Читать книгу Duo Dominant - wie werde ich eine Domina? | Erotischer SM-Roman - Carrie Fox - Страница 4

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Henrys Sexy Models

Emma holte ihre Lieblingstasse aus dem Schrank. Sie war grasgrün, hatte ein Gesicht mit schwarzen Knopfaugen und eine seitlich herausgestreckte Zunge. Der nach Sex lechzende Gesichtsausdruck war sicher nicht beabsichtigt, aber Emma musste jedes Mal darüber schmunzeln. Sie goss sich kühlen Orangensaft ein und ging damit an den Küchentisch. Die Tageszeitung lag oben auf einem Stapel Zeitschriften und Emma blätterte lustlos darin herum. Beiläufig sah sie zum Fenster. Kleine weiße Wolkenfetzen eroberten das Blau des Himmels. Dann erkannte sie ein Wolkengebilde, das aussah wie ein lang gezogener Frauenkörper, der auf einem großen Kopfkissen lag. Erstaunt ging sie zum Fenster, um sich diese Wolkenfigur genauer anzusehen. Blauer Sommerhimmel leuchtete ihr entgegen, als sie es öffnete. Die Wolke bildete ballonartige Brüste, ein Kissen unter aufgequollenen Haaren, lange Beine und sogar fliehende Fußspitzen. Faszinierend. Emma lehnte sich ein wenig heraus und atmete tief ein. Ein leichter Windstoß berührte sie, als hätte er sich in ihren Haaren verfangen und wäre dann an ihr vorbeigerauscht. Eine Zeit lang konnte sie das Wolkenbild noch bewundern, dann löste sich das kurvenreiche Gebilde innerhalb von wenigen Sekunden auf.

Emma setzte sich wieder auf ihren Platz. Die Zugluft hatte eine Seite aufgeblättert. Stellenangebote. Wie langweilig. Sie nahm einen Schluck von dem kühlen Fruchtsaft und wollte gerade weiterblättern, als ihr eine Annonce auffiel.

»1000 Euro täglich«, stand dort geschrieben. Das konnte es doch gar nicht geben, oder? Sie las den gesamten Text. »Frauen ab achtzehn Jahren für Foto- oder Filmproduktion gesucht. Verdienst bis zu 1000 Euro täglich.«

Eine Telefonnummer stand neben einer Internetadresse. Emma schüttelte den Kopf. Unmöglich! Was sollte das für eine Tätigkeit sein, bei der man dermaßen massig Geld verdienen konnte? Dabei konnte es sich nur um Pornografie handeln. Sex sells! Diesen Ausspruch hatte sie schon öfter gehört. Mit Sex hatte sie mehr als genug Erfahrung. Ob es für eine andere Richtung, die ihr Leben bereichern und verschönern könnte, reichte? Emma wurde neugierig. Sie eilte mit der Zeitung an ihren Computer und öffnete Henrys sexy Models. Verschiedene Gesichter von Frauen waren zu sehen. Dann verschwanden die Gesichter wieder und auf dem schwarzen Hintergrund erschien in grellen, gelben Buchstaben der Text: »Sexy Models – die unschlagbare original Foto- und Filmseite von Henry.« Emma las gespannt weiter: »Für Anfänger und Profis. Egal ob ihr nur euer Taschengeld aufbessern möchtet oder ins Profimodelgeschäft einsteigen wollt. Alle Größen und Figuren bekommen bei uns die große Chance, Model zu werden. Überdurchschnittliche Verdienste sind möglich. Schickt uns ein Foto und macht einen Casting-Termin mit uns!«

Emma dachte darüber nach, welches neue Abenteuer sie durch so eine Annonce erleben könnte. Sie brauchte keine Taschengeldaufbesserung, sie wollte auch nicht ins Profigeschäft einsteigen. Aber es wäre der besondere Kick, den sie schon länger vermisste. Ein neues und erfrischendes Gefühl erfasste sie, als stünde sie vor einem metallenen Schiebetor, das eine große, lebensverändernde Überraschung verbarg. Es könnte ein Abenteuer der besonderen Art werden. Die vielen Models in den Modezeitschriften und im Fernsehen fielen ihr ein. Die hübschen Mädchen aus der Werbung. Selbst die unendlich vielen Pornodarsteller im Internet. Sie alle waren schlank und schön. Ihre Körper hatten scharfe Konturen und sie sahen immer elegant, grazil und makellos aus. Mit so einer Figur konnte sie natürlich nicht mithalten. Ihre Konturen entsprachen sicher nicht denen eines Models. Emma dachte darüber nach, was sie denn anzubieten hatte. Ihre Augen zum Beispiel waren groß, schön geformt und tiefbraun. Ihre Lippen waren feminin voll, weich geschwungen und lächelten viel. Sie hatte einen großen Busen, der sich sehen lassen konnte, und einen Hintern, der hoffentlich gefiel. Mit den Großen konkurrieren könnte sie damit sicher nicht, aber wer weiß, welche Türen ihr dieser Nebenjob öffnen könnte?

Emma lud ein Foto von sich hoch. Eines, auf dem sie im Halbdunkel des Silky Sexlife zu sehen war. Sie fand, dass ihre Figur auf diesem Bild gut getroffen war. Sie lehnte sich zurück und stellte sich vor, wie sie in einem Studio vor einem Fotografen posierte. Es lag nicht an der Aussicht auf einen Zusatzverdienst, dass sie sich ein Herz griff und eine Anfragemail zu Henrys sexy Models sendete. Vielmehr war es pure Neugier und die Gespannheit auf eine neue Situation, auf Unbekanntes und ein vielversprechendes Abenteuer. Vielleicht könnte sie sich einer anderen Welt nähern, in der es nicht mehr um körperlichen Sex, sondern um Fotokunst mit sexy Frauen und Mädchen ging. Vielleicht waren auch Männer darunter? Es wäre eine ganz neue Art, Sex zu entdecken. Schöne Körper zu sehen hatte einen gewissen Reiz – nicht nur auf die Männerwelt, auch Emma war brennend daran interessiert, sich mit schönen Menschen zu umgeben. Es hatte etwas Voyeuristisches an sich, solche Leute zu beobachten, aber wer war das nicht? Sicher war es ein besonderes Schauspiel. Sie selbst hatte sich im Silky Sexlife schließlich auch gern vorgezeigt. Also dürfte es ihr leichtfallen, sich vor einem Fotografen zu entblättern. Die Neugier auf die Szene in Sachen erotische Fotografie war groß. Auch wenn sie nur mal beobachten dürfte, was in diesem Studio vor sich ging – interessant wäre es allemal. Sie betrachtete die schönen Frauen, die sich auf der Internetseite von Henrys sexy Models präsentierten, und träumte von der Zukunft. Ob sie auch irgendwann einmal auf diesen Seiten zu sehen wäre? Emma wusste, dass sie nichts sonderlich Großartiges erreichen konnte, aber der Gedanke an einen kleinen Erfolg in den Reihen der Profis ließ sie nicht los. Wie der Fotograf wohl aussehen mochte? War er jung und sportlich? Oder älter und erfahren? Was müsste Emma überhaupt tun? Diese Fragen beschäftigten sie nachhaltig. Wie auf der Internetseite behauptet wurde, hatte jedes Girl eine reelle Chance, egal welche Körperform sie besaß. Ob er sich die Damen nach seinem eigenen Geschmack aussuchte oder nach einer Liste vorging, die Schönheit nach dem Zeitgeschmack vorgab?

Nach kurzer Zeit blinkte das Zeichen für eine neu eingegangene E-Mail. Die Antwort des Studios Henrys sexy Models kam prompt.

»Hallo Emma, bitte ruf uns kurz an. Herzlichst Carina.«

Es folgte eine Handynummer und Emma griff sofort zum Telefon. Eine seltsame Ungeduld hatte sich in ihr breitgemacht. Ihr Herz klopfte aufgeregt, als sie den Hörer des Telefons in die Hand nahm und die Nummer anwählte. Bei der letzten Zahl wartete sie gespannt auf das Tuten, das bald darauf erklang.

»Henrys sexy Models Filmstudios, du sprichst mit Carina, was kann ich für dich tun?« Eine freundliche, junge Stimme sprach am anderen Ende der Leitung.

»Hier ist Emma, ich sollte anrufen.«

»Hallo Emma. Henry möchte, dass ich einen Termin mit dir ausmache.«

»Oh, wirklich? Bin ich denn geeignet?« Emma freute sich und stieg nervös von einem Fuß auf den anderen.

»Es ist so, dass er verschiedene Typen von Frauen sucht, es kommt nicht unbedingt auf das Alter oder die Größe an.«

»Ach so.«

Es klang gut, was Carina sagte. »Für Castingtermine haben wir jeden Tag von vierzehn bis achtzehn Uhr geöffnet. Du musst in den Glasturm gehen. Wir sind im fünfzehnten Stock, komm morgen einfach vorbei.«

***

Emma überlegte, was sie anziehen sollte. Sie wusste nicht, was der Fotograf verlangte, aber sie konnte sich denken, dass sie in der Kategorie elegant bis sexy richtig sein würde. Sie hatte Make-up aufgetragen und das Gesicht mit losem Puder mattiert. Für unten drunter wählte sie ein verführerisches schwarzes Set, bestehend aus einem verspielten BH und einem knappen Slip. Passend zu ihrem hellblauen Etuikleid trug sie hellblauen Lidschatten und einen unauffälligen rosa Lippenstift auf. Das Kleid hatte einen Ausschnitt, der tief blicken ließ. Sie kombinierte es mit silbernem Schmuck und einem schmalen Glitzergürtel. Dazu zog sie blaue Pumps an und hängte sich eine kleine weiße Lackhandtasche über die Schulter. Noch ein Blick in den Spiegel … perfekt. Es sah gut aus, nicht zu nuttig und nicht zu brav. Genau dazwischen. Es könnte dem Fotografen gefallen.

Die Agentur lag etwa 150 km von ihrer Wohnung entfernt. Emma gab die Adresse in das Navigationsgerät ein und kam etwa zwei Stunden später am Ziel an.

In der Straße reihten sich Geschäfte aneinander, über jedem Eingang eines Gebäudes waren Lichtwerbungen angebracht. Der typische Großstadtlärm drang an ihre Ohren, bestehend aus fahrenden und hupenden Autos, klingelnden Radfahrern und Musik, die aus den Geschäften nach draußen drang. Der von Carina erwähnte gläserne Turm stand vor ihr wie eine riesengroße, eckige Glasvase. Emma spürte die erste echte Nervosität vor der unbekannten Situation und bestieg zögernd den Lift. Sie betätigte den obersten Knopf auf der metallenen Platte, um in den fünfzehnten Stock zu gelangen. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Nie zuvor hatte sie etwas Spannenderes erlebt. Beim Hinauffahren konnte sie die immer kleiner werdenden Menschen und Autos beobachten. Es ging hoch hinauf. Am Schluss waren alle Menschen dort unten millimeterklein wie ein krabbelndes Volk von Ameisen. Als der Aufzug anhielt, sie ausstieg und mit beiden Füßen auf dem mit Teppich ausgelegten Boden stand, schloss sich die Tür automatisch hinter ihr. Plötzlich war es still. Der grau melierte, dicke Teppichboden schluckte jeden Tritt und jedes Geräusch. Auch die Wände waren zum Teil mit Teppichboden beklebt. Die oberste Etage schien schallgedämpft zu sein. Hatte das einen besonderen Grund? Ihr Herz pochte und plötzlich befiel sie das Gefühl, wie in Trance gehandelt zu haben.

Was mache ich hier überhaupt?, fragte sie sich und überlegte, ob es richtig gewesen war, hierher zu fahren. Doch Emma hatte den weiten Weg auf sich genommen, um ihrer Neugier nachzugehen. Diese war viel zu groß, als dass sie sich noch einmal zur Umkehr hätte entschließen wollen. Zaghaft setzte sie ihren Weg fort und fand hinter der ersten Biegung eine Tür mit der Aufschrift Henrys sexy Models – Foto und Film.

Nervös legte sie eine Hand auf die große metallene Türleiste. Sie klopfte an, öffnete die Tür einen Spalt, dann ein Stück weiter und erblickte dahinter eine Theke, wie sie auch in Hotels oder Arztpraxen zu finden war.

»Guten Tag«, sagte sie schüchtern.

»Hallo, komm rein, wie kann ich dir helfen?« Zwei Damen saßen an der Rezeption, eine von ihnen blickte von ihrem Computer auf.

»Ich sollte heute vorbeikommen«, erwiderte Emma.

»Bist du zum ersten Mal hier?« Das musste Carina sein, ihre Stimme klang wie die am Telefon.

»Ja.«

Carina sah selbst wie ein Model aus. Sie lächelte und schaute sie mit großen blauen Augen an. Emma fand sie sehr sympathisch.

»Dann geh bitte dort drüben hin, da steht ein Tisch mit Anmeldeformularen, die füllst du bitte aus.« Carina nickte auffordernd.

»Ja, okay. Danke.« Emma ging durch den Warteraum auf den niedrigen Tisch zu, auf dem die Anmeldeformulare lagen, nahm eins, steckte es auf das Klemmbrett und setzte sich auf einen ergonomisch geformten Stuhl. Sie schlug ein Bein über das andere, um die Schreibfläche des Büroklemmbrettes besser stützen zu können.

Auf dem Briefkopf stand das Firmenlogo. Henrys sexy Models – Foto und Film. Es war aufdringlich in roter Schrift mit geschwungenen Buchstaben auf grellgelbem Untergrund geschrieben. Das Logo sprang direkt ins Auge. So scharf wie der Schriftzug war, ging es bestimmt auch hinter der großen Wand zu. Emma stellte sich vor, wie hinreißende, sexy Mädels hinter der Wand fotografiert wurden. Was hier produziert wurde, war nur zu eindeutig. Ganz oben rechts hatte das Logo des Fotografen einen blinkenden Stern, der den Eindruck einer strahlenden Leuchtreklame bei Nacht machte. Er verdeutlichte nur noch mehr, dass es hier vielleicht heißer zuging, als Emma sich vorstellen konnte.

Sie las die Zeilen auf dem Formular und füllte sie aus. Sie musste ihre Adresse angeben, Größe, Alter, Gewicht und die BH-Größe. Danach folgte das Interessengebiet. Sie stand vor der Wahl, drei rot unterstrichene Zeilen anzukreuzen. Dessous, Akt und Film. Emma fühlte sich ganz und gar nicht professionell und kreuzte zurückhaltend Dessous an. Sie konnte ja nicht wissen, was passieren würde, wenn sie Akt oder gar Film ankreuzte, und las weiterhin, dass sämtliche gemachten Bild-, Film- und Tonaufnahmen in den Besitz der Firma Henrys sexy Models übergingen und Emma keine Rechte daran hätte. Bei bestandenem Casting betrug das Stundenentgelt fünfundzwanzig Euro. Emma las sich das gesamte ausgefüllte Formular mit dem Kleingedruckten genau durch, bevor sie unterschrieb. Es war ihr bewusst, dass sie sich mit den Fotoaufnahmen plötzlich selbst im Internet erkennen könnte, aber das schien ihr nicht relevant, denn Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen von Pornobildern schwirrten durchs Netz. Wieso sollte man also gerade sie herausziehen sollen? Und überhaupt, wer aus ihrem Bekanntenkreis sollte danach suchen? Gerade dieser Gedanke, dass sie zwischen den vielen Tausend Sexmodels aufblitzen könnte, war Grund genug, sich jetzt erst recht vor der Kamera auszuziehen. Es war obszön. Emma lachte in sich hinein. Dieses Gefühl hatte sie auch gespürt, als sie zum ersten Mal ins Silky Sexlife gegangen war. Es war verrucht und geradezu außergewöhnlich frivol, sich auf diese abenteuerliche Situation einzulassen. Allerdings behielt sie sich vor, ein gesundes Maß an Misstrauen aktiviert zu lassen. Sie würde nicht sofort auf alles eingehen, ohne sich vorher versichert zu haben, dass alles, was sie tat, jederzeit von ihr beendet werden konnte. Das musste sie in dem Gespräch, das sich Casting nannte, unbedingt ansprechen. Bald würde sich die Tür öffnen, die ins Chefzimmer von Henry führte. Emma war gespannt und aufgeregt. Viel zu neu war die Situation und viel zu unbekannt das Gebiet der Fotografie und des Films.

Es dauerte nicht lange, bis sie von den Damen am Eingang aufgerufen wurde.

»Du kannst jetzt reingehen, der Chef erwartet dich.«

»Dankeschön.« Emmas Herz pochte laut vor Spannung und Neugier. Sie ging den Flur entlang und fand am Ende links eine breite Metalltür, auf der ein blank poliertes Messingschild befestigt war. »Henrys sexy Models – Büro und Filmleitung« stand mit geschwungenen Linien darauf. Emma äugte durch den Spalt der Tür und hob die Hand. Langsam formte sie eine Faust und drehte, ihre Hand hebend, die Fingerknöchel vor, um an die Tür zu klopfen. Da drinnen saß also der große Boss, der Pornofotograf. Und sie befand sich bereits in seinen Fängen, konnte sich den großen Räumlichkeiten, die sie sehr beeindruckten, nicht mehr entziehen. Sie räusperte sich, bevor sie zaghaft anklopfte.

»Kommen Sie nur herein, Sie werden erwartet«, erklang eine freundliche, aber bestimmende Männerstimme aus dem Innern. Emma betrat das Zimmer. Als Erstes sah sie einen großen, nostalgischen Schreibtisch, der mitten im Raum stand, daneben zwei klobige, üppig gepolsterte schwarze Ledersessel. Ein Mann kam hinter einem Paravent hervor und ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu.

»Guten Tag, ich bin Henry«, sagte er und begrüßte sie händeschüttelnd. Er hatte einen mittelfesten Händedruck. Seine Finger waren nicht die eines viel arbeitenden Menschen, sie waren eher feingliedrig wie die eines Künstlers. Als ob er im Leben nichts anderes getan hätte, als den Auslöser seiner Kamera zu drücken.

»Hallo«, grüßte Emma zurück und musterte den Mann. Er war bereits etwas älter, hatte grau melierte, schulterlange Haare, die er zu einem lockeren Zopf zusammengebunden hatte. Mit verschmitzten Augen sah er über den Rand seiner Gucci-Brille. Er trug ein schwarzes Seidenhemd und eine Hose aus einem passenden Material, das weich seine Beine umfloss. Die Füße steckten in schwarzen, hochglänzenden Mafiososchuhen, die mit weißen Lochmusternähten verziert waren.

»Setzen Sie sich«, befahl er freundlich und zeigte auf einen der Ledersessel.

Emma nahm auf dem dunklen Sitzmöbel Platz, legte ihre Hände auf die Knie und hielt ihre Beine zusammen. Wortlos und gespannt sah sie ihrem Gegenüber ins Gesicht. Das war also Henry höchstpersönlich. So sah der Fotograf aus, den sie sich in ihrer Fantasie ganz anders vorgestellt hatte. Seine Augen sahen hinter der Brille mit den dicken Gläsern winzig aus. Er hatte flache Wangen mit leichten Falten, aber ein freundliches Lächeln. Er erinnerte sie an einen Lehrer, der sie als Kind unterrichtet hatte.

»Haben Sie gut hergefunden?«, fragte Henry interessiert. Er hatte sie genau im Blickfeld und musterte ihre Körperhaltung, während er ihr zuhörte.

»Ja, ich hatte keine Schwierigkeiten auf der Fahrt.« Emma lockerte ihre verkrampfte Sitzhaltung und lehnte sich an die Rückwand des Sessels.

»Warum glauben Sie, dass Sie hier sitzen?« Es hörte sich an, als wäre es ein Vorstellungsgespräch zu einem Job.

»Wie meinen Sie das?«, erwiderte Emma. Sie hatte seine Worte zwar vernommen, aber fragte sich, welche Antwort die richtige war. Was wollte er hören?

»Wollen Sie Ihr Haushaltsgeld aufbessern oder warum haben Sie sich gemeldet?« Henrys Art war eigenartig, seine Fragen so unpersönlich. Gewiss waren es Standardfragen, die er jedem Model stellte.

»Ich möchte etwas dazuverdienen«, schwindelte Emma. Was gingen ihn ihre Beweggründe an? Er musste ja nicht wissen, dass sie auf neue Abenteuer aus war. Während des Gesprächs versuchte sie, über seine Schulter hinweg einen Blick in die hinteren Räume zu werfen. Ein großer, schwarzer Faltparavent und eine Wand aus Spiegeln standen im Weg. Der Rest des Raums war unbeleuchtet.

»Stehen Sie bitte mal auf.«

Emma stand auf, legte ihre weiße Handtasche auf den Sessel und sah Henry fragend an.

»Öffnen Sie bitte Ihre Haare.« Sie griff wortlos an ihren Hinterkopf, öffnete die Spange, die ihre Haare zusammengehalten hatte, und schüttelte locker ihren Kopf, damit sie ihr gleichmäßig über die Schultern fallen konnten.

»Drehen Sie sich einmal herum.« Emma drehte sich langsam um die eigene Achse, während sie den dunkelblauen Stoff ihres Kleides auf dem Po glattstrich. Sie blickte Henry erwartungsvoll an. Ob sie seinen Geschmack getroffen hatte? Hatte sie die richtige Figur und das passende Aussehen?

»Und jetzt gehen Sie ein paar Schritte Richtung Tür.« Sie drehte sich um und ging etwa sechs Schritte zur Eingangstür, durch die sie Henrys Büro betreten hatte.

»Und jetzt kommen Sie wieder zu mir.«

Sollte sie jetzt ihre Hüften schwingen und wie ein Model auf ihn zukommen oder natürlich bleiben, so wie sie war? Emma entschloss sich, keine übertriebene Show vorzuführen, und ging normalen Schrittes, lächelnd und ohne ein Wort wieder auf ihn zu. Ihr Kleid wirkte sicher ansprechend, so ging alles fast wie von allein.

»Ist Ihr Mann damit einverstanden?«

Was sollte diese Frage? Wollte er wissen, wie viel er sich bei Emma erlauben konnte?

»Ich habe keinen Mann, ich lebe allein«, antwortete sie versichernd.

»Würden Sie sich dann bitte ausziehen? Alles, bis auf Slip und BH.«

Emma schluckte zunächst, weil er sie prompt bat, sich auszuziehen. Dann lächelte sie vorausschauend. In ihrer Fantasie hatte sie sich bereits ausgemalt, dass sie dies tun sollte, aber die plötzliche Aufforderung schockierte sie trotzdem ein wenig. Sie versuchte, äußerlich locker zu bleiben, obwohl in ihrem Innern die Emotionen tobten.

»Sie dürfen hinter die Wand gehen.«

Das war sicher der Zutritt zu den noch unbekannten Dingen in Sachen Fotowelt. Emma ging ein paar Schritte bis zu dem Paravent, der ihr vorher die Sicht versperrt hatte. Ein fahrbarer Kleiderständer war dahinter aufgebaut, auf dem verschiedene Dessous hingen. Ob sie eins davon anprobieren durfte? Doch zunächst hatte er sie aufgefordert, sich ihrer Kleidung zu entledigen. Flugs hatte sie den seitlichen Reißverschluss ihres Kleides geöffnet und den Stoff an sich herunterrutschen lassen. Sie trat aus dem Stoffhäufchen heraus, hob es auf, hängte es sorgfältig über die Stuhllehne und fühlte sich bereit. Sie hatte ihr schönstes Set angezogen, den schwarzen BH mit üppiger Spitze und den knappen, aber passenden Slip mit gleicher Verzierung. Als sie hinter der schwarzen Stoffwand hervortrat, stellte sie sich vor Henry, der sie sofort begutachtete.

Er nahm ihre Hand und führte sie im Halbkreis um sich herum, dabei betrachtete er zunächst ihre Beine.

»Können Sie auf hohen Schuhen laufen?«

»Ich kann es versuchen, aber ich bin es nicht gewohnt«, antwortete Emma wahrheitsgemäß. Sie war froh, wenigstens auf fünf Zentimeter hohen Pumps laufen zu können.

»Okay, gehen Sie noch mal hinter die Wand und suchen Sie sich ein paar Schuhe aus.« Emma ging zurück hinter die Wand und entdeckte zwei lange, an der Wand montierte Chromrohre, auf denen die Schuhe abgestellt waren. Es waren mindestens dreißig Paar. Die Auswahl bot für jede Größe etwas. Ausschließlich High Heels – in glitzerndem Gold oder mit bunten Riemchen – waren darauf aufgereiht. Die typischen sexy Trendfarben rot und schwarz fehlten in der schicken Serie ebenfalls nicht. Emma gefielen in der oberen Reihe ein Paar glitzernde Silberschuhe mit dicker, durchsichtiger Plateausohle, in die einige Luftblasen eingeschlossen waren. Als sie die Schuhe anzog und sich im Spiegel betrachtete, glaubte sie, ihre Beine seien in die Länge gezogen worden. Es sah elegant und gleichzeitig provokant aus. Wie geil! Nie hätte sie gedacht, wie schön ihre Fesseln durch diese High Heels wirken könnten. Sie richtete sich auf und musste erst ihre Balance finden, bevor sie den ersten Schritt tat. Diese Höhe auf den Schuhen war verdammt ungewohnt und ihr Schritt glich dem eines Storchs im Sumpfgebiet. So schnell konnte sie sich gar nicht daran gewöhnen. Dann ging sie unsicher wankend auf den Fotografen zu.

»Tschuldigung, das hier ist echt gewöhnungsbedürftig«, versuchte sie sich herauszureden und kam sich wie eine Fahranfängerin vor, die sich vor dem Fahrschullehrer rechtfertigte.

»Macht nichts, wenn Sie hier herumeiern, schließlich ist das ja nur fürs Foto.« Henry führte sie, ihre Hüfte umfassend, hinter eine große Wand, die aus Spiegeln bestand. Emma staunte im Vorbeigehen über die Eleganz ihrer Beine. Und wie lang sie nun wirkten.

»Möchten Sie etwas Wasser?«, fragte Henry, während er sich einen weißen Plastikbecher mit Wasser füllte.

»Nein, danke.« Emma sah ihm abwartend zu.

»Frauen trinken im Allgemeinen zu wenig, dann wundern sie sich, warum sie Kopfschmerzen bekommen«, sagte er und linste wissend über den Rand seiner Brille.

Emma stand lächelnd da und wartete aufgeregt und neugierig ab, was Henry jetzt mit ihr anstellen würde. Sie beobachtete, was er tat, und entdeckte nebenbei acht Monitore über dem thekenartigen Tisch. Sie alle waren mit Kameras verbunden und in sämtliche Räume gerichtet. Emma sah den Bereich, in dem sie am Anfang gewartet und den Fragebogen ausgefüllt hatte. Die Zimmer wurden aus verschiedenen Perspektiven beobachtet. Henry schien wohl alles unter Kontrolle behalten zu wollen.

Er nahm eine Kamera in die Hand, stellte sie ein und ging zu einem mit weißer, glänzender Lackfolie überzogenen Podest. Dort standen links und rechts zwei große Scheinwerfer, die er in einer passenden Lichtstimmung einstellte. Auch die Rückwand der kleinen Bühne war mit weißem Kunststoff bespannt, sodass es einen nahtlosen Übergang zur Stehfläche ergab. Es würde auf den Fotos aussehen, als stünde Emma im Nichts. Nur weiß als Hintergrund, ohne Übergang oder Abtrennung.

»Kommen Sie ruhig näher«, sagte Henry und streckte seine Hand aus.

»Okay …«, antwortete Emma und stöckelte auf den High Heels nach vorn.

»Keine Angst, ich habe schon mal eine halb nackte Frau gesehen.« Henry lachte augenzwinkernd und Emma lächelte mit einem Augenaufschlag zurück.

»Steigen Sie bitte auf das Podest.« Emma ging ungelenk und wackelig auf das Podest zu und stellte einen Fuß darauf. Die Höhe, die sie überwinden musste, betrug ungefähr sechzig Zentimeter. Sie musste sich konzentrieren, die Stufe zu erklimmen, ohne dass es lächerlich aussah. Wenn sie das Casting bestehen wollte, musste sie einen guten Eindruck machen. Schließlich hatte sie es geschafft und stand oben. Wie eigenartig sich das anfühlte. Sie kam sich verloren vor, denn sie wusste nicht, wie sie sich zu bewegen hatte.

»Was soll ich tun?«, fragte sie unsicher.

»Stell deine Beine … sorry, darf ich dich duzen? Ich heiße Henry.« Er nahm seine Kamera in die linke Hand und reichte ihr die rechte.

»Ich weiß«, erwiderte sie schmunzelnd.

»Ich duze meine Models.«

»Na gut, von mir aus. Ich habe nichts dagegen.«

»Gut. Geh zurück auf deinen Platz, stell dich in die Mitte des Podests.«

Emma trat zwei Schritte zurück.

»Und jetzt stell deine Beine auseinander.«

Sie sah zu Boden, damit sie mit den hohen Schuhen mehr Sicherheit hatte, und prüfte den Stand ihrer Beine.

»Schau in die Kamera. Und jetzt dreh dich zur Seite und lächle.«

Emma achtete darauf, dass ihre Beine stramm standen, der Bauch eingezogen war und sie ihr unwiderstehlichstes Lächeln präsentierte.

»Jaaa, so ist das gut. Du siehst hinreißend aus.« Während Henry guthieß, was sie tat, schoss er eine Menge Fotos und betätigte den Serienbildauslöser. Emma fühlte sich geschmeichelt. Anscheinend gefiel ihm, was er sah.

»Du hast eine gute Figur, sehr feminin«, lobte er.

»Danke.« Sie genoss es, von ihm als feminin bezeichnet zu werden. Es gab ihr ein gutes und warmes Gefühl. Ja, es spornte sie sogar an, gut zu sein und zu zeigen, was sie draufhatte. Sie war zwar kein Starlet, aber die Vorstellung, dass sie eins werden könnte, motivierte sie und machte sie glücklich.

»Und jetzt dreh dich um, aber lass dabei deine Beine weit auseinandergestellt.« Emma drehte sich, sodass sie mit dem Hintern zu Henry stand.

»Ja, so ist das gut, das gefällt mir. Du hast einen wunderschönen Arsch. Dreh dich wieder um und komm herunter.«

Wieder herunter? So schnell? Emma befürchtete, dass das schon alles gewesen war. Ein Anflug von Enttäuschung berührte sie unterschwellig.

»Ich möchte, dass du dir etwas überziehst. Komm mit.« Emma war erleichtert. Anscheinend begann jetzt Teil zwei des Shootings. Sie lächelte zufrieden und tippelte den Weg bis zum Paravent hinter Henry her. Die wenigen Meter kamen ihr auf den hohen Hacken endlos lang vor. Diese Schuhe waren Mordinstrumente und schwierig zu handhaben, aber dafür sahen sie klasse aus! Henry führte sie die letzten zwei Schritte am Arm um den Paravent herum. Er nahm ein silbernes Stück von der Stange, holte es vom Kleiderbügel und hielt es vor ihren Körper. Stumm begutachtete er sie von oben bis unten. Wie schön, Emma durfte vielleicht experimentieren, was ihr stand und was sie anziehen konnte. Oder bestimmte er, was sie zu tragen hatte?

»Ich möchte dich fotografieren, Emma. Weil mir dein Körper gut gefällt, möchte ich eine Reihe von Fotos in diesem Outfit machen. Dazu musst du dich ganz ausziehen. Ohne BH und Slip. Nur das Outfit. Ist das okay für dich? Hast du Zeit?«

»Natürlich, dazu bin ich ja hergekommen.« Emma freute sich unbändig. Wahrscheinlich war sie genau Henrys Fall. Ob ihre Fotos schon bald irgendwo erscheinen würden? Er hielt ihr das kleine, glitzernde Kleidungsstück vor die Brust.

»Zieh das an und nimm vielleicht noch die schwarzen Halterlosen dort, ich warte vorn.« Henry ging um den Paravent herum. Während sie sich auszog, empfand sie Stolz, dass der berühmte Henry sie zum Fotoobjekt erwählt hatte. Es fühlte sich an, als hätte sie eine Schulprüfung bestanden, und ihre Gefühle wuchsen auf ein freudiges Höchstmaß an. Emma war in diesem Moment sehr glücklich und dachte daran, dass sie das Casting wahrscheinlich gut gemeistert hatte. Den Slip sollte sie weglassen? Okay, kein Problem. Mit Leichtigkeit nahm sich Emma vor, allen Anweisungen zu folgen, damit sie ihm auch weiterhin gefiel. Das silbern glitzernde Minischlauchkleid saß wie angegossen. Die schillernden Pailletten darauf ließen Emma glamourös und elegant aussehen. Das Stretchmaterial passte sich ihren Körperkonturen an und das war es wohl, was der Fotoprofi Henry auf seinen Fotos sehen wollte. Wie schön die schwarzen Nylons und die silbernen High Heels mit den durchsichtigen Plateau-Absätzen dazu aussahen! Emma blickte noch einmal in den Spiegel und bemerkte, dass sie wie eine Diva dastand. Es fehlte nur noch eine Federboa, dann wäre die sexy Ausstrahlung einer Burlesque-Tänzerin perfekt. Es sollte mehr als sexy aussehen, denn Henry sollte das Interesse an ihr nicht so schnell verlieren. Daher prüfte sie noch einmal, sich vor dem Spiegel drehend, ob es frivol genug für Henry aussah.

»Ich bin fertig, kann ich jetzt kommen?«, rief sie.

»Ja, ich bin bereit. Komm raus und zeig dich.«

Emma konzentrierte sich auf ihre sexy Ausstrahlung. Als sie vor ihm stand, drehte er sie an den Hüften herum und schob das mühevoll angezogene Stretchkleid über ihren Hintern nach oben, sodass dieser frei lag. Emma drehte sich erstaunt zu ihm herum und blickte ihn an, denn sie war nicht darauf gefasst gewesen, dass Henry plötzlich zugriff und ihr das Kleidchen über den nackten Po zog. Henry lächelte und beobachtete ihre Mimik augenzwinkernd.

»Oh, dieser freche Blick, das gefällt mir. Geh wieder auf das Podest und sieh mich gleich noch mal so an.«

Emma wollte das Kleid aus Reflex wieder herunterziehen, um ordentlich auszusehen. Aber Henry hatte etwas dagegen.

»Lässt du wohl die Finger davon?«

»Sorry.« Insgeheim gefiel ihr sein Stil. Es machte sie an, wenn er urplötzlich etwas Unerwartetes tat. Vor allem diese frivolen Handgreiflichkeiten, die sich wie ein neckendes Spiel anfühlten. Henry richtete einen fahrbaren, mit weinrotem Kunstleder überzogenen Holzbock so aus, dass eine optimale Beleuchtung der Scheinwerfer darauf fiel, und stieg von der Bühne herunter.

»Jetzt geh mal da hin und setz dich drauf.« Emma tat es gern.

»Winkle deine Beine an. Und jetzt stell das linke Bein vor deinen Körper, das andere lass seitlich liegen.« Bei dieser Beschreibung deutete er mit den Händen an, was sie nun tun sollte. Sie saß mit geöffneten Beinen in Richtung Kamera, die Hände hatte sie hinter sich aufgestützt. Sie fand diese Pose aufregend und geil. Ihr war bewusst, dass Henry nun alles sah, was er sehen wollte. Alles, auch ihre nackte Muschi, die zwischen den Beinen sicherlich sichtbar war. Sie erkannte, dass seine Kamera alles erfasste. Nichts würde Henry verborgen bleiben. Es war ihr egal, ob es sich gehörte oder nicht. Vor einer Stunde hatte sie Henry noch nicht einmal gekannt und jetzt zog sie vor ihm blank und präsentierte ihr Schmuckkästchen. Es erfüllte sie mit Stolz, dass er sie schön und fotogen fand. Daher fiel es ihr leicht, ihre exhibitionistische Ader zu zeigen. Schließlich war sie hier in einem Pornostudio.

»So, und jetzt guck noch mal so frech in die Kamera wie vorhin. Darfst auch ruhig ein bisschen arrogant tun.« Emma setzte zuerst ein gespielt erstauntes und unschuldiges Gesicht auf, streckte dann ihren Oberkörper und hob das Kinn höher, um so auszusehen, wie Henry es verlangte. Arrogant und gleichzeitig erhaben. Er wollte es so.

»Ja, super, so ist das schön, du siehst aus wie eine Showtänzerin. Klasse.« Henry kam auf Emmas Gesicht zu, fotografierte sie in Nahaufnahme und hatte ganz schnell viele Fotos gemacht.

»Dein Gesichtsausdruck ist überragend!« Die Kamera klickte. Anscheinend gefiel es Henry, wie sie mit erhobenem Kopf auf ihn hinunterblickte.

»Jetzt dreh dich um, knie dich hin, lass die Hände schön weit nach vorn auslaufen und streck deinen Hintern in die Kamera.« Emma tat, was er von ihr wollte. Die Oberfläche des Bocks reichte aus, um sich herumzudrehen, ohne dass sie absteigen musste.

»Ja, so ist das schon ganz gut, aber dein Hintern muss mehr raus, Mädchen. Mach ein Hohlkreuz.« Emma ließ ihren Rücken in kniender Position sinken und schob den Po in Henrys Richtung. Dabei musste sie auf dem Bock balancieren, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es war gar nicht so einfach und kostete Emma sehr viel Konzentration. Die Kamera klickte unaufhörlich. Emma bemerkte, wie er immer näher an ihren Hintern kam. Wahrscheinlich machte er Nahaufnahmen von ihrer Spalte.

»Gut, gut! Sehr schön machst du das!« Henry fotografierte immer wieder ihr Hinterteil. »Du hast einen so schönen Arsch.«

Sie schmunzelte, fühlte sich geschmeichelt, wenn Henry ihr Komplimente über ihren runden Hintern machte. Sie genoss seine Worte, auch wenn er sie zum wiederholten Mal mit dem Ausdruck »Arsch« erschreckt hatte.

»Dein Arsch ist ein Kunstwerk. Bleib so.«

Emma blieb in der anstrengenden Haltung knien. Als sie das Geräusch seiner Kamera hörte, sah sie sich um.

»Nein, nicht bewegen, du machst sonst die Symmetrie kaputt. Sieh nach vorn und mach ein Hohlkreuz.«

»Entschuldigung, Henry. Ich wusste nicht, dass es um Symmetrie geht.«

»Anfängerin eben, du kriegst schon noch mit, wie das geht.« Henry ließ die Kamera schnell und oft hintereinander auslösen und Emma kam es vor, als hagelte es Blitze auf sie. Sie kam sich vor, als befände sie sich in einer Fernsehshow, und fühlte sich in eine andere, fremde, aufregende Welt versetzt.

»Jetzt komm wieder runter, Emma.« Sie erhob sich aus der anstrengenden Position und ließ sich von dem weinroten Bock gleiten.

»Komm mit, ich möchte, dass du dir etwas anderes anziehst.« Er führte sie wieder hinter den Paravent.

Diesmal hatte er ein orangerotes, feingeripptes Kleid für sie ausgesucht und hielt es ihr hin.

»Die beiden Öffnungen kommen nach vorn. Verwechsle es nicht.« Henry verließ den Umkleidebereich. Auch dieses eng anliegende Kleidchen ging bis zum Ansatz ihres Pos. Die großen, runden Öffnungen lagen auf Emmas Dekolleté. Als sie das Kleid herunterzog, quollen ihre Brüste durch die Öffnungen und sprangen förmlich heraus. Wie geil sah das denn aus! Das würde sich bei den Fotos sicher gut machen. Es war ein richtiger Hingucker! Wie prall ihre Brüste jetzt wirkten. Wow.

»Ja, wunderbar!« Henry kam mit geöffneten Armen auf sie zu. »Klasse, nimm deine Haare mal zurück, ich glaube, das würde besser zu dem Outfit passen.«

Bewundernd trat er einen Schritt zurück. Sie hob die Arme, um ihre Haare streng zurückzunehmen. Mit einer Hand hielt sie sie fest zusammen.

»Halt, da fehlt noch etwas …«, sagte er, kam auf sie zu, leckte an seinen Fingerkuppen und begann, ihre Nippel zu zwirbeln. Was erlaubte er sich … Entrüstung schob sich in ihre Gedanken. Sofort standen ihre Brustwarzen. Emma wusste nicht, ob es von der Kühle der nackten Brüste kam oder weil Henrys spontane Aktion sie kurz erschaudern ließ. Oder war es vielleicht doch Erregung? Sie blickte verwirrt in sein Gesicht. Dann wandte er sich von ihr ab, um auf seinem Schreibtisch in einem kleinen Kästchen etwas zu suchen.

»Welchen Gummi magst du, den kleinen oder den großen?«, fragte er und blickte durch das Glas seiner Brille verschmitzt zu ihr hinüber.

»Der kleine reicht, denke ich mal.« Bei diesem Satz konnte Emma es nicht lassen, an seiner Hose herabzusehen und kurz mit dem Blick an seinem Reißverschluss hängen zu bleiben.

»Das hab ich gesehen«, meinte er mit scherzhaft drohendem, erhobenem Zeigefinger.

Emma lächelte. Sie nahm den Gummi aus seiner Hand und band damit die Haare zu einem festen Pferdeschwanz zusammen.

»Du hast ein tolles Lächeln, Emma.« Henry schob sie nach vorn. »Steig bitte wieder auf das Podest und dann machen wir die gleichen Aufnahmen noch mal, aber auf dem Boden. Fangen wir wieder mit der ersten Position an.«

Dieselbe Prozedur wiederholte sich. Die mit der digitalen Großbildkamera verknüpfte Studioblitzanlage blitzte erneut und leise hörte sie das Klicken der Kameraverschlüsse. Helle Lichtblitze und surrenden Geräusche begleiteten Henrys Kamerahandhabung. Alle vorherigen Positionen wurden noch einmal abgelichtet – mit Lächeln, ohne Lächeln, mit geöffnetem Mund, erhobenem Kinn und laszivem Blick. Dieses Mal streckte sie statt ihres Hinterns ihre Brüste hervor, die schön umrandet vom orangefarbenen Stretchstoff des Kleides sicher der Wow-Effekt auf den Bildern waren. Immer wieder kam er zwischendurch zu ihr und reizte zärtlich ihre Nippel, damit sie stets schön standen und für die Fotoaufnahmen aufreizend aussahen.

»Du hast herrliche Nippel und sie reagieren wunderbar. Bei den meisten Models brauche ich Eiswürfel dazu. Auch deine Brüste haben eine wunderschöne Form, sind fest und prall. Einfach perfekt.« Er verstand es, sie mit Komplimenten zu überschütten und sie damit anzuspornen, ihr Bestes zu geben. »Nimm dein Kinn etwas höher, sonst gibt das nur unnötige Falten. So eine Operation würde mehrere Tausend Euro kosten. Mein Ratschlag ist umsonst und schenkt dir ein schönes Gesicht.« Emma wurde das Gefühl nicht los, dass ihre Kopfhaltung noch etwas anderes bedeutete. Warum wollte er immer, dass sie ihren Kopf hochreckte? Ging es nur um das Aussehen?

»Es sieht erhaben aus, wenn du das machst. Aus der Kameraperspektive erscheint es machtvoll. Wie eine königliche Herrscherin. Mach nur so weiter. Das ist toll. Ja, super!« Nebenbei wedelte er ihr mit der Hand zu, als wollte er Aufwind erzeugen. Emma streckte ihr Kinn noch eine Nuance höher.

»Und jetzt steig herunter und komm zu mir«, sagte Henry und streckte seine freie Hand aus, um ihr beim Heruntersteigen zu helfen.

»Ich habe hier einen großen Spiegel und eine Couch. Stütz dich mit den Händen auf den oberen Rand der Couch und streck deinen Hintern dem Spiegel entgegen, so kann ich Fotos machen, auf denen vorn wie hinten alles von dir zu sehen ist.«

»Das ist ja eine tolle Idee.« Emma ging auf die mit rotem Plüsch bezogene Couch zu, stellte sich davor und ließ sich ein Stück nach vorn fallen, um sich mit den Händen an der hohen Lehne abzustützen.

»Leg deinen Kopf auf die Arme.« Sie tat es, es war eine angenehme Position.

Henry wusste das anscheinend. »Entspann dich, schließ die Augen.« Sie schloss die Augen und hörte aufmerksam, was er tat. Er lehnte sich wie aus Versehen an ihren Hintern und sie spürte seinen Schwanz durch die Seidenhose. Er flüsterte ihr ins Ohr. »Steck dir einen Finger in den Mund.«

Emma öffnete die Augen, lächelte und steckte langsam ihren Zeigefinger in den Mund.

»Lass den Finger nicht so leblos in deinem Mund, bewege ihn, tu so, als ob du einen Schwanz lutschst.«

Dabei dachte er doch bestimmt an seinen eigenen … Sie ließ den Zeigefinger in ihren Mund hinein und wieder hinaus gleiten, immer darauf bedacht, dass es ihm gefallen möge. Er knipste auch diese Position.

»Jaaa, das machst du gut so. Steh auf, Emma. Komm mit zum Spiegel.« Sie nahm den Finger aus dem Mund und folgte ihm. Henry stellte sie vor den großen Spiegel. Er stand hinter ihr und streichelte sie sanft am Ansatz ihres Pos. Sie ließ sich die Zärtlichkeiten gern gefallen. Ob sich mehr daraus entwickeln würde? Doch Emmas Verstand sagte ihr, dass man das nicht machte, schließlich war Henry hier der Chef. Von ihm hing es ab, ob sie aufsteigen konnte oder nicht. Ob sie Zutritt zur Welt der erotischen Models erhalten oder seine Zustimmung vielleicht verspielen würde, indem sie sich auf ihn einließ. Sex mit Henry? Nein! Spaß und ausschweifenden Verkehr fand sie im Silky Sexlife genug. Sie wich ihm aus und entzog sich so seiner Berührung. Ob der dezente Rückzieher es ihm verdeutlichte? Er reagierte fast so, wie sie es von ihm erwartet hatte. Ohne ein Wort von ihm hörten die Berührungen auf.

»Sieh dir das mal im Spiegel an.« Er stellte sich neben sie, ließ seine Hand vor ihrem Schritt schweben, ohne sie anzufassen. »Mit männlichen Models wäre es eine gute Komposition.« Dann führte er sie zurück auf die Couch. Überrascht sah sie ihn an.

»Setz dich.«

Sie ließ sich fallen, versank beinahe. Diese Couch war groß und sehr bequem. Was man auf ihr alles tun könnte … Hatte er ihren verbalen Rückzieher überhaupt verstanden? Anscheinend ja, denn er ließ seine Hände von ihr und setzte sich neben sie.

»Was hast du lieber, wenn du ordentlich durchgefickt oder geleckt wirst?« Er fragte direkt und provokant. Sein Blick hatte sich geändert. War es doch falsch, ihn abgewiesen zu haben? Oder begann nun eine Unterhaltung, die sie so nicht erwartet hatte? Wahrscheinlich hatte er dieses Gesprächskonzept nach jahrelanger Berufserfahrung erstellt und unterhielt sich in dieser Ausdrucksweise, um abzuschätzen, wie seine Starlets tickten. Sicher gab es auch gierige Schlampen und obendrein Nutten ohne Niveau. Vielleicht selektierte Henry sie durch diese Gespräche? Vielleicht war das sein endgültiges Auswahlprinzip? Emma wurde nervös, sie verspürte ein Kribbeln im Nacken und sah Henry unsicher an. Zu was zählte er sie? Zu den Frauen mit Stil oder bereits zu den Schlampen?

»Och, das ist doch beides gut«, antwortete sie. Es war unverbindlich und ließ Spielraum in beide Richtungen. Sollte er doch selbst raten. Emma fragte sich, was er wohl hören wollte. Was zum Teufel ging ihn das eigentlich an? Und spielte ihre Antwort überhaupt noch eine Rolle? Hatte er sie nicht schon längst gewählt? Warum stellte er ihr jetzt diese intimen Fragen? Unsicherheit schwebte im Raum und umhüllte sie. Er sah sie argwöhnisch an.

»Aber wenn du dich entscheiden müsstest, was würdest du nehmen?«

»Es käme auf das Aussehen des Partners an, aber wahrscheinlich wäre mir die Zunge lieber.« Ob er es auch fotografieren würde, wenn ein Mann eine Frau leckte? In Großaufnahme? Irgendwo mussten die Bilder im Internet ja herkommen. War Henry so ein ausgebuffter Pornofotograf? Wahrscheinlich verdiente er damit einen Haufen Geld, sonst hätte er nicht so eine teure Einrichtung und so ein großes Studio. Sie versuchte abzuschätzen, wie groß sein Gebiet war, auf dem er Fotos und Filme produzierte. Sicher hatte er ein breites Themenspektrum.

»Du fotografierst alles, nicht wahr?«, fragte sie ihn neugierig.

»Ja, Männer und Frauen. Alles. Und natürlich filme ich auch, aber lassen wir das Thema. Ich glaube nicht, dass das etwas für dich ist.«

»Doch! Ich bin sehr daran interessiert.« Hatte er denn noch nicht bemerkt, wie brennend neugierig sie auf alles war? Ihre Signale waren doch unmissverständlich, oder nicht?

»Wie sehr?« Er sah ihr tief in die Augen, als wollte er überprüfen, ob sie die Wahrheit sagte und sich wirklich inbrünstig wünschte, in seine Foto- und Filmwelt einzutreten.

»Ich möchte mir am liebsten alles ansehen.«

»Das darf nicht jede. Das musst du dir erst verdienen«, meinte er und nahm sie bei der Hand. »Komm her, an den Spiegel.«

Was hatte er jetzt vor? Etwa eine neue Prüfung, die sie bestehen sollte? Er hatte einige Dinge auf einem weiß gedeckten Konsolentisch liegen. Schminkutensilien, Reinigungstücher und einen Handspiegel neben verschiedenen Behältnissen. Er nahm eine kleine Dose, öffnete sie und flog, mit den Fingern flatternd, über ihren Inhalt. Dann griff er hinein.

»Diesen. Nimm den Lippenstift und mach deine Lippen schön rot.« Emma nahm ihn aus seiner Hand. Sie wandte sich erneut dem Spiegel zu und setzte den Lippenstift an. Einen knallroten hatte Henry für sie ausgesucht. Im Alltag würde sie niemals roten Lippenstift auftragen, aber zu diesem Zweck und in dieser Aufmachung machte es ihr nichts aus. Sie fand die Farbe passend. Das orangerote Minikleid arrangierte sich toll mit ihrem jetzigen Aussehen. Die Brüste standen heraus, der Kussmund war voll und schön rot und die streng nach hinten gezogenen Haare erfüllten ihre Erwartungen vom Bild einer richtigen Erotikdarstellerin. Emma fühlte sich beinahe, als könnte sie sich selbst in einem Film sehen. Alles erschien unwirklich und das diffuse Licht im hinteren Teil des Studios hatte eine eigenartige Wirkung. Henry sah, hinter ihr stehend, in den Spiegel, wo sich ihre Blicke trafen.

»Dreh dich zu mir herum. Du hast so volle Lippen, die wirken mit dem Rot sehr erotisch. Du darfst übrigens die Schuhe wieder ausziehen.« Emma setzte sich auf den Rand der Couch, öffnete die Riemchen an den Fesseln und zog die schweren, hohen Plateauschuhe von ihren Füßen. Sie war erleichtert, dass sie davon befreit war, und lächelte, als sie die nackten Fußsohlen auf den weichen Teppich stellte.

»Du sagtest, du lebst allein.« Sein Blick wirkte zweifelnd und prüfend zugleich.

»Ja schon, aber das heißt nicht, dass ich keinen Sex habe.«

»Was willst du damit sagen?« Er forderte sie ganz schön heraus. Musste sie wirklich alles beantworten? Was wäre, wenn sie es nicht täte? Würde sie dann durch sein Raster fallen?

»Ich suche mir hier und da mein Vergnügen.« Was sollte schon Verbotenes daran sein, wenn sie ihm gestand, was sie tat? Schließlich saß sie auf der Couch eines Pornofotografen. Bestimmt war der selbst mit allen Wassern gewaschen und vögelte seine Kandidatinnen durch.

»Aha, und hast du jemand bestimmten?«, bohrte er weiter.

»Nein. Es wechselt sich ab«, antwortete sie arglos.

»Soso … es wechselt sich also ab.« Seine Stimme wurde flach. Er zischelte etwas durch die Lippen und wandte sich von ihr ab, um seine Kamera zu überprüfen. Ob er wusste oder ahnte, was sie privat trieb? Dann drehte er sich wieder zu ihr. Seine Augen schienen gierig nach ihren innersten Gedanken zu suchen. Aber zu viel wollte Emma eigentlich nicht von sich preisgeben. Verdammt, warum musste sie immer alles beantworten?

»Ich möchte dich küssen«, sagte er kurz und fordernd. Emma bekam ein schlechtes Gewissen. Könnte sie ihm widerstehen? Würde er sie für sich benutzen und später durchficken wollen? In diesem Fall würde sie sicher durchfallen.

Emma sah ihn abschätzend an. Sein Blick war verlangend, die Arme offen für sie. Er stand da und wartete, dass sie ihm nahe kam. Solange es nur ein Kuss war …

Ach, was soll’s?, dachte sie und ließ sich kurzerhand darauf ein. Gleichzeitig hätte sie sich am liebsten auf die Lippen gebissen. Die Unentschlossenheit war wieder da, aber es war bereits zu spät. Emma hing an seinen Lippen. Er küsste sie leidenschaftlich. Sie hatte in diesem Moment total vergessen, dass sie ihre Lippen knallrot geschminkt hatte. Henry presste seine Lippen auf ihre, wanderte mit dem Mund über die Lippenränder, schmierte hin und her und hielt dabei ihren Kopf mit beiden Händen fest. Sie fühlte sich wie in einem Schraubstock und konnte dem Druck seiner Hände nicht ausweichen. Warum tat er das? Vorhin war er doch noch ganz normal gewesen.

»Aua«, sagte sie mit gequetschter Stimme.

»Da, du kleine Schlampe. Sieh in den Spiegel«, motzte er sie an. Hastig drehte er sie herum, schubste sie in Richtung Spiegel und hielt ihr Gesicht so, dass sie sich direkt ansehen musste. Sein Griff war hart. Was war bloß in ihn gefahren? Emma erschrak vor ihrem Spiegelbild. Was hatte er mit ihr angestellt? Wie sah sie denn jetzt aus? Das konnte er doch nicht machen! Emma verstand ihn und die Welt nicht mehr. Sich schämend hielt sie sich die Hand vor den Mund und lief eilig zur Tücherbox, um sich mit einem Kosmetiktuch den Mund abzuwischen. Sie rubbelte fest über ihre Lippen, ihr Kinn und die Wangen. Wut schäumte in ihr hoch. Sie sann nach einer Retourkutsche, nach Rache.

Henry lachte laut auf. Sein doofes Spiel gefiel ihm auch noch! War das etwa das sprichwörtlich Zweite Gesicht, das manche Menschen hatten? Emma lief rot an, sie spürte es an der Hitze in ihrem Gesicht. Sie schnappte nach Luft und konnte nicht fassen, wie er sie behandelt hatte. Doch sie wollte sich auf keinen Fall stumm seinen Beleidigungen aussetzen. »Na warte!«, murmelte sie und biss sich anschließend auf die Zunge.

»Du siehst dreckig aus, Emma!« Wie verachtend er diese Worte ausspuckte. Dann lachte er erneut lauthals kreischend auf. War er verrückt geworden? Es war das Lachen eines Irren und sein Gesichtsausdruck erinnerte sie an den alten Schauspieler Klaus Kinski, dem man ebenfalls nachgesagt hatte, verrückt zu sein. Emma wäre am liebsten schreiend davongelaufen. Sie stockte und überlegte. Weglaufen wie ein kleines, beleidigtes Mädchen? Nein, das durfte sie jetzt nicht tun. Sie wusste zwar noch nicht, was daraus werden sollte, aber sie beschloss, sich dagegenzustellen. Die Beherrschung, sich nicht selbst bloßzustellen, kostete sie viel Mühe. Sie riss sich zusammen, obwohl es sich anfühlte, als bekäme sie vor Wut einen geschwollenen Hals. Innerlich zählte sie langsam von eins bis fünf und starrte ihn dabei an. Sie atmete bewusst tief ein, um die Wut zu unterdrücken, und ballte hinter ihrem Rücken die Fäuste. »Eins, zwei drei« … Schließlich hatte sie sich gesammelt. Das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Wieso sollte sie jetzt aufgeben und gehen? Das könnte lächerlich wirken, und das wollte sie auf keinen Fall. Sie entschloss sich, sich seiner extrem beleidigenden Art zu widersetzen. Er meinte wohl, er könnte mit ihr machen, was er wollte?

»Was fällt dir ein? Ich bin keins von deinen Spielzeugen!«, warf sie ihm entgegen. »Was sollte das? Warum hast du das gemacht?« Sie hob abwehrend die Hand und stellte ihren linken Fuß quer, um einen gewissen Abstand zu wahren. Dann sah sie ihm direkt in die Augen, als könnte sie damit erzwingen, dass er nicht weiter auf sie zukam. Ihre Blicke stießen aufeinander wie die Hörner zweier Alpenböcke. Es wurde still und die Spannung stieg. Was würde passieren? Es war, als würden ihre inneren Stimmen miteinander kommunizieren, ohne dass ein Laut zu hören war. Es lag etwas in der Luft, das sie nicht beschreiben konnte. Instinktiv hob sie den Kopf und bemerkte, wie er seinen sichtlich senkte. Es war gar nicht so schwer. Sie stellte fest, wie einfach es war, sich in diesem mentalen Spiel zu behaupten, und es begann, ihr Spaß zu machen. Sie hielt seinem eisernen Blick stand und begann überheblich zu lächeln. Sie erkannte, was sie herausgefordert hatte, und es hatte die Wirkung, die sie sich erhofft hatte. Sie fühlte sich innerlich gefestigt und er sah aus, als gäbe er auf. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte sie losgelacht. Doch sie behielt ihre Mimik bei, was anstrengend war, aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen.

»Entschuldige«, sagte Henry lapidar und wandte den Blick von ihr ab. »Ich habe es nicht so gemeint. Ich experimentiere gern herum und stelle mir dann die intimsten Sauereien vor.« Er warf eine Hand über die Schulter, als hätte das alles nichts zu bedeuten. Doch Emma fühlte ganz genau, dass sie die heimliche Gewinnerin in diesem Spiel war. Diese Art von Gefühl kannte sie bis dahin noch nicht. Es war anders. Es war wie ein Kinderspiel, aber für Erwachsene. Wer zuerst wegsieht, hat verloren. Als hätte sie den Spieß selbst umgedreht. Sie stand jetzt quasi über Henry. Sie war die Stärkere. Langsam dämmerte ihr, dass es sich hierbei um ein Spiel um die geistige Oberhand handeln musste. Um ein Machtspiel. Sie hatte davon gehört, jedoch noch nie erlebt, wie es sich anfühlte.

Manuel hatte damals zu ihr gesagt, es sei ein Zeichen von Dominanz, seinen Körper zu beherrschen und seinen Willen durchzusetzen. Gerade eben hatte sie es getan. Sie hatte ihre Wut hinuntergeschluckt und Henry scheinbar ergeben gemacht. Sollte sie etwa einen dominanten Kern in sich tragen, ohne dass sie jemals bewusst darüber nachgedacht hatte? Hatte sie Henry etwa gedanklich unterdrückt? Er hatte wieder heruntergeschaltet und tat, als wäre nichts gewesen. War er vielleicht eingeschüchtert und gab es nicht zu? War es wirklich so einfach? Das großartige Gefühl, das ein Gewinner gleich nach dem Sieg verspürt, stieg in ihr hoch. Es war ein tolles Erfolgserlebnis. Sich unterordnen konnte schließlich jeder. Sie hätte es beinahe auch getan. Es war die einfachste Methode, doch im letzten Augenblick hatte sie sich anders entschlossen. Sich gegen eine dominante Wesensart aufzulehnen und auch noch zu gewinnen, überstieg alles. Und wie leicht es sich anfühlte! Sie machte gleich weiter mit ihrer neu entdeckten, dominanten Linie und freute sich darüber. Sie lächelte immer noch, ließ Henry aber nicht wissen, warum. Sie wollte nicht mehr verraten, was sie gerade dachte und fühlte. Es dämmerte ihr, dass sie sicher unnahbarer wirkte, wenn sie nicht mehr offen über ihre Gedanken sprach.

»Warum hast du das gemacht, ausgerechnet mit mir?«, fragte sie und sah Henry überheblich an. Wie bei der Fotoszene. Sie hatte es sich vorhin noch von ihm beibringen lassen. Und jetzt wusste er anscheinend nicht, was in ihrem Innern vorging und wofür sie die Aufforderung zum Kinnanheben gebrauchte.

»Mach mir nichts vor, du bist doch auch so ein Luder, oder nicht?«, stellte er die Gegenfrage.

Henry wollte anscheinend, dass sie sich kleinlaut vor ihm rechtfertigte. Als wäre sie ihm eine Antwort schuldig. Ihm, dem großen Pornofotografen. Aber da irrte er sich. Es war jetzt nicht mehr möglich. Emma fühlte sich groß, als würde sie ihn innerlich überragen.

Er setzte seine Brille ab und versuchte, seinen Blick in sie hineinzutreiben. Doch es gelang ihm nicht mehr. Emma stand gewissermaßen über ihm und hatte ein Schutzschild aufgebaut, an dem seine verbalen Angriffe abprallten.

»Warum hast du meinen Mund so verschandelt, was willst du damit demonstrieren? Und nenn mich bloß nicht Luder! Ich bin bestimmt nicht eins von denen!« Demonstrativ hob sie abwehrend ihre Hand und deutete damit eine gewisse Grenze an, die Henry nicht übertreten durfte.

»Ich musste dich für deine Antwort bestrafen. Du wechselst deine Lover? Das ist unanständig.«

»Unanständig?«, äffte sie ihn nach, während sie über ihn nachdachte. Was wollte er? Sicher war er selbst überhaupt nicht anständig. Sein Verhalten hatte es ihr verdeutlicht. Hallo, sie stand vor einem Pornoproduzenten und der war sicher nicht brav, sondern ein verruchter Kerl durch und durch.

»Fass dir an die eigene Nase. Du hast doch auch keine weiße Weste.«

»Du gefällst mir, bist kein Duckmäuser und wehrst dich. Eine Menge anderer wären jetzt beleidigt davongelaufen. Damit hast du dir etwas Besonderes verdient.« Er lächelte sie an, wie am Anfang ihrer Begegnung. Sie blickte skeptisch zu ihm. Hörte sie in seiner Stimme etwa Anerkennung, so wie vorhin beim Fotografieren? Vielleicht war die ganze Szene eine Prüfung gewesen, um ihren Charakter zu analysieren. Offensichtlich hatte sie bestanden. Sie hatte sich etwas Besonderes verdient, hatte er gesagt. Was konnte es nur sein, das sie sich verdient haben sollte? Ein Extrahonorar wäre gut.

Er ging zum Spiegel und betätigte den Hebel am Wasserspender, nachdem er einen weißen Plastikbecher daruntergehalten hatte.

»Möchtest du jetzt auch etwas trinken?«

War das eine Geste der Versöhnung? Emma bemerkte erst jetzt, dass sie durstig war, und nahm den Plastikbecher aus seiner Hand. In einem Zug leerte sie den Inhalt.

»Nimm es als Kompliment, ich habe dich mit einem Kuss bestraft! Du kannst dich jetzt wieder anziehen.«

Misstrauisch sah sie ihn an. Doch auch wenn die Situation mit ihm in den Wahnsinn laufen würde, das Abenteuer Fotostudio wollte sie bis zum Schluss auskosten. Lange konnte es wohl nicht mehr dauern.

»Okay …« Sie ging hinter den Paravent und zog ihre eigenen Sachen wieder an. Als sie mit dem Ankleiden fertig war, blickte sie zum Schreibtisch, an dem Henry saß und wieder ganz der Geschäftsmann war. Er sah auf die Uhr, notierte die Zeit auf einem weißen Blatt Papier und legte es an den Platz gegenüber. Als wenn jemand einen Schalter bei ihm betätigt hätte, war keine Spur von Verrücktheit mehr auszumachen.

»Na, komm her, setz dich.« Henry machte eine einladende Handbewegung. Emma nahm wieder gesittet auf dem Sessel Platz.

»Sieh her, ich habe hier den Vertrag, den musst du noch unterschreiben. Du warst jetzt etwas mehr als zwei Stunden hier und erhältst hundertfünfzig Euro.«

Er war aufgestanden. Hinter ihm befand sich ein mächtig großer Tresor. Er war bestimmt zwei Meter hoch und eins fünfzig breit. Es war einer jener Tresore aus den 1950er-Jahren, die aussahen wie die in einem Ganovenfilm. Anthrazitgrau, mit kräusellackierter Oberfläche, einem Messingschild des Herstellers und einem großen Verschlussrad an der Vorderseite. Der Tresor machte einen gewaltigen Eindruck. Henry öffnete den Schrank und holte einen Bündel Geldscheine heraus, von dem er hundertfünfzig Euro abzählte. Emma las den Vertrag.

»Hiermit bestätige ich, die heute erhaltenen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit … und so weiter …. Mit der Veröffentlichung und Vervielfältigung des Materials auf allen Medienträgern bin ich einverstanden. Den Auszahlungsbetrag habe ich in bar erhalten, weitere Ansprüche bestehen nicht.«

Die letzten beiden Zeilen waren für die Unterschrift. Henry gab Emma einen Kugelschreiber in die Hand.

»Deine Unterschrift, Emma.«

Sie zögerte.

»An was bin ich gebunden?«

»An nichts. Du kannst jederzeit sagen, du willst nicht mehr, genauso wie ich.«

»Und keine weiteren Ansprüche, was heißt das?«

»Der Satz auf dem Zettel gilt der Prominenz, denn die können einen verklagen, wenn sie ein Foto von sich in der Zeitung oder auf diversen Internetseiten sehen.«

»Ja, sie wollen am längeren Hebel sitzen. Verklagen bringt Geld. Ich verstehe.«

»Schlaues Kind. Das hat man mit mir auch mal versucht, deswegen steht es so im Vertrag.«

»Und das soll ich jetzt unterschreiben?«

»Ein bisschen Vertrauen gehört schon dazu.«

Emma lächelte und dachte an das Abenteuer, das sie heute mit ihm erlebt hatte. Das Spiel mit dem Lippenstift hatte sie zunächst verärgert und schockiert, aber dann hatte sie die besondere Erfahrung mit einem dominanten Gefühl machen dürfen. Irgendwie hatte es ihr insgesamt gefallen und es machte sie neugierig, wie weit solche Spiele wohl gehen könnten. Daher setzte sie den Kugelschreiber an und unterschrieb auf der letzten Zeile.

»So, nun darfst du dir die hundertfünfzig Euro in die Tasche schieben.«

»Danke.«

»Du bist eine interessante Frau, Emma. Komm mit, ich zeige dir die Studios.«

»Echt?« Emma freute sich, ihr Herz machte einen Hüpfer. Es war sicher die Belohnung, von der Henry vorhin gesprochen hatte. Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Sie durfte einen Blick in sein Reich werfen, in die Filmstudios.

»Nimm deine Sachen mit, wir kommen nicht mehr zurück. Das wird eine Besichtigungstour, die am Ausgang endet. Komm jetzt, geh einfach mit.«

Zuerst mussten sie durch die Tür, an der das Messingschild mit Henrys Schriftzug hing. Von dort sahen sie die beiden Empfangsdamen. Henry grüßte die beiden mit einem Kopfnicken und führte Emma den Flur entlang, allerdings in eine andere Richtung. Es ging rechts herum, an einer Wand entlang, an der große beeindruckende Pornofotos hingen. Die Frauen waren in verschiedenen Posen dargestellt, alle nackt und wohlproportioniert. Anscheinend war es eins von Henrys Lieblingsmotiven, die Frauen so von hinten zu fotografieren, dass der Po ganz groß rauskam und auf den Betrachter wirkte, als sei der Arsch die Hauptsache der Welt. Vielleicht würde er auch Emmas Hintern in der Galerie präsentieren? Sie schmunzelte, während sie weitergingen. Am Ende des Flurs erreichten sie eine Tür, die offen stand. Emma trat überwältigt in den großen, weiten, mit Filmrequisiten eingerichteten Raum. Sie sah mit großen Augen zur Decke, die eine geschätzte Höhe von sechs Metern hatte. Oben befanden sich zum Teil transparente Lichtkuppeln. Es wurde ihr wieder bewusst, dass sie sich im fünfzehnten Stockwerk befand. Ganz oben, in der letzten Etage.

Emma blickte in die andere Richtung. Dort stand der Tisch der Visagisten, jener Gesichtskünstler, die aus einem unscheinbaren Gesicht eine andere Persönlichkeit zaubern konnten.

»Ich habe hier Verwandlungskünstler. Die Damen und Herren von der Maske könnten auch dich so verwandeln, dass du dich selbst nicht mehr wiedererkennst.« Emma sah Henry überrascht an. War das eine Andeutung dessen, was er in Zukunft mit ihr vorhatte? Würde die Lawine jetzt losrollen und Emma zum Pornostar avancieren? Vielleicht legte er ihr nun die Filmwelt nahe. Nein, sicher war es nur ein Wunschdenken und viel zu schwierig für sie. Was wäre, wenn er beim Filmen auch ausrastete? Nein, nein. So weit durfte es nicht kommen. Der heutige Tag hatte ihr gereicht. Dennoch faszinierte sie, was sie sah.

»Gehen wir in den nächsten Raum. Da finden die Drehs statt. Ich bin ja nebenbei auch noch Filmproduzent, weißt du?«, witzelte er.

»Wo sind die Kameras?« Emma sah sich um.

»Hier rechts stehen sie.« Sie blickte auf die riesigen schwenkbaren Kameras, die auf einem speziellen, auf Schienen geleiteten Stativ standen. Ja, das waren richtige, große Aufnahmeobjektive mit professioneller Technik. Ein geübter Fachmann gehörte dahinter, der solch ein großes Kamerainstrument führen und bedienen konnte. Was der wohl schon alles gesehen hatte? Der Rest des Raums war nüchtern eingerichtet. Eine übergroße Liegefläche stand in der Mitte. Sie war mit einem schwarzen Bettlaken aus hygienischem Lack überzogen. Bunte Kissen lagen darauf verteilt. Schwarz war wohl die beste Farbe, um die Filmaufnahmen deutlich zu zeigen. Klinisch sauber kam ihr dieser Raum vor. Große, silberne und weiße Reflektorschirme hingen an der Decke, damit die Beleuchtung stets optimal war. Diesen Raum hatte sie doch schon einmal gesehen? Ja richtig, auf Henrys Monitoren in seinem Fotostudio. Wahrscheinlich hatte er wirklich und ständig alles unter Kontrolle.

Duo Dominant - wie werde ich eine Domina? | Erotischer SM-Roman

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