Kinder aus meiner Schule, die ich kenne“, strahlte sie.
„Ok. Dann macht schnell eure Aufgaben. Heute Abend kochen wir was zusammen.“
„Au ja. Können wir den leckeren Auflauf machen?“, schaute Charlott sie fragend an.
„Sicher. Ich habe alles zu Hause.“
Die Kinder verschwanden in ihren Zimmern und machten sich an die Hausaufgaben. Nach ca. einer Stunde war alles erledigt und sie machten sich auf den Weg zum Spielplatz. Dort traf Jason einige seiner Freunde und Charlott hatte auch bald Anschluss gefunden. Julie saß auf einer Bank und beobachtete beide. Ihre Gedanken aber kreisten um Rae und ihre gemeinsame Zeit. Sie vermisste ihn. Wie sollte das Leben ohne ihre große Liebe aussehen? Zum Glück waren Jason und Charlott da. Als sie die beiden so betrachtete, fiel ihr wieder einmal auf, dass Jason jeden Tag seinem Vater ähnlicher sah. Er hatte die gleichen braunen Augen und die dunkelblonden lockigen Haare. Er lächelte wie Rae. Charlott sah eher ihr ähnlich, aber manchmal, schaute sie genauso wie Rae.
„Bist du es? Doch, du bist es wirklich?“, riss sie eine, ihr bekannte Stimme aus ihren Gedanken.
Julie blickte hoch und sah in das Gesicht ihrer Freundin Vicky.
„Vicky? Hey. Was machst du denn hier? Seit wann bist du wieder im Lande?“, lächelte Julie ihre Freundin an.
„Seit ein paar Tagen. Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?“, wollte Vicky wissen und umarmte sie.
„Schon viel zu lange. Es sind glaube ich vier Jahre her, wenn ich richtig liege“, überlegte Julie.
„So lange. In letzter Zeit war unser Kontakt etwas eingeschlafen. Was ich bedauere. Das müssen wir unbedingt wieder ändern.“, lächelte Vicky.
Julie freute sich riesig endlich ihre beste Freundin wiederzusehen.
„Was machst du hier? Wie geht es dir und deiner Familie?“,fragte sie wieder.
„Oh. Gut. Uns geht es soweit gut. Und dir? Du siehst müde aus? Was macht Rae und wo sind deine Kinder? Sie werden sich sicher verändert haben“, meinte Vicky.
Julie rief ihre beiden Kinder zu sich und stellte sie Vicky vor.
„Meine Güte. Sie sind groß geworden.“
Sie umarmte beide, bevor Jason und Charlott wieder zu ihren Freunden liefen.
„Du hast mir immer noch nicht erklärt, was du hier machst? Deine Kleine hat sich bestimmt mittlerweile auch verändert. Ist dein Mann und deine Tochter auch hier?“
„Du wirst sie gleich sehen. Ich musste noch etwas in dem Blumenladen dort erledigen.“
„Was ist los? Du schaust gar nicht glücklich aus? Ist etwas geschehen?“
„Zuerst du. Ich sehe doch, dass es dir auch nicht gut geht. Du sitzt hier so traurig und allein? Also, was ist los, Julie?“
„Rae und ich, wir haben uns getrennt.“
„Was? Das kann doch nicht sein. Ihr ward immer ein Traumpaar und so verliebt. Was ist geschehen? Seid wann seid ihr getrennt? Warum hast du mich nicht informiert? Was ist geschehen? Wie kann ich dir helfen?“
„Heute hab ich ihn rausgeworfen. Die Kinder wissen noch nichts davon. Er hat eine Affäre. Es war nicht das erste mal. Aber jetzt ist Schluss. Ich habe genug. Danke, aber du kannst mir nicht helfen.“
„Oh, Julie. Das tut mir wirklich leid. Du weißt es also selbst erst seit kurzem? Hättest du mir nur etwas davon erzählt. Ich wäre sofort hierher geflogen. Du hast gesagt, dass es nicht das erste mal war?“
„Ja. Vor ein paar Jahren hatte er schon einmal eine Affäre. Doch danach war alles wieder gut und wir hatten eine wunderschöne Zeit. Nie hätte ich gedacht, dass es wieder passieren würde. Aber, ich komme schon klar. Nur die Kinder tun mir leid. Ich weiß noch nicht, wie ich es ihnen beibringen soll. Von der Affäre selbst weiß ich seit ein paar Tagen. Zuerst überlegte ich, ob ich ihm wieder verzeihen und ihm nochmal eine Chance geben sollte. Ich stellte ihn zur Rede. Er hat es nicht einmal abgestritten. Es sei ohne Bedeutung, sagte er und er wolle es beenden. Beim ersten mal, als ich die beiden sah, dachte ich mir nichts dabei. Ich dachte, es sei eine freundschaftliche Umarmung mit der Bekannten. Aber als ich sie dann wieder zusammen sah, war endgültig Schluss. Für mich war es ein Schlag ins Gesicht. Als ich ihn darauf ansprach, kam heraus, dass es eine Kollegin von ihm ist. Danach verlangte ich von ihm, dass er die Wohnung verlässt. Er bat mich immer wieder um Verzeihung und versprach mir fest, es wirklich zu beenden. Aber ich glaube ihm nicht mehr.“
Julie musste sich zusammen nehmen, um nicht zu weinen.
„Ich verstehe dich. So hätte ich wahrscheinlich auch reagiert. Du glaubst es ihm nicht? Ich meine, dass er es beendet? Das alles kann ich gar nicht verstehen, denn Rae liebt dich, davon bin ich überzeugt. Was ihn da geritten hat, kann ich nicht nachvollziehen. Er hat eine wundervolle Familie. Vielleicht gibt es noch eine Gelegenheit, dass ich mit ihm rede. Er war vernarrt in dich und ich denke, dass ist er immer noch. Er muss mir das unbedingt erklären, weil ich es einfach nicht glauben will.“
Vicky wollte den Grund von Raes Verhalten herausfinden.
„Ich denke, dass du falsch liegst. Anscheinend kann ich ihm nicht das geben, was er will. Er scheint es bei dieser Frau zu finden. Aber lass uns jetzt nicht mehr über Rae reden, was ist mit dir?“
„Etwas muss es doch sein, warum er sich so verhält. Ich werde es herausfinden.“
Vicky konnte das Verhalten von Rae nicht verstehen und machte sich so ihre Gedanken.
„Schau, da kommt mein Mann und meine Kleine. Darf ich dir Bill, meinen Mann vorstellen und, dass ist unsere Tochter Kara.“
„Freut mich, euch kennenzulernen“, reichte sie Bill die Hand und streichelte Kara über die Wange.
„Bill, dass ist meine Freundin Julie, von der ich dir schon so viel erzählt habe.“
„Dachte ich mir schon. Vicky hat dich mir genauestens beschrieben.“
Bill nahm seine Frau in die Arme und lächelte Julie an.
„Macht ihr hier Urlaub, bei deinen Eltern, Vicky?“
Jetzt wollte sie endlich den Grund wissen, warum Vicky mit ihrer Familie hier war.
„Meine Mutter ist gestorben, Julie. Deshalb sind wir hier. Wusstest du das?“
„Nein! Das tut mir leid. Wie geht es dir? Und wie geht es deinem Vater?“
„Das ist nicht leicht für ihn. Es hat ihn schwer mitgenommen. Ich habe Angst, dass er es nicht alleine schafft. Wir überlegen, ob wir ihn mit zu uns nehmen sollen.“
„Und euer Haus? Was wird dann damit?“
„Keine Ahnung. Verkaufen? Bill hat seine Firma. Die kann man nicht so einfach aufgeben“, schüttelte Vicky den Kopf.
„Das kann ich verstehen. Vielleicht ist es auch gut für deinen Vater, wenn er was anderes sieht.“
Julie umarmte sie.
„Denke auch. Besser, wie wenn er zu Hause allein sitzt“, nickte Vicky.
„Ich hab mich so gefreut, dich wiederzusehen. Es tut mir wirklich sehr leid, mit deiner Mutter und, dass wir uns durch einen so traurigen Anlass wiedersehen. Ich hoffe, dass es nicht das letzte mal sein wird. Wir sollten uns wieder regelmäßig anrufen. Es soll nicht wieder so sein, dass wir lange nichts mehr voneinander hören.“
„Das hoffe ich sehr, Julie. Und, dass mit Rae renkt sich wieder ein. Willst du ihm nicht doch nochmal eine Chance geben?“
„Er hatte schon eine. Wie viele soll ich ihm noch geben? Du denkst doch nicht, dass er sich ändern wird? Ich habe das Vertrauen zu ihm verloren. Das schlimme ist, er fehlt mir. Ich liebe ihn trotz allem immer noch.“
„Was habe ich da gerade mitbekommen? Vicky hat mir soviel von dir und Rae erzählt. Wie ihr euch kennengelernt habt und wie verliebt ihr ward. Was hat er angestellt?“, schaute Bill von einem zum anderen.
„Er hat sie betrogen. Rae hatte eine Affäre“, berichte Vicky ihrem Ehemann.
„Er hat eine Affäre, Vicky. Soviel ich weiß, ist sie noch nicht beendet. Auch wenn er mir geschworen hat, dass er Schluss macht. Es war leider nicht seine erste“, erzählte Julie.
„Das tut mir leid, Julie. Schade, dass ich ihn nicht kenne, ich würde ihm die Meinung sagen. Wie kann er eine so hübsche Frau betrügen. Er hat dich nicht verdient. Denkt er eigentlich dabei auch an seine süßen Kinder?“, fragte Bill und schüttelte den Kopf.
„Rae liebt seine Kinder über alles, dass weiß ich. Aber im Moment denkt er glaube ich nur an sein Vergnügen und nicht an die Konsequenzen, die daraus entstehen.“
„Tut mir wirklich leid, auch für die Kinder.“
Bill meinte es ernst. Er kannte Rae nur von Erzählungen, aber er konnte ihn nicht verstehen. Julie sah bezaubernd aus und machte einen sehr sympathischen Eindruck.
„Du Julie, ich hätte gerne noch weiter geredet mit dir, aber wir müssen zu meinem Vater. Ich möchte ihn nicht so lange allein lassen.“
„Verstehe ich. Bitte grüß ihn von mir und ich wünsche ihm viel Kraft. Melde dich wieder bei mir. Hier ist meine Handynummer. Ich möchte bei der Beerdigung dabei sein. Schließlich kannte ich deine Mama gut. Du sagst mir Bescheid?“
„Werde ich. Machs gut Julie. Es wird schon. Ich glaube daran.“
Alle umarmten sich. Dann verließ Vicky mit ihrer kleinen Familie Julie. Diese schaute ihnen noch lange hinterher. Ja, so glücklich waren sie und Rae auch einmal. Alles Vergangenheit. Alles vorbei.
Am späten Nachmittag gingen Julie und ihre Kinder wieder zurück in ihre Wohnung. Sie kam ihr so leer vor, obwohl Rae sehr oft unterwegs war, war es diesmal anders. Es fehlte etwas. Auch wenn er erst seit ein paar Stunden weg war. Julie wusste, dass es diesmal endgültig war.
„Mama, wo ist Papas Sporttasche? Ich kann sie nicht finden. Da sind meine Tennisschläger drin. Die brauch ich unbedingt. Weißt du, wo er sie hingestellt hat?“, rief Jason.
Das darf doch nicht wahr sein. Wieso sind die in Raes Tasche?
„Jason, ich habe keine Ahnung.“
„Er hat sie doch noch nie auf Geschäftsreise mitgenommen. Ich schaue mal im Kleiderschrank nach.“
„Nein, musst du nicht“, sagte sie schnell, aber es war schon zu spät.
„Mama? Papas Kleider sind weg. Wieso sind seine Sachen nicht im Schrank?“
Jason kam zu seiner Mutter gestürmt und schaute sie fragend an. Also war es jetzt so weit, sie musste die Wahrheit sagen. So schnell hatte sie nicht damit gerechnet.
„Mama? Warum schaust du so eigenartig. Du weinst ja?“
„Was? Mama weint?“, kam auch Charlott gerannt.
„Kommt ihr mal mit ins Wohnzimmer? Ich muss euch etwas sagen.“
„Was ist denn, Mama“, nahm Charlott sie an der Hand.
„Es wird euch nicht gefallen und es hat auch nichts mit euch zu tun. Rae liebt euch, über alles, aber Papa wohnt im Moment nicht mehr hier. Wir haben uns vorübergehend getrennt. Versteht ihr?“
„Papa ist fort? Wie getrennt? Sind wir jetzt keine Familie mehr? So wie die Eltern von Jakob?“, wollte Jason wissen.
„Hat er dich nicht mehr lieb?“, schaute Charlott ganz entgeistert.
„Das weiß ich nicht, ob er mich noch lieb hat. Wir haben im Moment eine paar Probleme. Die konnten wir bisher nicht lösen. Tut mir sehr leid für euch. Ich weiß, dass ihr euren Vater vermisst, aber ihr könnt ihn sehen, wann immer ihr wollt. Er liebt euch. Und Jakobs Eltern sind geschieden, dass sind wir noch nicht.“
„Mama, hast du ihn noch lieb?“
„Ja, Jason. Ich habe ihn noch lieb. Das wird auch immer so bleiben. Doch im Moment bin ich wütend auf ihn.“
„Warum? Was hat er denn gemacht?“, fragte Jason weiter.
„Müssen wir auch wütend auf Papa sein?“, begann Charlott zu weinen.
„Nein, natürlich müsst ihr das nicht. Das würde Papa sehr traurig machen. Es geht nur um ihn und mich. Er hat etwas getan, was mich traurig macht und mich verletzt hat.“
„Verletzt? Wo bist du denn verletzt, Mami?“
Charlott und Jason nahmen sie in den Arm.
„In meinem Herzen. Mein Herz tut weh und es ist ganz traurig darüber.“
„Kommt er nochmal zurück?“, weinte jetzt auch Jason.
Julie nahm beide in die Arme.
„Ich weiß es nicht. Wir brauchen etwas Zeit. Aber das ändert nichts daran, dass er euch liebt“, tröstete sie.
„Aber jetzt sind wir keine Familie mehr, ohne Papa. Ich will, dass er wieder hier wohnt, Mama“, schluchzte Jason.
„Ich auch. Ich will zu Papa“, klammerte sich Charlott an ihre Mutter.
„Wer zeigt mir denn jetzt, wie ich den Schläger richtig halten muss? Und wer übt mit mir Klavier?“, meinte Jason.
„Dein Papa wird für dich da sein. Er wird es dir zeigen und mit dir üben.“
„Und wer singt mit mir jetzt dieses lustige Lied? Das kann nur Papa“, fügte Charlott noch hinzu.
„Wir werden es schon hinbekommen. Wenn wir zusammenhalten. Er kann euch jeder Zeit besuchen, dass verspreche ich euch. Nur er wohnt halt nicht mehr hier.“
Für die Kinder war es nicht leicht. Sie konnten das alles nicht verstehen. Warum hatte ihr Papa ihrer Mama weh getan und womit? Das ging den beiden durch den Kopf. Jedoch Julie wollte ihnen nicht sagen, dass Rae jetzt eine andere Frau hatte. Es wäre für sie noch schlimmer gewesen. Vielleicht wären sie dann böse auf ihren Vater. Oder sie hätten sich selbst die Schuld gegeben, dass wollte sie auf jeden Fall verhindern. Sie benötigten alle Zeit, um es zu verarbeiten. Den Kontakt wollte sie Rae zu seinen Kindern nicht verbieten, dass wäre das allerschlimmste für die beiden gewesen.
„Wollen wir zusammen das Essen zubereiten?“, fragte Julie.
„Ich habe gar keinen Hunger“, schüttelte Jason den Kopf.
„Komm schon. Wir müssen etwas essen. Dann kommen wir auch auf andere Gedanken.“
„Aber ich vermisse meinen Papa“, weinte er wieder.
„Jason, ich vermisse ihn auch. Glaube mir. Trotzdem. Lass uns in die Küche gehen.“
Julie nahm seine Hand und ging mit ihm und Charlott in die Küche. Diesmal war es stiller als sonst. Alle saßen ruhig am Tisch und schauten auf den leeren Platz. Obwohl Rae selten mit ihnen zusammen aß, war es jetzt etwas anderes. Sie wussten, dass er nicht mehr hier wohnte. Julie versuchte alles, um die Kinder aufzuheitern, aber es war schwierig. Sie aßen kaum etwas.
Am nächsten Morgen brachte Julie ihre Kinder zur Schule. Sie wollte sie diesmal begleiten. Unterwegs bekam sie einen Anruf. Es war Vicky, die ihr mitteilen wollte, wann die Beerdigung von ihrem Vater stattfand. Julie hatte ja versprochen, sie zu begleiten. Julie redete noch ein paar Worte mit ihr, dann war sie auch schon in ihrem Büro. Sie arbeitete als Innenarchitektin. Die Arbeit machte Julie Spaß. Sie hatte sehr nette Kollegen und Kolleginnen. Inzwischen wurde Freundschaft daraus. Während der Arbeit konnte sie so wenigstens für ein paar Stunden ihre Gedanken beiseite schieben. Trotzdem bemerkten auch die anderen, dass etwas mit Julie nicht stimmte. Sie war schon seit ein paar Tagen abwesend und nicht recht bei der Sache, aber keiner wollte sie darauf ansprechen. Doch jetzt machten sie sich richtig Sorgen. Heute war sie ganz anders und sah richtig schlecht aus.
„Was ist los mit dir, Julie,“ fragte Katrin.
Mit ihr und Linda hatte sie ein besonders freundschaftliches Verhältnis und sie trafen sich auch oft privat. Sie wussten, dass Rae oft unterwegs war und Julie manchmal traurig darüber war.
„Hat es mal wieder mit der Arbeit von Rae zu tun?“
„Diesmal nicht“, gab sie nur kurz zurück.
„Diesmal nicht? Mit was denn dann. Nun sag schon. Mit dir ist doch irgendetwas?“
„Ich habe mich von Rae getrennt“, schaute sie Katrin an.
In diesem Moment kam auch Linda hinzu und blieb erstarrt stehen.
„Was? Aber warum? Ihr ward doch so glücklich.“
Katrin schaute Linda und dann Julie verständnislos an.
„Das sah vielleicht nach außen so aus. Aber wir hatten schon seit einigen Wochen Schwierigkeiten. Ich dachte, wir würden es wieder hinbekommen, aber ich habe mich geirrt.“
„Hast du nicht mit ihm darüber gesprochen. Kann er nicht etwas weniger arbeiten? Das muss doch möglich sein. Er hat Familie. Es muss ihm doch daran gelegen sein, dass er mehr Zeit mit euch verbringt?“
Linda schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ich sagte ja schon, es ist diesmal nicht die Arbeit und die vielen Geschäftsreisen. Da ist noch etwas anderes.“
„Was? Was willst du damit andeuten? Nein, sag, dass das nicht wahr ist? Das glaube ich nicht. Ist etwa eine andere Frau im Spiel?“, erschrak Katrin.
„Doch.“
„Nein. Das ist doch nicht möglich. Doch nicht Rae. Du musst dich irren.“
Katrin konnte es nicht glauben.
„Doch. Leider irre ich mich nicht. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen und er hat es zugegeben.“
Julie hatte Tränen in den Augen.
„Wie lange weißt du es schon?“, umarmte Katrin sie.
„Seit ein paar Tagen. Den Verdacht hatte ich schon etwas länger, aber ich hatte es ignoriert und verdrängt. Er hat eine Affäre mit seiner Kollegin. Beim ersten mal dachte ich mir noch nichts dabei, obwohl es da schon seltsam war. Sie hatten sich umarmt. Aber dann sah ich beide in einer eindeutigen Situation, da war es mir klar.“
„Dann hast du ihn darauf angesprochen?“, fragte Linda.
„Klar. Er wollte es beenden. Für ihn hätte diese Affäre keine Bedeutung. Doch ich habe genug, es ist ja nicht das erste mal. Damals habe ich ihm eine Chance gegeben und es lief auch lange Zeit wirklich gut, aber, dass es jetzt wieder passiert ist, geht mir nicht in den Kopf. Ich habe einfach genug.“
Julie musste die Tränen unterdrücken.
„Du hast nie etwas gesagt. Ich wusste ja nicht, dass da schon mal was gelaufen war. Das tut mir so leid. Was geht in Raes Kopf vor. Sieht er denn nicht, was für eine wunderbare Frau er hat. Und seine Kinder? Die beiden sind so toll. Was sagen die beiden denn dazu? Wissen sie schon Bescheid?“, wollte Katrin wissen.
„Seit gestern. Sie verstehen es nicht. Als ich es ihnen mitteilte weinten beide. Ich versuchte sie zu trösten, aber es gelang mir nicht ganz. Sie hängen sehr an Rae. Sie werden ihm bestimmt auch fehlen, denn er liebt sie, sehr, dass weiß ich.“
„Und du, was empfindest du noch für ihn?“, schaute Linda sie an.
„Natürlich bin ich enttäuscht und wütend auf ihn. Aber trotzdem fehlt er mir. Wenn ich ins Schlafzimmer komme und sehe, dass seine Sachen weg sind, bin ich traurig. Ich vermisse ihn, denn ich liebe ihn immer noch.“
Katrin und Linda umarmten sie.
„Es tut uns wirklich so leid. Wir hoffen, dass sich alles wieder einrenkt und Rae zur Vernunft kommt. Das wünschen wir dir und deinen Kindern. Da spreche ich, denke ich, für uns beide“, drückte sie Katrin nochmal.
„Ich glaube nicht mehr dran. Auch wenn er wirklich die Affäre beendet, weiß ich nicht, wie lange es dauert, bis es wieder geschieht. Ich habe das Vertrauen zu ihm verloren. Was sucht er eigentlich? Eine lange Zeit lief es wirklich gut zwischen uns, in jeder Beziehung. Immer wieder hat er mir seine Liebe gestanden, hat er mich verwöhnt, war ein liebevoller Partner und Vater. Doch schon seit ein paar Wochen habe ich eine Veränderung festgestellt. Er sah mich gar nicht mehr. Er hat mich nicht mehr wahrgenommen. Ich war einfach nur da. Da hätte ich schon hellhörig werden müssen, aber ich dachte, es hätte etwa mit seinem neuen Projekt zu tun. Doch das war es nicht. Ich verstehe es nicht. Blind war ich.“
Was sollte Katrin dazu sagen? Sie verstand es ja auch nicht. Ebenso wie Linda. Welche Ratschläge sollten sie ihr geben? Zum Glück hatte Katrin keinen festen Freund. Nur einen Bekannten. Katrin war 30 Jahre und seit drei Jahren kannte sie jetzt Nat schon. Es war für beide reine Freundschaft, dass hatten sie rechtzeitig festgestellt. Nat war, genau wie Rae, beruflich sehr eingespannt. Trotzdem verbrachten die beiden soviel Zeit wie möglich miteinander. Also konnte sie Julie keine Tipps geben. Linda war etwas jünger und hatte sich gerade von ihrem Freund getrennt. Aber nicht weil er eine Andere hatte. Sie merkten ebenfalls beide, dass sie ganz unterschiedliche Ziele und Erwartungen hatten. Man trennte sich in Freundschaft. Hatte aber immer noch Kontakt.
„Ich bin immer für dich da, Julie. Du kannst immer mit mir reden.“
„Danke Katrin. Ich weiß. Aber momentan kann mir keiner helfen.“
Schweigend arbeiteten alle wieder weiter.
Rae war wütend auf sich selbst. Warum habe ich sie betrogen, schon wieder? Ich liebe sie doch, über alles. Und ich liebe meine Kinder. Gerne möchte ich sie in die Arme nehmen und um Verzeihung bitten, dachte er. Doch er konnte auch Julie verstehen. Sie hatte es nicht leicht mit ihm. Er musste die Sache beenden und zwar heute noch. Er saß an seinem Schreibtisch und sah zu Sharon. Ihre Büros waren nur durch eine Glasscheibe getrennt. Ein richtiger Idiot war ich, dachte er. Es stand fest, er musste es tun. Er musste mit Sharon Schluss machen. Er hatte ihr keinerlei Versprechen gemacht. Sie wusste, dass er verheiratet war und Kinder hatte. Also dürfte es kein Problem werden. Er hat ihr immer gesagt, dass er seine Familie nie verlassen würde. Sie störte es nicht. Sharon wollte sich nicht binden, dass sagte sie ihm immer. Sie fand es in Ordnung so, wie es war. Sharon war sprunghaft und liebte die Abwechslung. Als sie in die Firma kam und Rae sah, wusste sie, dass sie diesen Mann haben musste. Sie wollte Rae unbedingt besitzen und, dass hatte sie geschafft, auch wenn er nur einen Teil seiner Zeit mit ihr verbrachte. Ihr reichte es. Er war das nächste Opfer in ihrer Sammlung. Nur wusste das niemand. Doch nach und nach wollte Sharon mehr. Sie wollte Rae ganz. Nicht nur für ein paar Stunden. Sie kannte Raes Frau und Kinder von dem Bild, dass er auf seinem Schreibtisch stehen hatte. Dieses Bild hatte sie sich schon ein paar mal genau angeschaut. Beim letzten mal als sie es in der Hand hielt, Rae hatte gerade das Büro verlassen, lächelte sie und sah die Frau auf diesem Bild an.
„Er wird sich von dir trennen. Er gehört mir. Ich werde dafür sorgen, dass er euch verlässt. Tut mir wirklich leid für dich.“
Dann stellte sie das Bild schnell wieder an seinen Platz und verließ das Büro. Ja, es reizte sie plötzlich, diese Ehe zu zerstören. Dann würde er ganz zu ihr gehören. Dieses Ziel wollte sie unbedingt erreichen, egal ob sie zusammen blieben oder nicht. Vielleicht hatte sie danach auch schnell das Interesse an ihm verloren und es gab wieder einen neuen Mann, den sie im Auge hatte. Das kam nicht selten vor. Sie schmiedete einen Plan. Rae aber ahnte von alldem nichts.
Rae hatte nie daran gedacht, seine Familie zu verlassen. Für ihn war es nur ein kleines Abenteuer. Rae schaute zu ihr hinüber und überlegte, wie er es ihr am besten beibringen konnte. In diesem Augenblick schaute sie auch zu Rae und lächelte ihn an. Noch ahnte sie nicht, was Rae vor hatte. Rae dachte gerade an Jason und Charlott. Er schämte sich vor seinen Kindern. Das konnte er ihnen niemals sagen. Ob er mit Julie nochmal reden sollte? Sie wollte doch bestimmt auch nicht, dass seine Kinder davon erfuhren. Hoffentlich durfte er beide weiterhin sehen. Er vermisste sie, so wie Julie.
„Hey, Rae, wo bist du mit deinen Gedanken?“, wollte Richard, sein Arbeitskollege und Freund wissen.
„Wieso?“,schaute er erstaunt.
„Ich habe dich gerade gefragt, ob du heute Abend mit in den Club kommst. Wir wollen unseren Erfolg feiern.“
„Nein. Ich komme nicht mit. Das wäre, denke ich nicht gut.“
„Was? Du bist doch sonst immer dabei. Hast du plötzlich dein Familienleben wieder entdeckt? Oder ist etwas mit deiner Frau oder deinen Kindern? Julie hatte doch noch nie etwas dagegen? Hat sie etwa mitbekommen, dass Sharon auf dich steht und dir schöne Augen macht? Bist du etwa schwach geworden. Lässt sie dich deswegen nicht mehr mitgehen? Die Arme“, lachte Richard.
„Lass meine Frau aus dem Spiel.“
Richard schaute ihn entgeistert an.
„Wow, hab ich etwas verpasst? Hab ich was falsches gesagt? Das war doch nur Spaß.“
Richard wollte einen Witz machen. Der ging aber völlig daneben. Rae schaute ihn wütend an.
„Entschuldige Rae. Aber es war wirklich nur ein Spaß. Ich weiß, dass du eine wundervolle, hübsche Frau hast und sie nie betrügen würdest. Das würde ich an deiner Stelle auch nicht.“
Wenn du wüstest, dachte Rae. Ich bin ja auch ein Idiot.
„Tut mir leid, Richard. Aber im Moment läuft einiges schief bei mir.“
„Aber wieso denn? Wir haben einen großen Fisch an Land gezogen, du bist glücklich verheiratet und hast eine wunderbare Familie. Was wünscht man sich mehr. Hoffentlich habe ich mal so viel Glück, wie du.“
„Hey. Na, was gibt es Neues? Alles klar für heute Abend?“
Luis trat zu den beiden und schaute sie fragend an.
„Ich komme heute Abend nicht mit, bevor du auch noch weitere Fragen stellst“, schüttelte Rae den Kopf.
„Ok? Du hast keine Lust zu feiern? Mal was ganz neues. Ist etwas zu Hause? Etwas mit Julie? Oder…?
Weiter kam Luis nicht.
„Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“, schaute Rae wütend.
„Oh oh. Ehekrise? Eigentlich kann ich mir das bei euch gar nicht vorstellen“, fügte er noch hinzu.
„Nun rück schon raus. Was ist los? Warum gehst du nicht mit?“, wollte jetzt Richard wissen.
„Ich habe keine Lust. Klar?“, wollte er das Gespräch beenden.
„Das kannst du uns nicht weismachen. Du bist normal immer der Erste, wenn es ums Feiern geht“, grinste Luis.
„Diesmal nicht. Mir steht nicht der Kopf nach feiern. Wisst ihr zufällig, ob irgendwo eine kleine Wohnung zu vermieten ist?“, fragte Rae.
„Eine Wohnung? Für wen?“, runzelte Richard die Stirn.
„Für mich. Ich suche eine Bleibe. Bin im Moment im Hotel.“
Richard und Luis schauten sich entgeistert an und mussten sich setzen.
„Du wohnst im Hotel? Aber warum denn?“, staunte Richard.
Hatte er etwa den Nagel auf den Kopf getroffen? Gibt es eine andere Frau. Hat Sharon etwas damit zu tun? Oder hat Julie einen anderen Mann kennengelernt? Das Letztere konnte sich Richard nicht vorstellen. Obwohl er es verstehen könnte. Rae ließ Julie oft allein.
„Raus mit der Sprache. Was ist los? Ich denke doch nicht, dass deine Frau einen anderen hat. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, schüttelte Richard den Kopf.
„Nein, hat sie auch nicht. Ich habe Mist gebaut.“
„Du? Aber wieso? Was hast du getan?“, wollte Luis wissen.
„Ich habe, dass heißt, ich hatte eine Affäre. Noch heute werde ich es beenden.“
„Sag nicht, dass es Sharon ist? Ich ahnte so etwas. Wollte es aber nicht glauben. Deswegen hatte ich auch vorhin diesen Spaß gemacht. Sag, dass ich falsch liege.“
Richard schaute ihn wütend an.
„Du liegst nicht falsch. Es ist Sharon. Aber es hatte für mich keinerlei Bedeutung.“
„Ausgerechnet Sharon. Du spinnst doch. Warum sie? Sie ist so kalt und berechnend. Die hat doch mit jedem was. Denkst du, dass du der einzige bist. Was suchst du bei ihr. Warum überhaupt eine andere Frau? Ich verstehe dich nicht.“
Richard war richtig sauer auf Rae.
„Der gleichen Meinung bin ich auch. Sie versucht es doch wirklich bei jedem. Und du bist auf sie reingefallen. Hätte ich wirklich nicht von dir gedacht. Ihr ward für mich immer ein Traumpaar. Hat Julie dich rausgeworfen? Arme Julie. Ich mag sie sehr, deine Frau. Das war bestimmt ein Schock? Wie konntest du ihr das antun?“, schüttelte Luis den Kopf.
„Keine Ahnung. Das war einfach ein Ausrutscher. Ich will sie ja nicht heiraten. Es war ein Abenteuer. Nichts ernstes.“
Rae saß wie ein Häufchen Elend auf seinem Sessel.
„Nichts ernstes? Warum dann überhaupt? Und du willst heute mit Sharon Schluss machen? Ich bin mal gespannt, ob sie dir keine Schwierigkeiten macht, wenn du sie abservierst. Ich traue ihr nämlich nicht“, meinte Richard.
„Was soll sie denn schon groß tun?“, wollte Rae wissen.
„Ich hoffe für dich, nichts. Sie hatte es von Anfang an auf dich abgesehen. Alle haben es bemerkt. Das ausgerechnet du auf sie reinfällst, geht mir nicht in den Kopf. Wie willst du das wieder in Ordnung bringen, mit deiner Frau und deinen Kindern? Für Julie war es was ernstes.“
Richard war sichtlich verärgert.
„Ich werde mich ändern. Ab sofort.“
„Guter Vorsatz. Hältst du es auch durch? Es ist traurig. Du hast wirklich eine so tolle Familie. Viele würden gerne mit dir tauschen und du wirfst das alles einfach weg.“, schüttelte Luis den Kopf.
„Ich bin ja auch ein Vollidiot, ich weiß. Hoffentlich gelingt es mir, alles wieder hinzubiegen.“
„Ich wünsche es dir, Rae. Vor allen Dingen liegt mir Julie am Herzen. Sie tut mir richtig leid. Wie haben deine Kinder das aufgenommen?“, fragte Luis nach.
„Weiß ich nicht. Ich glaube, sie wissen es noch gar nicht. Hab sie nicht mehr gesehen. Julie wollte, dass ich das Haus verlasse, bevor sie aus der Schule kamen.“
„Hoffentlich darfst du sie sehen?“, klopfte Richard ihm auf die Schulter.
„Was die Wohnung betrifft, werde ich mich umhören“, meinte Luis.
Mit diesen Worten widmeten sie sich wieder ihrer Arbeit. Alle hatten ein ungutes Gefühl, was Sharon betraf. Richard und Luis tat natürlich auch Rae leid, obwohl er diese Situation verursacht hatte und sie ihm gerne den Kopf gewaschen hätten. Sie kannten Julie ganz gut, da beide schon öfter mal bei Rae eingeladen waren. Wie es ihr wohl geht? Richard und Luis ging die ganze Sache nicht aus dem Kopf.
Rae versuchte Julie zu erreichen. Er wollte unbedingt seine Kinder sehen. Als Julie auf ihr Handy schaute und sah, dass es Rae war, wollte sie zuerst nicht dran gehen. Doch dann überlegte sie es sich anders. Sie vermisste ihn. So konnte sie wenigstens seine Stimme hören. Auf keinen Fall durfte er es bemerken.
„Was willst du Rae“, meldete sie sich.
„Hey, Julie. Kann ich heute Abend die Kinder sehen? Ich vermisse sie. Und dich auch. Hast du es ihnen schon gesagt? Ich möchte es ihnen erklären.“
„Die Kinder wissen Bescheid. Ich musste es ihnen sagen. Das du die Kinder vermisst glaube ich dir, dass du mich vermisst nicht. Du hast ja Ersatz gefunden.“
„Ich mache noch heute Schluss, dass verspreche ich dir. Bitte, lass mich zu den Kindern.“
„Komm heute Abend so gegen 18.00 Uhr. Und noch was, du musst nicht Schluss machen, dass mit uns ist vorbei.“
Sie beendete das Gespräch noch bevor Rae ihr danken konnte. Julie wusste aber auch, dass für sie gar nichts vorbei war. Sie liebte Rae. Es würde lange dauern, bis sie darüber hinweg war. Rae fiel ein Stein vom Herzen. Julie hatte eingewilligt. Auf der anderen Seite hatte er ein schlechtes Gewissen den Kindern gegenüber. Wie würden sie auf ihn reagieren. Vielleicht konnte er heute Abend doch noch mal mit Julie reden und es in Ordnung bringen. Mit gemischten Gefühlen wartete er auf den Abend.
„Was machen wir nach dem Clubbesuch?“, flüsterte Sharon Rae leise ins Ohr.
Sie hatte die Gelegenheit wahr genommen, da Richard und Luis kurz aus dem Zimmer gingen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie an seinen Schreibtisch trat.
„Ich komme nicht mit.“
Sharon sah ihn eigenartig an.
„Wie? Warum nicht? Oh, du willst, dass wir gleich zu mir gehen? Das kann ich einrichten. Wir bleiben nur ganz kurz. Ich kann es kaum erwarten“, lächelte sie süffisant.
„Nein. Komm mit nach draußen. Ich muss etwas mit dir besprechen.“
Rae ging nach draußen. Sharon folgte ihm. Richard und Luis beobachteten beide, als sie wieder zurückkamen.
„Hoffentlich geht das gut“, wandte sich Richard an Luis.
Sharon wollte Rae um den Hals fallen, doch Rae hielt sie zurück.
„Lass das, bitte.“
„Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so zurückhaltend. Manchmal kannst du es kaum erwarten mit mir alleine zu sein. Wieso willst du mit mir reden und warum gehst du nicht mit in den Club?“, fragte sie.
„Sharon, es tut mir leid, aber es ist zu Ende. Das mit uns. Ich liebe meine Frau und möchte sie nicht mehr betrügen. Sie hat es nicht verdient. Julie ist eine wundervolle Frau. Ich weiß, dass ich dir damit vielleicht weh tue. Aber ich liebe meine Familie und möchte endlich mein Leben ändern. Verzeih mir. Doch für dich war das alles ja auch nur eine vorübergehende Affäre. Da waren wir uns ja einig. Wir werden uns also ab heute nicht mehr sehen. Versuch es auch gar nicht erst, mich wieder herumzukriegen. Du wirst es nicht mehr schaffen. Ich weiß auch gar nicht, wieso ich mich auf dich eingelassen habe. Leider kann ich es nicht mehr ungeschehen machen. Aber jetzt ist es vorbei. Endgültig.“
Rae wollte gehen, doch Sharon hielt ihn am Arm.
„Was sagst du da? Denkst du wirklich, dass du mich so einfach beiseite schieben kannst. Wir hatten doch wunderschöne Stunden. Du konntest gar nicht genug von mir bekommen. Jetzt willst du es so einfach beenden. Ich hab mich in dich verliebt. Für mich war es keine Affäre. Es war viel mehr. Du machst dir etwas vor. Schon lange hast du dich von deiner Frau und deinen Kindern entfernt. Du kommst nicht von mir los. Schon bald kommst du wieder angekrochen. Denkst du wirklich, dass ich dich so einfach frei gebe. Nein, so leicht mache ich es dir nicht. Überleg dir gut, was du tust. Wenn du mich jetzt verlässt, werde ich alles deiner lieben Frau erzählen und glaube mir, die wird nicht begeistert sein.“
„Sie weiß es. Ich habe es ihr gebeichtet. Also, dass kannst du vergessen.“
Rae drehte sich um und wollte gehen.
„Es gibt noch andere Mittel. Glaub mir. Nicht lange, dann wird sie von sich aus in eine Scheidung einwilligen. Oh, die armen Kinder. Ihr Papa hat ihre Mutter betrogen und die Familie zerstört“, lachte sie böse.
„Was soll das heißen? Was willst du von mir? Ja, wie hatten schöne Stunden, aber sie waren für mich ohne Bedeutung. Ich habe dir nie etwas versprochen. Und ich habe dir nie gesagt, dass ich dich liebe. Das tue ich nämlich nicht. Also lass es gut sein. Du findest einen, der zu dir passt. Du bildest dir nur ein, dass du mich liebst. Bist du überhaupt dazu im Stande, jemanden zu lieben? Du wolltest mich besitzen, dass war alles. Ich Idiot bin darauf reingefallen. Aber jetzt ist es zu ende. Ich wollte mich nie scheiden lassen, dass wusstest du.“
„Für mich ist nichts zu ende. Du wirst dich scheiden lassen, glaube mir. Du bist das, was ich will. Für mich ist das schon lange klar. So einfach kommst du mir nicht davon.“
„Auf keinen Fall werde ich mich scheiden lassen. Niemals wird das geschehen. Im Gegenteil, ich werde versuchen, meine Ehe zu retten und jetzt, lass mich in Ruhe. Du bist ja verrückt. Es ist vorbei.“
Rae ging. Aber für Sharon war die Sache noch nicht zu ende. Wütend schaute sie ihm hinterher. Richard hatte recht. Sharon wollte sich rächen.
Am Nachmittag, als Julie und die Kinder wieder zu Hause waren, teilte sie ihnen mit, dass ihr Vater sie besuchen wird.
„Papa zieht wieder hier ein. Hurra“, rief die kleine Charlott.
„Nein, Charlott. Papa kommt uns nur besuchen“, klärte sie Jason auf.
„Er bleibt nicht?“, wollte sie wissen.
„Nein. Aber er will euch unbedingt sehen. Das ist doch schön, oder?“, schaute Julie die beiden an.
„Ich freue mich darauf, Mama“, nickte Jason.
„Ich auch“, lächelte Charlott.
Dann war es soweit. Jeden Moment müsste Rae kommen. Schon hörte man, wie jemand den Schlüssel im Schloss umdrehte. Da die Kinder schon gewartet hatten, stürzten sie sofort zur Tür.
„Papa“, riefen beide und fielen ihm um den Hals.
„Hey, meine Süßen. Ich habe euch vermisst. Ich hab euch sehr, sehr lieb“, nahm er sie in den Arm.
„Ich dich auch“, riefen beide, wie aus einem Mund.
„Wo ist Mama?“, fragte Rae.
„Sie ist in der Küche“, teilte ihm Charlott mit.
„Mama macht das Abendessen. Willst du mitessen?“, wollte Jason wissen.
„Wenn es Mama recht ist, gerne.“
Alle gingen in die Küche.
„Hey, Julie. Die Kinder haben mich gebeten, mit euch zusammen zu essen. Ist es dir recht?“
„Hey. Wenn die Kinder es wünschen, soll es so sein.“
Julie sah ihn nicht an, aber ihr Herz klopfte, wie am ersten Tag, als sie sich sahen. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen. Rae betrachtete sie ganz genau. Hatte er nur das Gefühl, oder hatte sie sich verändert. Sie sah so zerbrechlich aus. Aber dadurch war sie noch hübscher. Wie konnte er sie nur betrügen. Er hatte ihre Liebe verraten, dass wurde ihm immer bewusster.
„Kann ich dir helfen?“, fragte er als er näher kam.
„Nein. Es ist alles fertig. In einer halben Stunde können wir essen.“
Der Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase. Einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen und dachte an die Momente, als er sie in seinen Armen hielt und sie küsste.
„Ok. Ich kümmere mich mal um die Kinder.“
Rae schaute sie seltsam an. Sie spürte seine Blicke, aber drehte sich nicht nach ihm um. Wenn sie es getan hätte, wer weiß, was dann geschehen wäre.
Bald schon hörte man das Lachen der Kinder. Rae brachte sie immer zum Lachen. Sie tobten im Zimmer von Jason herum. Wie lange wird das wohl noch so sein?, dachte sie bei sich.
„Ich brauch eine Pause“, kam Rae lachend aus dem Kinderzimmer.
„Das Essen ist sowieso fertig. Jason, Charlott, kommt ihr bitte“, rief Julie.
Am Tisch ging es genauso weiter. Rae machte Späße mit den Kindern und sie lachten. Sie sahen glücklich aus. Rae schaute ständig Julie an. Seine Blicke verrieten, dass er sich nach ihr sehnte. Julie kannte diese Blicke und wusste nur zu gut, was sie bedeuteten. Aber diesmal blieb sie stark, auch wenn sie ihm am liebsten in die Arme gefallen wäre.
„Papa, spielst du noch Klavier mit mir? Ich habe geübt.“
„Klar. Dann lass uns mal loslegen“, lächelte er.
„Ich möchte auch“, lief Charlott hinterher.
„Du kommst nach Jason dran. Ist das ok?“, wollte Rae von ihr wissen.
Inzwischen räumte Julie den Tisch ab. Sollte sie ihm verzeihen? Nochmal eine Chance geben? Wie schön wäre es, wenn er jetzt hier bleiben könnte. Sie wusste genau, was dann passieren würde. Nein, dass konnte und wollte sie nicht zulassen. Er musste gehen. Sie wollte es so. Er wird sich nie ändern, dachte sie noch.
Rae brachte auch noch die Kinder ins Bett. Mit Charlott sang er wieder dieses lustige Lied, dass nur er und seine Tochter kannten.
„Gute Nacht, Süße. Denk immer daran. Ich habe dich lieb. Es wird vielleicht etwas dauern, bis ich wieder komme. Sei nicht traurig“, küsste er sie.
Charlott schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn so fest, wie sie nur konnte. Dann ging er zu Jason ins Zimmer.
„Ich versuche beim nächsten Training dabei zu sein. Ist das ok für dich? Soll ich dir noch etwas vorlesen?“
„Das wäre schön. Ach, Papa, du hast meine Schläger. Ich kann sie hier nirgends finden. Sie sind bestimmt noch in deiner Sporttasche, vom letzten mal.“
„Die bringe ich natürlich mit.“
Sie suchten zusammen eine Geschichte aus und Rae las seinem Sohn vor.
„Gute Nacht, Großer. Pass gut auf die Mama auf. Ich liebe sie sehr und dich und Charlott auch.“
„Papa? Warum hast du ihr weh getan?“, wollte Jason plötzlich wissen.
Rae hoffte, dass seine Kinder ihn nicht darauf ansprachen. Aber jetzt tat es Jason doch.
„Ich weiß es selbst nicht. Ich werde es dir erklären, wenn ich mir im klaren über alles bin. Ich verspreche aber, dass ich ihr nie mehr weh tun werde. Ja?“
„Ist ok, Papa. Du hast sie doch noch lieb?“
„Sehr sogar, Jason. Glaube mir.“
„Ich hab dich auch lieb, Paps. Mama weint oft. Sie hat dich bestimmt auch noch lieb. Gute Nacht.“
Rae ging zu Julie ins Wohnzimmer. Sie saß auf der Couch mit einem Glas Wein und Tränen in den Augen.
„Julie? Ist alles in Ordnung?“
Sie schaute ihn an.
„Nichts ist in Ordnung. Du kannst jetzt wieder gehen. Die Kinder liegen im Bett. Es gibt keinen Grund mehr hierzubleiben.“
„Doch. Du bist der Grund. Julie. Ich war ein Vollidiot, ich weiß. Heute habe ich mit Sharon endgültig Schluss gemacht. Gib mir noch eine Chance. Ich möchte dir beweisen, dass ich mich ändern kann und will. Du und die Kinder, ihr seid für mich das Wichtigste. Leider habe ich es erst jetzt begriffen.“
Rae kam näher.
„Zu spät, Rae. Du hast es zu spät begriffen. Ich kann dir nicht mehr vertrauen. Das schlimme ist, ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Du warst immer für mich der einzige. Ich habe dich mehr geliebt, als ich dir sagen kann. Hast du in unserer Beziehung etwas vermisst, Rae? Die Stunden, die wir miteinander verbracht haben, waren wunderbar. Sie waren die Erfüllung unserer Liebe, das dachte ich auf jeden Fall. Aber für dich war es das anscheinend nicht.“
„Du hast nichts falsch gemacht. Ich habe nichts vermisst in unserer Beziehung. Wenn wir zusammen waren, war ich glücklich. Es war immer wunderschön mit dir. Das war auch nie der Grund.“
„Welcher Grund war es dann?“, wollte sie wissen.
„Keine Ahnung, Julie. Ich weiß es selbst nicht. Bitte, lass es uns nochmal versuchen.“
„Nein“, schüttelte Julie den Kopf.
Rae kam ganz nah und nahm sie in den Arm.
„Ich bitte dich, Julie. Ich liebe dich.“
„Geh jetzt, Rae. Wenn du die Kinder sehen willst, ruf mich an. Aber jetzt lass mich allein.“
Ruckartig zog er sie an sich und küsste sie. Rae schaute sie danach traurig an, drehte sich um und verschwand. Viel hätte nicht mehr gefehlt und sie hätte seinen Kuss erwidert und ihm wieder alles verziehen. Aber diesmal wollte sie stark bleiben. Er musste einsehen, dass er so nicht mit ihr umspringen konnte. Spät ging sie zu Bett. Lange konnte sie nicht einschlafen. Sie dachte an seinen Kuss. Ein Schauer lief durch ihren Körper. Julie sehnte sich nach ihm.
Rae war in Versuchung, doch noch in den Club zu gehen, aber er tat es nicht. Ins Hotelzimmer wollte er jetzt auch nicht, also ging er in eine Bar, die in der Nähe des Hotels lag. Er blieb lange, sehr lange. Er trank viel, sehr viel. Wie er in sein Zimmer kam, wusste er am Morgen nicht mehr. Mit einem gewaltigen Kater stand Rae auf und schaute auf die Uhr. Es war schon spät. Er hatte anscheinend den Wecker nicht gehört. Schnell sprang er mit einem Brummschädel unter die Dusche und eilte ins Büro.
„Auch schon da? Guten Morgen, Rae“, begrüßten ihn Richard und Luis.
„Euch auch einen guten Morgen. Sprecht bitte nicht so laut“, schaute er sie an.
„Wow. Wo bist du den gestern versackt?“, wollte Luis wissen.
„In einer Bar, in der Nähe meines Hotels. Ich weiß nicht einmal mehr, wie ich in mein Zimmer kam“, schüttelte Rae den Kopf.
„So siehst du heute Morgen auch aus. Ist etwas passiert?“, schüttelte Richard den Kopf.
„Ich war gestern noch bei meinen Kindern. Wollte mit Julie reden.“
„Und?“
„Nichts. Sie verzeiht mir nicht. Dabei liebe ich sie, mehr als jemals zuvor. Gestern ist es mir so richtig bewusst geworden, auch, was ich ihr angetan habe.“
„Lass ihr Zeit und ändere dich schleunigst. Vielleicht gibt sie dir doch nochmal eine Chance“, klopfte ihm Luis auf die Schulter.
„Ich glaube nicht. Trotzdem versuche ich mich zu ändern. Ich muss es. Denn sonst verliere ich auch noch meine Kinder.“
Rae schaute traurig aus dem Fenster.
„Du hast gestern einiges verpasst.“
Richard wollte ihn auf andere Gedanken bringen.
„Ja?“
„Du hättest mal Sharon erleben sollen. Die hat mit jedem geflirtet. Ich möchte nicht wissen, mit wem sie diesmal im Bett gelandet ist. Einige unserer Kollegen waren ganz schön hinter ihr her“, grinste Luis.
„Das ist mir so was von egal. Sie kann machen was sie will. Ich habe ihr gesagt, dass es aus ist, zwischen uns.“
„Oh. Deshalb. Wie hat sie reagiert?“, wollte Richard wissen.
„Sie war nicht gerade erfreut, denn sie verlangte, dass ich mich scheiden lasse. Plötzlich ist sie in mich verliebt. Blödsinn. Nie und nimmer ist sie in mich verliebt. Sie kann gar nicht lieben. Warum habe ich nicht bemerkt, wie sie wirklich ist.“
„Ich hab dir gleich gesagt, dass ich ihr nicht traue. Denkst du, dass sie es so hinnimmt?“
„Ich hoffe, Richard, aber sicher bin ich nicht. Sie hat einige Andeutungen gemacht“, schüttelte Rae den Kopf.
„Na, dann hoffen wir mal, dass sie diese Andeutungen nicht wahr macht. Ach, übrigens, ich hätte da eine Wohnung. Wenn du sie dir mal anschauen willst? Ich habe einen Bekannten, der sucht einen Nachmieter. Warte, ich hab die Adresse dabei.“
Luis kramte in seiner Hosentasche und überreichte Rae einen Zettel mit einer Adresse. Rae las ihn.
„Das ist ganz in der Nähe unseres Hauses“, stellte er fest.
„Willst du sie dir anschauen. Es wäre für dich doch ideal, dann kannst du deine Kinder öfter sehen“, meinte Luis.
„Stimmt. Natürlich schaue ich sie mir an. Danke, Luis. Ich werde gleich anrufen und einen Termin ausmachen. Hoffentlich ist sie noch nicht vergeben.“
„Bestimmt nicht. Ich habe ihn gebeten, dafür zu sorgen, dass sie noch nicht vermietet wird, bis du sie gesehen hast.“
„Super. Nochmal danke.“
„Ich hoffe, dass du sie nicht allzu lange benötigst“, meinte Richard.
„Bald wird es sowieso jeder wissen, dass ich nicht mehr zu Hause wohne. Ich hoffe nur, dass Sharon es nicht heraus bekommt und nicht überall herum erzählt, dass wir was miteinander hatten.“
„Darauf würde ich mich nicht verlassen“, schüttelte Luis den Kopf.
Rae rief an und machte einen Termin aus. Er hatte Glück. Die Wohnung war noch nicht vergeben.
„Ich bin Schuld an allem. Wenn ich nur wüsste, warum ich es tue?“, begann Rae wieder.
„Ich kann mir schon denken, was dahintersteckt. Wahrscheinlich ist es, wie in den meisten Fällen, das unbekannte. Schade. Ich mag Julie. Sie hat es wirklich nicht verdient. Hoffentlich kannst du das wieder in Ordnung bringen.“
Luis schaute ihn kopfschüttelnd an.
Hoffentlich, dachte Rae bei sich.
„Aber das ist es nicht, das Unbekannte. Mich interessiert keine andere Frau, auch wenn ich etwas mit ihr hatte. Julie hat mich gefragt, was ich bei den anderen suche. Ich konnte es ihr nicht sagen. Suche ich überhaupt etwas? Ich glaube nicht. Eigentlich habe ich immer Angst, Julie zu verlieren.“
„Dann verstehe ich dich erst recht nicht.“
Richard schaute Rae fragend an.
Julie, Linda,Katrin und ihre Kollegen Stan und Eric waren unterwegs zu einem großen Auftrag. Es war ein etwas älteres Haus, aber in gutem Zustand. Die Größe überraschte beide. Der neue Besitzer beauftragte sie, das Haus neu zu gestalten. Er ließ ihnen völlig freie Hand. Die Inneneinrichtung war vollkommen veraltet. Die Wände waren mit alten Tapeten verkleidet. Es sah heruntergekommen aus. Auch mussten einige Reparaturen und Änderungen veranlasst werden. Es war eine Herausforderung, denn das Haus hatte viele Zimmer. Julie und Katrin fiel sofort auf, dass dies kein gewöhnliches Haus war. In einigen Zimmern waren noch wunderschöne, alte Decken vorhanden. Die Fenster waren groß und ließen viel Licht in die Räume. Sie freuten sich auf diese Aufgabe und hatten schon einige tolle Ideen. Jeden Raum schauten sie sich genau an, Linda hielt alles mit der Kamera fest. Sie fotografierten, notierten sich die Größe der Zimmer und machten sich viele wichtige Notizen, bevor sie wieder ins Büro zurück fuhren und es nochmal mit ihren Kollegen Stan und Eric besprachen.
Sie waren für die Reparaturen und Ausbesserungen zuständig. Die fünf waren ein Team. Das zweite Team bestand aus Daniela, Sina, Corbin und Tracy. Durch die Arbeit konnte Julie für ein paar Stunden alles vergessen.
„Da gibt es einiges zu tun“, stellte Stan fest.
„Oh, ja. Aber, dass kriegen wir schon hin. Es wird bestimmt super, wenn es fertig ist“, meinte Eric.
„Ich freue mich richtig, dieses Haus einzurichten“, lächelte Katrin.
„Ja, ich auch. Ich kann mir schon manches vorstellen. Der Besitzer wird begeistert sein. Hoffe ich auf jeden Fall“, nickte Julie.
„Die Arbeit lenkt dich bestimmt etwas ab. Das ist gut“, legte Linda ihre Hand auf die Schulter von Julie.
Julie nickte. Eric und Stan schauten sich fragend an, sie wussten von nichts. Wollten aber auch nicht nachfragen. Es musste etwas privates sein. Obwohl alle gut befreundet waren, wollten sie nicht aufdringlich sein.
„Julie, möchtest du nicht mit uns ausgehen? Wir könnten essen gehen? Und später noch im Club die anderen treffen? Wie sieht es aus? Wir waren schon lange nicht mehr zusammen weg“, schlug Katrin vor.
„Ich glaube, ich bin im Moment keine gute Gesprächspartnerin.“
„Unsinn. Überleg es dir. Du musst doch nicht das ganze Wochenende alleine zu Hause sitzen. Sag einfach Bescheid“, schlug Katrin vor.
„Wann wollt ihr denn gehen? Sind die üblichen wieder dabei?“
„Heute Abend. Da gibt es ein neues kleines Lokal. Bis jetzt habe ich nur Gutes gehört. Und ja. Im Club treffen wir dann auf die anderen. Auch Stan, Eric und noch ein paar Bekannte sind dabei. Kommst du?“
„Ich werde es mir überlegen. Muss mich aber zuerst um einen Babysitter kümmern.“
„Ok. 19.00 Uhr. Wenn du es einrichten kannst, würden wir uns freuen. Wir warten auf dich.“
„Mal sehen.“
Katrin gab ihr die Adresse des Lokals und verabschiedete sich mit Linda ins Wochenende.
„Bis heute Abend“, riefen noch Eric und Stan.
Warum sollte sie nicht mal wieder mit ihren Freundinnen essen gehen, sagte sie sich. Vielleicht findet sie jemanden, der auf Jason und Charlott aufpassen konnte.
Julie kam ein paar Minuten vor ihren Kindern nach Hause, da läutete das Telefon. Es war Vicky. Sie erkundigte sich nach dem Befinden. Julie redete mit ihr über Rae und über die Einladung. Dann versprach sie Vicky nochmal, rechtzeitig zur Beerdigung zu kommen, dass war sie ihrer besten Freundin schuldig. Schließlich kannte sie auch die Eltern von Vicky. So schlug sie vor, eine halbe Stunde früher bei ihrem Elternhaus einzutreffen. Vicky war dankbar dafür und riet ihr, nicht zu Hause zu sitzen und die Einladung anzunehmen.
„Geh mit Linda und Katrin essen. Das wird dir gut tun. Zeig Rae, dass du nicht auf ihn wartest“, riet sie ihrer Freundin.
Danach überlegte sie, wen sie fragen könnte, um auf Jason und Charlott aufzupassen. Sollte sie ihre Nachbarin fragen. Sie hatte die Kinder schon mehrmals beaufsichtigt. Doch in letzter Zeit gab es keine Gelegenheit mehr. Rae war ohne Julie unterwegs. Aber sie hatte sich schon mehrmals angetragen, wieder auf die Kinder aufzupassen, falls Julie mit Rae etwas unternehmen wollte.
Schon kamen die Kinder nach Hause und Julie sprach mit ihnen darüber.
„Mama, du kannst ruhig gehen. Frau Reimer ist wirklich nett. Sie hat ja schon öfter auf uns aufgepasst“, meinte Jason.
„Geht Papa auch mit?“, wollte Charlott wissen.
„Nein, ich gehe mit ein paar Freundinnen. Ihr kennt doch Katrin und Linda?“
„Ja. Dann könnte auch Papa auf uns aufpassen“, schlug Jason vor.
„Ich weiß nicht, er hat bestimmt etwas anderes vor.“
„Ich ruf ihn an.“
„Jason, bitte nicht.“
Jason war nicht mehr aufzuhalten und schon bald hatte er seinen Vater am Handy. Der sagte sofort zu. Er war überrascht, dass Julie ausging. Ging sie wirklich nur mit Katrin und Linda essen? Wie es ihm Jason berichtet hatte?
„Mama, Papa kommt. Er freut sich schon darauf. Also ist alles geregelt“, strahlte Jason.
„Hurra, Papa kommt. Dann kann er gleich hier schlafen“, freute sich Charlott.
„Glaube nicht, dass er das will“, meinte Julie.
Dabei wollte sie es nicht, dass Rae hier übernachtete. Jetzt musste sie wohl oder übel mit Katrin und Linda zum Essen gehen, denn hier bleiben wollte sie auf keinen Fall. Die Situation gestern war schon eigenartig genug.
Rae kam früher als erwartet. Er wollte keine Zeit verlieren und fuhr direkt von seinem Büro zu seiner Familie.
„Hey, ihr Süßen. Alles gut bei euch?“
„Wenn du da bist, ist alles gut, Papi“, umarmte Charlott ihn.
„Hey, Paps. Es ist schön, dass du wieder da bist“, begrüßte ihn Jason.
„Ist Mama im Wohnzimmer?“, fragte er.
„Nein, sie macht sich schon fertig“, antwortete Jason.
„Oh, schon. Ich dachte 19.00 Uhr?“
Julie wusste, als sie die Tür hörte, dass es Rae war. Deshalb verschwand sie schon im Badezimmer. Sie ließ sich viel Zeit, damit sie ihm nicht zu lange gegenüber treten musste. Rae ging zur Badezimmertür und klopfte. Er machte sich Sorgen, weil sie so lange blieb. Wollte sie ihn nicht sehen?
„Julie? Ist alles in Ordnung? Du bist schon so lange da drin. Geht es dir gut? Kann ich rein kommen?“
„Nein. Es ist alles bestens. Ich komme gleich“, antwortete sie mit Herzklopfen.
Endlich öffnete sie die Tür und betrat das Wohnzimmer, in dem sich Rae mit den Kindern einen Film anschaute.
„Wow, Mama. Du bist wunderschön“, kam ihr Charlott entgegengelaufen.
Rae konnte im ersten Moment gar nichts sagen. Er schluckte und sah sie nur an. Dann hatte er sich wieder im Griff.
„Charlott hat recht, du siehst fantastisch aus.“
„Danke. Ich gehe jetzt. Es kann spät werden“, verabschiedete sie sich noch von ihren Kindern.
„Du gehst nur mit Katrin und Linda essen?“, fragte Rae, als er sie zur Tür begleitete.
„Ja. Hast du was dagegen? Dachtest du, dass ich mich gleich dem ersten Mann an den Hals werfe, nur weil du mich nicht mehr beachtest? Kann sein, dass wir noch den Club besuchen, ist noch nicht ganz klar. Eventuell treffen wir uns mit den anderen dort. Es kann also spät werden. Wenn du willst kannst du im Gästezimmer übernachten.“
Julie schloss die Tür hinter sich. Draußen lehnte sie sich an die Tür und atmete tief durch. Wie er sie wieder angeschaut hat. Jedes mal bekam sie weiche Knie. Wie früher. Er war einfach der Mann, den sie über alles liebte. Rae war der Einzige und wird es immer für sie bleiben. Mit diesen Gedanken an ihn, ging sie zu ihrem Treffen.
Rae sah ihr noch eine Weile vom Fenster aus nach. Spürte er da etwa so etwas wie Eifersucht? Wenn er sich vorstellte, dass jemand Julie berühren könnte, wurde er wütend. Julie war seine Frau und er wollte dafür sorgen, dass sie es auch wieder wurde. Sie sollte wissen, dass sie zu ihm gehörte und er zu ihr.
„Papi? Du siehst traurig aus. Ist es wegen Mami?“, nahm Charlott ihn an der Hand.
„Ja, mein Schatz. Ich will alles dafür tun, dass wir wieder eine glückliche Familie werden“, versprach er.
Julie sah Katrin und Linda sofort, als sie das Lokal betrat.
„Hey, ihr beiden.“
„Oh, wie schön, dass du doch gekommen bist. Wie lange ist es schon her, dass wir zusammen essen waren?“, umarmte Linda sie.
„Schon viel zu lange“, überlegte Julie.
„Hey, Julie. Ich freue mich, dass du es einrichten konntest. Hast du einen Babysitter gefunden?“, wollte Katrin wissen.
„Ja. Rae ist da.“
„Wirklich?“, hob Katrin die Augenbrauen.
„Du hast ihn angerufen?“, schaute Linda skeptisch.
„Nein. Jason.“
Weiter redeten sie nicht darüber. Der Abend lenkte sie etwas ab. Sie unterhielten sich über das Projekt und über alles mögliche. Es wurde gescherzt und viel gelacht. Julie entspannte sich etwas. Plötzlich sah Julie eine Person, die sie besser nicht gesehen hätte, denn ab diesem Zeitpunkt war sie wieder mit ihren Gedanken bei Rae.
„Was ist, Julie?“, schaute Katrin sie an.
„Nichts. Alles in Ordnung“, antwortete sie.
Doch es war nichts in Ordnung. Die Frau, die ihr bekannt vor kam, war Sharon. Diese steuerte geradewegs auf den Tisch von Julie zu.
„Hey, Julie. Ich glaube ich muss mich mal vorstellen. Ich bin Sharon. Es tut mir ja so leid für dich. Rae und ich hatten gestern wirklich einen wunderschönen Abend und eine fantastische Nacht. Mach dir nichts draus. Du wirst bestimmt wieder jemand anderen finden. Deine Kinder werden sich wohl damit abfinden müssen, dass Rae jetzt mit mir zusammen ist. Er gehört zu mir. Rae hat dir sicherlich nicht alles von uns erzählt. Deshalb tue ich es. Du sollst ja nicht im Dunklen tappen. Wir sind ja schon seit Monaten zusammen und hatten wunderschöne Stunden. Endlich ist ihm klar geworden, dass ich die richtige für ihn bin. Alles, was er bei dir vermisst hat, findet er bei mir. Er ist wirklich ein fantastischer Liebhaber. Ich wünsche noch einen schönen Abend. Ach übrigens, hat er schon mit dir über die Scheidung gesprochen?“
Shanon grinste sie frech an und verschwand.
„Was war das denn?“, wollte Linda wissen.
„Wer war diese Person? War das die mit der Rae etwas hat?“, schaute Katrin sie fragend an.
Julie war kreidebleich geworden. Der Abend war gelaufen.
„Ja. Das war sie. Am liebsten hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen. Er hat es tatsächlich gewagt mit ihr die Nacht zu verbringen, obwohl er mir versprochen hatte, Schluss zu machen. Ich glaube es nicht“, schüttelte sie mit Tränen in den Augen den Kopf.
„Kann mich mal jemand zwicken. Ich glaube es ja nicht, dass dieses Luder einfach hierher kam und solche Worte von sich gab“, schaute Linda zu Juli.
„Sie ist sich ihrer Sache sehr sicher. Du hast es doch gehört. Rae will die Scheidung. Anscheinend hat er bei ihr das gefunden, was er die ganzen Jahre gesucht hatte“, schüttelte Julie den Kopf.
„Was? Nein. Das glaub ich einfach nicht. Ihr ward immer ein so tolles Paar und so verliebt. Man konnte neidisch werden, wenn man euch sah. Das hat er doch nicht wirklich vor?“
Linda war sprachlos.
„Ja, so schnell kann es gehen. Ich dachte das auch. Jetzt ist alles vorbei“, zuckte Julie mit den Schultern.
„Aber glaubst du ihr? Ich meine, dass Rae die Nacht mit ihr verbracht hat? Und das mit der Scheidung? Nein! Dann hätte er mit dir schon lange gesprochen. So ist er nicht. Niemals. Ein bisschen kenne ich Rae auch.“
Katrin wollte es nicht glauben.
„Ich weiß es nicht. Es hat sich so glaubhaft angehört. Sie war sich sehr sicher, dass Rae sich für sie entschieden hat“, meinte Julie.
„Unsinn. Sie wollte dich ärgern, sonst nichts. Vielleicht hat Rae wirklich mit ihr Schluss gemacht und sie hat deshalb so reagiert. Das ist die Rache. Sie will euch auseinanderbringen.“
Katrin wollte sie mit diesen Worten beruhigen.
„Das glaube ich nicht.“
Julie war enttäuscht, verletzt und auch wütend.
„Lass dir doch den Abend nicht verderben, von dieser blöden Gans.“
Linda legte den Arm um Julie.
„Komm, wir besuchen jetzt noch den Club. Linda und ich waren schon ein paar mal dort. Da kommst du auf andere Gedanken. All unsere Freunde sind heute dort.“
„Sie hat mir den Abend verdorben. Ich würde euch nur stören.“
„Unsinn. Du kommst jetzt mit. Lass dich nicht runter ziehen. Ich glaube ihr nämlich nicht.“
Katrin nahm sie am Arm.
„Eigentlich hast du recht. Es ist sowieso vorbei. Also, lasst uns gehen“, stimmte Julie zu.
Sie konnte jetzt nicht nach Hause, dann würde sie ihm begegnen. Nach diesem Zusammentreffen mit Sharon wollte sie ihn nicht sehen. So gingen die drei in den Club. Es waren eine Menge Leute da. Die Stimmung war super. Katrin und Linda trafen ihre Bekannten, die alle Julie freundlich begrüßten und froh waren, dass sie mal wieder dabei war. Auch Katrins Freund Nat, den sie schon lange nicht mehr gesehen hatte, begrüßte sie herzlich. Julie kannte ihn schon, seit Katrin mit ihm befreundet war. Ein paar Leute waren Julie aber fremd.