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Bereits am nächsten Abend klingelte mein Handy und zeigte im Display eine mir unbekannte Nummer an.

„Ja, bitte“, meldete ich mich.

„Hier spricht Laura Bergstedt. Spreche ich mit Alexander?“

„Guten Abend, Laura! Was hast du für eine reizende Stimme!“

Ich sagte die Wahrheit. Ihre war dunkel mit hellen Obertönen. So hatte ich mir Laura vorgestellt: sympathisch vom großen Zeh bis zu den Stimmbändern.

„Ich gebe das Kompliment zurück. Ich höre die Stimme des erfahrenen Weltmannes!“

„Welches neue Kompliment erwartest du jetzt von mir?“, fragte ich und deutete Sabrina an, dass sie zu mir kommen sollte. Ich schalte an meinem Handy den Lautsprecher an.

„Nicht alle, die du auf Lager hast!“, antwortete Laura. „Dann sage ich eines, das außer Sabrina von mir niemand zu hören kriegt.“

„Und das wäre?“

„Dass du ein reizendes Geschöpf sein musst!“, rief ich und gab Sabrina einen Klaps auf den Po.

„Das war zwar immer noch Lagerware, aber für den Anfang genügt sie“, konterte Laura am anderen Ende der Leitung und fuhr sogleich sachlich fort:

„Deinen Vorschlag, uns in einem Lokal zu treffen finden wir prima. Kennst du das Gasthaus Pölt in Feldafing am Starnberger See?“

„Ja. Aber das ist doch ein großes Gasthaus. Wollte ihr nicht mehr Intimität, wie zum Beispiel in einem kleinen Café?“

„Wir wollen uns nicht drinnen treffen. Ich spreche nur vom Parkplatz. Kennst du den?“

„Ja“, antwortete ich.

„An der Einfahrt dieses Parkplatzes steht eine Tafel mit einer Wanderbeschreibung um den Starnberger See.“

„Die Tafel kenne ich.“

„Ist prima!“, lachte die dunkle Stimme mit den hellen Obertönen. „Wäre es eine Zumutung für euch, wenn wir euch bitten, fünfzehn Minuten zu laufen?“

„Also zu euch würden wir fünfzehn Stunden laufen“, sagte ich, worauf Sabrina nickte. Ihr Gesicht war vor Erregung leicht gerötet.

„Wandert ihr etwa auch gerne?“, fragte Laura.

„Regelmäßig, Laura, regelmäßig! Welchen anderen Sport gibt es denn für alte Männer!“

„Klasse!“, tönte mir Lauras Stimme im Ohr. „Tobias neben mir macht schon kugelrunde Augen. Er ist ein Landschafts-Fan. Vor allem schwärmt er für weibliche Körperlandschaften...“

In diesem Augenblick riss mir Sabrina das Handy aus der Hand.

„Recht schön guten Abend, Laura! Hier spricht Sabrina.“

„Hallo, Sabrina! Nett, dass du uns geschrieben hast. Du bist eine sehr attraktive Frau. Mein Tobias ist schon ganz vernarrt in dich.“

„Bist du eifersüchtig?“

„Nein! Hätte ich sonst ein solches Inserat geschaltet?“

„Du hast Recht.“

„Bist du denn eifersüchtig?“

„Nein. Ich wünsche nichts sehnlicher, als dass du meinen Alexander mal richtig geil machst! In den letzten Tagen hat er sich allerdings schon gebessert.“

„Seit der eMail, nicht wahr?“

„War das bei euch auch so?“

Laura wollte sich am Ende halb tot lachen. Dann hatte Sabrina wieder das Wort: „Laura, wo ist denn der Landschafts-Fan?“

Flüstern am anderen Ende, dann eine metallene, männliche Stimme: „Hier!“

„Hallo, Tobias!“

„Ciao, Sabrina!“

„Weißt du, dass wir gleichaltrig sind?“

„Das ist es doch, was mich so reizt!“, lachte Tobias.

„Und ich dachte, weil ich groß und blond bin.“

„Mich reizt alles, Sabrina. Man kann wohl einen Menschen nicht aufteilen in irgendwelche Bestandteile. Von deinen geschriebenen Worten, deinem Foto und dem jetzigen Gespräch aus zu schließen, kann ich nur sagen: du gefällst mir!“

„Warten wir mal den Parkplatz ab, Tobias, ich wette, dass du dann das Gegenteil sagst! Was habt ihr wegen dem Treffpunkt vereinbart?“

„Wäre es nicht besser, wenn wir Männer das verabreden würden?“

„Ah, du meinst also“, gab Sabrina zurück, „dass Frauen in Geographie dämlich sind?“

„Im Gegenteil“, protestierte Tobias. „Was ich bisher von dir gehört habe, sollst du bezüglich bestimmter Landschaften große Klasse sein!“

„Darauf kann ich nicht antworten“, lachte Sabrina. „Sich da zurechtzufinden, überlasse ich doch lieber einem Mann!“

„Was zu beweisen wäre“, antwortete Tobias ebenfalls lachend.

„Dennoch kannst du mir alles sagen, Tobias“, bestand Sabrina.

„Alexander hört mit.“

„Prima! Wir sprechen also vom Parkplatz vor dem Gasthof Pölt. An der Einfahrt steht eine Karte mit Wanderwegen. Laura und ich schlagen nun vor, dass ihr den Rundweg 1 in der angegebenen Richtung geht und wir den gleichen Weg in der umgekehrten Richtung. Da es ein Rundweg ist, würden wir uns irgendwo im Wald treffen.“

„Phantastisch!“, rief Sabrina dazwischen.

„Empfindet nur einer von uns die anderen unsympathisch, geht jedes Ehepaar wieder seinen Weg weiter, als hätten wir uns nie getroffen.“

Sabrina sah mich mit fragenden Augen an. Da auch ich nickte, sagte sie sie: „Abgemacht!“

„Moment!“, rief Tobias zurück. „Zum Treffpunkt gehört ja wohl auch die Treffzeit!“

„Hätte ich glatt vergessen“, gestand Sabrina. „Was schlagt ihr vor?“

„Habt ihr für Samstagnachmittag schon etwas vor?“

Wieder die fragenden Augen von Sabrina, dann: „Nein.“

„Dann schlage ich vor: Samstagnachmittag um siebzehn Uhr. Um genau diese Zeit marschiert ihr von der Tafel ab. Einverstanden?“

„Und wenn wir uns schon vor dieser Karte treffen?“

„Werden wir nicht, Sabrina, garantiert nicht! Ihr könnt unbesorgt sein.“

Jetzt nahm ich Sabrina den Hörer aus der Hand: „Ich nehme an, Tobias, dass du nichts dagegen hast, wenn sich die Männer zum Schluss auch endlich mal begrüßen. Einen recht guten Abend!“

„Guten Abend, Alexander! Da ich dieses sage, habe ich also nichts dagegen...“

„Du bist der geborene Schelm! Sollte ich mal wegen Kuppelei vor den Kadi müssen, werde ich dir mein Mandat anvertrauen.“

„Dann triffst du eine gute Wahl, Alexander! Ich würde dich verteidigen bis zum letzten Höschen meiner Frau!“

„Aber dann ist sie doch nackt?“

„Was ganz im Sinne meines Mandanten läge, oder?“

Bei uns wurde gelacht und am anderen Ende auch. Laura wollte nicht wieder aufhören.

„Gut dann“, sagte ich und wollte Schluss machen: „Bis Samstag! Ab siebzehn Uhr schreiten Sabrina und ich auf erregenden Pfaden euch entgegen.“

„Und wir desgleichen!“, meinte Tobias, worauf ich Lauras Stimme vernahm.

„Alexander! Bitte gib mir doch noch einmal Sabrina!“

Ich tat wie mir geheißen und gab Sabrina den Hörer. Ich hatte mich von beiden unserer Freunde, falls sie es werden sollten, verabschiedet. Sollte Sabrina das jetzt auch tun. Deshalb gab ich meiner Frau das Handy und setzte mich entfernt in einen Sessel.

Sabrina war am Sprechen: „Das ich daran nicht gedacht habe, Laura! Sicher ist das wichtig ... ich denke, dass das Wetter so bleibt ... nein, für Hosen bin ich auch nicht ... Genau! Ich würde auch sagen, irgendein hübsches Kleid oder Rock. Oh, wenn ich das wüsste! Moment mal! Das könnte ich anziehen! Halt, nein, das geht nicht, ist in der Reinigung. Was ziehst du denn an? ... Ist doch prima! Dann trage ich einen weißen Rock und eine dunkelbraune Bluse ... Ja, das sollen die ausmachen! Was interessieren uns die Männer! ... Hast du eine fröhliche Lache! ... Ja, Schluss jetzt! Schönen Gruß an Tobias! ... Danke, werde ich ihm bestellen! Ciao!“

Danach redeten Sabrina und ich merkwürdigerweise nicht mehr von Laura und Tobias. Jeder bemühte sich, von anderen Dingen zu sprechen.

War das Scham?

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